Suchen Hilfe
VwGH 09.05.2011, AW 2011/07/0018

VwGH 09.05.2011, AW 2011/07/0018

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
VwGG §30 Abs2;
RS 1
Nichtstattgebung - Feststellung des Gemeindegutes - Die im Beschwerdefall getroffene Feststellung ist einem Vollzug zugänglich. Durch den angefochtenen Bescheid wird die Eigenschaft der betroffenen Liegenschaften als Gemeindegut rechtsverbindlich aufgezeigt. Damit sind diese Liegenschaften als Gemeindegut in den öffentlichen Büchern zu bezeichnen, wodurch die bescheidmäßige Feststellung mit allen vorgesehenen rechtlichen Konsequenzen in die Wirklichkeit umgesetzt wird (in diesem Sinne zur Feststellung einer Liegenschaft als agrargemeinschaftlich bereits der Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , AW 85/07/0061).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie AW 2009/07/0035 B RS 1
Normen
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §36 Abs2 idF 2010/007;
VStG §9 Abs7;
VwGG §30 Abs2;
RS 2
Nichtstattgebung - Feststellung von Gemeindegut - Eine der Folgen des Vollzugs des angefochtenen Bescheides gemäß § 33 Abs 2 lit c Z 2 Tir FlVfLG 1996 ist - nach § 36 Abs 2 legcit - das Recht der Gemeinde zur Entnahme der Erträgnisse des Rechnungskreises II. Mangels näherer Angaben über die Größenordnung der beiden Rechnungskreise und der für die Erfüllung der Aufgaben der Agrargemeinschaft notwendigen finanziellen Mittel kann aber nicht von vornherein davon ausgegangen werden, es liege im Vollzug des angefochtenen Bescheides und in der dargestellten Entnahmemöglichkeit für die Gemeinde ein unverhältnismäßiger Nachteil für die Antragstellerin. Im hier vorliegenden Fall wurde gegenüber dem Obmann der antragstellenden Agrargemeinschaft ein Straferkenntnis erlassen, weil er bestimmten Verpflichtungen nicht entsprochen hatte, die ihn als Obmann einer Gemeindegutsagrargemeinschaft getroffen hatten. Es ist davon auszugehen, dass aufgrund der Haftung nach § 9 Abs. 7 VStG ein Verwaltungsstrafverfahren gegen den Obmann einer Agrargemeinschaft auch die Interessensphäre der Agrargemeinschaft selbst berührt und daher durch ein solches Verfahren gegebenenfalls auch vermögensrechtliche Nachteile für die Agrargemeinschaft eintreten könnten. Es kann hier aber dahin stehen, ob die Verwaltungsstrafbehörden bei der Prüfung der Tatbestandsmäßigkeit des einem Organ der Agrargemeinschaft vorgeworfenen Verhaltens an die rechtskräftige Feststellung über das Vorliegen einer Gemeindegutsagrargemeinschaft gebunden sind oder nicht. Wenn dies nicht der Fall sein sollte, wäre in Bezug auf das Verwaltungsstrafverfahren die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ohne Bedeutung. Sollte die Verwaltungsstrafbehörde aber an die bescheidmäßige Feststellung gebunden sein und diese Bindung im Fall der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sistiert werden können, so ist dennoch nicht erkennbar, dass ein unverhältnismäßiger Nachteil für die antragstellende Agrargemeinschaft vorläge, wenn dem Aufschiebungsantrag nicht stattgegeben würde. Über den Obmann der Agrargemeinschaft wurde eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 500,00 verhängt. Mangels näherer Angaben über die Vermögenssituation der Agrargemeinschaft kann nicht davon ausgegangen werden, dass im Falle der schlagend werdenden Haftung nach § 9 Abs. 7 VStG in der Haftung für diese Summe ein unverhältnismäßiger Nachteil für die Agrargemeinschaft läge. Dem Antrag der Agrargemeinschaft war daher mangels Erkennbarkeit eines mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides einhergehenden unverhältnismäßigen Nachteils nicht stattzugeben. Es ist aber nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die mitbeteiligte Gemeinde das Risiko trägt, im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und eines gegenteiligen Verfahrensergebnisses zwischenzeitig entnommene Erträge aus dem Rechnungskreis II wieder zurück erstatten zu müssen.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie AW 2011/07/0017 B RS 2 (hier nur der erste und die beiden letzten Sätze; es wurden lediglich drohende Strafverfahren bzw. Sachwalterbestellungen als Nachteile vorgebracht)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Agrargemeinschaft S, vertreten durch Univ.Doz. Dr. B, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid des Landesagrarsenates beim Amt der Tiroler Landesregierung vom , Zl. LAS - 1036/3-10, betreffend Feststellung von Gemeindegut (mitbeteiligte Partei: Ortsgemeinde M, vertreten durch Dr. R und Dr. M, Rechtsanwälte), erhobenen und zur hg. Zl. 2011/07/0117 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde im Instanzenzug fest, dass bestimmte Grundstücke im Eigentum der antragstellenden Agrargemeinschaft Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c Z. 2 des Tiroler Flurverfassungs-Landesgesetzes 1996 in der Fassung LGBl. Nr. 7/2010 (TFLG 1996), seien.

