VwGH 21.12.2011, 2011/13/0123
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Norm | VwGG §46 Abs1; |
RS 1 | Es trifft zwar zu, dass der Vertreter rein mechanische Vorgänge, wie etwa das Kuvertieren oder die Postaufgabe, grundsätzlich der alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen kann (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , 2005/16/0258). Dies setzt allerdings voraus, dass auf Grund eindeutiger Anordnung (vor allem einem Beilagen- oder Gleichschriftenvermerk) klargestellt ist, welche Schriftstücke zu kuvertieren sind (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom , 2007/15/0271, und vom , 2008/13/0254 WE). Erfolgt keine solche Anordnung, wird ausnahmsweise auch eine Kontrollpflicht des Vertreters über einfache Verrichtungen wie die Kuvertierung eines Verbesserungsschriftsatzes ausgelöst (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , 2008/06/0085). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2009/13/0181 B RS 1 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Mag. Heinzl und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über den Antrag des Dipl. Ing. G in W, vertreten durch Dr. Ursula Oys, Rechtsanwalt in 1100 Wien, Wienerbergstraße 11/12a (Vienna Twin Tower), auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur vollständigen Behebung von Mängeln im mit Beschluss vom , 2011/13/0105, eingestellten Verfahren, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit Beschluss vom , 2011/13/0105-5, stellte der Verwaltungsgerichtshof das Verfahren über die vom Antragsteller erhobene Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/2523-W/08, wegen unterlassener Mängelbehebung gemäß § 33 Abs. 1 und § 34 Abs. 2 VwGG ein. Der Antragsteller habe zwar innerhalb offener Frist einen Mängelbehebungsschriftsatz in dreifacher Ausfertigung eingebracht. Die Urschrift der zurückgestellten unverbesserten Beschwerde sei allerdings nicht wieder vorgelegt und der Mängelbehebungsauftrag bereits insoweit nicht erfüllt worden. Weiters sei mit dem Ergänzungsschriftsatz vom dem Mängelbehebungsauftrag auch in den Punkten der Sachverhaltsschilderung im Sinne des § 28 Abs. 1 Z 3 VwGG und der bestimmten Bezeichnung der Rechtsverletzung (Beschwerdepunkte nach § § 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) nicht entsprochen worden.
In dem am beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nach einer Wiedergabe der Begründung des am zugestellten Einstellungsbeschlusses vom vorgebracht, dass dem Ergänzungsschriftsatz vom die Urschrift der ursprünglich eingebrachten Beschwerde nicht angeschlossen gewesen sei. Von diesem Umstand habe die Beschwerdevertreterin erstmals mit der Zustellung des Einstellungsbeschlusses Kenntnis erlangt. Die genannte Urschrift habe sich bei Durchsicht des gegenständlichen Handaktes nicht in dessen Unterlagen befunden. Eine Überprüfung aller am Tag der Abfertigung des Ergänzungsschriftsatzes ebenfalls abgefertigten Akten habe ergeben, dass die Urschrift in einem anderen Handakt, in dem ebenfalls am ein Schriftstück abgefertigt worden sei, verreiht gewesen sei. Dies sei rückblickend nur so zu erklären, dass die Kanzleikraft, welche die postalische Abfertigung aller Schriftstücke an diesem Tag vorgenommen habe, die Urschrift der Beschwerde des gegenständlichen Aktes in einen anderen (daneben oder darunter liegenden) Akt irrtümlich verreiht habe. Die Beschwerdevertreterin habe den Ergänzungsschriftsatz samt allen Beilagen bei Unterzeichnung in der ihr vorgelegten Unterschriftenmappe noch überprüft. Bei der Kanzleikraft habe es sich um eine Auslandspraktikantin mit sehr guten Deutschkenntnissen gehandelt, die während ihres gesamten Praktikums verlässlich gearbeitet habe. Ein derartiger entschuldbarer Fehler in der postalischen Abwicklung hätte auch einer erfahrenen inländischen Kanzleikraft passieren können. Bei der geschilderten Fehlleistung habe es sich "um einen minderen Grad des Versehens" gehandelt, zumal eine Überprüfung des Inhalts der kuvertierten Poststücke eine Überspannung der Kontrollpflichten bedeuten würde.
Dieses Vorbringens wird im Wiedereinsetzungsantrag durch eine eidesstättige Erklärung der Beschwerdevertreterin bescheinigt.
Gleichzeitig mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wurde "die versäumte Handlung" insofern nachgeholt, als die Urschrift der ursprünglichen Beschwerde vorgelegt wurde und die "Vorlage des Ergänzungsschriftsatzes vom in verbesserter Form" erfolgte, in dem eine Sachverhaltsschilderung (§ 28 Abs. 1 Z 3 VwGG) und eine bestimmte Bezeichnung des Beschwerdepunktes (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG) enthalten ist.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung nicht, wenn es sich nur einen minderen Grad des Versehens handelt.
Die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers innerhalb der Wiedereinsetzungsfrist stecken nach ständiger Rechtsprechung den Rahmen für die Untersuchung der Frage ab, ob ein Wiedereinsetzungsgrund gegeben ist.
Wie im oben referierten Einstellungsbeschluss vom dargestellt, wurde dem Mängelbehebungsauftrag vom in mehreren Punkten nicht entsprochen. Bereits die Nichterfüllung jedes einzelnen Punktes für sich wäre einer gänzlichen Unterlassung der Mängelbehebung gleichzusetzen und das Beschwerdeverfahren deshalb einzustellen gewesen.
Der vorliegende Wiedereinsetzungsantrag enthält keine Begründung dafür, weshalb die vollständige Erfüllung des Mängelbehebungsauftrages auch in Bezug auf die Sachverhaltsschilderung und die Bezeichnung des Beschwerdepunktes im Sinne des §46 Abs. 1 VwGG verhindert worden wäre. Dem Wiedereinsetzungsantrag kann damit schon deshalb kein Erfolg zukommen.
Im Übrigen kann zwar der Rechtsvertreter rein mechanische Vorgänge, wie etwa das Kuvertieren oder die Postaufgabe, der alleinigen Erledigung der Kanzlei überlassen. Dies setzt aber voraus, dass auf Grund eindeutiger Anordnung (vor allem mit einem Beilagen- oder Gleichschriftenvermerk) klargestellt ist, welche Schriftstücke zu kuvertieren sind. Erfolgt keine solche Anordnung, wird ausnahmsweise auch eine Kontrollpflicht des Vertreters über einfache Verrichtungen wie die Kuvertierung eines Verbesserungsschriftsatzes ausgelöst (vgl. z.B. die hg. Beschlüsse vom , 2009/13/0181, vom , 2010/15/0137, und vom , 2011/13/0077). Abgesehen davon, dass der Ergänzungsschriftsatz vom keinen entsprechenden Beilagenvermerk enthielt, geht auch aus dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag nicht hervor, dass eine eindeutige Anordnung zur Kuvertierung der Schriftstücke erfolgt wäre. Auch in Bezug auf die unterbliebene Vorlage der Urbeschwerde ist daher der Beschwerdevertreterin ein nicht nur minderer Grad des Versehens an der unterbliebenen vollständigen Mängelbehebung im Sinne des § 46 Abs. 1 VwGG anzulasten, der die beantragte Wiedereinsetzung hindert (vgl. zuletzt etwa den hg. Beschluss vom , 2011/16/0222).
Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | VwGG §46 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2011:2011130123.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
OAAAF-51827