VwGH 13.12.2011, 2011/05/0122
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | KlGG Wr 1996; VwGG §45 Abs1; |
RS 1 | Es kann dahingestellt bleiben, ob der Umstand, dass ein im Landesgesetzblatt kundgemachter und vom Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung herangezogener Gesetzestext nicht jenem, den der Landtag beschlossen hat, entspricht, einen Wiederaufnahmegrund darstellt. Ein derartiger Grund ist jedenfalls, ebenso wie das Vertreten einer anderen Rechtsmeinung als jener des Verwaltungsgerichtshofes, in der taxativen Aufzählung des § 45 Abs. 1 VwGG nicht enthalten. Im Übrigen trifft die Vermutung der Antragstellerin, nach der der im Landesgesetzblatt verlautbarte Text des Wr KlGG 1996 nicht mit dem vom Landtag beschlossenen übereinstimmt, nicht zu (ausführliche Begründung im E). |
Normen | GO GdRAusschuß Wr 1978 §29 Abs2; GO GdRAusschuß Wr 1978 §29 Abs3; WStV 1968 §125 Abs1; WStV 1968 §125 Abs3; |
RS 2 | Die Ermächtigung des Ausschusses des Wiener Landtages zur Behandlung von Gesetzesvorlagen schließt auch die Möglichkeit ein, Abänderungen zu beschließen (Hinweis Cech/Moritz/Ponzer, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, 2. Auflage, S 280). |
Norm | VwGG §39 Abs1 Z1; |
RS 3 | Wurde der Verhandlungsantrag der anwaltlich vertretenen Bfin nicht in der Beschwerde, sondern erst in ihrer Replik zur Gegenschrift gestellt, war er verspätet. Aus diesem Grund war auf ihn nicht Rücksicht zu nehmen (Hinweis E vom , 2008/05/0024). |
Normen | BauO Wr §85 Abs1; BauRallg; KlGG Wr 1996 §15; KlGG Wr 1996 §8 Abs6; |
RS 4 | Das Vorbringen des Bauwerbers, dass die Geländeveränderungen zur Ausnützbarkeit der gesetzlich zulässigen Gebäudegrößen erforderlich gewesen seien, ist nicht zielführend, weil die gesetzlichen Höchstmaße der Bebauung nur dann ausgenützt werden können, wenn dies im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften geschieht (Hinweis E vom , 2009/05/0012). Wie der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , 2008/05/0024, dargelegt hat, wäre es allenfalls im Hinblick auf Bedenken gegen die Flächenwidmung von Relevanz, wenn die Liegenschaften überhaupt nicht gesetzeskonform bebaubar wären. |
Normen | MRK Art6 Abs1; VwGG §39 Abs1 Z1; |
RS 5 | Lag kein rechtzeitiger Verhandlungsantrag vor, wurden weder die Verfahrensgarantien der MRK noch die Bestimmungen des § 39 VwGG über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof verletzt (Hinweis E vom , 95/09/0299). Soweit sich die Antragstellerin auf das Urteil des EGMR vom , 65631/01, Kugler gegen Österreich, bezieht, ist darauf hinzuweisen, dass in jenem Fall eine Verhandlung sowohl vor dem Verfassungsgerichtshof als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof rechtzeitig beantragt worden war. |
Entscheidungstext
Beachte
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
2011/05/0123 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Moritz sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Kalanj, über den Antrag der G GmbH in Wien, vertreten durch Dr. Adrian Hollaender, Rechtsanwalt in 1190 Wien, Aslangasse 8/2/4, auf Wiederaufnahme des mit Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0024, abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 45 Abs. 1 VwGG wird dem Antrag nicht Folge gegeben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, zur hg. Zl. 2008/05/0024 angefochtenen Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom , Zl. BOB - 546 und 547/06, wurde der Antragstellerin die Bauführung zur Errichtung von zwei Kleingartenwohnhäusern gemäß § 8 Wiener Kleingartengesetz (KGG) versagt.