Ihren Antrag, der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, begründete die Agrargemeinschaft nach allgemeinen Ausführungen damit, dass die gewählten Vertreter der Agrargemeinschaft im Ausschuss und der Obmann mittels Strafbescheiden faktisch dazu gezwungen werden sollten, die Substanz aus dem Regulierungsgebiet der jeweiligen Ortsgemeinde zu überlassen. Als Eskalationsmaßnahme würden Sachwalter mit den Befugnissen des Ausschusses und des Obmannes bestellt. Die gesetzliche Strafbefugnis gemäß dem TFLG 1996 werde dazu eingesetzt, die Obleute anzuhalten, Substanzeinnahmen im neu geschaffenen Rechnungskreis II auszuweisen. Lägen die Jahresabschlüsse 2010 vor, sei bei Aufrechterhaltung dieser Vorgehensweise damit zu rechnen, dass im Wege von Strafbescheiden Auszahlungen erzwungen würden. Der Rechtsstaat in Tirol sei außer Kraft. Strafbescheide seien sogar deshalb verhängt worden, weil es Organmitglieder (anderer Agrargemeinschaften) gewagt hätten, einen Rechnungskreis II auszuweisen und die klarstellende Bemerkung "mit Vorbehalt, ohne Präjudiz" anzufügen. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 639/10, werde von den Tiroler Behörden ignoriert. Unrichtigerweise behaupte die Tiroler Landesregierung, dass der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile die Entscheidung der belangten Behörde bestätigt habe. Ein Bescheid, wonach bei einer Agrargemeinschaft Gemeindegut gemäß § 33 Abs. 2 lit. c Z. 2 TFLG 1996 festgestellt werde, habe die Wirkung eines Eigentumseingriffs. Unter anderem sei daran das Recht der Ortsgemeinde geknüpft, aus dem sogenannten Rechnungskreis II die eingebuchten Beträge jederzeit zu entnehmen. Dieses gesetzlich verankerte Recht in Verbindung mit dessen zwangsweiser Durchsetzung im Wege von Strafbescheiden gegen Obmann und Kassier mache es erforderlich, auch einen Feststellungsbescheid so zu behandeln, als würde daraus der Ortsgemeinde M unmittelbar ein Recht eingeräumt. Mit Rundschreiben vom Dezember 2010 habe die Agrarbehörde alle angeblichen Gemeindegutsagrargemeinschaften aufgefordert, den Rechnungskreis II abzuschließen, die Jahresabschlüsse 2010 bis spätestens bei der Behörde abzugeben und in der Folge den Überling im Rechnungskreis II an die jeweilige Ortsgemeinde auszubezahlen. Es sei zu kalkulieren, dass die Agrarbehörde ab April 2011 exzessiv mit Strafbescheiden vorgehen werde, um die Auszahlung an die Ortsgemeinde zu erzwingen. Eine Serie von neuen Verfahren würde dadurch - im Ergebnis völlig sinnlos - vom Zaun gebrochen.

