VwGH 05.11.2009, 2009/16/0213
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | VwGG §46 Abs1; VwGG §46 Abs3; |
RS 1 | Das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG hört in dem Zeitpunkt auf, in welchem ein Irrtum über das unrichtige Berechnen der Beschwerdefrist als solcher erkannt werden konnte und musste (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Zl. 2006/19/1152, sowie vom , Zl. 2009/08/0003, jeweils mwN). Dieser Zeitpunkt ist im vorliegenden Fall aber eher als vom Antrag auf Wiedereinsetzung angenommen anzusetzen: Unstrittig wurde der angefochtene Bescheid am in der Kanzlei des Beschwerdevertreters zugestellt. Entgegen der Ansicht des Wiedereinsetzungsantrages konnte der behauptete Irrtum der Kanzleimitarbeiterin bei der Berechnung der Beschwerdefrist vom Beschwerdevertreter selbst unschwer schon anlässlich der Verfassung bzw. Unterfertigung der Beschwerdeschrift erkannt werden, die explizit die Zustellung des angefochtenen Bescheides mit datierte und ihrerseits ausdrücklich mit "" datiert ist. Bereits an diesem Tag konnte und musste daher dem Beschwerdevertreter allein aus der Gegenüberstellung des Zustelldatums des Bescheides mit dem Datum des Schriftsatzes die Versäumung der Beschwerdefrist in die Augen fallen, was den bis dahin allenfalls vorgelegenen Irrtum über den Zeitpunkt des Ablaufes der Beschwerdefrist beseitigte und damit das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG "aufhören" ließ. Das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG ist nämlich schon dann weggefallen, wenn der Beschwerdevertreter die Fristversäumnis nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die Rechtzeitigkeit der Beschwerde nicht überprüft hat (vgl. die zitierten Beschlüsse vom und ), denn in einer Rechtsanwaltskanzlei ist für die richtige Berechnung der Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall stets der Anwalt und nicht etwa die Kanzleiangestellte allein verantwortlich, die das Fristende weisungsgemäß vormerkt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2004/16/0058, mwN). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Steiner und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Bayer, in der Beschwerdesache des J P in L, Tschechien, vertreten durch Dr. Helmut Valenta und Dr. Gerhard Gfrerer, Rechtsanwälte in 4020 Linz, Schillerstraße 4, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates (Zoll-Senat 2L), vom , Zl. ZRV/0090- Z2L/08, betreffend Erstattung von Eingangsabgaben, sowie über den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den vorbezeichneten Bescheid, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird zurückgewiesen.
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, angefochtenen Bescheid vom versagte die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Erstattung von Eingangsabgaben.
Dagegen erhob der anwaltlich vertretene Beschwerdeführer in seinem Schriftsatz vom , am selben Tag postalisch versandt, Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof; der angefochtene Bescheid sei dem ausgewiesenen Vertreter "mit zugestellt" worden; er erhebe "innerhalb offener Frist" Beschwerde.
Mit Verfügung vom räumte der Verwaltungsgerichtshof dem Beschwerdeführer Gehör dazu ein, dass der angefochtene Bescheid dem Beschwerdevorbringen zufolge am 23. Juli d.J. zugestellt, die Beschwerde aber erst am 4. September d.J., sohin nicht "innerhalb offener Frist", sondern nach Ablauf der sechswöchigen Beschwerdefrist, eingebracht worden sei.
In seinem - innerhalb von zwei Wochen - eingebrachten Schriftsatz vom beantragt der Beschwerdeführer die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 46 VwGG gegen die Versäumung der Frist zur rechtzeitigen Einreichung der Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid und begründet diesen wie folgt:
"Das gegenständliche Fristversäumnis ist erstmals durch die Verfügung des Verwaltungsgerichtshofes vom , zugestellt am , in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers festgestellt worden. Die eingehende Post wird von einer Mitarbeiterin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers, die bereits seit mehreren Jahren in der Kanzlei des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers tätig ist und äußerst zuverlässig ist, entgegengenommen. Es wird das eingehende Schriftstück mit der Eingangsstampiglie versehen und wird anhand des Terminkalenders der Fristablauf im Terminkalender und auch auf dem Schriftstück entsprechend vermerkt.
Die Mitarbeiterin des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers verfügt über eine ausreichende Erfahrung hinsichtlich der Posterledigung und der Terminvormerke, da sie bereits vor der Tätigkeit beim Rechtsvertreter des Beschwerdeführers in einer Anwaltskanzlei gearbeitet hat. Der Termin und auch der Vormerk im Terminkalender wird weiters auch vom Rechtsvertreter des Beschwerdeführers überprüft.
Offensichtlich bei der Abzählung der Wochen ist dann der Mitarbeiterin bei der Eintragung betreffend den richtigen Wochentag sowohl im Terminkalender als auch auf dem eingegangenen Schriftstück ein Fehler unterlaufen. Es handelt sich dabei um ein erstmaliges Versehen bei der Eintragung der jeweiligen Fristen.
Das Säumnis konnte daher auch dem Rechtsvertreter nicht auffallen, da die Frist zwischen Eingang und Fristvormerk grundsätzlich der vorgesehenen Frist entspricht. Zufolge Verlässlichkeit der Mitarbeiterin wurde der Tag des Eingangs anhand eines Kalenders nicht nochmals überprüft.