Die gegen den genannten Bescheid gerichtete Beschwerde wurde mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0024, zugestellt an den ausgewiesenen Beschwerdevertreter am , als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, umstritten sei vor allem, von welchem Gelände auszugehen sei. Die belangte Behörde habe 1999 erfolgte Geländeveränderungen außer Betracht gelassen, während die Beschwerdeführerin diese Geländeveränderungen der Beurteilung des Bauvorhabens zugrunde legen möchte, womit sich die Zulässigkeit der Bauvorhaben ergäbe.
Der Verwaltungsgerichtshof stützte sich einerseits darauf, dass die Geländeveränderungen im Jahr 1999, also noch vor der Novelle zum KGG LGBl. Nr. 13/2006, vorgenommen worden seien und jedenfalls nicht in einem Zusammenhang mit den gegenständlichen Bauvorhaben, um deren Bewilligung erst im Jahr 2006 eingekommen sei, stünden. Im Jahr 1999 seien unabhängig von Bauführungen betreffend die Errichtung zulässiger Baulichkeiten im Sinne des § 7 KGG, aber auch z.B. des § 16 Abs. 2 KGG, erfolgte Geländeveränderungen nicht unter den in Kleingärten zulässigen Bauführungen aufgezählt und daher in einem Ausmaß wie dem gegenständlichen jedenfalls unzulässig gewesen.
Auch im Hinblick auf § 16 Abs. 2 KGG in der Fassung LGBl. Nr. 13/2006 seien die gegenständlichen Geländeveränderungen nicht zulässig, da sie nicht unbedingt erforderlich seien, um einen zulässigen Bau nutzen zu können, sondern die Zulässigkeit des Baues erst herbeiführen würden. Der Verwaltungsgerichtshof verwies dabei auch auf die Erläuternden Bemerkungen zur Novelle LGBl. Nr. 13/2006 (Blg. Nr. 41/2005), welche im Zusammenhang mit der Neufassung des ersten Satzes des § 16 Abs. 2 KGG darauf hinweisen, dass zur Vermeidung von Unklarheiten, in welchen Fällen Stützmauern udgl. in Kleingärten zulässig seien, in Anlehnung an § 79 Abs. 6 der Bauordnung für Wien eine Neufassung erfolge. Gleichzeitig werde nach den Erläuterungen korrespondierend zu § 15 Abs. 1 KGG, wonach Baulichkeiten der bestehenden Höhenlage möglichst anzupassen seien, normiert, dass auch Geländeveränderungen nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß vorgenommen werden dürften.
Die Auffassung der belangten Behörde sei somit zutreffend, dass bei Beurteilung der Zulässigkeit der Kleingartenwohnhäuser nicht jenes Gelände heranzuziehen sei, das erst durch die gegenständlichen Geländeveränderungen geschaffen worden sei, weil diese eben als unzulässig anzusehen seien.
Im Hinblick darauf, dass das Kleingartengebiet nicht zum Bauland, sondern zum Grünland zähle, hatte der Verwaltungsgerichtshof auch keine Bedenken, dass der Gesetzgeber im KGG nur ganz bestimmte Bauführungen für zulässig erklärt und sich auch hinsichtlich Geländeveränderungen Einschränkungen ergeben. Dies bedeute weder eine Unsachlichkeit noch einen unzulässigen Eingriff in das Eigentumsrecht. Dass die gegenständlichen Liegenschaften wegen der Hanglage oder des Untergrundes überhaupt nicht gesetzeskonform bebaubar wären, woraus allenfalls Bedenken gegen die Flächenwidmung folgen könnten, habe die Beschwerdeführerin nicht behauptet und sei schon deshalb nicht anzunehmen, weil zuvor bestandene Kleingartenhäuser abgerissen worden seien.
Im Übrigen wies der Verwaltungsgerichtshof darauf hin, dass der Verhandlungsantrag der Beschwerdeführerin nicht in der Beschwerde, sondern erst in ihrer Replik zur Gegenschrift gestellt worden sei. Er sei daher verspätet, weshalb auf ihn nicht Rücksicht zu nehmen gewesen sei.
