VwGH 02.07.2013, AW 2013/09/0033
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AuslBG; VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Nichtstattgebung - Bestrafung wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurden über den Beschwerdeführer wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in zwei Fällen Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einem Tag verhängt und ihm die Bezahlung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt. Zwingende öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Daher ist zu Entscheidung über den Antrag das Ergebnis einer "Abwägung aller berührten Interessen" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG maßgeblich. Bei dieser in § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Interessenabwägung ist - vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung - eine Abwägung sämtlicher individueller und öffentlicher Interessen vorzunehmen, das Gesetz sieht insofern keine Einschränkung vor. |
Normen | |
RS 2 | Nichtstattgebung - Bestrafungen wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - Der Beschwerdeführer hat im Fall einer gegen ein Straferkenntnis gerichteten Beschwerde grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, so lange als unschuldig zu gelten und die gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen zu müssen, und nicht in die Zentrale Verwaltungsstrafevidenz eingetragen zu sein, so lange nicht durch den Verwaltungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses entschieden ist, ungeachtet dessen, dass es sich bei der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG um ein außerordentliches Rechtsmittel gegen einen formell "rechtskräftigen" Bescheid handelt. Dieses Interesse ist umso stärker zu bemessen, je schwerer der erhobene Vorwurf, je gravierender der Nachteil und je höher die Strafe ist. Der durch die Geldstrafe für den Beschwerdeführer bewirkte Nachteil wird allerdings dadurch abgemildert, dass die Behörde gemäß § 54b Abs. 3 VStG einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung der Geldstrafe nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass eine bereits entrichtete Geldstrafe im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer zurückgezahlt wird. Der mit einer möglichen Ersatzfreiheitsstrafe verbundene Freiheitsentzug ist nicht zu berücksichtigen, weil gemäß § 53b Abs. 2 VStG mit dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe ohnehin bis zur Erledigung der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde zuzuwarten ist. Ein öffentliches Interesse an der baldigen Wirksamkeit des gegen den Beschwerdeführer ausgesprochenen Schuldspruches sowie an der Bezahlung der ihm auferlegten Strafe (hier in zwei Fällen Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1000,--) und damit an der Erreichung des in der Strafnorm zum Ausdruck gebrachten general- und spezialpräventiven öffentlichen Zwecks besteht ebenfalls - jedenfalls, wenn man die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides annimmt. |
Normen | AuslBG; VwGG §30 Abs2; |
RS 3 | Nichtstattgebung - Bestrafung wegen Übertretung des AuslBG - Für die Beurteilung der Intensität der öffentlichen Interessen sind die einer ersten Beurteilung unterzogenen Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht ohne Bedeutung (vgl. Müller in Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, 5. Auflage 2004, 213 f). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie AW 2012/09/0060 B RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des M, vertreten durch Dr. Walter Fleissner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Kärntner Straße 21, der gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/A/33/13774/2012-4, betreffend Bestrafungen wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes , erhobenen und zur hg. Zl. 2013/09/0104 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde über den Beschwerdeführer wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes in zwei Fällen Geldstrafen in der Höhe von jeweils EUR 1.000,-- und Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils einem Tag verhängt und ihm die Bezahlung der Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens auferlegt.
§ 30 Abs. 1 und 2 VwGG lautet:
"(1) Den Beschwerden kommt eine aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu. Dasselbe gilt für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist.
(2) Der Verwaltungsgerichtshof hat jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Wenn sich die Voraussetzungen, die für die Entscheidung über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde maßgebend waren, wesentlich geändert haben, ist auf Antrag einer Partei neu zu entscheiden. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung bedarf nur dann einer Begründung, wenn die Interessen Dritter berührt werden."
Der Beschwerdeführer begründet seinen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung damit, dass für ihn als Kleinunternehmer durch die sofortige Vollstreckung des angefochtenen Bescheides eine finanzielle Mehrbelastung entstehen würde und seine Eintragung in die die Zentrale Verwaltungsstrafevidenz mit erheblichen nachteiligen Folgen bei einer allfälligen Beauftragung durch öffentliche Auftraggeber verbunden wäre.
Zwingende öffentliche Interessen stehen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen. Daher ist zu Entscheidung über den Antrag das Ergebnis einer "Abwägung aller berührten Interessen" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG maßgeblich.
Bei dieser in § 30 Abs. 2 VwGG vorgesehenen Interessensabwägung ist - vor dem Hintergrund der gesamten Rechtsordnung - eine Abwägung sämtlicher individueller und öffentlicher Interessen vorzunehmen, das Gesetz sieht insofern keine Einschränkung vor.
Der Beschwerdeführer hat im Fall einer gegen ein Straferkenntnis gerichteten Beschwerde grundsätzlich ein berechtigtes Interesse daran, so lange als unschuldig zu gelten und die gegen ihn verhängte Geldstrafe nicht bezahlen zu müssen, und nicht in die Zentrale Verwaltungsstrafevidenz eingetragen zu sein, so lange nicht durch den Verwaltungsgerichtshof über die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Straferkenntnisses entschieden ist, ungeachtet dessen, dass es sich bei der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 131 Abs. 1 Z. 1 B-VG um ein außerordentliches Rechtsmittel gegen einen formell "rechtskräftigen" Bescheid handelt. Dieses Interesse ist umso stärker zu bemessen, je schwerer der erhobene Vorwurf, je gravierender der Nachteil und je höher die Strafe ist. Der durch die Geldstrafe für den Beschwerdeführer bewirkte Nachteil wird allerdings dadurch abgemildert, dass die Behörde gemäß § 54b Abs. 3 VStG einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung der Geldstrafe nicht zuzumuten ist, auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen hat. Es besteht auch kein Zweifel daran, dass eine bereits entrichtete Geldstrafe im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer zurückgezahlt wird. Der mit einer möglichen Ersatzfreiheitsstrafe verbundene Freiheitsentzug ist nicht zu berücksichtigen, weil gemäß § 53b Abs. 2 VStG mit dem Vollzug einer Ersatzfreiheitsstrafe ohnehin bis zur Erledigung der beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerde zuzuwarten ist.
Ein öffentliches Interesse an der baldigen Wirksamkeit des gegen den Beschwerdeführer ausgesprochenen Schuldspruches sowie an der Bezahlung der ihm auferlegte Strafe und damit an der Erreichung des in der Strafnorm zum Ausdruck gebrachten general- und spezialpräventiven öffentlichen Zwecks besteht ebenfalls - jedenfalls wenn man die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides annimmt. Für die Beurteilung der Intensität der öffentlichen Interessen sind dergestalt die einer ersten Beurteilung unterzogenen Erfolgsaussichten der Beschwerde nicht ohne Bedeutung (vgl. Müller in Machacek (Hrsg.), Verfahren vor dem Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof, 5. Auflage 2004, 213 f, vgl. auch etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0224).
Die gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotene Abwägung aller berührten Interessen bei besonderer Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer geltend gemachten Interessen ergibt im vorliegenden Fall angesichts der relativ niedrigen Gesamtstrafe und angesichts der prima facie beurteilten Erfolgsaussichten der Beschwerde, dass dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben werden konnte.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Interessenabwägung Besondere Rechtsgebiete Strafen Zwingende öffentliche Interessen |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:AW2013090033.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-52080