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VwGH 27.01.2009, 2008/06/0153

VwGH 27.01.2009, 2008/06/0153

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
BauRallg;
VVG §11 Abs1;
VVG §11 Abs2;
RS 1
Miteigentümer eines Bauwerks haften für die Kosten der Vollstreckung nicht im Verhältnis zu ihrem Liegenschaftsanteil, sondern zur ungeteilten Hand (siehe dazu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, bei E 6a zu § 11 VVG angeführte hg. Judikatur). Es entspricht dem Wesen der Solidarhaftung, dass jeder der Solidarschuldner zur Zahlung des gesamten Betrages verpflichtet werden kann, die Schuld aber erloschen ist, wenn der Betrag insgesamt bezahlt ist.
Normen
BauG Vlbg 2001 §32;
BauG Vlbg 2001 §33;
BauG Vlbg 2001 §34;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VwRallg;
RS 2
Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner Rechtsprechung (ständige Judikatur) den Grundsatz entwickelt, dass während der Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung ein Beseitigungsauftrag nicht zu vollstrecken ist. Das hat sinngemäß auch für anzeigepflichtige Bauvorhaben während eines entsprechenden Bauanzeigeverfahrens zu gelten (siehe dazu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, in E 15, insbesondere E 15b zu § 10 VVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Giendl und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Crnja, über die Beschwerde 1. der ML und 2. des WL, beide in F, vertreten durch Mag. German Bertsch, Rechtsanwalt in 6800 Feldkirch, Saalbaugasse 2, gegen den Bescheid der Vorarlberger Landesregierung vom , Zl. VIIa- 81.577, betreffend die Anordnung der Ersatzvornahme und einen Kostenvorauszahlungsauftrag, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Vorarlberg hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Kostenmehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Die Beschwerdeführer sind Eigentümer eines Grundstückes in F.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bürgermeisters vom wurde den Beschwerdeführern die nachträgliche Baubewilligung zur Errichtung eines Baukörpers (Zubau zur Garage) und die hiefür erforderliche Abstandsnachsicht erteilt (Spruchpunkte I. und II.), weiters wurde ihnen (Spruchpunkt III.) gemäß § 40 Abs. 3 BauG aufgetragen, innerhalb von drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheides das direkt an der Grundgrenze zur Nachbarliegenschaft bestehende freistehende Bauwerk für Holzlagerzwecke, eine im Ostbereich des Baugrundstückes und zum Teil auf der Gemeindestraße errichtete Vogelvoliere sowie die auf der Gemeindestraße erstellte Einfriedung (Maschendrahtzaun) zu entfernen und den ursprünglichen Zustand wieder herzustellen. Soweit für den Beschwerdefall erheblich, heißt es in diesem Bescheid bezüglich des Bauwerkes für Holzlagerzwecke, es sei direkt an der Grundgrenze zur Nachbarliegenschaft ein freistehendes Bauwerk in Holzkonstruktion errichtet worden, welches rund 0,80 m breit und rund 8,00 m lang sei und eine Höhe von 2,50 m bis zu 2,80 m aufweise. In der Bauverhandlung vom hätten die Beschwerdeführer mitgeteilt, dass sie für dieses Bauwerk den Antrag auf nachträgliche baubehördliche Genehmigung zurückzögen und "eine Komplettabtragung dieses Bauwerkes erfolge". Der Beseitigungsauftrag sei zu erteilen gewesen, weil es diesem Bauwerk am erforderlichen baubehördlichen Konsens mangle.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom einerseits Berufung und erstatteten andererseits (im selben Schriftsatz) eine Bauanzeige hinsichtlich dieser baulichen Anlage. Sie brachten vor, es handle sich um ein freistehendes Nebengebäude im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. l BauG, welches Holzlagerzwecken diene. Der Nachweis des Eigentums am Grundstück ergebe sich bereits aus dem bekämpften Bescheid und erübrige sich damit. Ebenfalls erforderlich sei für dieses Nebengebäude der Nachweis einer rechtlich gesicherten Verbindung des Baugrundstückes mit einer öffentlichen Verkehrsfläche.

