VwGH 13.08.2010, AW 2010/10/0027
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Nichtstattgebung - Abweisung der Beschwerde wegen behaupteter Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes - Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsbeschwerden zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsbeschwerde zulässig. Als "unverhältnismäßiger Nachteil für den Bf" ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Bescheides in die Wirklichkeit zu verstehen (Hinweis B , AW 2002/17/0009). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie AW 2009/10/0032 B RS 1
(Hier: Nichtstattgebung - naturschutzrechtliche Bewilligung - Ein
"unverhältnismäßiger Nachteil" für die beschwerdeführende Partei
läge daher in Ansehung der durch das Salzburger Naturschutzgesetz
geschützten Interessen dann vor, wenn eine wesentliche
Beeinträchtigung dieser Interessen infolge Realisierung des
bewilligten Projekts - und zwar bereits während der
voraussichtlichen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens -
konkret zu befürchten wäre.) |
Normen | B-VG Art131 Abs2; VwGG §30 Abs2; |
RS 2 | Nichtstattgebung - naturschutzrechtliche Bewilligung - Es obliegt der die Amtsbeschwerde erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelnen darzutun, aus denen sich ein solcher "unverhältnismäßiger Nachteil" ergibt. wobei den Antragsteller eine Konkretisierungspflicht trifft (Hinweis B , AW 2010/10/0005). Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes ab. Dem Aufschiebungsantrag ist hiezu allerdings lediglich zu entnehmen, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Verwirklichung des Projektes eine "unverhältnismäßige Zerstörung der Natur" befürchtet, die "in ihrer Eingriffsintensität als irreversibel einzustufen" sei. Inwieweit jedoch die mit dem Projekt verbundenen Eingriffe tatsächlich unumkehrbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft mit sich bringen würden, kann weder dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei selbst, noch den verwiesenen sachverständigen Äußerungen im Einzelnen entnommen werden. Dass den geschützten Gütern daher aus der Gebrauchnahme des angefochtenen Bescheides - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkrete Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit iSd § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen, wurde damit nicht dargetan. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der Salzburger Landesumweltanwaltschaft in Salzburg, vertreten durch Dr. Wo, Rechtsanwalt , der gegen den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom , Zl. 21301-RI/864/77-2010, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: W GmbH, vertreten durch Mag. E, Rechtsanwalt), erhobenen und zur hg. Zl. 2010/10/0147 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wurde der mitbeteiligten Partei die naturschutzbehördliche Bewilligung zur Errichtung einer Liftanlage (Doppelsesselbahn mit Berg- und Talstation) unter Einschluss der Nutzung des damit verbundenen schitechnischen Nutzungsraumes nach Maßgabe der Projektunterlagen und unter Einhaltung von im Einzelnen genannten Auflage und Bedingungen erteilt.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende zur hg. Zl. 2010/10/0147, protokollierte Beschwerde, mit der der Antrag verbunden ist, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Dies im Wesentlichen mit der Begründung, das von der mitbeteiligten Partei geltend gemachte öffentliche Interesse an der Verwirklichung ihres Projekts sei durch das von der beschwerdeführenden Partei vorgelegte Gutachten jedenfalls in Ansehung der Intensität des bestehenden öffentlichen Interesses entkräftet worden. Es handle sich um ein privates Bauvorhaben, das überwiegend einer Steigerung der Attraktivität des Schigebiets und der Konkurrenzsicherung diene. Ein die Naturschutzinteressen überwiegendes öffentliches Interesse bestehe daran - im Gegensatz zur Auffassung der belangten Behörde - nicht. Mit der Umsetzung des Bewilligungsbescheides werde - wie aus sachverständigen Äußerungen "unweigerlich" hervorgehe - eine unverhältnismäßige Zerstörung der Natur bewirkt. Den Interessen des Naturschutzes drohe im Falle einer Projektverwirklichung ein Nachteil, der nicht wieder rückgängig gemacht werden könne. Die Zerstörung der Natur sei auf Grund Intensität der Eingriffe als irreversibel einzustufen. Demgegenüber drohe dem Privatinteresse an der Lifterrichtung im Falle eines Zuwartens mit der Umsetzung kein irreversibler Nachteil.
Die belangte Behörde sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus und brachte vor, dem stünden zwingende öffentliche Interessen der Regionalwirtschaft und des Fremdenverkehrs entgegen. Ein längeres Zuwarten mit der Realisierung des Vorhabens würde zwangsläufig zur Einstellung des Bahnbetriebs führen. Im Übrigen würden weder seltene, gefährdete oder geschützte Tierarten gefährdet, Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes könnten jedoch schon deshalb nicht als irreversibel angesehen werden, weil die Anlagen wieder abgebaut und der ursprüngliche Zustand jederzeit wieder hergestellt werden könne. Zu diesem Zweck sei mit dem angefochtenen Bescheid auch eine Sicherheitsleistung vorgeschrieben worden.
