VwGH 11.11.2008, 2008/13/0061
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Der Beschwerdeführer stellt den Antrag, der Verwaltungsgerichtshof möge an den Verfassungsgerichtshof näher bezeichnete Fragen zur Entscheidungsfindung im Ablehnungsbeschluss stellen und sodann entscheiden, ob überhaupt ein gültiger, die Abtretung der Beschwerde ermöglichender "VfGH-Ablehnungsbeschluss" zustande gekommen sei. Ein diesbezüglicher Antrag ist weder gesetzlich vorgesehen noch kommt dem Verwaltungsgerichtshof eine Kontrollkompetenz in Bezug auf vom Verfassungsgerichtshof gefasste Ablehnungsbeschlüsse zu (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , 92/13/0213, sowie das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0185), weshalb ein solcherart gesteller Antrag als unzulässig zurückzuweisen war. |
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RS 2 | Zum "Kompetenzkonflikterkenntnis" des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 13983, ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof im (ebenfalls einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof betreffenden) Erkenntnis vom , KI-7/07, die Aussagen zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis vom nicht mehr aufrecht erhalten hat. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, in der Beschwerdesache des B in W, vertreten durch die Spohn/Richter & Partner Rechtsanwälte OEG in 1010 Wien, Salztorgasse 2, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , GZ. RV/1601-W/03 u.a., betreffend Einkommensteuer für die Jahre 2000 bis 2004, den Beschluss gefasst:
Spruch
Der Antrag auf Prüfung des Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes vom , B 2227/07, auf seine Gültigkeit und die Beschwerde werden zurückgewiesen. Entscheidungsgründe:
In dem zusammen mit der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof vorgelegten angefochtenen Bescheid wird auf eine "Vorgeschichte" des gegenständlichen Beschwerdefalles hingewiesen. Der Beschwerdeführer habe erstmals für das Jahr 1992 einen Schulgeldabsetzbetrag beantragt. Für das Jahr 1993 habe er einen Schulgeldabsetzbetrag und einen Erziehungsabsetzbetrag geltend gemacht und gegen die diesbezüglich ergangene Berufungsentscheidung vom den Verfassungsgerichtshof angerufen. Dieser habe mit Beschluss vom , B 3487/95, die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten, der wiederum die Beschwerde mit Erkenntnis vom , 96/15/0092, als unbegründet abgewiesen habe. Die vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte zur "Schulgelddifferenz" getroffene Entscheidung vom , Nr. 36302/97, sei ebenfalls negativ ausgefallen.
Auch für die Jahre 2000 und 2001 habe der Beschwerdeführer die Zuerkennung von Schulgeld- und Erziehungsabsetzbeträgen beantragt. Für das Jahr 2003 sei zusätzlich zum Schulgeld- und Erziehungsabsetzbetrag ein Religionsgemeinschaftenfinanzierungs-Ausgleichsabsetzbetrag geltend gemacht worden. Betreffend Einkommensteuer für das Jahr 2004 habe der Beschwerdeführer zwar keinen Schulgeldabsetzbetrag mehr beantragt, jedoch weiterhin die Berücksichtigung eines Erziehungs- und eines Religionsgemeinschaftenfinanzierungs-Ausgleichsabsetzbetrages geltend gemacht sowie - neu - ein Beamtenprivilegierungsäquivalent beansprucht.
