VwGH 13.10.2011, 2011/22/0265
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AVG §1; NAG 2005 §3 Abs2 idF 2009/I/029; NAG 2005 §41a Abs10 idF 2011/I/038; NAG 2005 §43 Abs4 idF 2011/I/038; NAG 2005 §44 Abs4 idF 2009/I/029; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
RS 1 | Gemäß § 3 Abs. 2 zweiter Satz NAG 2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 ist gegen Entscheidungen über Anträge auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 eine Berufung nicht zulässig. Seit dem Inkrafttreten der durch das FrÄG 2011 bewirkten Änderungen am enthält das NAG 2005 aber weder einen § 44 Abs. 4, noch sieht es einen Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" vor. Die bisherige "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 44 Abs. 4 NAG 2005 (alt) ist nun als "Niederlassungsbewilligung" in § 43 Abs. 4 NAG 2005 (neu) geregelt. Darüber hinaus sieht der neue § 41a Abs. 10 NAG 2005 einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" vor, wenn außer den Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 NAG 2005 (alt) bzw. § 43 Abs. 4 NAG 2005 (neu) auch das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt ist oder zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. § 3 Abs. 2 NAG 2005 wurde jedoch nicht angepasst, sodass der Verweis auf § 44 Abs. 4 NAG 2005 nun ins Leere geht. Dabei handelt es sich zwar offenkundig um ein Redaktionsversehen, es ist aber nicht erschließbar, ob nach der Absicht des Gesetzgebers die Abkürzung des Instanzenzuges nur für Entscheidungen über Anträge auf Niederlassungsbewilligungen nach § 43 Abs. 4 NAG 2005 oder auch für solche über Anträge auf Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gelten oder aber ganz beseitigt werden sollte. Es kann daher nur auf den Wortlaut des § 3 Abs. 2 NAG 2005 zurückgegriffen werden, wonach über Berufungen gegen die Entscheidungen des Landeshauptmannes (oder, wie vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 18.910, zu ergänzen ist, der durch Delegation gemäß § 3 Abs. 1 zweiter Satz NAG 2005 ermächtigten Bezirksverwaltungsbehörden) der Bundesminister für Inneres entscheidet, während der bisher vorgesehene Ausschluss der Berufungsmöglichkeit seit Inkrafttreten der durch das FrÄG 2011 bewirkten Änderungen keinen Anwendungsbereich mehr hat. |
Normen | |
RS 2 | Eine unrichtige negative Rechtsmittelbelehrung stellt lediglich einen Wiedereinsetzungsgrund für den Fall der Versäumung der Rechtsmittelfrist dar. Weiters folgt aus der falschen Rechtsmittelbelehrung auch nicht die Zulässigkeit eines außerordentlichen Rechtsmittels, insbesondere einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof. |
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
2011/22/0267
2011/22/0266
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sulyok und die Hofräte Dr. Robl und Mag. Eder sowie die Hofrätinnen Mag. Merl und Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, in den Beschwerdesachen
1. der K, 2. des T, und 3. des L T, alle vertreten durch Mag. Josef Phillip Bischof und Mag. Andreas Lepschi, Rechtsanwälte in 1090 Wien, Währinger Straße 26/1/3, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pongau je vom ,
Zl. 30406-353/1003/1/2-2008 (hg. Zl. 2011/22/0265),
Zl. 30406-353/1002/1/2-2008 (hg. Zl. 2011/22/0266),
Zl. 30406-353/1004/1/2-2008 (hg. Zl. 2011/22/0267), jeweils betreffend Niederlassungsbewilligung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit den angefochtenen Bescheiden gab die belangte Behörde Anträgen der beschwerdeführenden Parteien auf Erteilung von Niederlassungsbewilligungen gemäß § 44 Abs. 4 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG, die sie nach Inkrafttreten der Änderungen auf Grund des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2011 - FrÄG 2011, BGBl. I Nr. 38, als solche gemäß § 43 Abs. 2 NAG wertete, nicht statt.
