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VwGH 24.03.2011, 2008/07/0227

VwGH 24.03.2011, 2008/07/0227

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
VwGG §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
RS 1
Klaglosstellung im Sinne des § 33 Abs 1 VwGG liegt zB dann vor, wenn der angefochtene Bescheid die vom Bf als verletzt bezeichneten Rechte nicht mehr verletzen kann. Dies wäre dann der Fall, wenn der angefochtene Bescheid nicht mehr oder nur mehr in einem Umfang dem Rechtsbestand angehört, der keinen Bezug zu den als verletzt bezeichneten Rechten des Bf hat.
Normen
VwGG §33 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §111;
RS 2
Beim Vorliegen einer Stammbewilligung und einer Änderungsbewilligung in einem wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren ist die Frage der Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung bzw des Umfangs einer solchen Derogation, im Einzelfall zu beantworten. Neben der Möglichkeit einer gänzlichen Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung (Hinweis E , 90/07/0127) besteht auch die Möglichkeit, dass die Änderungsbewilligung zur Stammbewilligung hinzutritt und im Umfang ihres sachlichen Geltungsbereiches den entsprechenden Inhalt der Stammbewilligung überlagert. Die Änderungsbewilligung bildet in diesem Fall zusammen mit der Stammbewilligung eine Gesamtbewilligung und stellt sich insoweit als Einheit dar (Hinweis E , 98/07/0043).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Hinterwirth und Dr. Enzenhofer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Pühringer, in der Beschwerdesache des A K in G, vertreten durch Mag. Josef Hofinger und Mag. Dr. Roland Menschick, Rechtsanwälte in 4710 Grieskirchen, Roßmarkt 20, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. Wa-2008-305559/6-Mül/Ka, betreffend wasserrechtliche Bewilligung (mitbeteiligte Partei: M R in A), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.

Ein Aufwandersatz findet nicht statt.

Begründung

Der Beschwerdeführer verfügte als Besitzer der sogenannten P-Mühle über ein Wasserbenutzungsrecht am M-Bach (Wasserkraftanlage in T), auf das er mit Schriftsatz vom verzichtete.

Mit Schriftsatz vom erklärte der Wasserberechtigte der benachbarten K-Mühle ebenfalls den Verzicht auf sein Wasserbenutzungsrecht zum Betrieb dieser Wasserkraftanlage.

In weiterer Folge kam es zu einem Ermittlungsverfahren in Bezug auf die notwendigen letztmaligen Vorkehrungen, wobei die Erhaltungsnotwendigkeit des M-Baches im Vordergrund stand. Ein Bescheid, mit dem letztmalige Vorkehrungen aufgetragen worden wären, ist bis zur Erlassung des hier angefochtenen Bescheides nach Ausweis der Verwaltungsakten nicht ergangen.

Der Mitbeteiligte beantragte am u.a. die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung für die Errichtung einer Wasserkraftanlage mit Fischaufstieg auf näher bezeichneten Grundstücken der Katastralgemeinde T im Bereich der Wehranlage der Wasserkraftanlagen der P-Mühle und der K-Mühle.

Darüber wurde am eine mündliche Verhandlung durchgeführt. Der wasserbautechnische Amtssachverständige erstattete ein Gutachten.

Mit Schriftsatz vom wandte sich der Beschwerdeführer an die Behörde und erklärte, dem Kraftwerksprojekt und den vorgeschlagenen Löschungsvorkehrungen aus mehrfacher Hinsicht nicht zustimmen zu können. Im Wesentlichen machte er geltend, dass mit 12 bis 50 l/s Wasser bzw. mit kurzzeitigen Spülungen das Verlanden des Bachbettes des M-Bachs nicht in den Griff zu bekommen sein werde. Es bestehe im Falle der Verlandung des M-Baches die Gefahr, dass dieser Wässer, auch Hochwässer, nicht mehr ableiten könne und dass Überschwemmungen auf seinen Grundstücken eintreten.

In einer weiteren mündlichen Verhandlung vom verwies der Beschwerdeführer auf diese schriftliche Stellungnahme und sprach sich gegen den Umbau der Wehr für den Betrieb einer Wasserkraftanlage aus.

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen (BH) vom wurde unter Spruchpunkt A dem Mitbeteiligten die wasserrechtliche Bewilligung für eine Wasserentnahme aus der T für den Betrieb einer Wasserkraftanlage mit Fischaufstieg und zur Errichtung der hierfür erforderlichen technischen Anlagen auf näher bezeichneten Grundstücken nach Maßgabe der Projektsunterlagen unter Einhaltung bestimmter Auflagen erteilt. Das Recht umfasst die Wasserentnahme aus der T für den Betrieb der Wasserkraftanlage in einer Menge von maximal 2000 l/s und einer Festlegung der Wassermenge von zusätzlich 80 l/s für den Fischaufstieg. Die Bewilligung wurde mit befristet. Die Einwendungen des Beschwerdeführers wurden mangels eines subjektiv-öffentlichen Rechtsanspruches als Partei als unzulässig zurückgewiesen.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er darauf verwies, unter verschiedenen rechtlichen Aspekten im wasserrechtlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung zu genießen.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers als unbegründet ab. Sie ging auf die vom Beschwerdeführer genannten Gründe für die Annahme seiner Parteistellung ein und legte jeweils näher begründet dar, warum dem Beschwerdeführer keine Parteistellung im Bewilligungsverfahren zukomme.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die zu Zl. 2008/07/0227 protokollierte Beschwerde.