Auch die mitbeteiligte Partei sprach sich gegen die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung aus. Sie verwies auf die an der Projektrealisierung bestehenden öffentlichen Interessen und darauf, dass ein Rückbau der Anlage inklusive Rekultivierungsmaßnahmen ohne Nachteil oder Schaden jederzeit möglich sei, was sich auch aus zwei näher bezeichneten Gutachten ergäbe. Von einem unwiederbringlichen Nachteil könne nicht gesprochen werden.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, kann von zwingenden öffentlichen Interessen im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG nur gesprochen werden, wenn die konkrete Interessenslage öffentliche Rücksichten berührt, die einen umgehenden Vollzug des angefochtenen Bescheides gebieten. Der Umstand, dass öffentliche Interessen am Vollzug einer behördlichen Maßnahme bestehen, berechtigt nicht schon ohne Weiteres zur Annahme, dass eben diese Interessen auch eine sofortige Verwirklichung der getroffenen Maßnahmen zwingend gebieten. Hiezu bedarf es noch des Hinzutretens weiterer Umstände, um die öffentlichen Interessen als "zwingend" im Sinne der genannten Gesetzesstelle ansehen zu können (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2003/04/0004, und die dort zitierte Vorjudikatur).
Selbst wenn man jedoch mit der beschwerdeführenden Partei davon ausgeht, es bestehe an einer sofortigen, keinerlei Aufschub duldenden Umsetzung des angefochtenen Bescheides kein zwingendes öffentliches Interesse im dargelegten Sinn, ist damit für den Aufschiebungsantrag nichts gewonnen. Diesfalls ist nämlich in die Interessenabwägung einzutreten, die entscheidend von den im Aufschiebungsantrag zur Darlegung des "unverhältnismäßigen Nachteiles" vorgebrachten konkreten Angaben abhängt:
Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsbeschwerden zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsbeschwerde zulässig. Als "unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer" ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Bescheides in die Wirklichkeit zu verstehen (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2010/10/0005, und die dort zit. Vorjudikatur). Ein "unverhältnismäßiger Nachteil" für die beschwerdeführende Partei läge daher in Ansehung der durch das Salzburger Naturschutzgesetz geschützten Interessen dann vor, wenn eine wesentliche Beeinträchtigung dieser Interessen infolge Realisierung des bewilligten Projekts - und zwar bereits während der voraussichtlichen Dauer des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens - konkret zu befürchten wäre.
Bei der Beurteilung, ob ein Eingriff in die geschützten Güter einen "unverhältnismäßigen Nachteil" im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG darstellt, ist u.a. maßgeblich, inwieweit die Folgen des Eingriffes im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides wieder beseitigt werden können. Im Übrigen obliegt es der die Amtsbeschwerde erhebenden Partei, bereits im Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung jene Umstände im Einzelnen darzutun, aus denen sich ein solcher "unverhältnismäßiger Nachteil" ergibt. wobei den Antragsteller eine Konkretisierungspflicht trifft (vgl. nochmals den oben zitierten Beschluss, und die dort genannte Vorjudikatur).
Die Beurteilung, ob die geltend gemachten Nachteile die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit erreichen, hängt somit entscheidend von den im Aufschiebungsantrag vorgebrachten konkreten Angaben über die Wiederherstellung des vorherigen Zustandes ab. Dem Aufschiebungsantrag ist hiezu allerdings lediglich zu entnehmen, dass die beschwerdeführende Partei im Falle einer Verwirklichung des Projektes eine "unverhältnismäßige Zerstörung der Natur" befürchtet, die "in ihrer Eingriffsintensität als irreversibel einzustufen" sei. Inwieweit jedoch die mit dem Projekt verbundenen Eingriffe tatsächlich unumkehrbare Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft mit sich bringen würden, kann weder dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei selbst, noch den verwiesenen sachverständigen Äußerungen im Einzelnen entnommen werden. Dass den geschützten Gütern daher aus der Gebrauchnahme des angefochtenen Bescheides - bei Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung - konkrete Nachteile in qualitativer wie quantitativer Hinsicht in einem solchen Ausmaß drohen, dass sie die Schwelle der Unverhältnismäßigkeit im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG übersteigen, wurde damit nicht dargetan.
Dem Aufschiebungsantrag war somit keine Folge zu geben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Interessenabwägung Besondere Rechtsgebiete Naturschutz und Landschaftsschutz Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung Begründungspflicht Unverhältnismäßiger Nachteil Begriff der aufschiebenden Wirkung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:AW2010100027.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-51992