VwGH 23.06.2009, 2009/13/0037
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Pelant als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über den Antrag des W in L, vertreten durch Martin Friedl, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 4650 Lambach, Marktplatz 2, auf Wiederaufnahme des mit Beschluss vom , 2008/13/0159, abgeschlossenen Verfahrens, den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag wird nicht stattgegeben.
Begründung
Mit dem im Spruch genannten Beschluss wies der Verwaltungsgerichtshof eine vom Antragsteller wegen Verletzung der Entscheidungspflicht betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2002 bis 2004 erhobene Säumnisbeschwerde gemäß § 34 Abs. 1 VwGG mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung zurück.
Zur Begründung führte der Verwaltungsgerichtshof aus, in der am eingelangten Säumnisbeschwerde habe der Antragsteller geltend gemacht, er habe am gegen die Umsatz- und Einkommensteuerbescheide 2002 bis 2004 Berufung eingebracht, die bislang unerledigt sei. Er sei daher durch die mehr als sechs Monate andauernde Untätigkeit der belangten Behörde in seinem Recht auf Sachentscheidung verletzt. Die von der belangten Behörde in einer Mitteilung vom vertretene Ansicht, die Berufung vom sei nicht als gegen die Sachbescheide gerichtet anzusehen, stelle eine bewusste "Missachtung des mit dem Anbringen Gewollten" dar. Bestünden Zweifel am Vorbringen einer Partei, sei es Aufgabe der Behörde, den Gegenstand des Anbringens von Amts wegen zu ermitteln. Entscheidend sei das erkennbare oder zu erschließende Ziel eines Parteienschrittes und bei antragsbedürftigen Verwaltungsakten sei es auch unzulässig, entgegen dem erkennbar erklärten Willen der Partei "ihrem Begehren eine Bedeutung zu geben, die aus dem Wortlaut des Begehrens nicht unmittelbar geschlossen werden kann".
Vor Einleitung des Vorverfahrens im Säumnisbeschwerdeverfahren habe der Verwaltungsgerichtshof - so die weiteren Ausführungen im Zurückweisungsbeschluss - die belangte Behörde mit Verfügung vom aufgefordert, zu der in der Säumnisbeschwerde angesprochenen Frage der Verletzung der Entscheidungspflicht (Vorliegen einer Berufung gegen die Sachbescheide Umsatz- und Einkommensteuer 2002 bis 2004) Stellung zu nehmen. Zu der Stellungnahme der belangten Behörde vom habe der Antragsteller eine Replik erstattet, in der er vorgebracht habe, dass die belangte Behörde bei ihrer Argumentation übergehe, dass er im Anbringen vom nicht den Berufungsantrag "Nullfestsetzung der Umsatz- und Einkommensteuer bzw. Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide" gestellt habe, sondern dass er, "neben der 'Nullfestsetzung der Einkommensteuer 2001-2004, Umsatzsteuer 2002-2004 sowie der Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen', auch ('bzw.') die 'Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide' beantragt hat". Somit sei "klar", dass sich der Berufungsantrag sowohl auf die Abänderung der Sachbescheide als auch auf die Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide bezogen habe und damit entgegen der Darstellung in der Stellungnahme vom die Einkommensteuerbescheide 2001 bis 2004 und die Umsatzsteuerbescheide 2002 bis 2004 jeweils vom in Berufung gezogen worden seien, sodass die belangte Behörde die Entscheidungspflicht insoweit verletzt habe.
Nach einer Wiedergabe des Wortlautes des Berufungsschriftsatzes vom führte der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom aus, nach dem Betreff dieses Schriftsatzes habe sich die Berufung im Sinne des § 250 Abs. 1 lit. a BAO eindeutig lediglich gegen die Bescheide über die Wiederaufnahme der Verfahren hinsichtlich Einkommensteuer 2001 bis 2004 und Umsatzsteuer 2002 bis 2004 gerichtet. Auch in der Begründung sei nur geltend gemacht worden, dass wegen nach Ansicht des Antragstellers nicht relevanter Prüfungsfeststellungen der Wiederaufnahme "somit" die Rechtsgrundlage gefehlt habe. Im Berufungsantrag werde zwar u. a. die "Nullfestsetzung der Einkommensteuer 2001-2004, Umsatzsteuer 2002-2004" angesprochen, mit der Verwendung des Ausdruckes "bzw." allerdings mit der Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide in Beziehung gebracht. Damit habe sich aber auch kein Widerspruch zur Bezeichnung des bekämpften Bescheides lt. "Betreff" ergeben, weil mit einer Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide auch die Sachbescheide aus dem Rechtsbestand ausschieden. Die belangte Behörde sei damit auch nicht zur Klarstellung des "Gegenstands des Anbringens von Amts wegen" etwa in Form eines Mängelbehebungsauftrages verpflichtet gewesen. Dass (im Sinne einer gesonderten Anfechtung) "neben" der "Nullfestsetzung der Einkommensteuer 2001-2004, Umsatzsteuer 2002- 2004 sowie der Bescheide über die Festsetzung der Anspruchszinsen" nach dem Vorbringen in der Replik "auch" die "Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide" beantragt gewesen sein sollte, sei jedenfalls dem Gesamtbild der Berufungsschrift vom nicht zu entnehmen gewesen. Sei damit aber eine Berufung gegen die Sachbescheide betreffend Umsatz- und Einkommensteuer 2002 bis 2004 nicht vorgelegen, sei die insoweit eine Verletzung der Entscheidungspflicht geltend machende Säumnisbeschwerde mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen gewesen.