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der politischen Behörde signalisieren, dass das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom ernst zu nehmen sei. Sie würde weiters der politischen Behörde signalisieren, dass im TFLG der Begriff Gemeindegut bis zur Novelle 1984 im Sinn von Eigentum der Agrargemeinschaft gebraucht worden sei. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der politischen Behörde signalisieren, dass es in der Republik Österreich auch noch eine Instanz gebe, die sich nicht damit begnüge, die Maßnahmen der staatlichen Verwaltung auf Denkmöglichkeit hin zu überprüfen, sondern dass es eine Instanz gebe, welche die gesamte staatliche Verwaltung auch auf inhaltliche Rechtmäßigkeit und jedes Verfahren auf Mängelfreiheit überprüfe. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der politischen Behörde schließlich signalisieren, dass die historischen Beamten in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle den Begriff "Gemeindegut" im Sinn von Eigentum der Agrargemeinschaft gebraucht hätten, dass man jedoch dann, wenn es der lokalen politischen Führung in den Kram gepasst hätte, diesen Begriff im Sinne von Eigentum der Ortsgemeinde verwendet und der jeweiligen Ortsgemeinde das Eigentum am Regulierungsgebiet auf Grund Parteienübereinkommens zugeschanzt habe. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der politischen Behörde signalisieren, dass die belangte Behörde ehemals auch den Begriff Gemeindegut im Sinn von Eigentum der Agrargemeinschaft gebraucht habe. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der politischen Behörde schließlich signalisieren, dass es nicht angehe, dass die Tiroler Landesregierung selbst es gewesen sei, welche Anfang der 80er Jahre nach Wien berichtet habe, dass der Begriff "Gemeindegut" in Tirol als "Eigentum der Agrargemeinschaft" verstanden würde und dass heute diese historischen Fakten ausgenutzt würden, um eine politische Hetzjagd auf das Vermögen der Agrargemeinschaften zu veranstalten. Das Chaos, welches die Tiroler Landesregierung und ihre politische Behörde "SOKO Agrargemeinschaft" durch den Missbrauch der aus heutiger Sicht irreführenden historischen Verwendung des Begriffes Gemeindegut ausgelöst habe, habe die Tiroler Landesregierung auszubaden; diese und ihre politische Behörde "SOKO Agrargemeinschaften" verdienten keine Schonung. Hingegen verdienten die Agrargemeinschaften eine Atempause! Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung würde der politischen Behörde schließlich signalisieren, dass die konstitutiven Eigentumsentscheidungen der Agrarbehörden beachtlich seien und dass man diese unter Beachtung der gebotenen Sorgfalt zu interpretieren habe, so wie der Verfassungsgerichtshof dies im Erkenntnis vom vorgegeben habe. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sei deshalb im öffentlichen Interesse.

Dazu erstattete die belangte Behörde eine Stellungnahme vom , in der sie darauf hinwies, dass nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1645/09, der angefochtene Bescheid lediglich deklaratorischen Charakter habe und an der Anwendbarkeit der Bestimmungen über Gemeindegutsagrargemeinschaften nichts zu ändern vermöge. Es sei jedoch einzuräumen, dass ein Einfluss des angefochtenen Bescheides auf zwingende öffentliche Interessen für die belangte Behörde nicht erkennbar sei, zumal auch im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür hervorgekommen seien, dass ein Zugriff der mitbeteiligten Gemeinde auf die agrargemeinschaftlichen Grundstücke oder den daraus erzielbaren Substanzerlös zwingend erforderlich wäre. Daher bestehe kein Anlass, sich als belangte Behörde gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auszusprechen.

Die mitbeteiligte Gemeinde erstattete ebenfalls eine Stellungnahme, in der sie darauf hinwies, dass den Ausführungen der Antragstellerin kein unverhältnismäßiger Nachteil zu entnehmen sei, der mit dem Vollzug des Bescheides einhergehe. Weder der mehrfache Verweis auf verschiedenste angebliche Signalwirkungen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung noch der unglaubhafte und lediglich gemutmaßte Verweis auf einen exzessiven Erlass von Strafbescheiden ab April 2011 ließen einen unverhältnismäßigen Nachteil für den Beschwerdeführer erkennen. Dem Antrag fehle somit jegliche gesetzliche Grundlage und es sei diesem daher nicht stattzugeben.

1. Gemäß § 30 Abs. 1 VwGG kommt einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof aufschiebende Wirkung kraft Gesetzes nicht zu.

Nach § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2. Das Rechtsinstitut der aufschiebenden Wirkung ist ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element; die in der Bescheidprüfung durch den Verwaltungsgerichtshof gegebene Rechtsschutzfunktion soll durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides während der Dauer des Beschwerdeverfahrens nicht ausgeschaltet werden (vgl. dazu den Beschluss eines verstärkten Senates vom , 80/03/0260, VwSlg 10.381/A).

