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VwGH 20.07.2011, 2011/17/0130

VwGH 20.07.2011, 2011/17/0130

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Voraussetzung für die Beurteilung eines Schriftsatzes als Berufung iSd § 243 BAO und des § 250 BAO ist, daß aus dem Anbringen zumindest andeutungsweise zu entnehmen ist, die Partei beabsichtige, eine behördliche Maßnahme zu bekämpfen. Läßt sich erkennen, daß der Einschreiter sich durch eine bestimmte Entscheidung beschwert fühlt und deren Nachprüfung begehrt, so ist vom Vorliegen einer Berufung auszugehen, zumal das Tatbestandsmerkmal "Berufung" nicht formalistisch auszulegen ist. Keinesfalls ist dabei die Bezeichnung des Schriftsatzes von alleiniger Bedeutung (Hinweis Stoll, BAO-Kommentar 2567 f).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 94/13/0269 E RS 1 (hier nur erster Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pallitsch und die Hofräte Dr. Holeschofsky und Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin MMag. Gold, in der Beschwerdesache des DDr. RL, Rechtsanwalt in Wien, vertreten durch Mag.rer.nat. Mag. Dr. Karl-Arthur Arlamovsky, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen die Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien, wegen Verletzung der Entscheidungspflicht, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführer führt in seiner am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangten Beschwerde aus, er habe einen Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom betreffend eine näher angeführte Liegenschaft erhalten, obwohl der Magistrat bereits mit Schreiben vom und durch einen Beschluss des Bezirksgerichts Wien Innere Stadt vom auf den "Eigentumsübergang zu KR CK" hingewiesen worden sei. "Gegen diesen Beschluss richtet sich das nicht ausdrücklich als Berufung bezeichnete Schreiben vom ", worüber die belangte Behörde bislang keine Entscheidung getroffen habe.

Zum Beweis seines Vorbringens legte der Beschwerdeführer seiner Beschwerde unter Beilage /.A ein an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratsabteilung 31 - Wasserwerke, Betriebsabteilung 9; Gebühren" gerichtetes Schreiben vor, welches folgenden Inhalt aufweist:

"Wien, am 17. März 20110

Veith/e

Wasser-/Abwassergebühr Kundennr. 000001522

Rechnungsnr. 313400008262

EZ. 2512 GB 1006 KG Landstraße

Neuer Eigentümer - Neue Anschrift

'Sehr geehrte Damen und Herren!

Mit September 2009 ist ein Eigentümerwechsel des Hauses W, V,

auf Herrn KR CK per Adresse Hausverwaltung

eingetreten.

Sie werden ersucht, dies künftig bei Ihren Vorschreibungen zu

berücksichtigen und auch künftige Bescheide an oben genannte

Adresse zuzusenden.

Mit freundlichen Grüßen"

Mit hg. Verfügung vom wurde der Beschwerdeführer u.a. darauf aufmerksam gemacht, dass in der Beschwerde zwar die "Berufung vom (.A)" als Beweis angeführt worden sei, die mit "/.A" bezeichnete Beilage aber offensichtlich die Ablichtung eines anderen Schriftstückes enthalte. Dem Beschwerdeführer wurde zur Vorlage der Berufung eine Frist von 2 Wochen eingeräumt.

Mit Eingabe vom gab der Beschwerdeführer u. a. bekannt, dass es sich bei der genannten Beilage ./A um die am eingebrachte und von der belangten Behörde nicht erledigte Berufung handle, wobei "das dortige Datum '17. März 20110' ein Schreibfehler" sei.

Nach § 250 Abs. 1 BAO muss die Berufung die Bezeichnung des Bescheides, gegen den sie sich richtet, die Erklärung, in welchen Punkten der Bescheid angefochten wird, die Erklärung, welche Änderungen beantragt werden und eine Begründung enthalten. Die ausdrückliche Bezeichnung als Berufung ist hingegen nicht erforderlich. Die Wertung eines Schriftsatzes als Berufung hat zur Voraussetzung, dass aus dem Anbringen zumindest andeutungsweise zu entnehmen ist, dass die Partei beabsichtige, eine behördliche Maßnahme zu bekämpfen (vgl. Stoll, BAO, 2567, mwN).

Dies ist bei dem im Beschwerdefall vorgelegten Schreiben vom jedoch nicht der Fall. Dieses Schreiben enthält keinen wie immer gearteten Hinweis, dass damit die Bekämpfung einer behördlichen Maßnahme beabsichtigt wäre. Es wird auch nicht auf eine Entscheidung der Abgabenbehörde Bezug genommen, die Gegenstand einer nachprüfenden Entscheidung sein könnte. Bei dem vom Beschwerdeführer nur in der Säumnisbeschwerde ausdrücklich als "Berufung" bezeichneten Schriftsatz handelt es sich vielmehr um ein Ersuchen an den Magistrat der Stadt Wien, die Änderung der Eigentumsverhältnisse an einem bestimmten Grundstück zur Kenntnis zu nehmen und "künftige Bescheide" an den neuen Eigentümer zu richten.

Eine Entscheidung der vom Beschwerdeführer als belangte Behörde bezeichneten Abgabenberufungskommission der Bundeshauptstadt Wien über solche Ersuchen ist aber gesetzlich nicht vorgesehen.

Die vorliegende Säumnisbeschwerde war daher mangels Verletzung der Entscheidungspflicht der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde bezeichneten belangten Behörde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2011170130.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
GAAAF-51847