Die Frist zur Einbringung des Wiedereinsetzungsantrages ist gewahrt.
Das Säumnis ist durch ein unvorhersehbares und unabwendbares Ereignis eingetreten. Die fehlerhafte Eintragung des Terminendes im Terminkalender ist als minderes Versehen der Mitarbeiterin zu qualifizieren.
Es sind sohin die Voraussetzungen für eine Zulassung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand betreffend das Fristsäumnis für die Erhebung einer Beschwerde gegen den Berufungsentscheid der belangten Behörde vom gegeben.
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Beweis: | eidesstättige Erklärung Waltraud N. vom |
zeugenschaftliche Einvernahme Waltraud N. p.A. des Rechtsvertreters" |
Diesem Schriftsatz ist eine schriftliche "Erklärung" von Waltraud N. angeschlossen, wonach sie den Fristvormerk hinsichtlich des Endes der Beschwerdefrist am Bescheid und im Terminkalender vorgenommen habe. Offensichtlich sei ihr bei der Abzählung der sechswöchigen Beschwerdefrist ein Irrtum unterlaufen; dieser Fehler sei ihr erstmals unterlaufen. Sie sei bereits seit dreizehn Jahren in der Kanzlei des Beschwerdevertreters beschäftigt und habe bereits zuvor in Anwaltskanzleien gearbeitet. Sie sei daher im Bezug auf "Postabfertigung und Termineintragungen, etc. sehr erfahren". Es würden von ihr auch die notwendigen Erledigungen, insbesondere die Terminvormerkungen, ordnungsgemäß geprüft und entsprechend eingetragen.
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Nach § 46 Abs. 3 erster Satz VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen.
Die zweiwöchige Frist zur Stellung des Wiedereinsetzungsantrages beginnt nach § 46 Abs. 3 VwGG mit dem "Aufhören des Hindernisses". Dem Vorbringen des Wiedereinsetzungsantrages zufolge lag das Hindernis an der rechtzeitigen Einbringung der Beschwerde darin, dass die Mitarbeiterin des Beschwerdevertreters nach Einlangen des angefochtenen Bescheides die Beschwerdefrist - erstmalig - unrichtig berechnet habe. Dies habe auch dem Beschwerdevertreter nicht auffallen können, da die Frist zwischen Eingang und Fristvormerk "grundsätzlich" der vorgesehenen Frist entspreche. Zufolge der Verlässlichkeit der Mitarbeiterin sei der Tag des Eingangs anhand des Kalenders nicht nochmals überprüft worden.
Das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG hört in dem Zeitpunkt auf, in welchem ein Irrtum über das unrichtige Berechnen der Beschwerdefrist als solcher erkannt werden konnte und musste (vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Zl. 2006/19/1152, sowie vom , Zl. 2009/08/0003, jeweils mwN).
Dieser Zeitpunkt ist im vorliegenden Fall aber eher als vom Antrag auf Wiedereinsetzung angenommen anzusetzen: Unstrittig wurde der angefochtene Bescheid am in der Kanzlei des Beschwerdevertreters zugestellt. Entgegen der Ansicht des Wiedereinsetzungsantrages konnte der behauptete Irrtum der Kanzleimitarbeiterin bei der Berechnung der Beschwerdefrist vom Beschwerdevertreter selbst unschwer schon anlässlich der Verfassung bzw. Unterfertigung der Beschwerdeschrift erkannt werden, die explizit die Zustellung des angefochtenen Bescheides mit datierte und ihrerseits ausdrücklich mit "" datiert ist. Bereits an diesem Tag konnte und musste daher dem Beschwerdevertreter allein aus der Gegenüberstellung des Zustelldatums des Bescheides mit dem Datum des Schriftsatzes die Versäumung der Beschwerdefrist in die Augen fallen, was den bis dahin allenfalls vorgelegenen Irrtum über den Zeitpunkt des Ablaufes der Beschwerdefrist beseitigte und damit das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG "aufhören" ließ. Das Hindernis im Sinn des § 46 Abs. 3 VwGG ist nämlich schon dann weggefallen, wenn der Beschwerdevertreter die Fristversäumnis nur deshalb nicht erkannt hat, weil er die Rechtzeitigkeit der Beschwerde nicht überprüft hat (vgl. die zitierten Beschlüsse vom und ), denn in einer Rechtsanwaltskanzlei ist für die richtige Berechnung der Rechtsmittelfrist in einem bestimmten Fall stets der Anwalt und nicht etwa die Kanzleiangestellte allein verantwortlich, die das Fristende weisungsgemäß vormerkt (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2004/16/0058, mwN).
Da die zweiwöchige Frist für einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand somit bereits spätestens am zu laufen begonnen hat und demgemäß am 18. d.M. endete, erweist sich der am 6. Oktober d.J. zur Post gegebene Wiedereinsetzungsantrag als verspätet. Dieser Antrag war daher gemäß § 46 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Damit erweist sich aber auch die vorliegende Beschwerde als verspätet, die somit ohne weiteres Verfahren gemäß § 34 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen war. Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | VwGG §46 Abs1; VwGG §46 Abs3; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2009160213.Y00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
EAAAF-51706