VwGH 26.06.2013, 2013/01/0027
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | |
RS 1 | Im Falle der Abtretung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof hat der Verwaltungsgerichtshof selbständig zu prüfen, ob die Frist für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gewahrt wurde (im Fall der Ablehnung der Beschwerde kann der Verfassungsgerichtshof auch auf die Prüfung der Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde verzichten). Ist dies nicht der Fall, so ist die abgetretene Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen (Hinweis Beschluss vom , Zl. 2007/13/0008, mwN). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2010/06/0235 B RS 1 |
Normen | AVG §33 Abs3; VwRallg; |
RS 2 | Für den Beginn des Postlaufes ist maßgeblich, wann das Schriftstück von der Post in Behandlung genommen wird (Hinweis E , 92/17/0298). Zur Feststellung dieses Zeitpunktes ist grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumsstempel heranzuziehen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 95/10/0206 E RS 1 |
Normen | |
RS 3 | Der Postaufgabestempel besitzt den Beweiswert einer öffentlichen Urkunde, wobei ein Gegenbeweis jedoch zulässig ist (Hinweis E , 061, 602/72). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 96/19/0095 B RS 3 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Pitsch, in der Beschwerdesache der C in CH, vertreten durch Weh Rechtsanwalt GmbH in 6900 Bregenz, Wolfeggstraße 1, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. Ia 372-2011/0021, betreffend Staatsbürgerschaft, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen
Begründung
Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wies die Vorarlberger Landesregierung den Antrag der Beschwerdeführerin auf Bewilligung der Beibehaltung der Staatsbürgerschaft für den Fall des Erwerbes der Staatsangehörigkeit der Schweiz ab. Dieser Bescheid wurde der Beschwerdeführerin (nach ihrer Beschwerdebehauptung, die mit der auf der beiliegenden Bescheidausfertigung angebrachten Stampiglie ihres rechtsfreundlichen Vertreters übereinstimmt,) am zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin an den Verfassungsgerichtshof Beschwerde, die am zur Post gegeben wurde und am beim Verfassungsgerichtshof einlangte. Zur Rechtzeitigkeit wurde in der Beschwerdeschrift ausgeführt, die Beschwerde werde "fristgerecht" erhoben. In einem weiteren Schriftsatz an den Verfassungsgerichtshof bezog sich die Beschwerdeführerin "auf eine telefonische Mitteilung", dass der Postaufgabestempel unrichtig sei und führte aus, die Beschwerde" wurde fristgerecht zur Post gebracht, die Bestätigung der Post aufgrund des Nachforschungsauftrages verzögert sich jedoch; die Bestätigung wurde für diese Woche zugesagt".
Mit Beschluss vom , B 1354/12-7, lehnte der Verfassungsgerichtshof die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie mit Beschluss vom , B 1354/12-9, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Der danach an die Beschwerdeführerin erteilte Mängelbehebungsauftrag enthielt einen Verspätungsvorhalt dahin, die abgetretene Beschwerde sei am zur Post gegeben und - entgegen ihren Beschwerdebehauptungen - nicht "fristgerecht" erhoben worden. Die Beschwerdeführerin wurde aufgefordert, dazu Vorbringen zu erstatten und Bescheinigung darzutun.
Die (abgetretene) Beschwerde wurde mit Schriftsatz vom auftragsgemäß ergänzt. Zum Verspätungsvorhalt erstattete die Beschwerdeführerin darin (unter Punkt 4 des Schriftsatzes) Vorbringen und legte drei Bescheinigungsmittel vor.
Über Ersuchen durch den Verwaltungsgerichtshof legte der Verfassungsgerichtshof den Briefumschlag, mit dem die Beschwerde B 1354/12 eingebracht worden war, vor. Daraus ergibt sich, dass der Poststempel des Postamtes 6900 Bregenz mit dem Datum angebracht ist. Der Eingangsstampiglie des Verfassungsgerichtshofes zufolge ist die Postaufgabe am "" erfolgt und die Beschwerde am beim Verfassungsgerichtshof einlangt.
Im Falle der Abtretung einer Beschwerde durch den Verfassungsgerichtshof hat der Verwaltungsgerichtshof selbständig zu prüfen, ob die Frist für die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof gewahrt wurde (im Fall der Ablehnung der Beschwerde kann der Verfassungsgerichtshof auch auf die Prüfung der Frage der Rechtzeitigkeit der Beschwerde verzichten). Ist dies nicht der Fall, so ist die abgetretene Beschwerde vom Verwaltungsgerichtshof wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückzuweisen (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Zl. 2010/06/0235; und vom , Zl. 2007/13/0008, mwN).