Der vorliegende Antrag ist im Wesentlichen damit begründet, dass die Antragstellerin am von der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte über das Recht auf mündliche Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof, Fall Kugler gegen Österreich, ÖJZ 2011, S 378, Kenntnis erlangt habe. Am habe sie durch eine in Auftrag gegebene rechtliche Analyse Kenntnis von dem Verdacht des Vorliegens einer rechtlich relevanten Verletzung des rechtlichen Gehörs in dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren erlangt. An eben diesem Tag habe sie auch die Erläuternden Bemerkungen zum Wiener Kleingartengesetz 1996 in Erfahrung gebracht. Am 28. und habe die Beschwerdeführerin die Materialien zur Gesetzwerdung des Wiener Kleingartengesetzes erhalten. Dadurch sei sie in Kenntnis gelangt, dass gesetzliche Bestimmungen, die der Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, vom Landtag nicht beschlossen worden seien. Die im Wiener Landtag tatsächlich beschlossene Fassung des Wiener Kleingartengesetzes weiche von der veröffentlichten und vom Verwaltungsgerichtshof herangezogenen Fassung inhaltlich ab.
Die Antragstellerin habe nicht auf eine mündliche Verhandlung verzichtet. Sie habe mangels mündlicher Verhandlung nicht die Möglichkeit zu wesentlichem Sachverhaltsvorbringen gehabt, bei dessen Erstattung das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes anders gelautet hätte. Verletzt worden seien die Verpflichtung zur Anberaumung einer mündlichen Verhandlung und die Verpflichtung zur Anhörung der Parteien über wesentliche Gründe, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Betracht kommen.
Die Antragstellerin hätte in einer mündlichen Verhandlung Folgendes vorgebracht: Die Höhenlage sei beim Westhaus absolut eingehalten worden. Dazu hätten auch Nachweise in einer mündlichen Verhandlung dargelegt werden können. Um im Hang die gesetzlich zulässigen Gebäudegrößen vollständig zu nutzen und dabei die maximal erlaubten Größenvorgaben einzuhalten, seien Geländeveränderungen in dem geforderten Ausmaß notwendig. Führte man diese nicht durch, sei es unmöglich, in der gesetzlich möglichen maximalen Größe zu bauen, was dem Gleichheitsgrundsatz widersprechen würde, weil dann jene, die im Hanggebiet gesetzlich korrekt die Maximalgrößen von Baulichkeiten im Kleingarten nutzen wollten, gegenüber jenen, die im Flachgebiet genau das Gleiche tun, unsachlich benachteiligt wären. Wenn man nun gezwungen sei, die Höhenlage einzuhalten, müsse eine Geländeveränderung vorgenommen werden, um in den vorgegebenen Größenausmaßen bauen zu können. Anderenfalls würde ein Teil des Hauses in der Luft hängen und wäre damit die Möglichkeit der Errichtung einer unterkellerten Terrasse gemäß § 15 Abs. 6 KGG nicht gegeben. Weiters hätte die Antragstellerin im Rahmen einer mündlichen Verhandlung in Bezug auf das Osthaus die Felssituation erläutert und mit Fakten nachgewiesen, warum auf dieser Höhenlage habe gebaut werden müssen und daher die Geländeveränderung nur im unbedingt erforderlichen Ausmaß vorgenommen worden sei. Wenn die Geländeveränderung prinzipiell aber erlaubt gewesen sei, seien beide Häuser auf Grundlage des veränderten Geländes rechtmäßig. Wenn nach der neuen Rechtslage nach der Novelle LGBl. Nr. 13/2006 geurteilt werde, seien die Geländeveränderungen lediglich im unbedingt erforderlichen Ausmaß vorgenommen worden und damit die Rechtmäßigkeit der Häuser gegeben.
In den Erläuternden Bemerkungen zum KGG sei zu lesen, "sonstige Bauführungen in Kleingärten … sind in Hinkunft überhaupt nicht mehr von einer Bewilligungspflicht erfasst". Damit sei aus Sicht des Gesetzgebers klargestellt, dass § 7 KGG eben keine abschließende Regelung für Bauführungen und deren Zulässigkeit darstelle, also genau das Gegenteil der in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vertretenen Auffassung.