Eine Entscheidung über die Zuerkennung oder Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde beinhaltet aber keine Aussage über den Ausgang des Verfahrens. Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem die aufschiebende Wirkung der Beschwerde betreffenden Verfahren nämlich die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu prüfen. Mutmaßungen über den voraussichtlichen Ausgang des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens haben daher bei der Frage der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung außer Betracht zu bleiben (vgl. unter vielen den Beschluss vom , AW 2008/05/0006). Selbst die mögliche Rechtswidrigkeit des Bescheides ist kein Grund für die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung (Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit, 122).

Diese Umstände verkennt die antragstellende Agrargemeinschaft, wenn sie meint, mit der Entscheidung über die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde wären Signale an die Tiroler Behörden verbunden, die im Zusammenhang mit der Frage der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides stehen. Mit der Entscheidung über den vorliegenden Aufschiebungsantrag sind keine wie immer gearteten Signale an die Agrarbehörden verbunden. Mit dieser Entscheidung wird (lediglich) im Rahmen des vorliegenden Provisiorialverfahrens entschieden, ob nach Abwägung aller berührter Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides für die Antragstellerin ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden ist, der gegebenenfalls für die Dauer des Verfahrens aufzuschieben wäre.

3. Der in Beschwerde gezogene Bescheid der belangten Behörde ist ein Feststellungsbescheid, mit dem die belangte Behörde im Instanzenzug die Feststellung getroffen hat, dass bestimmte agrargemeinschaftliche Grundstücke der antragstellenden Agrargemeinschaft Gemeindegut im Sinne des § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 darstellen. Als Folge dieses rechtskräftigen Bescheides steht verbindlich fest, dass die antragstellende Agrargemeinschaft - in Bezug auf die im Spruch näher genannten Grundstücke - eine Agrargemeinschaft nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2 TFLG 1996 ist. Solche Agrargemeinschaften unterliegen seit der TFLG-Novelle 2010 bestimmten besonderen Verpflichtungen.

Diese im Beschwerdefall getroffene Feststellung ist einem Vollzug zugänglich. Die belangte Behörde verweist unter Bezugnahme auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1645/10, darauf, dass es sich dabei (lediglich) um einen deklarativen Akt handle und die Anwendung der Bestimmungen des TFLG 1996 in der Fassung der TFLG-Novelle 2010 über die "Gemeindegutsagrargemeinschaft" die bescheidförmige Feststellung des Vorliegens atypischen Gemeindegutes nicht voraussetze. Die Anwendbarkeit der Regelungen über diese Art der Agrargemeinschaften hänge allein vom Vorliegen der im Gesetz umschriebenen Voraussetzungen ab.

Dieser Überlegung ist zwar zuzustimmen; sie spricht jedoch nicht gegen die Vollzugstauglichkeit des in Beschwerde gezogenen Feststellungsbescheides. Mit diesem wird nämlich in einer jedenfalls die Agrarbehörden bindenden Art und Weise festgestellt, dass die antragstellende Agrargemeinschaft eine solche nach § 33 Abs. 2 lit. c Z 2TFLG 1996 ist. Besteht ein solcher rechtskräftiger Feststellungsbescheid müssen die Agrarbehörden (und andere Verwaltungsbehörden) vom Inhalt dieser Feststellung ausgehen, selbst dann, wenn dieser Ausspruch rechtswidrig wäre. Werden die Wirkungen dieser Feststellung aber - durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung - sistiert, so müssen diese Behörden die Frage, ob es sich im konkreten Fall um eine Gemeindegutsagrargemeinschaft handelt oder nicht, im Rahmen einer Vorfragenprüfung aus Eigenem beurteilen, und könnten dabei auch zu anderen Ergebnissen kommen, ohne dass einer solchen Beurteilung die Bindungswirkung des angefochtenen Bescheides entgegen stünde. Der angefochtene Bescheid ist daher jedenfalls einem Vollzug zugänglich (vgl. in diesem Sinn auch bereits die hg. Beschlüsse vom , AW 85/07/0061, und vom , AW 2009/07/0035).