Mit Bescheid der BH vom (Spruchpunkt A) wurde dem Mitbeteiligten die wasserrechtliche Bewilligung für die Abänderung der Wasserkraftanlage nach Maßgabe näher beschriebener Projektsunterlagen erteilt.

Das Maß der Wasserbenutzung wurde "gegenüber der Bewilligung vom " wie folgt festgelegt: "Wasserentnahme aus der T für den Betrieb der Wasserkraftanlage in einer Menge von maximal 2000 l/s. Für den Fischaufstieg werden zusätzlich 80 l/s festgelegt."

Die Änderungsbewilligung wurde mit der Erfüllung näher dargestellter Auflagen verbunden. Bei der Darstellung der einzuhaltenden Auflagen wurden in Punkt 1. die in der Bewilligung vom unter Spruchabschnitt A Z 4, 9 und 17 vorgeschriebenen Auflagen abgeändert und neu formuliert. Die Auflage Nr. 17 enthält - im Verhältnis zur Auflage 17 des ersten Genehmigungsbescheides - detailliertere Regelungen über die Abgabe von Wasser aus der T in den M-Bach. Punkt 2 enthält eine gänzlich neue Auflage in Bezug auf die Dotation des M-Baches; Punkt 3 des Auflagenkataloges lautet dahingehend, dass die übrigen mit Bescheid vom unter Spruchabschnitt A Ziffer 1 bis 3, 5 bis 8, 10 bis 16, 18 bis 33 vorgeschriebenen Auflagen weiterhin zu erfüllen und einzuhalten seien.

Schließlich wurde das Wasserbenutzungsrecht gegenüber dem Bescheid vom auch dahingehend abgeändert, dass es (nur mehr) mit dem Grundstück Nr. 120 KG T verbunden ist.

Der Beschwerdeführer erhob auch gegen diesen Bescheid Berufung, welche mit Bescheid der belangten Behörde vom  mangels Parteistellung zurückgewiesen wurde. Gegen diesen Bescheid wurde keine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof erhoben.

Mit hg. Verfügung vom wurde dem Beschwerdeführer zur Kenntnis gebracht, dass der Verwaltungsgerichtshof davon ausgehe, dass die Bewilligung vom an die Stelle der (mit dem angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltenen) Bewilligung vom getreten sei. Der angefochtene Bescheid entfalte daher keine Rechtswirkungen mehr und könne keine Rechte des Beschwerdeführers mehr verletzen.

Mit Schriftsatz vom nahm der Beschwerdeführer dazu Stellung und vertrat die Ansicht, der Bescheid der BH vom sei nach wie vor aufrechter Rechtsbestand; beide Bescheide wirkten nebeneinander. Dies zeige sich vor allem darin, dass mit Bescheid vom die wasserrechtliche Bewilligung für die Wasserentnahme aus der T erteilt worden sei, während die Abänderungsbewilligung lediglich für die Abänderung der Wasserkraftanlage erteilt werde. Das Recht zur Wasserentnahme ergebe sich daher nur aus dem Bescheid vom , der Abänderungsbescheid beinhalte lediglich eine Veränderung des Umfangs dieses Rechtes. Schließlich beinhalte auch nur der Bescheid vom eine Befristung. Die Frage der Parteistellung sei im Bescheid vom bzw. im angefochtenen Bescheid, nicht aber im Abänderungsbescheid behandelt worden.

Gemäß § 33 Abs. 1 VwGG erster Satz ist dann, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde, nach dessen Einvernahme die Beschwerde in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen. Klaglosstellung liegt zB dann vor, wenn der angefochtene Bescheid die vom Beschwerdeführer als verletzt bezeichneten Rechte nicht mehr verletzen kann. Dies wäre dann der Fall, wenn der angefochtene Bescheid nicht mehr oder nur mehr in einem Umfang dem Rechtsbestand angehört, der keinen Bezug zu den als verletzt bezeichneten Rechten des Beschwerdeführers hat.

Davon ist im gegenständlichen Fall aber auszugehen.

1. Beim Vorliegen einer Stammbewilligung (hier: der im Instanzenzug mit dem angefochtenen Bescheid aufrecht erhaltene Bescheid der BH vom ) und einer Änderungsbewilligung (hier: der Bescheid der BH vom ) ist die Frage der Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung bzw. des Umfangs einer solchen Derogation, im Einzelfall zu beantworten. Neben der Möglichkeit einer gänzlichen Derogation der Stammbewilligung durch die Änderungsbewilligung (siehe dazu das hg. Erkenntnis vom , 90/07/0127) besteht auch die Möglichkeit, dass die Änderungsbewilligung zur Stammbewilligung hinzutritt und im Umfang ihres sachlichen Geltungsbereiches den entsprechenden Inhalt der Stammbewilligung überlagert. Die Änderungsbewilligung bildet in diesem Fall zusammen mit der Stammbewilligung eine Gesamtbewilligung und stellt sich insoweit als Einheit dar (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , 98/07/0043).

