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VwGH 19.12.2012, 2012/08/0279

VwGH 19.12.2012, 2012/08/0279

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
ASVG §4 Abs1;
ASVG §4 Abs4;
ASVG §4 Abs6;
RS 1
Gemäß § 4 Abs. 6 ASVG schließt eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 ASVG für dieselbe Tätigkeit eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/08/0161) legt § 4 Abs. 6 ASVG nicht nur die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG fest, sondern macht diese Frage auch zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens. Diese Bestimmung verknüpft nämlich die Verfahrensgegenstände des § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 ASVG zu einer Rechtssache. Über die Pflichtversicherung nach § 4 ASVG ist somit in einem (umfassenden) Verfahren abzusprechen, und zwar mit der Konsequenz, dass beispielsweise bei Feststellung der Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 gilt, dass eine solche nach Abs. 4 ausgeschlossen ist.

Entscheidungstext

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2012/08/0295 B

2012/08/0291 B

2012/08/0286 B

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag.a Peck, in der Beschwerdesache der E GmbH (Zweigniederlassung Österreich) in G, vertreten durch e/n/w/c Natlacen Walderdorff Cancola Rechtsanwälte GmbH in 1030 Wien, Schwarzenbergplatz 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-948/1654-2011, berichtigt durch den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. GS5-A-948/1654-2011, betreffend Pflichtversicherung nach dem ASVG (mitbeteiligte Parteien: 1. R F in F, 2. NÖ Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Kremser Landstraße 3, 3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist Straße 1, 4. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifter Straße 65), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom wurde ausgesprochen, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit bei der beschwerdeführenden Partei vom bis zum "der Voll-(Kranken-, Unfall-, Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht als Dienstnehmer gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 iVm Abs. 2 ASVG" unterlegen sei (Spruchpunkt I), sowie dass die für den Zeitraum vom bis zum erstattete Meldung als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG abgelehnt werde (Spruchpunkt II).

2. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde dem gegen den Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom erhobenen Einspruch der beschwerdeführenden Partei keine Folge gegeben.

In der Bescheidausfertigung vom lautet die Rechtsmittelbelehrung:

"Gegen diesen Bescheid ist keine Berufung zulässig."

Mit Berichtigungsbescheid vom wurde diese Rechtsmittelbelehrung gestrichen und durch eine Rechtsmittelbelehrung ersetzt, wonach gegen den Bescheid die binnen zwei Wochen nach Zustellung einzubringende Berufung zulässig sei.

In der Sache selbst stellte die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid - soweit für das Beschwerdeverfahren von Bedeutung - fest, dass der Erstmitbeteiligte mit der beschwerdeführenden Partei am einen freien Dienstvertrag abgeschlossen habe, in dem er sich verpflichtet habe, ab dem auf unbestimmte Zeit für die beschwerdeführende Partei als Verkaufsfahrer die Werbung und Aufnahme neuer Kunden und die Betreuung vorhandener Kunden zu leisten. Nach Wiedergabe der getroffenen schriftlichen Vereinbarung sowie einer Honorarregelung stellte die belangte Behörde sodann die näheren Umstände der Leistungserbringung durch den Erstmitbeteiligten fest, wobei sie auch auf ein Urteil des Landesgerichtes S als Arbeits- und Sozialgericht Bezug nahm, nach dem zwischen dem Erstmitbeteiligten und der beschwerdeführenden Partei ein Arbeitsvertrag und kein freier Dienstvertrag abgeschlossen worden sei.

3. Die beschwerdeführende Partei beantragt in ihrer Beschwerde, den angefochtenen Bescheid als rechtswidrig aufzuheben, in eventu den angefochtenen Bescheid, soweit er sich auf Spruchteil II des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse beziehe, als rechtswidrig aufzuheben.

