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VwGH 10.11.2009, AW 2009/09/0076

VwGH 10.11.2009, AW 2009/09/0076

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
LDG 1984 §16 Abs1 Z3;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §63 Abs1;
RS 1
Stattgebung - Disziplinarstrafe der Entlassung - Bei Aufhebung eines Entlassungsbescheides durch ein Erkenntnis des VwGH tritt die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die vor Erlassung des angefochtenen Bescheides bestehende Lage zurück, und wird ein gemäß § 16 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984 aufgelöstes Dienstverhältnis wieder wirksam. Nichts anderes kann auch durch die vorläufige Maßnahme der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG erfolgen, deren Zweck es ist, die mögliche Wirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des VwGH zu sichern (vgl. B , AW 98/21/0104). Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG führt nämlich dazu, dass der "Vollzug" des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem umfassenden Sinn ausgesetzt, also seine Vollstreckbarkeit und die durch ihn bewirkte Gestaltung der Rechtslage, seine Tatbestandswirkungen und seine Bindungswirkungen zum Zwecke der Sicherung eines möglichen Erfolges der Beschwerde bis zum Ende des Beschwerdeverfahren suspendiert werden (vgl. B , 2002/06/0073). Im Fall der Entlassung nach dem BDG 1979 würde dies daher auch die vorläufige Suspendierung der Rechtswirkung des § 16 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984 bedeuten. Dieser Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Fällen, in denen durch einen Bescheid eine öffentlichrechtliche Berechtigung entzogen und der dagegen beim VwGH erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden kann. Weshalb dies unmöglich sein sollte, kann nicht gefunden werden, weil auch in diesen Fällen kein neues, vor der Entlassung nicht bestehendes Recht eingeräumt, sondern nur die Maßnahme der Entziehung eines bestehenden Rechts vorläufig suspendiert wird (vgl. B , AW 99/09/0010). Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat im vorliegenden Fall also das Wiederaufleben des Dienstverhältnisses des Bf zur Folge. Auch die durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides bewirkte Beendigung seiner Suspendierung wird - es sei denn, insofern wird keine aufschiebende Wirkung zuerkannt - rückgängig gemacht. Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides würde bewirken, dass dem Bf die ihm zustehenden Bezüge für den Zeitraum ab Erlassung des angefochtenen Bescheides nachzuzahlen wären; für diesen Zeitraum läge kein Fall der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 GehG 1956 vor. Dieses mögliche Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens träte im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides unabhängig davon ein, ob der gegen die Entlassung des Bf gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, zur Sicherung dieses möglichen Verfahrensergebnisses ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung also nicht erforderlich. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat daher bloß zur Folge, dass dem Bf noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (im Fall seiner Suspendierung: allenfalls entsprechend verminderte) Bezüge auszuzahlen sind. Der Bf legte eine Kostenaufstellung seiner monatlichen Fixkosten unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten vor und verwies insbesondere auch auf die mit der Entlassung einhergehende Beendigung der Sozialversicherungsverhältnisse seiner bisher mitversicherten mj. Kinder. Damit hat er aber schwerwiegende und unverhältnismäßige Nachteile iSd § 30 Abs. 2 VwGG geltend gemacht, weshalb dem Antrag stattzugeben war.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag des Mag. A, vertreten durch Mag. S, Rechtsanwalt, der gegen den Bescheid der Disziplinaroberkommission beim Bundeskanzleramt vom , Zl. 94/8-DOK/08, betreffend Disziplinarstrafe der Entlassung (weitere Partei: Bundeskanzler, Bundeskanzleramt Bundesministerin für Unterricht, Kunst und Kultur), erhobenen und zur hg. Zl. 2009/09/0156 protokollierten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag stattgegeben.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug gemäß § 66 Abs. 4 AVG ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde über den Beschwerdeführer in Erledigung seiner gegen das Disziplinarerkenntnis der Disziplinarkommission für Schulleiter und sonstige Lehrer beim Landesschulrat für Niederösterreich vom erhobenen Berufung wegen des als Dienstpflichtverletzung qualifizierten "privaten Umgangs mit einer seiner Ausbildung unterstehenden Schülerin" der Ausspruch der Disziplinarstrafe der Entlassung bestätigt.

Mit der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde ist der Antrag verbunden, ihr die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Begründung dieses Antrages wurden die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Antragstellers konkret dargelegt.

Die belangte Behörde äußerte sich zum Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung nicht.

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Beschwerdeführers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, insoweit dem zwingende öffentliche Interessen nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Bescheides für den Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Nach jahrzehntelanger ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes würde eine "Aufschiebung" der bereits rechtskräftig ausgesprochenen Entlassung zu einem "öffentlichrechtlichen Dienstverhältnis eigener Art" führen und nicht zu erkennen sei, dass der Gesetzgeber ein solches Dienstverhältnis "auf dem Umweg über die Bestimmung des § 30 Abs. 2 VwGG in die Rechtsordnung habe einbauen wollen". An dieser im Beschluss vom , Zl. 526/76, noch zu § 30 Abs. 2 VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. Nr. 316/1976 und nicht für die Entlassung, sondern für die Kündigung eines provisorischen Dienstverhältnisses vertretenen Auffassung wurde auch nach der erwähnten Novelle festgehalten. Seit dem Beschluss vom , Zl. 1146/79, liegt sie auch der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes in Entlassungsfällen zu Grunde (vgl. insoweit vor allem den Beschluss vom , Slg. Nr. 9889/A, und daran anknüpfend eine große Vielzahl gleichartiger Beschlüsse, zuletzt etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2007/09/0084). Im Schrifttum wurde diese Rechtsprechung - unter dem Gesichtspunkt der schon eingetretenen Beendigung des Dienstverhältnisses und des Unterschiedes zwischen einem Aufschub und der Rückgängigmachung von Bescheidwirkungen - zunächst zustimmend referiert (Puck, ZfV 1982, 365 in FN 53 und 470 bei FN 128).