Nach einer Wiedergabe der (gesamten) Berufungsvorbringen wird im Erwägungsteil des angefochtenen Bescheides ausgeführt, der Beschwerdeführer bezweifle nicht, dass die erstinstanzlichen Bescheide gesetzeskonform seien. Die belangte Behörde könne den vorgetragenen verfassungsrechtlichen Forderungen nicht näher treten, weil eine Verwaltungsbehörde auf Grund der bestehenden Rechtslage zu entscheiden habe. Das EStG 1988 sehe weder einen Schulgeldabsetzbetrag noch einen Erziehungsabsetzbetrag noch einen Religionsgemeinschaftenfinanzierungs-Ausgleichsabsetzbetrag noch ein Beamtenprivilegierungsäquivalent vor. Es könne daher nicht als rechtswidrig erkannt werden, wenn das Finanzamt diese Absetzbeträge und das Äquivalent nicht zuerkannt habe. Der Beschwerdeführer betone ausdrücklich, dass die einem Kinderabsetzbetrag entsprechenden Zuschüsse in Form eines Schulgeldabsetzbetrages und eines Erziehungsabsetzbetrages nicht unter § 34 EStG 1988 (außergewöhnliche Belastung) subsumiert werden sollen, weshalb sich eine Auseinandersetzung damit erübrige. Zu bemerken sei lediglich, dass der Kinderabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 3 lit. a EStG 1988 nicht mit dem Einkommensteuerbescheid -"als Negativsteuer" wie vom Beschwerdeführer als Zuschuss bzw. Erstattung gewollt - festgesetzt werde, sondern gemeinsam mit der Familienbeihilfe ausbezahlt werde, welche die Lebensgefährtin des Beschwerdeführers beziehe. Andere mit dem Einkommensteuerbescheid festzusetzende Absetzbeträge, wie der Alleinverdienerabsetzbetrag bzw. der Alleinerzieherabsetzbetrag gemäß § 33 Abs. 4 Z 1 und 2 EStG 1988, oder die Gutschrift gemäß § 33 Abs. 8 EStG 1988 seien wiederum nur für Niedrigeinkommen als Negativsteuer normiert, nicht jedoch bei höheren - eine tatsächliche Steuerzahlungspflicht begründenden - Einkommen.
Die Behandlung der gegen diesen Bescheid an den Verfassungsgerichtshof
Begründung
erhobenen Beschwerde hat dieser mit Beschluss vom , B 2227/07-7,
Verfassungsgerichtshof aus, die vorliegende Beschwerde rüge die Verletzung näher bezeichneter verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte. Nach den Beschwerdebehauptungen wären diese Rechtsverletzungen aber zum erheblichen Teil nur die Folge einer unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Spezifisch verfassungsrechtliche Überlegungen seien zur Beurteilung der aufgeworfenen Fragen insoweit nicht anzustellen. Soweit die Beschwerde aber insofern verfassungsrechtliche Fragen berühre, als die Verfassungswidrigkeit des EStG 1988 mit der Begründung behauptet werde, dass dieses Gesetz für verschiedene Lebensumstände keine Absetzbeträge bzw. Zuschüsse vorsehe, genüge es darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer in den fraglichen Jahren ohnehin keine Einkommensteuer zu entrichten gehabt habe und der Gesetzgeber verfassungsrechtlich jedenfalls nicht verpflichtet wäre, die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Lebensumstände im Wege einer Negativsteuer zu berücksichtigen. Das Vorbringen in der Beschwerde lasse daher die behauptete Rechtsverletzung, die Verletzung eines anderen verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes oder die Verletzung in einem sonstigen Recht wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Norm als so wenig wahrscheinlich erkennen, dass sie keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Zu der über nachträglichen Antrag des Beschwerdeführers vom Verfassungsgerichtshof mit Beschluss vom , B 2227/07- 10, an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetretenen Beschwerde brachte der Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Mängelbehebungsverfahren (hg. Verfügung vom , 2008/13/0061-2) einen mit "Ergänzung der Beschwerde" bezeichneten Schriftsatz vom ein.
In diesem Schriftsatz wird zunächst der Antrag gestellt, der Verwaltungsgerichtshof möge an den Verfassungsgerichtshof näher bezeichnete Fragen zur Entscheidungsfindung im Ablehnungsbeschluss stellen und sodann entscheiden, ob am überhaupt ein gültiger, die Abtretung der Beschwerde ermöglichender "VfGH-Ablehnungsbeschluss" zustande gekommen sei.
