VwGH 13.01.2012, AW 2011/17/0043
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der L GmbH, vertreten durch S H & Partner Rechtsanwälte OG, der Beschwerde gegen den Bescheid der Bundesministerin für Finanzen vom , Zl. BMF-180000/0122-VI/5/2011, betreffend Konzessionsvergabe gemäß § 14 GSpG (mitbeteiligte Partei: Österreichische Lotterien GmbH in Wien, vertreten durch Dr. B), die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Die beschwerdeführende Partei bekämpft mit ihrer zur hg. Zl. 2011/17/0303 protokollierten Beschwerde den (nicht an sie gerichteten) Bescheid der belangten Behörde vom , mit dem der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei die Konzession gemäß § 14 GSpG erteilt wurde.
Den mit dieser Beschwerde verbundenen Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG begründet die beschwerdeführende Partei damit, dass der von ihr bekämpfte Bescheid einem "Vollzug" - also einer Umsetzung in die Wirklichkeit - zugänglich sei, zwingende öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht entgegen stünden und für sie mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides in mehrfacher Hinsicht ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Diesen "unverhältnismäßigen Nachteil" begründet sie näher wie folgt:
"a. Die derzeit noch geltende Lotterienkonzession ist ...
unionsrechtswidrig vergeben worden. Sie wird daher durch die
unmittelbar anwendbare Dienstleistungsfreiheit verdrängt. Dies
bedeutet, dass wir derzeit Glückspiele anbieten dürfen und dafür
weder nach GSpG noch nach StGB strafbar sind. Die BMF behauptet
nun, dass der neue Lotterienkonzessionsbescheid in einem
transparenten und diskriminierungsfreien Verfahren erteilt worden
ist ... . Dies wird von uns zwar bestritten, es ist aber absehbar,
dass sich sowohl die Verwaltungsbehörden als auch die Gerichte auf
diese - mehrfach publizierte - Rechtsansicht der BMF berufen
werden. Sollten wir daher Glückspiele ... veranstalten, drohen uns
verwaltungsrechtliche und gerichtliche Strafen. Diese unverhältnismäßigen Nachteile können nur dadurch hintangehalten werden, dass unserer Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wird. Diese Absicherung der Dienstleistungsfreiheit gegenüber den Strafvollzugsbehörden scheint auch unionsrechtlich geboten.
b. Wir hegen keinen Zweifel daran, dass der angefochtene Bescheid als rechtswidrig behoben werden wird. Allfällige Vorarbeiten, welche die (mitbeteiligte Partei) auf Grund des jetzt - rechtswidrigerweise - erteilten Bescheids erbringt, wären daher frustriert. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde sowohl der (mitbeteiligten Partei) diese Aufwendungen als auch dem Bund allfällige Amsthaftungsansprüche ersparen.
c. Auf Grund des Konzessionsbescheides wird die (mitbeteiligte Partei) Vertriebsverträge mit ihren Vertriebspartnern (z.B. Trafiken) sowie Werbeverträge mit Medien abschließen. Diese Verträge verbieten unserer Kenntnis nach den Partnern der (mitbeteiligten Partei) den Vertrieb von Konkurrenzprodukten bzw. eine Bewerbung von anderen Glücks- oder Gewinnspielunternehmen. Damit schottet die (mitbeteiligte Partei) - auf der Lotterienkonzession fußend - den Markt ab und verhindert, dass wir unsere Produkte lancieren können."
Die belangte Behörde und die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligte Partei haben sich jeweils mit näherer Begründung gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ausgesprochen.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Antragstellers (Beschwerdeführers) die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre. Der Antragsteller hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senates vom , Sammlung Nr. 10.381 A/1981).
Es kann im hier zu beurteilenden Fall dahinstehen, ob der angefochtene Bescheid überhaupt einem Vollzug zugänglich ist, kann dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung doch aus den folgenden Erwägungen jedenfalls nicht stattgegeben werden:
Zunächst ist darauf zu verweisen, dass im Rahmen des Provisorialverfahrens betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Verwaltungsgerichtshof nach seiner ständigen Rechtsprechung keine Prognose über die Erfolgsaussichten der Beschwerde anzustellen hat; Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben bei der Entscheidung über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben. Im Verfahren über die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat der Verwaltungsgerichtshof die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2011/17/0024, mwN, sowie den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2011/17/0036).
Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 30 Abs. 2 VwGG ergibt, muss ein die beschwerdeführende (antragstellende) Partei betreffender unverhältnismäßiger Nachteil zumindest schlüssig behauptet werden. Ein allfälliger sich für dritte Personen ergebender Nachteil ist nicht tatbestandsmäßig im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2005/11/0035, mwN). Soweit sich die beschwerdeführende Partei daher im vorliegenden Verfahren auf allfällige Nachteile der im verwaltungsgerichtlichen Verfahren mitbeteiligten Partei oder auch des Bundes beruft (lit. b des oben widergegebenen Vorbringens), zeigt sie schon deshalb keinen sie treffenden unverhältnismäßigen Nachteil und somit keine der Voraussetzungen für die Erteilung der aufschiebenden Wirkung auf.
Soweit die beschwerdeführende Partei aber (oben wiedergegebenes Vorbringen lit. a) auf ihr drohende verwaltungsgerichtliche und gerichtliche Strafen verweist und sich in diesem Zusammenhang auf die von der belangten Behörde allenfalls auch erst in der Zukunft erteilte Presseinformationen beruft, kann auch daraus kein unverhältnismäßiger Nachteil für die beschwerdeführende Partei im vorliegenden Verfahren abgeleitet werden. Das Zutreffen oder Nichtzutreffen von publizierten Rechtsansichten wäre nämlich gegebenenfalls in den von der beschwerdeführenden Partei hier angesprochenen verwaltungsrechtlichen oder gerichtlichen Strafverfahren zu überprüfen; die geäußerte Rechtsansicht würde aber weder Verwaltungsbehörden noch Gerichte binden.
Soweit die beschwerdeführende Partei schließlich (lit. c des oben wiedergegebenen Vorbringens) auf (möglicherweise) von der mitbeteiligten Partei in Zukunft abgeschlossene Verträge hinsichtlich des Vertriebes verweist, vermag sie gleichfalls einen unverhältnismäßigen Nachteil im Zusammenhang mit dem vorliegenden Beschwerdeverfahren nicht aufzuzeigen. Selbst unter der Annahme des Zutreffens der diesbezüglichen Behauptungen wäre nämlich eine Beeinträchtigung der gegenwärtigen Marktposition der beschwerdeführenden Partei nicht erkennbar; auch aus den Behauptungen im vorliegenden Antrag ergibt sich nämlich nur, dass eine künftige Ausweitung des Vertriebes und eine damit zusammenhängende Bewerbung der Produkte der beschwerdeführenden Partei gehindert würde; dass der beschwerdeführenden Partei die gegenwärtigen, bestehenden Vertriebswege und Werbemöglichkeiten genommen oder sie darin beeinträchtigt würde, ergibt sich aus ihrem Vorbringen jedenfalls nicht mit hinreichender Deutlichkeit.
Schon aus diesen Erwägungen war daher dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG nicht stattzugeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | GSpG 1989 §14; VwGG §30 Abs2; |
Schlagworte | Unverhältnismäßiger Nachteil |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2012:AW2011170043.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAF-52033