VwGH 19.03.2010, AW 2009/16/0082
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Nichtstattgebung - Abweisung der Beschwerde wegen behaupteter Diskriminierung aufgrund des Geschlechtes - Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsbeschwerden zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsbeschwerde zulässig. Als "unverhältnismäßiger Nachteil für den Bf" ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Bescheides in die Wirklichkeit zu verstehen (Hinweis B , AW 2002/17/0009). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie AW 2009/10/0032 B RS 1
(Hier: Stattgebung - Eingangsabgaben) |
Norm | VwGG §30 Abs2; |
RS 2 | Stattgebung - Eingangsabgaben - Das vom beschwerdeführenden Zollamt (Amtspartei) geltend gemachte Risiko, im Falle einer aufhebenden Entscheidung des VwGH bereits rückerstattete Abgaben mangels eines Sitzes bzw. Vermögenswerten der mitbeteiligte Partei im Inland nicht wieder einbringlich machen zu können, ist jedenfalls als eine erhebliche Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen zu verstehen. Wenn die mitbeteiligte Partei unter Hinweis auf den Beschluss vom , AW 91/13/0036, vermeint, dass "die Bezahlung der Abgaben (und damit die Rückerstattung von Abgaben) kein öffentliches Interesse bildet", so ist sie darauf hinzuweisen, dass der genannte Beschluss Ausführungen zum zwingenden (!) öffentlichen Interesse enthält und überdies ein solches anerkennt, wenn die Realisierung der Abgabenansprüche gefährdet wäre. Demgegenüber macht die mitbeteiligte Partei weder ein Ausfallsrisiko hinsichtlich der Rückzahlungsbetrages noch einen sonstigen Nachteil aus der allenfalls lediglich verzögerten Rückzahlung der von ihr entrichteten Beträge geltend. Das im Beschwerdefall erhöhte Risiko der Uneinbringlichkeit der rückbezahlten Beträge stellt somit einen unverhältnismäßigen Nachteil für das beschwerdeführende Zollamt dar. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Zollamtes Linz Wels in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, der gegen den Bescheid des Unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Salzburg, vom , Zl. ZRV/0128-Z2L/08, betreffend Eingangsabgaben (mitbeteiligte Partei: L), erhobenen und zur hg. Zl. 2009/16/0312 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.
Begründung
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Spruch der vor der belangten Behörde bekämpften Berufungsvorentscheidung dahingehend abgeändert, dass die an die mitbeteiligte Partei ergangene erstinstanzliche Eingangsabgabenvorschreibung vom in Höhe von EUR 18.433,80 (ersatzlos) aufgehoben wurde.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde des Zollamtes Linz Wels verbunden mit den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung. In seinem Antrag führt das beschwerdeführende Zollamt aus, dass bei Vollziehung des angefochtenen Bescheides die eingehobenen Eingangsabgaben der mitbeteiligte Partei, die ihren Sitz in Mazedonien habe, refundiert werden müssten. Da kein Abkommen zwischen der Europäischen Union und der Republik Österreich bestehe und auch keine Vermögenswerte der mitbeteiligten Partei in Österreich bekannt seien, bestehe Gefahr, die (rückgezahlten) Abgaben im Falle der Aufhebung des angefochtenen Bescheides durch den Verwaltungsgerichtshof nicht mehr einbringen zu können.
In ihrer Stellungnahme vom erachtete die belangte Behörde dieses Vorbringen als berechtigt.
Die mitbeteiligte Partei sprach sich gegen die Gewährung der aufschiebenden Wirkung mit der Begründung aus, dass in der Rückzahlung der Eingangsabgaben kein unverhältnismäßig hoher Nachteil für die Republik Österreich erblickt werden könne. Überdies bestehe ein Abkommen zwischen der Republik Österreich und "des ehemaligen Jugoslawiens" über die administrative Zusammenarbeit in Zollangelegenheiten (BGBl. Nr. 289/1979), welches auch für Mazedonien gelte.