Ein solcher Fall liegt hier vor. Die Frist des § 82 Abs. 1 Verfassungsgerichtshofgesetz 1953 (BGBl. Nr. 85/1953 idF BGBl. I Nr. 4/2008), wonach die Beschwerde gemäß Art. 144 Abs. 1 des Bundes-Verfassungsgesetzes nur innerhalb einer Frist von sechs Wochen nach Zustellung des in letzter Instanz ergangenen Bescheides erhoben werden kann, ist, ausgehend vom vorgebrachten Datum der Zustellung des Bescheides (), nämlich bereits mit Ablauf des verstrichen. Die am zur Post gegebene Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof wurde daher verspätet erhoben.
Nun behauptet die Beschwerdeführerin, die Beschwerde sei am beim Hauptpostamt Bregenz rechtzeitig an den Verfassungsgerichtshof aufgegeben, aber mit einem unrichtigen Postaufgabestempel des Folgetages () versehen worden.
Die Tage des Postlaufes sind in die Frist (Beschwerdefrist) nicht einzurechnen. Der Postlauf wird dadurch ausgelöst, dass das Anbringen (hier: Beschwerde) von der Post zur Weiterbeförderung in Behandlung genommen wird.
Für die Beurteilung der Rechtzeitigkeit der im Wege der Post beim Verfassungsgerichtshof eingelangten Beschwerde ist jener Zeitpunkt maßgeblich, in welchem die betreffende Briefsendung der Post zur Weiterbeförderung tatsächlich übergeben wurde. Zur Feststellung dieses Zeitpunktes ist grundsätzlich der von der Post angebrachte Datumsstempel heranzuziehen. Diesem kommt der Beweiswert einer öffentlichen Urkunde zu (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 96/19/0095; und vom , Zl. 95/10/0206; Hengstschläger/Leeb, AVG, § 33, Rz 8; siehe auch den ).
In einem solchen Fall - die öffentliche Urkunde begründet im Sinne des § 292 Abs. 1 ZPO zunächst vollen Beweis - muss der Einschreiter (Beschwerdeführerin) den Gegenbeweis im Sinne des § 292 Abs. 2 ZPO gegen die Richtigkeit des Poststempels führen (vgl. Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1129/07 ua, = VfSlg. 18674/2009, und die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 94/02/0400; vom , Zl. 95/10/0206; vom 27. November2000, Zl. 2000/17/0165; vom , Zl. 2000/16/0645; vom , Zl. 2011/23/0269; und vom , Zl. 2009/15/0133; Hengstschläger/Leeb, aaO., siehe auch den ).
Es war daher Sache der Beschwerdeführerin, die Rechtzeitigkeit der Postaufgabe nachzuweisen. Dieser Beweis ist der Beschwerdeführerin nicht gelungen. Mit den vorgelegten Erklärungen (der Mag. A G und des Mag. S H) wird zwar versucht, Unzukömmlichkeiten (Unregelmäßigkeiten) am Postamt darzutun. Ein Nachweis der Rechtzeitigkeit der Postaufgabe (am ) wird damit allerdings nicht erbracht. Vielmehr gehen die vorgelegten Erklärungen über die Behauptung, die Sendung am bei der Post aufgegeben zu haben, nicht hinaus. Auch wurden Nachweise für die behauptete Postaufgabe () wie etwa der Rechnungsausdruck (bzw. ausgefolgte Rechnungsbeleg) oder der Postaufgabeschein von der Beschwerdeführerin nicht vorgelegt. Im Übrigen lässt sich auch dem von der Beschwerdeführerin vorgelegten, mit datierten, Ausdruck über die Nachschau im postinternen EDV-System eine (vom Poststempel abweichende) Postaufgabe am im Postamt 6900 Bregenz nicht entnehmen.
Die Beschwerdeführerin erkennt nach ihrem Vorbringen abschließend selbst, dass ihre beigebrachten Erklärungen nicht genügen, den Gegenbeweis zu erbringen. Sie beantragte deshalb, "eine Postnachverfolgung durchführen zu lassen". Der Beweis der Rechtzeitigkeit der Postaufgabe ist allerdings von der Beschwerdeführerin zu führen. Mit einem Antrag, Erkundungsbeweise zu erheben, wird dieser Gegenbeweis nicht angetreten.
Die Beschwerde war somit wegen Versäumung der Einbringungsfrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Versäumung der Einbringungsfrist siehe VwGG §26 Abs1 Z1 (vor der WV BGBl. Nr. 10/1985: lita) sowie Mangel der Rechtsfähigkeit Handlungsfähigkeit Ermächtigung des Einschreiters |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2013:2013010027.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-51916