Anzumerken ist, dass in diesem Schriftsatz die Vorlage von Planunterlagen oder dergleichen nicht vorgebracht wird, es ist auch sonst nicht ersichtlich, dass diesem Schriftsatz Projektunterlagen im Sinne des § 32 BauG angeschlossen gewesen wären (oder sonst in der Folge solche Unterlagen vorgelegt wurden).

Am Schluss dieses Schriftsatzes findet sich ein handschriftlicher Vermerk vom 24. (?) April 2006: "Berufung wird hiemit vollinhaltlich zurückgezogen" (der nach dem Schriftbild vom auch damals einschreitenden Beschwerdevertreter unterfertigt wurde). Den Bauakten ist nicht zu entnehmen, dass die Baubehörde hinsichtlich dieser Bauanzeige etwas veranlasst hätte. In einer Erledigung vom (offenbar im Zuge eines Verwaltungsstrafverfahrens) teilte der Bürgermeister dem UVS Vorarlberg mit, der Beschwerdevertreter sei am im Stadtamt erschienen und habe seine Berufung "vollinhaltlich - und somit auch die Bauanzeige - zurückgezogen". Er habe dies handschriftlich auf der Eingabe vermerkt; nachgetragen wurde in einer weiteren Erledigung vom , dass der damaligen Eingabe vom "keinerlei anderweitigen Unterlagen (Pläne) angeschlossen" gewesen seien.

Zwischenzeitig hatte die Gemeinde mit Schreiben vom bei der BH F die Vollstreckung des Beseitigungsauftrages vom hinsichtlich des Bauwerkes für Holzlagerzwecke beantragt.

Die BH drohte den Beschwerdeführern mit Erledigung vom die Ersatzvornahme an. Die Beschwerdeführer äußerten sich in einem Schriftsatz vom ablehnend:

Dieses Bauwerk sei lediglich anzeigepflichtig, der Beseitigungsauftrag sei zu Unrecht ergangen.

Über Auftrag der BH ermittelte ein Amtssachverständiger in einem Gutachten vom die voraussichtlichen Abbruchkosten mit insgesamt EUR 792,00.

Mit den erstinstanzlichen Bescheiden der BH vom wurde gegenüber jedem der beiden Beschwerdeführer die Ersatzvornahme angeordnet sowie (jedem) aufgetragen, als Vorauszahlung für die Kosten der Ersatzvornahme den Betrag von EUR 792,00 bei der Behörde zu hinterlegen.

Die Beschwerdeführer erhoben gegen diese Bescheide (in einem gemeinsamen Schriftsatz) Berufung. Soweit für das Beschwerdeverfahren noch erheblich, führten sie aus, der hochbautechnische Sachverständige habe die Gesamtkosten mit EUR 792,00 ermittelt, dieser Betrag werde jedem der Beschwerdeführer vorgeschrieben, somit insgesamt die Leistung eines Betrages von EUR 1.584,00, was rechtswidrig sei. Der Titelbescheid sei rechtswidrig, die Holzkonstruktion sei lediglich anzeigepflichtig. Die Beschwerdeführer hätten eine Bauanzeige mit Eingabe vom eingebracht. Sie sei ordnungsgemäß erstattet worden, weshalb der Titelbescheid zu Unrecht ergangen sei.

Mit dem angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde den Berufungen nicht Folge gegeben und die erstinstanzlichen Bescheide bestätigt. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen, die Beschwerdeführer hafteten als Miteigentümer solidarisch für die Kosten der Ersatzvornahme, wobei die Vorschreibung auch in getrennten Bescheiden zulässig sei. Sofern ein Miteigentümer die Kosten in der Höhe von EUR 792,-- bezahlt habe, sei die Schuld getilgt. Es sei daher unrichtig, von einer Schuld von insgesamt EUR 1.584,-- auszugehen. Das weitere Berufungsvorbringen betreffe die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides, die aber im Vollstreckungsverfahren nicht mehr aufgeworfen werden könne. Im Übrigen sei das Vorhaben nicht anzeigepflichtig, sondern vielmehr baubewilligungspflichtig, weil das Bauwerk, welches an der Grundstücksgrenze errichtet worden sei, die (erforderlichen) Abstände zum Nachbargrundstück nicht einhalte (Hinweis auf § 18 Abs. 1 lit. f BauG).

