VwGH 12.02.2013, AW 2012/04/0044
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | GWG 2011 §125 Abs5; VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Nichtstattgebung - Untersagung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 125 Abs. GWG 2011 - Der Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Finanz- und Vermögensgebarung der Beschwerdeführerin vermag die Darlegung der gesamten wirtschaftlichen Situation nicht zu ersetzen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der X, vertreten durch S & Partner Rechtsanwälte, der gegen den Bescheid der belangten Behörde Energie-Control Austria für die Regulierung der Elektrizität- und Erdgaswirtschaft (E-Control) vom , Zl. R ALB G 14/12, PA 4703/12, betreffend Untersagung von Allgemeinen Geschäftsbedingungen nach § 125 Abs. 5 GWG 2011 (weitere Partei: Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend), erhobenen und zur hg. Zl. 2012/04/0162 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid der E-Control wurde der Beschwerdeführerin gemäß § 125 Abs. 5 Gaswirtschaftsgesetz 2011, BGBl. I Nr. 107 (GWG 2011), iVm § 12 Abs. 1 Z. 4 des Energie Control Gesetzes, BGBl. I Nr. 110/2010 idF BGBl. I Nr. 107/2011 (E-ControlG), untersagt, im geschäftlichen Verkehr mit Endverbrauchern in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die sie von ihr geschlossenen Verträgen zugrunde legt, näher bezeichnete Formulierungen zu verwenden sowie sich auf näher bezeichnete Formulierungen zu berufen, soweit diese unzulässigerweise vereinbart worden sind.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass vom Verwaltungsgerichtshof im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen ist (vgl. für viele etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/04/0007, mwN).
Die Beschwerdeführerin bringt zu ihrem Antrag auf das Wesentlichste zusammengefasst vor, sie könne sich - wäre die Untersagung der in Rede stehenden Klauseln rechtmäßig - ohnehin gemäß § 879 Abs. 1 ABGB nicht auf diese Formulierungen berufen. Die Beschwerdeführerin müsste bis zum Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens mit all ihren Kunden Verträge abschließen, ohne die im angefochtenen Bescheid angeführten Formulierungen zu verwenden bzw. dürfte sich nicht auf diese Formulierungen berufen. Dies stelle einen durch absolut nichts zu rechtfertigenden Grundrechtseingriff bzw. Eingriff in die Vertragsautonomie dar und verletze die Beschwerdeführerin in subjektiv öffentlichen Rechten, die ihr mit der im Jahre 2010 erfolgten "Genehmigung" bzw. "Nicht-Untersagung" ihrer zuletzt verwendeten AGB erwachsen seien. "Einfach so" dürfe sich die Beschwerdeführerin nunmehr auf diese Formulierungen nicht mehr berufen bzw. diese nicht mehr vereinbaren. Weiters sei es unrealistisch, alle bestehenden Kunden nach Abschluss des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens von einer entsprechenden Vertragsänderung zu verständigen und diese zu einer nachträglichen Zustimmung zu bewegen. Letztlich würde sich das wirtschaftliche Risiko bei Endkunden in Zahlungsschwierigkeiten vergrößern. Der obzitierte Beschluss vom (mit dem einem vergleichbaren Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht stattgegeben wurde) habe die Beschwerdeführerin "doch sehr überrascht". Es handle sich um einen notorischen bzw. offenkundigen Nachteil, auch wenn dessen Höhe letztlich ex post nicht bezifferbar sei. Es sei unklar, wann den Vorstellungen des Verwaltungsgerichtshofes entsprochen sei bzw. was die Antragstellerin alles tun müsse, um ihre "gesamten" wirtschaftlichen Verhältnisse hinreichend dazulegen. So liege der Jahresabschluss der Antragstellerin als Gesellschaft mit beschränkter Haftung beim Firmenbuch auf, könne von jedermann eingesehen werden und sei somit öffentlich bekannt bzw. notorisch. Aus Gründen prozessualer Vorsicht beantrage die Antragstellerin eine derartige Einsichtnahme in ihrer Finanz- und Vermögensgebarung. Mit dem angefochtenen Bescheid würden der Antragstellerin grundlos sie grob benachteiligende Verträge aufgezwungen, die sie in wirklich gar nicht abschließen müsste und auch so nicht abschließen wolle bzw. auch nie abgeschlossen hätte.