Allerdings gab es auch schwerwiegende Bedenken gegen diese Judikatur (vgl. etwa Hoehl, Vorläufiger Rechtsschutz vor dem VwGH (1999) 120 und 125 ff). So kann sich der Verwaltungsgerichtshof nicht davor verschließen, dass auch bei Aufhebung eines Entlassungsbescheides durch ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes die Rechtssache gemäß § 42 Abs. 3 VwGG in die vor Erlassung des angefochtenen Bescheides bestehende Lage zurück tritt, und auch in diesem Fall ein gemäß § 16 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984 aufgelöstes Dienstverhältnis wieder wirksam wird. Nichts anderes kann auch durch die vorläufige Maßnahme der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG erfolgen, deren Zweck es ist, die mögliche Wirkung eines aufhebenden Erkenntnisses des Verwaltungsgerichtshofes zu sichern (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 98/21/0104). Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung gemäß § 30 Abs. 2 VwGG führt nämlich dazu, dass der "Vollzug" des angefochtenen Verwaltungsaktes in einem umfassenden Sinn ausgesetzt, also seine Vollstreckbarkeit und die durch ihn bewirkte Gestaltung der Rechtslage, seine Tatbestandswirkungen und seine Bindungswirkungen zum Zwecke der Sicherung eines möglichen Erfolges der Beschwerde bis zum Ende des Beschwerdeverfahren suspendiert werden (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2002/06/0073). Im Fall der Entlassung nach dem BDG 1979 würde dies daher auch die vorläufige Suspendierung der Rechtswirkung des § 16 Abs. 1 Z. 3 LDG 1984 bedeuten. Dieser Fall unterscheidet sich nicht wesentlich von anderen Fällen, in denen durch einen Bescheid eine öffentlichrechtliche Berechtigung entzogen und der dagegen beim Verwaltungsgerichtshof erhobenen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt werden kann. Weshalb dies unmöglich sein sollte, kann nicht gefunden werden, weil ja auch in diesen Fällen kein neues, vor der Entlassung nicht bestehendes Recht eingeräumt, sondern nur die Maßnahme der Entziehung eines bestehenden Rechts vorläufig suspendiert wird (vgl. mit Beispielen aus verschiedenen Rechtsbereichen den hg. Beschluss vom , Zl. AW 99/09/0010).

Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat im vorliegenden Fall also das Wiederaufleben des Dienstverhältnisses des Beschwerdeführers zur Folge. Auch die durch die Erlassung des angefochtenen Bescheides bewirkte Beendigung seiner Suspendierung wird - es sei denn, insofern wird keine aufschiebende Wirkung zuerkannt - rückgängig gemacht.

Die Aufhebung des angefochtenen Bescheides würde bewirken, dass dem Beschwerdeführer die ihm zustehenden Bezüge für den Zeitraum ab Erlassung des angefochtenen Bescheides nachzuzahlen wären; für diesen Zeitraum läge kein Fall der ungerechtfertigten Abwesenheit vom Dienst gemäß § 13 Abs. 3 Z. 2 Gehaltsgesetz 1956 vor. Dieses mögliche Ergebnis des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens träte im Fall der Aufhebung des angefochtenen Bescheides unabhängig davon ein, ob der gegen die Entlassung des Beschwerdeführers gerichteten Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, zur Sicherung dieses möglichen Verfahrensergebnisses ist die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung also nicht erforderlich. Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung hat daher bloß zur Folge, dass dem Beschwerdeführer noch während des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens (im Fall seiner Suspendierung: allenfalls entsprechend verminderte) Bezüge auszuzahlen sind.

Der Beschwerdeführer legte eine Kostenaufstellung seiner monatlichen Fixkosten unter Berücksichtigung seiner Sorgepflichten vor und verwies insbesondere auch auf die mit der Entlassung einhergehende Beendigung der Sozialversicherungsverhältnisse seiner bisher mitversicherten mj. Kinder. Damit hat er aber schwerwiegende und unverhältnismäßige Nachteile im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG geltend gemacht, weshalb dem Antrag stattzugeben war.

Wien, am

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Normen
GehG 1956 §13 Abs3 Z2;
LDG 1984 §16 Abs1 Z3;
VwGG §30 Abs2;
VwGG §42 Abs3;
VwGG §63 Abs1;
Schlagworte
Vollzug
Interessenabwägung
Darlegung der Gründe für die Gewährung der aufschiebenden Wirkung
Begründungspflicht
Unverhältnismäßiger Nachteil
Begriff der aufschiebenden Wirkung
Besondere Rechtsgebiete Beamten-Dienstrecht
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:AW2009090076.A00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-51969