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und in einer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im zu Grunde liegenden Vollstreckungsverfahren haben sich die Beschwerdeführer u.a. auf Bestimmungen des Vorarlberger Baugesetzes (BauG), LGBl. Nr. 52/2001, berufen. Die belangte Behörde hatte dieses Gesetz in der Fassung LGBl. Nr. 34/2008 anzuwenden.

§ 2 Abs. 1 BauG enthält Definitionen; der Begriff "Nebengebäude" ist in lit. l wie folgt definiert:

"l) Nebengebäude: ein Gebäude, das auf Grund seiner Art und Größe und seines Verwendungszweckes einem auf demselben Baugrundstück befindlichen Gebäude untergeordnet und nicht für Wohnzwecke bestimmt ist, wie Garagen, Geräteschuppen, Gartenhäuschen u.dgl.;"

§ 5 BauG trifft nähere Bestimmungen zu den Abstandsflächen (von Gebäuden), § 6 zu den Mindestabständen und § 7 zur Abstandsnachsicht.

§ 6 BauG lautet auszugsweise:

"§ 6

Mindestabstände

(1) Oberirdische Gebäude, ausgenommen kleine Gebäude nach § 19 lit. a bis c, müssen von der Nachbargrenze mindestens 3 m entfernt sein. Abweichend davon dürfen Bauteile nach § 5 Abs. 5 lit. b und c bis zu 2 m an die Nachbargrenze heranreichen.

(2) Oberirdische Bauwerke, die keine Gebäude sind, sowie oberirdische kleine Gebäude nach § 19 lit. a bis c müssen mindestens 2 m von der Nachbargrenze entfernt sein.

(3) Unterirdische Bauwerke ..."

§ 18 BauG (betreffend die Baubewilligungspflicht) lautet auszugsweise:

"(1) Einer Baubewilligung bedürfen

a) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Gebäuden;

ausgenommen sind jene kleinen Gebäude, die nach § 19 lit. a bis c nur anzeigepflichtig sind;

....

f) andere Bauvorhaben, wenn für sie eine Abstandsnachsicht erforderlich ist."

Die §§ 19 sowie 32 bis 34 BauG lauten (z.T. auszugsweise):

"§ 19

Anzeigepflichtige Bauvorhaben

Wenn die Abstandsflächen und Mindestabstände eingehalten werden, sind folgende Bauvorhaben anzeigepflichtig:

a) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Nebengebäuden zu Wohngebäuden, wenn das Nebengebäude eine überbaute Fläche von höchstens 25 m2 und eine Höhe von höchstens 3,5 m über dem Gelände hat und in einer Baufläche liegt;

b) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Wartehäuschen bei Haltestellen des öffentlichen Personenverkehrs;

c) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Telefonzellen und ähnlich kleinen Gebäuden;

d) die Errichtung oder wesentliche Änderung von Bauwerken, die keine Gebäude sind, sofern sie nicht nach § 18 Abs. 1 lit. c bewilligungspflichtig sind.

e) ..."

"§ 32

Bauanzeige

(1) Die Bauanzeige ist bei der Behörde schriftlich einzubringen.

(2) In der Bauanzeige sind Art, Lage, Umfang und die beabsichtigte Verwendung des Bauvorhabens anzugeben. Die im § 24 Abs. 3 lit. a bis c angeführten Unterlagen sind ihr anzuschließen.

(3) Die Pläne, Berechnungen und Beschreibungen sind in dreifacher, wenn die Bezirkshauptmannschaft zuständig ist, in vierfacher Ausfertigung vorzulegen. Je nach Erforderlichkeit für die Begutachtung oder die Beteiligung öffentlicher Dienststellen kann die Behörde auf die Vorlage von Ausfertigungen verzichten oder zusätzliche verlangen.

(4) Der § 25 Abs. 3 gilt sinngemäß.

