VwGH 03.06.2011, AW 2011/10/0016
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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RS 1 | Nichtstattgebung - naturschutzrechtliche Bewilligung - Ein "unverhältnismäßiger Nachteil" für die Landesumweltanwaltschaft läge in Ansehung der durch das Salzburger Naturschutzgesetz geschützten Interessen dann vor, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung dieser Interessen infolge Realisierung des bewilligten Projekts - und zwar bereits während der voraussichtlichen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - konkret zu befürchten wäre, wobei für diese Beurteilung ua auch maßgeblich ist, inwieweit die Folgen des Eingriffes im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides wieder beseitigt werden können. Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben betreffend die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes ab. Dem Aufschiebungsantrag ist in diesem Punkt lediglich die Befürchtung zu entnehmen, eine Beseitigung der einmal errichteten Halle würde den Betrieb der mitbeteiligten Parteien ruinieren und es sei unklar, wer diesfalls die Kosten des Rückbaus zu tragen hätte; der "Unrechts-Bestand" bliebe Jahrzehnte lang bestehen. Mit diesen - die behördlichen Ermächtigungen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verkennenden - Mutmaßungen wird aber nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass die mit einer Verwirklichung des Projektes verbundenen Eingriffe in die Natur und Landschaft notwendigerweise unumkehrbare Beeinträchtigungen mit sich bringen würden. Die beschwerdeführende Partei hat daher mit ihrem Vorbringen nicht konkret aufgezeigt, dass den geschützten Gütern aus der Gebrauchnahme des angefochtenen Bescheides - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkrete Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit iSd § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Salzburger Landesumweltanwaltschaft in Salzburg, vertreten durch Dr. W, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der belangten Behörde Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21301-RI/779/42- 2011, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Parteien: 1. A, 2. E), erhobenen und zur hg. Zl. 2011/10/0058 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wurde den mitbeteiligten Parteien die naturschutzbehördliche Bewilligung zum Um- und Zubau eines Pferdestalles mit Auslauf sowie Neuerrichtung einer Bewegungshalle für Pferde im Bereich der GP 633/2 und 633/3, jeweils KG M, im Landschaftsschutzgebiet Salzburg Süd nach Maßgabe der Projektunterlagen und unter Einhaltung von im Einzelnen genannten Auflagen und Bedingungen erteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende zur hg. Zl. 2011/10/0058, protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das von den mitbeteiligten Parteien geltend gemachte öffentliche Interesse an der Verwirklichung ihres Projekts liege entgegen den Annahmen der belangten Behörde nicht vor. Es handle sich um eine bloß der Ertragsverbesserung dienende Maßnahme, an der kein die Naturschutzinteressen überwiegendes öffentliches Interesse bestehe. Hingegen bestehe ein besonders hohes öffentliches Interesse des Naturschutzes an der Erhaltung des gegenständlichen Landschaftsraumes als eine der schönsten, kulturhistorisch bedeutsamsten, wertvollsten und einzigartigsten Landschaftskulissen, die auch noch für künftige Generationen erhalten werden müsse. Dieser drohe im Falle einer Projektverwirklichung ein Nachteil, der nicht wieder rückgängig gemacht werden könne, ohne den Betrieb der mitbeteiligten Parteien zu ruinieren. Es sei völlig ungeklärt, wer im Falle eines Konkurses die Kosten einer Wiederherstellung des vorherigen Zustandes tragen sollte; der "Unrechts-Bestand" bliebe über Jahrzehnte bestehen.
Die belangte Behörde sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und brachte vor, dem stünden insoweit zwingende öffentliche Interessen entgegen, als das Verfahren bereits bisher sehr lange gedauert habe, und weitere Verzögerungen die wirtschaftliche Situation des Landwirtschaftsbetriebes der mitbeteiligten Parteien noch schlechter gestalten würden. Irreversible Schäden am Landschaftsbild, Landschaftscharakter oder Naturhaushalt seien nicht zu befürchten, zumal der Hallenkomplex ohne verbleibende Beeinträchtigungen wieder beseitigt werden könne.
Auch die mitbeteiligten Parteien sprachen sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und verwiesen auf die Möglichkeit des jederzeitigen Rückbaus.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, kann von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2010/10/0027, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Selbst wenn man jedoch mit der beschwerdeführenden Partei davon ausgeht, es bestehe an einer sofortigen, keinerlei Aufschub duldenden Umsetzung des angefochtenen Bescheides kein zwingendes öffentliches Interesse im dargelegten Sinn, ist damit für den Aufschiebungsantrag nichts gewonnen. Diesfalls ist nämlich in die Interessenabwägung einzutreten, die entscheidend von den im Aufschiebungsantrag zur Darlegung des "unverhältnismäßigen Nachteiles" vorgebrachten konkreten Angaben abhängt:
Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsbeschwerden zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsbeschwerde zulässig. Als "unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer" ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Bescheides in die Wirklichkeit zu verstehen (vgl. nochmals den zit. Beschluss vom , und die dort zit. Vorjudikatur). Ein "unverhältnismäßiger Nachteil" für die beschwerdeführende Partei läge daher in Ansehung der durch das Salzburger Naturschutzgesetz geschützten Interessen dann vor, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung dieser Interessen infolge Realisierung des bewilligten Projekts - und zwar bereits während der voraussichtlichen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - konkret zu befürchten wäre, wobei für diese Beurteilung u.a. auch maßgeblich ist, inwieweit die Folgen des Eingriffes im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides wieder beseitigt werden können. Im Übrigen obliegt es der die Amtsbeschwerde erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelnen darzutun, aus denen sich ein solcher "unverhältnismäßiger Nachteil" ergibt. wobei den Antragsteller eine Konkretisierungspflicht trifft (vgl. nochmals den oben zitierten Beschluss, und die dort genannte Vorjudikatur).
Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben betreffend die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes ab. Dem Aufschiebungsantrag ist in diesem Punkt lediglich die Befürchtung zu entnehmen, eine Beseitigung der einmal errichteten Halle würde den Betrieb der mitbeteiligten Parteien ruinieren und es sei unklar, wer diesfalls die Kosten des Rückbaus zu tragen hätte; der "Unrechts-Bestand" bliebe Jahrzehnte lang bestehen. Mit diesen - die behördlichen Ermächtigungen zur Herstellung des rechtmäßigen Zustandes verkennenden - Mutmaßungen wird aber nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass die mit einer Verwirklichung des Projektes verbundenen Eingriffe in die Natur und Landschaft notwendigerweise unumkehrbare Beeinträchtigungen mit sich bringen würden. Die beschwerdeführende Partei hat daher mit ihrem Vorbringen nicht konkret aufgezeigt, dass den geschützten Gütern aus der Gebrauchnahme des angefochtenen Bescheides - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkrete Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen.
Dem Aufschiebungsantrag war somit keine Folge zu geben. Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Besondere Rechtsgebiete Naturschutz und Landschaftsschutz Unverhältnismäßiger Nachteil |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2011:AW2011100016.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-52020