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug oder mit der Ausübung der mit Bescheid eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits im Beschluss vom , 1154/80, VwSlg 10274 A/1980, ausgesprochen, dass auch ein kassatorischer Bescheid einem Vollzug zugänglich sein kann, weil er die Grundlage für nachfolgende, der beschwerdeführenden Partei zum Nachteil gereichende Verwaltungsakte bilden kann.
Im Beschwerdefall wurde der mitbeteiligten Partei mit dem (im Ergebnis die erstinstanzliche Abgabenvorschreibung aufhebenden) angefochtenen Bescheid das Recht eingeräumt, die bereits entrichteten Eingangsabgaben zurückzufordern. Mit diesem Bescheid sind daher Wirkungen verbunden, die durch die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung sistiert werden können. Der angefochtene Bescheid ist daher einem Vollzug iSd § 30 Abs. 2 VwGG zugänglich.
Der Verwaltungsgerichtshof hat im Verfahren über die aufschiebende Wirkung der Beschwerde die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht zu überprüfen. Vielmehr geht es, soweit nicht zwingende öffentliche Interessen einem Aufschub entgegen stehen, ausschließlich um die Frage, ob eine Umsetzung des angefochtenen Bescheides für die beschwerdeführende Partei einen unverhältnismäßigen Nachteil mit sich bringen würde. Ungeachtet der offenbar nicht auf Amtsbeschwerden zugeschnittenen Formulierung des § 30 Abs. 2 VwGG ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung auch bei einer Amtsbeschwerde zulässig. Als "unverhältnismäßiger Nachteil für den Beschwerdeführer" ist hier jedoch eine unverhältnismäßige Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen als Folge einer Umsetzung des angefochtenen Bescheides in die Wirklichkeit zu verstehen (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2009/10/0032, und die dort zit. Vorjudikatur).
Das vom beschwerdeführenden Zollamt geltend gemachte Risiko, im Falle einer aufhebenden Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes bereits rückerstattete Abgaben mangels eines Sitzes bzw. Vermögenswerten der mitbeteiligte Partei im Inland nicht wieder einbringlich machen zu können, ist jedenfalls als eine erhebliche Beeinträchtigung der von der Amtspartei zu vertretenden öffentlichen Interessen zu verstehen. Daran vermag auch das von der mitbeteiligte Partei genannte Abkommen nichts zu ändern. Es kann dahingestellt bleiben, ob die Republik Mazedonien überhaupt Partei dieses Abkommens ist, erschöpft sich dieses Abkommen doch in der Erteilung von Auskünften, dem Treffen von Maßnahmen zur Beschleunigung des Personen- und Warenverkehrs sowie bestimmte Überwachungsmaßnahmen und bezieht sich nicht auf die Eintreibung von Abgabenschuldigkeiten. Wenn die mitbeteiligte Partei überdies unter Hinweis auf den Beschluss vom , Zl. AW 91/13/0036, vermeint, dass "die Bezahlung der Abgaben (und damit die Rückerstattung von Abgaben) kein öffentliches Interesse bildet", so ist sie darauf hinzuweisen, dass der genannte Beschluss Ausführungen zum zwingenden (!) öffentlichen Interesse enthält und überdies ein solches anerkennt, wenn die Realisierung der Abgabenansprüche gefährdet wäre.
Demgegenüber macht die mitbeteiligte Partei weder ein Ausfallsrisiko hinsichtlich der Rückzahlungsbetrages noch einen sonstigen Nachteil aus der allenfalls lediglich verzögerten Rückzahlung der von ihr entrichteten Beträge geltend.
Das im Beschwerdefall erhöhte Risiko der Uneinbringlichkeit der rückbezahlten Beträge stellt somit einen unverhältnismäßigen Nachteil für das beschwerdeführende Zollamt dar.
Dem Antrag auf Gewährung der aufschiebenden Wirkung war daher stattzugeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Besondere Rechtsgebiete Finanzrecht Interessenabwägung Zwingende öffentliche Interessen Unverhältnismäßiger Nachteil Begriff der aufschiebenden Wirkung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2010:AW2009160082.A00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
FAAAF-51976