§ 33

Erledigung

(1) Ist das angezeigte Bauvorhaben bewilligungspflichtig, so hat die Behörde dies mit schriftlichem Bescheid festzustellen.

(2) Die Behörde hat das anzeigepflichtige Bauvorhaben mit schriftlichem Bescheid freizugeben, wenn das Bauvorhaben nach Art, Lage, Umfang, Form und Verwendung den bau- und raumplanungsrechtlichen Vorschriften entspricht und auch sonst öffentliche Interessen, besonders solche der Sicherheit, der Gesundheit, des Verkehrs, des Denkmalschutzes, der Energieeinsparung und des haushälterischen Umgangs mit Grund und Boden (§ 2 Abs. 3 lit. a Raumplanungsgesetz), nicht entgegenstehen. Auflagen nach § 29 Abs. 5 sind zulässig.

(3) Erfüllt das anzeigepflichtige Bauvorhaben die im Abs. 2 genannten Voraussetzungen nicht, ist es mit schriftlichem Bescheid zu untersagen. Anstelle einer Untersagung kann die Behörde auch bloß schriftlich mitteilen, dass und weshalb das Bauvorhaben die Voraussetzungen für eine Freigabe nicht erfüllt.

(4) Bescheide nach den Abs. 1 bis 3 sowie eine Mitteilung nach Abs. 3 müssen spätestens sechs Wochen nach Vorliegen einer vollständigen Bauanzeige nachweisbar abgefertigt, z.B. der Post zur Zustellung übergeben werden. Später abgefertigte Bescheide nach den Abs. 2 und 3 sind rechtswidrig, eine verspätete Mitteilung wirkungslos.

(5) Wenn eine Mitteilung nach Abs. 3 ergangen ist, kann der Bauwerber beantragen, dass über die ursprüngliche Bauanzeige entschieden wird, oder eine neue, geänderte Bauanzeige einbringen. In beiden Fällen ist eine neuerliche Mitteilung nach Abs. 3 zweiter Satz ausgeschlossen und verkürzt sich die Frist (Abs. 4) auf vier Wochen.

(6) Über Berufungen gegen Bescheide nach den Abs. 1 bis 3 ist spätestens nach drei Monaten zu entscheiden.

§ 34

Berechtigung zur Ausführung des Bauvorhabens

(1) Wenn das Bauvorhaben freigegeben wird, darf es ausgeführt werden, sobald der Freigabebescheid rechtskräftig ist.

(2) Im Übrigen darf mit der Ausführung des Bauvorhabens sechs Wochen nach Einlangen der vollständigen Bauanzeige begonnen werden, wenn die Behörde innerhalb dieser Frist weder einen Bescheid nach § 33 Abs. 1 bis 3 noch eine Mitteilung nach § 33 Abs. 3 abgefertigt hat.

(3) Mit der Ausführung des Bauvorhabens darf auch begonnen werden, wenn zwar fristgerecht eine Mitteilung nach § 33 Abs. 3 erfolgt ist, dann die Behörde aber nicht innerhalb der vier Wochen nach § 33 Abs. 5 einen Bescheid abgefertigt hat.

(4) Der Partei ist in den Fällen der Abs. 1 bis 3 eine Ausfertigung der Pläne und Beschreibungen mit einem entsprechenden Vermerk auszufolgen.

(5) ..."

Die Beschwerdeführer erachten sich weiterhin dadurch beschwert, dass jedem von ihnen die Zahlung des Betrages von EUR 792,00 vorgeschrieben wurde. Zutreffend hat die belangte Behörde aber darauf verwiesen, dass die Miteigentümer eines Bauwerks für die Kosten der Vollstreckung nicht im Verhältnis zu ihrem Liegenschaftsanteil, sondern zur ungeteilten Hand haften (siehe dazu die in Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens6, s. die bei E 6a zu § 11 VVG angeführte hg. Judikatur). Es entspricht dem Wesen der Solidarhaftung, dass jeder der Solidarschuldner zur Zahlung des gesamten Betrages verpflichtet werden kann, die Schuld aber erloschen ist, wenn der Betrag insgesamt bezahlt ist (hier also wenn die auferlegten EUR 792,00 bezahlt sind, mehr ist insgesamt nicht zu bezahlen).