Zu § 8 KGG stehe in den Erläuterungen, dass Geländeveränderungen in Kleingärten künftig bewilligungsfrei seien, da Kleingärten auf Grund ihrer flächenmäßigen Begrenztheit Geländeveränderungen in der Praxis kaum zuließen. Bewilligungsfrei seien jedenfalls auch bauliche Änderungen, die Herstellung von Einfriedigungen, Stützmauern und Abbrüchen. Damit sei einerseits die Geländeveränderung explizit als erlaubt angesprochen und andererseits klargestellt, dass es auch andere Bauführungen als jene, die im § 7 KGG angeführt seien, zulässigerweise gebe und § 7 KGG daher keine abschließende Regelung enthalte. Insbesondere die Bestimmung des § 15 KGG, derzufolge das Gebäude der Höhenlage möglichst angepasst werden müsse, sei mangels Landtagsbeschlusses rechtlich nicht existent. Wenn die Bestimmung, dass das Gebäude der Höhenlage möglichst angepasst werden müsse, rechtlich nicht existent sei, dann sei auch die Novelle LGBl. Nr. 13/2006 mit der Neueinführung, dass die Geländeveränderungen nur mehr im unbedingt erforderlichen Ausmaß erlaubt seien (laut Erläuterungen korrespondierend mit § 15 Abs. 1 letzter Satz KGG betreffend die Anpassung an die Höhenlage) ihrer Grundlage beraubt. Im Übrigen sei auch zur Wahrung des Rechtes auf rechtsrichtige Gesetzesanwendung in Befolgung des Rechtes auf wirksame Beschwerde (Art. 13 EMRK iVm Art. 1 des ersten Zusatzprotokolles zur EMRK und mit Art. 6 EMRK sowie mit Art. 8 EMRK) eine Reassümierung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens geboten.
Mit Eingabe vom legte die Antragstellerin ein Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Dr. M betreffend fehlerhafte Kundmachung des Wiener Kleingartengesetzes vor und regte eine Unterbrechung des Verfahrens und die Stellung eines Gesetzesprüfungsantrages an den Verfassungsgerichtshof an.
Mit Schreiben vom legte die Antragstellerin ein Rechtsgutachten von Univ.-Prof. Dr. Funk zur Frage der Zulässigkeit von Bauführungen nach dem Wiener Kleingartengesetz und der Divergenz von vom Landtag beschlossenen und im Landesgesetzblatt kundgemachten Gesetzestexten vor.
§ 45 VwGG lautet auszugsweise:
"Wiederaufnahme des Verfahrens
§ 45. (1) Die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens ist auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn
1. das Erkenntnis oder der Beschluss durch eine gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. das Erkenntnis oder der Beschluss auf einer nicht von der Partei verschuldeten irrigen Annahme der Versäumung einer in diesem Bundesgesetz vorgesehenen Frist beruht oder
3. nachträglich eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung bekannt wird, die in dem Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Einwendung der entschiedenen Sache begründet hätte, oder
4. im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, daß sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte oder
5. das Verfahren vor dem Gerichtshof wegen Klaglosstellung oder wegen einer durch Klaglosstellung veranlassten Zurückziehung der Beschwerde eingestellt, die behördliche Maßnahme, die die Klaglosstellung bewirkt hatte, jedoch nachträglich behoben wurde.
(2) Der Antrag ist beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen von dem Tag, an dem der Antragsteller von dem Wiederaufnahmegrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung des Erkenntnisses oder des Beschlusses zu stellen.
(3) Über den Antrag ist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluß zu entscheiden.