Zu diesem Vorbringen ist darauf zu verweisen, dass ein diesbezüglicher Antrag weder gesetzlich vorgesehen ist noch dem Verwaltungsgerichtshof eine Kontrollkompetenz in Bezug auf vom Verfassungsgerichtshof gefasste Ablehnungsbeschlüsse zukommt (vgl. z.B. den hg. Beschluss vom , 92/13/0213, sowie das hg. Erkenntnis vom , 94/13/0185). Der gegenständliche - mit Schriftsatz vom auch hinsichtlich des Fragenkataloges modifizierte - Antrag war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Zur Mängelbehebung macht der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom geltend, er sei in seinem "einfachgesetzlichen Recht" auf Zuerkennung von Absetzbeträgen, verstanden als Negativsteuer, gemäß der nachstehenden Tabelle verletzt:
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2000 ATS | 2001 ATS | 2002 EUR | 2003 EUR | 2004 EUR | |
Schulgeld-Absetzbetrag | 44.800,00 | 66.480,00 | 4.869,12 | 6.560,00 | entfällt |
Erziehungs-Absetzbetrag | 405.375,92 | 404.972,68 | 29.752,44 | 20.875,45 | 16.311,69 |
Religionsgemeinschaften-finanzierungs- Ausgleichsabsetzbetrag | entfällt | entfällt | entfällt | 75,00 | 76,58 |
Beamtenprivilegierungs-äquivalent | entfällt | entfällt | entfällt | entfällt | 14.000,00 |
Der angefochtene Bescheid sei rechtswidrig, weil seine Rechtsgrundlage verfassungswidrig sei. Die Gründe für die Verfassungswidrigkeit habe der Beschwerdeführer in seiner (vom Verfassungsgerichtshof abgelehnten und nunmehr dem Verwaltungsgerichtshof abgetretenen) Beschwerde dargelegt. Nach Ausführungen des Beschwerdeführers, wonach die "VfGH-Ablehnung" seiner Meinung nach "mit hoher Wahrscheinlichkeit unrichtig" sei und Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zur Beschwerdeerledigung seiner Ansicht nach vorliege, regt der Beschwerdeführer die Anfechtung bestimmter näher bezeichneter Rechtsvorschriften beim Verfassungsgerichtshof an (u.a. solle "das ganze EStG 1988" angefochten werden, weil es entsprechende Negativsteuern nicht vorsehe).
Bereits mit den hg. Beschlüssen vom , 92/13/0213 (betreffend Einkommensteuer 1989), und vom , 93/13/0071 (betreffend Einkommensteuer 1990), wurden Beschwerden des Beschwerdeführers wegen offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes zurückgewiesen, in denen nach deren Abtretung durch den Verfassungsgerichtshof im Mängelbehebungsverfahren lediglich vorgebracht worden war, die angefochtenen Bescheide seien deshalb rechtswidrig, weil die gesetzlichen Grundlagen verfassungswidrig seien (wobei der Verwaltungsgerichtshof bestimmte gesetzliche Vorschriften beim Verfassungsgerichtshof anfechten möge). Der Verwaltungsgerichtshof brachte in diesen Beschlüssen unter Hinweis auf Vorjudikatur zum Ausdruck, dass die Entscheidung über Beschwerden, in denen ausschließlich eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides wegen Anwendung einer für verfassungswidrig erachteten einfachgesetzlichen Regelung geltend gemacht wird, nicht in die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes, sondern gemäß Art 144 Abs. 1 erster Satz B-VG in jene des Verfassungsgerichtshofes fällt. Von der Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes sind sie gemäß Art. 133 Z 1 B-VG ausgeschlossen.
Unter Verweis auf diese Beschlüsse gemäß § 43 Abs. 2 iVm Abs. 9 VwGG war daher auch die vorliegende Beschwerde, die zur Zuständigkeitsfrage auch im Wesentlichen gleichlautend wie in den damaligen Beschwerdefällen argumentiert, gemäß § 34 Abs. 1 VwGG infolge offenbarer Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen. Zum im Mängelbehebungsschriftsatz des Beschwerdeführers angesprochenen "Kompetenzkonflikterkenntnis" des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg 13983, ist darauf hinzuweisen, dass der Verfassungsgerichtshof im (ebenfalls einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshof betreffenden) Erkenntnis vom , KI-7/07, die Aussagen zur Zuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofes im zitierten Erkenntnis vom nicht mehr aufrecht erhalten hat.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Angelegenheiten die zur Zuständigkeit des VfGH gehören (B-VG Art133 Z1) Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2008:2008130061.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
WAAAF-51564