Zutreffend hat die belangte Behörde auch erkannt, dass die Rechtmäßigkeit des (infolge Zurückziehung der Berufung) rechtskräftigen Titelbescheides im Vollstreckungsverfahren nicht mehr zu hinterfragen ist (vgl. beispielsweise die in Hauer/Leukauf, aaO, in E 2 zu § 10 VVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Hingegen betrifft das Vorbringen, es sei nach Ergehen des Titelbescheides eine Bauanzeige hinsichtlich dieses Bauwerkes erstattet worden, nicht die Rechtmäßigkeit des Titelbescheides, sondern die Frage einer allfälligen Hemmung seiner Vollstreckbarkeit:

Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich in seiner Rechtsprechung (ständige Judikatur) den Grundsatz entwickelt, dass während der Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung ein Beseitigungsauftrag nicht zu vollstrecken ist. Das hat sinngemäß auch für anzeigepflichtige Bauvorhaben während eines entsprechenden Bauanzeigeverfahrens zu gelten (siehe dazu die in Hauer/Leukauf, aaO, in E 15, insbesondere E 15b zu § 10 VVG wiedergegebene hg. Judikatur).

Die Beschwerdeführer vertreten die Auffassung, das Bauwerk sei ein Nebengebäude im Sinne des § 2 Abs. 1 lit. l BauG, und zwar eines im Sinne des § 19 Abs. 1 lit. a BauG, und sei somit anzeigepflichtig. Dem ist aber entgegenzuhalten, dass Bauwerke der in § 19 Abs. 1 BauG umschriebenen Art nach dem Einleitungssatz dieses Paragraphen nur dann anzeigepflichtig sind, "wenn die Abstandsflächen und Mindestabstände eingehalten werden"; das trifft auf dieses Bauwerk, welches unbestritten an der Grundgrenze errichtet ist, aber nicht zu (es wäre zumindest der Abstand nach § 6 Abs. 2 BauG einzuhalten); vielmehr wäre für ein Nebengebäude mit dieser Situierung eine Abstandsnachsicht erforderlich, weshalb das Bauwerk im Grunde des § 18 Abs. 1 lit. a, allenfalls lit. f baubewilligungspflichtig ist. Entgegen der (in der Sachverhaltsdarstellung wiedergegebenen) Auffassung des Bürgermeisters in seinem Schreiben vom an den UVS bedeutet der Umstand, dass die Berufung zurückgezogen wurde, nicht, dass ein Anbringen, das begrifflich keine Berufung ist, damit ebenfalls zurückgezogen worden wäre, auch wenn es im selben Schriftsatz enthalten war. Eine Klarstellung dahin, dass dennoch auch diese Bauanzeige zurückgezogen sein sollte, ist jedenfalls nicht ersichtlich, somit ist davon auszugehen, dass sie weiterhin unerledigt behängt. Bei der gegebenen Aktenlage vermochte das den Beschwerdeführern aber keinen Baukonsens zu verschaffen: Demnach wurde die Bauanzeige nicht vollständig eingebracht (vielmehr ist nicht ersichtlich, dass hier überhaupt irgendwelche Projektunterlagen angeschlossen waren), sodass die Frist des § 34 Abs. 2 BauG noch gar nicht zu laufen begonnen hat (siehe zur insoweit vergleichbaren Rechtslage nach dem Steiermärkischen Baugesetz 1995 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/06/0103).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Kostenmehrbegehren (angesprochen werden ein überhöhter Schriftsatzaufwand und eine überhöhte Eingabengebühr) war abzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
BauG Vlbg 2001 §32;
BauG Vlbg 2001 §33;
BauG Vlbg 2001 §34;
BauRallg;
VVG §10 Abs2 Z1;
VVG §11 Abs1;
VVG §11 Abs2;
VwRallg;
Schlagworte
Anzuwendendes Recht Maßgebende Rechtslage VwRallg2
Baubewilligung BauRallg6
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Allgemein
BauRallg9/1
Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten
Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2
Baupolizei Vollstreckung Kosten BauRallg10
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2008060153.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-51511