…"
Es kann dahingestellt bleiben, ob der Umstand, dass ein im Landesgesetzblatt kundgemachter und vom Verwaltungsgerichtshof bei seiner Entscheidung herangezogener Gesetzestext nicht jenem, den der Landtag beschlossen hat, entspricht, einen Wiederaufnahmegrund darstellt. Ein derartiger Grund ist jedenfalls, ebenso wie das Vertreten einer anderen Rechtsmeinung als jener des Verwaltungsgerichtshofes, in der taxativen Aufzählung des § 45 Abs. 1 VwGG nicht enthalten. Im vorliegenden Fall hat sich der Verwaltungsgerichtshof den Gesetzgebungsakt vorlegen lassen, aus dem sich ergibt, dass die Vermutung der Antragstellerin, nach der der im Landesgesetzblatt verlautbarte Text des Wiener Kleingartengesetzes 1996 nicht mit dem vom Landtag beschlossenen übereinstimmt, nicht zutrifft:
Gemäß § 125 Abs. 1 der Wiener Stadtverfassung sind Gesetzesvorlagen vom zuständigen Mitglied der Landesregierung in der Landesregierung einzubringen und von dieser nach Vorberatung dem Präsidenten des Landtages zu übermitteln. Der Präsident hat gemäß § 125 Abs. 3 leg. cit. die Gesetzesvorlagen dem zuständigen Ausschuss oder einer vom Landtag hiefür gebildeten Kommission zur Behandlung zuzuweisen.
Gemäß § 48 Abs. 2 der zur Zeit des hier gegenständlichen Gesetzgebungsverfahrens maßgebenden Geschäftsordnung des Wiener Landtages, Beschluss des Wiener Landtages vom , PrZ 2272, gelten, soweit die Geschäftsordnung des Landtages für Wien keine besonderen Bestimmungen enthält, für die Ausschüsse und Kommissionen des Landtages die Bestimmungen der Geschäftsordnung für die Ausschüsse, Unterausschüsse und Kommissionen des Gemeinderates der Stadt Wien.
Gemäß § 29 Abs. 2 der für das hier gegenständliche Gesetzgebungsverfahren maßgebenden Geschäftsordnung für die Ausschüsse, Unterausschüsse und Kommissionen des Gemeinderates der Stadt Wien, ABl. der Stadt Wien Nr. 30/1978, ist die Abstimmung so vorzunehmen, dass die wahre Meinung der Mehrheit des Ausschusses zum Ausdruck kommt. Gegenanträge oder Abänderungsanträge, die sich auf den Antrag des Berichterstatters beziehen, gelangen gemäß § 29 Abs. 3 leg. cit. in der Regel zuerst zur Abstimmung, und zwar in der Ordnung, dass diejenigen, die sich von dem Antrag des Berichterstatters am weitesten entfernen, voranzugehen haben.
Die Ermächtigung des Ausschusses zur Behandlung von Gesetzesvorlagen schließt somit auch die Möglichkeit ein, Abänderungen zu beschließen (vgl. Cech/Moritz/Ponzer, Die Verfassung der Bundeshauptstadt Wien, 2. Auflage, S 280).
Nach dem Beschlussbogen des Gesetzgebungsaktes hat die Landesregierung am den Entwurf des Amtes der Landesregierung für ein Wiener Kleingartengesetz 1996, Beilage Nr. 31/1996, PrZ 1268/96, zum Beschluss und damit zur Regierungsvorlage erhoben. Diesem Entwurf waren auch Erläuternde Bemerkungen angefügt.
Am hat der Ausschuss für Stadtentwicklung, Stadtplanung und Außenbeziehungen der Stadt Wien den Antrag idF des beiliegenden Abänderungsantrages der Abgeordneten Effenberg, Kovacic und Dipl. Ing. Rothauer "(zu Beilage Nr. 31/1996, PrZ 1268/96)" angenommen. Dieser Abänderungsantrag umfasste auf insgesamt elf Seiten 31 Punkte.
Dem Landtag lag somit bei seiner Sitzung am zur PrZ 1268/96 der Ausschussantrag vor, also die Regierungsvorlage in der Fassung des vom Ausschuss am beschlossenen Abänderungsantrages. Im Plenum des Landtages wurde ein (weiterer) Abänderungsantrag der Abgeordneten Effenberg, Ing. Svoboda, Prinz und Dipl. Ing. Dr. Rothauer eingebracht und ebenfalls beschlossen (Zl. 3658/LAT/96). Insgesamt ergibt sich somit, dass die Regierungsvorlage in Fassung der beiden genannten Abänderungsanträge vom Landtag beschlossen wurde. Der so beschlossene Text stimmt mit dem im Landesgesetzblatt Nr. 57/1996 kundgemachten überein.