Die belangte Behörde erstattete zum Antrag auf aufschiebende Wirkung eine Stellungnahme, in der sie im Wesentlichen ausführte, am Vorliegen eines zwingenden öffentlichen Interesses könne nicht gezweifelt werden. In Wahrnehmung der der belangten Behörde gemäß § 12 Abs. 1 Z 4 E-ControlG übertragenen Aufgabe habe sie die Anwendung der in Rede stehenden Klauseln untersagt, da diese gegen geltendes Recht verstoßen würden. Somit bestehe eine Vorlagepflicht und sei im Interesse des Konsumentenschutzes zu beachten, dass die allgemeinen Lieferbedingungen der Regulierungsbehörde bekannt zu geben seien. Die Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung würde den Intentionen des Gesetzgebers, mit der Ermöglichung einer Vorabkontrolle ein erhöhtes Ausmaß an Rechtssicherheit zu schaffen, zuwiderlaufen. Die Anwendumg des in § 127 Abs. 3 GWG 2011 vorgesehenen Mahnverfahrens durch Versorger bewirke einen wichtigen Schutz für die Kunden. Es werde darauf hingewiesen. dass im Wesentlichen sämtliche der Regulierungsbehörde bekannte Versorger und Lieferanten (Strom) das qualifizierte Mahnverfahren bereits in ihre AGB aufgenommen hätten, den Kunden der Antragstellerin entstehe sehr wohl ein Nachteil, der dadurch bewirkt werde, dass sie innerhalb einer kürzeren Frist als andere Kunden in Österreich mangels Vorliegens eines Liefervertrages abgeschaltet werden könnten und somit in ihrem Recht auf ordnungsgemäße Versorgung mit Erdgas beeinträchtigt seien. Auch könne seitens der belangten Behörde dem Vorbringen der Antragstellerin, die sofortige Vollstreckung des angefochtenen Bescheides bedeute einen nicht wiedergutzumachenden Schaden, nicht gefolgt werden. Um dem Konkretisierungsgebot zu entsprechen, sei nicht nur die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen erforderlich, gleichfalls seien die gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei anzugeben. Im vorliegenden Fall habe die Antragstellerin jedoch die notwendige Darstellung der wirtschaftlichen Situation unterlassen.
Um die vom Gesetzgeber geforderte Interessenabwägung vornehmen zu können, ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl u.a. den hg. Beschluss eines verstärkten Senates vom , Slg. Nr 10.381/A) erforderlich, dass der Beschwerdeführer schon in seinem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung konkret darlegt, aus welchen tatsächlichen Umständen sich der von ihm behauptete unverhältnismäßige Nachteil ergibt, es sei denn, dass sich nach Lage des Falles die Voraussetzungen für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne weiteres erkennen lassen. Im Sinne der Grundsätze dieses Beschlusses erfordert die Dartuung eines unverhältnismäßigen wirtschaftlichen Nachteils die nachvollziehbare Darlegung der konkreten wirtschaftlichen Folgen der behaupteten Einbußen auf dem Boden der gleichfalls konkret anzugebenden gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse der beschwerdeführenden Partei. Erst die ausreichende Konkretisierung ermöglicht die vom Gesetz gebotene Interessenabwägung (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2011/03/0040, mwN).
Vorliegend hat es die Beschwerdeführerin unterlassen, im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ihre gesamten wirtschaftlichen Verhältnisse darzulegen. So führt die Beschwerdeführerin selbst aus, der von ihr angenommene Nachteil sei zwar offenkundig und notorisch, jedoch ex post nicht bezifferbar. Der Hinweis auf die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Finanz- und Vermögensgebarung der Beschwerdeführerin vermag die Darlegung der gesamten wirtschaftlichen Situation nicht zu ersetzen. Letztlich ist es dem Verwaltungsgerichtshof unmöglich, den im Antrag nicht bezifferten wirtschaftlichen Nachteil in ein Verhältnis insbesondere zu den gesamten Umsatzerlösen der Beschwerdeführerin zu setzen (vgl. zu diesem Vergleich den obzitierten Beschluss vom ).
Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | GWG 2011 §125 Abs5; VwGG §30 Abs2; |
Schlagworte | Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Unverhältnismäßiger Nachteil Besondere Rechtsgebiete Diverses |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:AW2012040044.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-52040