Dem Beschwerdeführer ist daher nicht dahin zu folgen, wenn er meint, dass der bekämpfte Bescheid völlig unabhängig, wenn auch inhaltlich durch Derogation verändert, neben dem Bescheid vom weiter wirke. Der Bescheid vom beinhaltet eine Änderungsbewilligung des (im Instanzenzug aufrecht erhaltenen) Bescheides vom und bezieht sich an mehreren Stellen in unterschiedlicher Weise auf diesen Bescheid, sodass von einem unbeeinflussten "Nebeneinanderwirken" beider Bescheide keine Rede sein kann.

Es kann aber dahinstehen, ob vom Vorliegen einer "Gesamtbewilligung" im Sinn der obzitierten Rechtsprechung oder ob davon auszugehen ist, dass der Abänderungsbescheid vom dem (im Instanzenzug aufrecht erhaltenen) Bescheid vom zur Gänze derogiert hat.

1.1. Im letztgenannten Fall einer Derogation des Bescheides vom zur Gänze, konnte der Beschwerdeführer dadurch, dass der genannte Bescheid mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde aufrechterhalten wurde, in keinen Rechten mehr verletzt werden.

1.2. Aber auch dann, wenn man die Ansicht vertreten würde, Teile des Bescheides vom seien bestehen geblieben und bildeten mit dem Bescheid vom eine Einheit im Sinne einer "Gesamtbewilligung", wäre für den Beschwerdeführer nichts gewonnen. Diesfalls könnte nur diese Gesamtbewilligung, die sich aus den (im Instanzenzug aufrecht erhaltenen) nicht derogierten Teilen des Bescheides vom (das wären im Wesentlichen die Befristung und die Feststellung nach § 111 Abs. 4 WRG 1959) und dem (in Bezug auf die Gestaltung der Wasserbenutzung maßgeblichen) Bescheid vom zusammensetzt, Rechte des Beschwerdeführers verletzen. Diese "Gesamtbewilligung" wurde vom Beschwerdeführer aber nicht in Beschwerde gezogen; um eine durch die "Gesamtbewilligung" bewirkte Rechtsverletzung geltend zu machen, wäre es notwendig gewesen, auch gegen den Bescheid vom , mit dem die Berufung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid vom zurückgewiesen wurde, Beschwerde zu erheben. Das hat der Beschwerdeführer aber unterlassen.

2. Dabei wird nicht verkannt, dass der Beschwerdeführer in beiden Verfahren um die Zuerkennung seiner Parteistellung in den jeweiligen Verfahren kämpfte. Dieser Umstand führt aber zu keiner anderen Beurteilung des vorliegenden Falles.

Unter der Annahme des Vorliegens einer "Gesamtbewilligung" müsste der Beschwerdeführer, um in den zur Gestaltung dieser "Gesamtbewilligung" führenden Verwaltungsverfahren als Partei auftreten zu können, beide Bescheide bekämpfen, weil nur so die Aufhebung beider Bescheide und damit der "Gesamtbewilligung" möglich wäre und er nur so in den beiden zur "Gesamtbewilligung" führenden Verfahren seine Parteistellung durchsetzen könnte. Schließlich setzt die Annahme des Vorliegens einer "Gesamtbewilligung" auch die Annahme des Vorliegens eines "Gesamtverfahrens" voraus, wozu auch das Verfahren zur Erlassung des Änderungsbescheides zählt.

Aber selbst wenn man annehmen wollte, dass die Aufhebung nur eines Teiles der "Gesamtbewilligung" (nämlich des angefochtenen Bescheides und in weiterer Folge des damit aufrecht erhaltenen Bescheides vom ) überhaupt möglich wäre, so würde eine solche Aufhebung dem Beschwerdeführer keine Parteistellung im bereits rechtskräftig abgeschlossenen Verfahren betreffend die Änderungsbewilligung verschaffen. Es wäre ihm daher auch diesfalls nicht möglich, seine Rechte im Verfahren betreffend die "Gesamtbewilligung" entsprechend durchzusetzen.

3. Es ist daher davon auszugehen, dass der angefochtene Bescheid vom keine Rechte des Beschwerdeführers mehr verletzen kann.

Aufgrund der dadurch eingetretenen Klaglosstellung war das Verfahren gemäß § 33 Abs. 1 VwGG einzustellen.

4. Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf § 58 Abs. 2 VwGG. Weil die Entscheidung über die Kosten nach Maßgabe des hypothetischen Verfahrensausganges einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordert hätte, war nach freier Überzeugung mit Kostenaufhebung vorzugehen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
VwGG §33 Abs1;
VwGG §41 Abs1;
VwRallg;
WRG 1959 §111;
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete
Allgemein
Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Erklärung und Umfang der
Anfechtung Anfechtungserklärung
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2008070227.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
MAAAF-51524