Das TFLG 1996 hat in seiner Novelle LGBl. Nr. 7/2010 für solche Gemeindegutsagrargemeinschaften besondere Regelungen aufgestellt, deren Anwendbarkeit bei rechtskräftiger Feststellung von Gemeindegut im jeweiligen Verfahren nicht mehr hinterfragt werden kann. So sind die von der Feststellung umfassten Liegenschaften als Gemeindegut in den öffentlichen Büchern zu bezeichnen (§ 38 Abs. 2 TFLG 1996). Nach § 33 Abs. 5 TFLG 1996 steht der Substanzwert an solchen agrargemeinschaftlichen Grundstücken der Gemeinde zu. Solche Agrargemeinschaften haben getrennte Rechnungskreise zu führen und nach § 36 Abs. 2 TFLG 1996 kann die Gemeinde die aus dem Rechnungskreis II erfließenden Erträge (Einnahmen und Ausgaben aus dem Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke) jederzeit entnehmen. In Angelegenheiten, die den Substanzwert der agrargemeinschaftlichen Grundstücke betreffen, kann ein Organbeschluss nur mit Zustimmung der Gemeinde rechtswirksam gefasst werden; in diesen Angelegenheiten kann die Gemeinde den Organen der Agrargemeinschaft Aufträge erteilen (§ 35 Abs. 7 TFLG 1996). Die Agrargemeinschaft ist schließlich verpflichtet, jene Grundstücke, die für die Errichtung von infrastrukturellen Vorhaben oder Anlagen benötigt werden, an deren Errichtung ein öffentliches Interesse besteht, der Gemeinde gegen Entschädigung ins Eigentum zu übertragen (§ 40 Abs. 3 TFLG 1996).

Mit der rechtskräftigen Qualifikation als Gemeindegutsagrargemeinschaft werden daher Verpflichtungen für solche Agrargemeinschaften unmittelbar auf Grund des Gesetzes schlagend. Die von der antragstellenden Agrargemeinschaft genannten weiteren Folgen möglicher Bestrafung ihrer Organe bzw möglicher Sachverwalterbestellungen stellen weitere, mittelbare Folgen der bescheidmäßigen Feststellung dar.

4. Dass öffentliche Interessen der Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung entgegenstünden, hat die belangte Behörde nicht vorgebracht und ist auch nicht erkennbar. Es war daher in die Interessensabwägung einzusteigen und zu prüfen, ob mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides bzw. der Ausübung der Berechtigung durch einen Dritten für die Agrargemeinschaft ein unverhältnismäßiger Nachteil gegeben wäre.

Hier kommt es auf das Vorbringen im Einzelfall an.

Der Antragsteller hat in seinem Antrag zu konkretisieren, worin für ihn der unverhältnismäßige Nachteil gelegen wäre (vgl. dazu den bereits zitierten Beschluss vom , VwSlg 10.381/A). An diese Konkretisierungspflicht stellt der Verwaltungsgerichtshof strenge Anforderungen. Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über den eintretenden Nachteil ab.

Im hier vorliegenden Antrag fehlen solche konkretisierten Angaben. Auch wenn eine der Folgen des Vollzugs des angefochtenen Bescheides - nach dem Gesetzestext - die Berechtigung der Gemeinde zur Entnahme der Erträgnisse des Rechnungskreises II ist, so kann mangels näherer Angaben über die Größenordnung der beiden Rechnungskreise und der für die Erfüllung der Aufgaben der Agrargemeinschaft notwendigen finanziellen Mittel nicht von vornherein davon ausgegangen werden, es liege im Vollzug des angefochtenen Bescheides ein unverhältnismäßiger Nachteil für die Antragstellerin. Die im Antrag enthaltenen Angaben über drohende Strafverfahren bzw. Sachwalterbestellungen beziehen sich nicht auf die hier antragstellende Agrargemeinschaft sondern stellen Mutmaßungen über zukünftige Entwicklungen dar. Im Übrigen wären solche Folgen durch gesetzeskonformes Verhalten abwendbar.

Dem Antrag der Agrargemeinschaft war daher mangels Erkennbarkeit eines mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheides einhergehenden unverhältnismäßigen Nachteils nicht stattzugeben.

Es ist aber nachdrücklich darauf hinzuweisen, dass die mitbeteiligte Gemeinde das Risiko trägt, im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides und eines gegenteiligen Verfahrensergebnisses zwischenzeitig entnommene Erträge aus dem Rechnungskreis II wieder zurück erstatten zu müssen.

Dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung war daher kein Erfolg beschieden.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen
FlVfLG Tir 1996 §33 Abs2 litc Z2 idF 2010/007;
FlVfLG Tir 1996 §36 Abs2 idF 2010/007;
VStG §9 Abs7;
VwGG §30 Abs2;
Schlagworte
Vollzug
Unverhältnismäßiger Nachteil
Besondere Rechtsgebiete Bodenreform Forstwesen Grundverkehr
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:AW2011070018.A00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-52015