Zur Zulässigkeit der Beschwerde führt die beschwerdeführende Partei aus, dass gemäß § 415 ASVG die Berufung in Angelegenheiten der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung nur dann eine Berufung an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zulässig sei, wenn über die Versicherungspflicht oder die Berechtigung zur Weiter- und Selbstversicherung entschieden worden sei. Anknüpfungsmoment für die Versicherungspflicht seien die §§ 10 und 11 ASVG, in denen normiert werde, wann eine Pflichtversicherung beginne und wann eine Pflichtversicherung ende. § 33 ASVG verpflichte den Dienstgeber zur An- und Abmeldung der Versicherten. Dieser Anmeldepflicht sei die beschwerdeführende Partei nachgekommen. Die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse habe in Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides die erstattete Meldung der beschwerdeführenden Partei nicht wegen Nichtbestehens der Versicherungspflicht abgelehnt, sondern die "erstattete Meldung als freier Dienstnehmer nach § 4 Abs. 4 ASVG" abgelehnt. Gleichzeitig habe sie aber festgestellt, dass eine Versicherungspflicht gemäß § 4 Abs. 2 ASVG bestehe. Damit habe die mitbeteiligte Gebietskrankenkasse in erster Instanz keine Entscheidung über die Versicherungspflicht getroffen, da diese "in beiden Fällen gemäß § 10 ASVG" bestehe.

4. Zu diesem Vorbringen ist zunächst festzuhalten, dass bereits die erstinstanzliche Behörde - wie auch die Beschwerde darlegt - festgestellt hat, dass der Erstmitbeteiligte auf Grund seiner Tätigkeit bei der beschwerdeführenden Partei vom bis zum der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG unterlegen sei. Sie hat damit im Sinne des § 415 Abs. 1 ASVG "über die Versicherungspflicht" - die stets zeitraumbezogen zu beurteilen ist - entschieden, sodass gegen den aufgrund des Einspruchs der beschwerdeführenden Partei ergangenen, hier angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich die Berufung an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zulässig ist. Die Bezugnahme der beschwerdeführenden Partei auf § 10 ASVG ist nicht nachvollziehbar, zumal diese Bestimmung lediglich festlegt, zu welchem Zeitpunkt die - etwa aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses als Dienstnehmer (im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs 2 ASVG) oder als freier Dienstnehmer (im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG) bestehende - Pflichtversicherung beginnt. Ausdrücklich wird in § 10 Abs. 1 ASVG auch normiert, dass die Pflichtversicherung unabhängig von der Erstattung einer Anmeldung beginnt, sodass auch die im vorliegenden Fall erstattete Anmeldung als freier Dienstnehmer einer Entscheidung über die Pflichtversicherung als Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs 2 ASVG nicht entgegensteht.

5. Gemäß § 4 Abs. 6 ASVG schließt eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 ASVG für dieselbe Tätigkeit eine Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 4 ASVG aus. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (vgl. etwa das hg. Erkenntnis Zl. 2000/08/0161) legt § 4 Abs. 6 ASVG nicht nur die Reihenfolge der Prüfung der Frage der Pflichtversicherung nach § 4 ASVG fest, sondern macht diese Frage auch zum Gegenstand eines einzigen Verfahrens. Diese Bestimmung verknüpft nämlich die Verfahrensgegenstände des § 4 Abs. 1 und § 4 Abs. 4 ASVG zu einer Rechtssache. Über die Pflichtversicherung nach § 4 ASVG ist somit in einem (umfassenden) Verfahren abzusprechen, und zwar mit der Konsequenz, dass beispielsweise bei Feststellung der Pflichtversicherung gemäß Abs. 1 gilt, dass eine solche nach Abs. 4 ausgeschlossen ist.

Auch die in Spruchpunkt II des erstinstanzlichen Bescheides der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse ausgesprochene Ablehnung der von der beschwerdeführenden Partei erstatteten Anmeldung des Erstmitbeteiligten als freier Dienstnehmer in jenem Zeitraum, für den - mit Spruchpunkt I des erstinstanzlichen Bescheides - das Bestehen der Pflichtversicherung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG ausgesprochen wurde, betrifft daher den Bestand der Pflichtversicherung und ist Gegenstand des einheitlichen Verfahrens über die Versicherungspflicht, in dem gemäß § 415 Abs. 1 ASVG die Berufung an den Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz zulässig ist.

6. Gemäß Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG kann gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges.

Da es sich beim angefochtenen Bescheid um keinen letztinstanzlichen Bescheid handelt, war die Beschwerde daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung wegen fehlender Erschöpfung des Instanzenzuges gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ASVG §4 Abs1;
ASVG §4 Abs4;
ASVG §4 Abs6;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2012:2012080279.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
SAAAF-51869