Über die Zulässigkeit der dagegen erhobenen Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Gemäß § 3 Abs. 2 zweiter Satz NAG in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2009 ist gegen Entscheidungen über Anträge auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" gemäß § 44 Abs. 4 eine Berufung nicht zulässig. Seit dem Inkrafttreten der durch das FrÄG 2011 bewirkten Änderungen am enthält das NAG aber weder einen § 44 Abs. 4, noch sieht es einen Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" vor. Die bisherige "Niederlassungsbewilligung - beschränkt" nach § 44 Abs. 4 NAG (alt) ist nun als "Niederlassungsbewilligung" in § 43 Abs. 4 NAG (neu) geregelt. Darüber hinaus sieht der neue § 41a Abs. 10 NAG einen Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" vor, wenn außer den Voraussetzungen des § 44 Abs. 4 NAG (alt) bzw. § 43 Abs. 4 NAG (neu) auch das Modul 1 der Integrationsvereinbarung erfüllt ist oder zum Entscheidungszeitpunkt eine Erwerbstätigkeit ausgeübt wird. § 3 Abs. 2 NAG wurde jedoch nicht angepasst, sodass der Verweis auf § 44 Abs. 4 NAG nun ins Leere geht.
Dabei handelt es sich zwar offenkundig um ein Redaktionsversehen, es ist aber nicht erschließbar, ob nach der Absicht des Gesetzgebers die Abkürzung des Instanzenzuges nur für Entscheidungen über Anträge auf Niederlassungsbewilligungen nach § 43 Abs. 4 NAG oder auch für solche über Anträge auf Aufenthaltstitel "Rot-Weiß-Rot - Karte plus" gelten oder aber ganz beseitigt werden sollte. Es kann daher nur auf den Wortlaut des § 3 Abs. 2 NAG zurückgegriffen werden, wonach über Berufungen gegen die Entscheidungen des Landeshauptmannes (oder, wie vor dem Hintergrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 18.910, zu ergänzen ist, der durch Delegation gemäß § 3 Abs. 1 zweiter Satz NAG ermächtigten Bezirksverwaltungsbehörden) der Bundesminister für Inneres entscheidet, während der bisher vorgesehene Ausschluss der Berufungsmöglichkeit seit Inkrafttreten der durch das FrÄG 2011 bewirkten Änderungen keinen Anwendungsbereich mehr hat.
In diesem Sinn führt auch die Beschwerde aus, dass gemäß § 3 Abs. 2 NAG nur gegen Entscheidungen über Anträge auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung gemäß § 44 Abs. 4 NAG eine Berufung nicht zulässig sei, dass es sich aber bei den bekämpften Bescheiden um Entscheidungen über Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 43 Abs. 4 NAG handle. Die Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Bescheide sei daher rechtswidrig; sie verkürze den Instanzenzug der beschwerdeführenden Parteien in unzulässiger Weise.
Richtig ist nach dem oben Gesagten, dass die Rechtsmittelbelehrung, wonach gegen die angefochtenen Bescheide eine Berufung nicht zulässig sei, falsch ist. Sie hat aber nicht eine Verkürzung des Instanzenzuges bewirkt; eine unrichtige negative Rechtsmittelbelehrung stellt lediglich einen Wiedereinsetzungsgrund für den Fall der Versäumung der Rechtsmittelfrist dar (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 61 Rz 19). Weiters folgt aus der falschen Rechtsmittelbelehrung auch nicht die Zulässigkeit eines außerordentlichen Rechtsmittels, insbesondere einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (vgl. Hengstschläger/Leeb, AVG § 61 Rz 20, mit Hinweisen auf die hg. Rechtsprechung).
Die Beschwerde war daher zufolge Nichterschöpfung des Instanzenzuges unzulässig und sohin gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | AVG §1; AVG §61; AVG §71 Abs1 Z2; NAG 2005 §3 Abs2 idF 2009/I/029; NAG 2005 §41a Abs10 idF 2011/I/038; NAG 2005 §43 Abs4 idF 2011/I/038; NAG 2005 §44 Abs4 idF 2009/I/029; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
Schlagworte | Auslegung Anwendung der Auslegungsmethoden Bindung an den Wortlaut des Gesetzes VwRallg3/2/1 Instanzenzug Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Nichterschöpfung des Instanzenzuges Besondere Rechtsgebiete Diverses |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2011:2011220265.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-51853