Bemerkt wird, dass sich die Erläuterungen zur Regierungsvorlage selbstverständlich nicht auf die (späteren) Abänderungsanträge beziehen können. Bemerkt wird ferner, dass seitens der belangten Behörde in einer Stellungnahme vom eingeräumt wurde, dass der Gesetzentwurf, der vom Wiener Landtag letztlich beschlossen worden ist, in der Informationsdatenbank des Wiener Landtages und des Wiener Gemeinderates insofern unvollständig erfasst worden sei, als der am im Ausschuss beschlossene Abänderungsantrag nicht eingearbeitet worden sei. Dazu ist allerdings festzuhalten, dass Gesetzentwürfen, auch wenn sie im Internet veröffentlicht werden, keine rechtliche Verbindlichkeit zukommt.
Insgesamt zeigt sich somit, dass der Gesetzestext, auf den der Verwaltungsgerichtshof seine Entscheidung gestützt hat, vom Wiener Landtag beschlossen worden ist.
Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits im Erkenntnis vom , Zl. 2008/05/0024, festgestellt hat, wurde der Verhandlungsantrag der anwaltlich vertretenen Beschwerdeführerin nicht in der Beschwerde, sondern erst in ihrer Replik zur Gegenschrift gestellt. Er war daher verspätet, und auf ihn war aus diesem Grund nicht Rücksicht zu nehmen.
Im Übrigen wäre das Vorbringen der Beschwerdeführerin, dass die Geländeveränderungen zur Ausnützbarkeit der gesetzlich zulässigen Gebäudegrößen erforderlich gewesen seien, nicht zielführend gewesen, weil die gesetzlichen Höchstmaße der Bebauung nur dann ausgenützt werden können, wenn dies im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften geschieht (vgl. das ebenfalls die Antragstellerin betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/05/0012). Wie der Verwaltungsgerichtshof im gegenständlichen Erkenntnis vom dargelegt hat, wäre es allenfalls im Hinblick auf Bedenken gegen die Flächenwidmung von Relevanz, wenn die gegenständlichen Liegenschaften überhaupt nicht gesetzeskonform bebaubar wären. Ein derartiges Vorbringen erstattete die Beschwerdeführerin aber nicht. Der Verwaltungsgerichtshof hat schließlich in diesem Zusammenhang auch darauf hingewiesen, dass bereits zuvor Kleingartenhäuser bestanden haben, die abgerissen worden seien.
Soweit sich die Antragstellerin auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte vom , 65631/01, Kugler gegen Österreich, bezieht, ist sie darauf hinzuweisen, dass in jenem Fall von der dortigen Beschwerdeführerin eine Verhandlung sowohl vor dem Verfassungsgerichtshof als auch vor dem Verwaltungsgerichtshof rechtzeitig beantragt worden war. Im vorliegenden Fall lag aber ein rechtzeitiger Verhandlungsantrag nicht vor, weshalb weder die Verfahrensgarantien der EMRK noch die Bestimmungen des § 39 VwGG über die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgerichtshof verletzt wurden (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0299).
Dem Antrag war daher gemäß § 45 Abs. 1 VwGG keine Folge zu geben.
Wien, am
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Normen | BauO Wr §85 Abs1; BauRallg; GO GdRAusschuß Wr 1978 §29 Abs2; GO GdRAusschuß Wr 1978 §29 Abs3; KlGG Wr 1996 §15; KlGG Wr 1996 §8 Abs6; KlGG Wr 1996; MRK Art6 Abs1; VwGG §39 Abs1 Z1; VwGG §45 Abs1; WStV 1968 §125 Abs1; WStV 1968 §125 Abs3; |
Schlagworte | Baubewilligung BauRallg6 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2011:2011050122.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
HAAAF-51812