Der Antragsteller begehrt die Wiederaufnahme dieses Säumnisbeschwerdeverfahrens.
Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG ist die Wiederaufnahme eines durch Erkenntnis oder Beschluss abgeschlossenen Verfahrens auf Antrag einer Partei zu bewilligen, wenn im Verfahren vor dem Gerichtshof den Vorschriften über das Parteiengehör nicht entsprochen wurde und anzunehmen ist, dass sonst das Erkenntnis oder der Beschluss anders gelautet hätte.
In dem zum Zurückweisungsbeschluss vom führenden Verfahren hatte der Verwaltungsgerichtshof zu beurteilen, ob der Berufungsschriftsatz vom nach seinem Erscheinungsbild auch als gegen die Sachbescheide gerichtet anzusehen war. Dabei führte er u.a. aus:
"Im Berufungsantrag wird zwar u.a. die 'Nullfestsetzung der Einkommensteuer 2001-2004, Umsatzsteuer 2002-2004' angesprochen, mit der Verwendung des Ausdruckes 'bzw.' allerdings mit der Aufhebung der Wiederaufnahmebescheide in Beziehung gebracht."
Wenn im Wiederaufnahmeantrag dazu vorgebracht wird, der Verwaltungsgerichtshof habe damit das Ergebnis der Beweisaufnahme (den Sachverhalt) "im Kern" anders als noch das Finanzamt und der unabhängige Finanzsenat festgestellt, ist darauf hinzuweisen, dass der Verwaltungsgerichtshof in dieser Textstelle lediglich eine Auslegung des Wortlautes des ihm vorliegenden Berufungsschriftsatzes vorgenommen, nicht aber eigenständige Sachverhaltsfeststellungen getroffen hat, zu denen allein nach der hg. Rechtsprechung zu § 45 Abs. 1 Z. 4 VwGG Parteiengehör zu gewähren wäre (vgl. z.B. den auch in einem ergänzenden Schriftsatz zum Wiederaufnahmeantrag angesprochenen Beschluss eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/08/0406, VwSlg 15035/A, sowie weiters die hg. Beschlüsse vom , 98/15/0131, und vom , 2007/14/0001 WA). Das Vorbringen im Wiederaufnahmeantrag, der Verwaltungsgerichtshof hätte dieses "Ergebnis der Beweisaufnahme" der antragstellenden Partei vor Zurückweisung der Säumnisbeschwerde vorhalten müssen (diesfalls hätte vorgebracht werden können, dass die aus der Kanzleisprache stammende Konjunktion "beziehungsweise" grammatikalisch auch durch "und im andern Fall" oder einfach durch "und" ersetzt werden könne, was das Vorliegen von zwei von einander unabhängigen Anträgen oder "zumindest unbewusst" das Vorliegen eines Alternativantrages bedeutet habe), geht damit schon deshalb ins Leere.
Im Übrigen bildete die angesprochene Textpassage aus dem Zurückweisungsbeschluss keineswegs den "Kern" der dort enthaltenen Begründung. Sie diente nur zur Abrundung des Bildes des sich bereits aus dem "Betreff" im Zusammenhalt mit der Begründung ergebenden Anfechtungsgegenstandes des Berufungsschriftsatzes vom , der durch die Verwendung der strittigen Wendung "bzw." innerhalb des Kontextes des Berufungsantrages nicht undeutlich wurde.
Dem Wiederaufnahmeantrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Norm | VwGG §45 Abs1 Z4; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2009130037.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-51684