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VwGH 09.09.2010, 2007/20/1469

VwGH 09.09.2010, 2007/20/1469

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Norm
VwGG §46 Abs1;
RS 1
Es kommt schon nach dem Wortlaut des § 46 Abs 1 VwGG nicht darauf an, wann der Antragsteller vom Inhalt des anzufechtenden Bescheides Kenntnis erlangt hat, sondern darauf, wann er vom Zustellvorgang selbst Kenntnis erlangt hat (vgl zur diesbezüglich inhaltsgleichen Rechtslage nach dem AVG das hg Erkenntnis vom , Zl 95/19/0392).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2000/01/0235 B RS 1

Entscheidungstext

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/20/0065

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Händschke sowie die Hofrätinnen Dr. Pollak und Mag. Rehak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hahnl, 1. über den Antrag der W, vertreten durch Mag. Johann Galanda und Dr. Anja Oberkofler, Rechtsanwälte in 1120 Wien, Arndtstraße 87/12, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 252.008/4/10E-V/13/04, betreffend § 7, 8 Abs. 1 und 2 Asylgesetz 1997 (protokolliert zur hg. Zl. 2008/20/0065) und 2. in der Beschwerdesache derselben Partei gegen den genannten Bescheid (protokolliert zur hg. Zl. 2007/20/1469; weitere Partei:

Bundesministerin für Inneres) den Beschluss gefasst:

Spruch

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und die Beschwerde werden zurückgewiesen.

Begründung

Mit Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zl. VH 2007/20/0417-5, wurde der von der Antragstellerin eingebrachte Antrag auf Gewährung von Verfahrenshilfe zur Erhebung einer Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom abgewiesen.

Dieser Beschluss wurde gemäß den am Rückschein aufscheinenden Vermerken des Postzustellers nach einem erfolglosen Zustellversuch an der von der Antragstellerin bekannt gegebenen Adresse in 1220 Wien, H, und dem Einlegen einer Verständigung über die Hinterlegung im Hausbrieffach beim Postamt 1220 hinterlegt; der Beginn der Abholfrist ist mit vermerkt. Der hinterlegte Beschluss wurde in der Folge seitens des Postamtes mit dem Vermerk "nicht behoben" an den Verwaltungsgerichtshof rückübermittelt. Anlässlich einer persönlichen Vorsprache der Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof am wurde ihr die Ausfertigung des hg. Beschlusses vom ausgefolgt.

Am brachte die Antragstellerin beim Verwaltungsgerichtshof eine Beschwerde gegen den Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenates vom ein und beantragte, dieser aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Die Antragstellerin behauptete, dass die Beschwerde fristgerecht erhoben werde, weil ihr der Beschluss über die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags am zugestellt worden sei.

Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes, dass der hg. Beschluss über die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags bereits am durch Hinterlegung beim Postamt 1220 Wien rechtswirksam zugestellt worden sei und die am zur Post gegeben Beschwerde demnach verspätet erhoben wäre, teilte die Antragstellerin mit dem am zur Post gegebenen Schriftsatz mit, dass sie im Juli 2007 keine Verständigung über die Hinterlegung des gegenständlichen Schriftstückes erhalten habe. Sie habe jedoch im Sommer 2007 feststellen müssen, dass ihr Briefkasten mehrmals aufgebrochen und dadurch öfters mehrere Tage hindurch ohne Verschlussmöglichkeit gewesen sei. Nachdem die Antragstellerin Kenntnis davon erlangt habe, dass sie ein Schriftstück bzw. eine Verständigung über die Hinterlegung nicht erhalten habe, habe sie Nachforschungen angestellt und die "gegenständliche Hinterlegung" im Keller in einem Stapel nicht auf die Hausbewohner aufgeteilter Post gefunden.

Gleichzeitig beantragte die Antragstellerin die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Bescheidbeschwerde und erhob neuerlich Beschwerde gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom . Zum Wiedereinsetzungsantrag führte die Antragstellerin begründend aus, dass sie die Verständigung über die Hinterlegung des hg. Beschlusses vom nur durch Zufall im Keller des Hauses gefunden habe, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sei, fristgerecht Beschwerde zu erheben. Die Antragstellerin sei von dieser Zustellung nicht in Kenntnis gewesen, was auch daran ersichtlich sei, dass sie in der Folge selbst beim Verwaltungsgerichtshof vorgesprochen habe, wo ihr die ohne ihr Verschulden nicht behobene Ausfertigung des gegenständlichen Beschlusses am ausgehändigt worden sei.

Mit Verfügung vom wurde der Antragstellerin das Ergebnis der seitens des Verwaltungsgerichtshofes veranlassten Erhebung beim Postamt 1220 Wien mitgeteilt, wonach laut Auskunft jenes Zustellers, der den gegenständlichen Zustellversuch vorgenommen habe, das zur Abgabestelle der Antragstellerin gehörige Hausbrieffach im Zeitpunkt des Zustellversuchs und des Einlegens der Hinterlegungsanzeige am nicht beschädigt gewesen sei.

Die Vertreter der Antragstellerin teilten dazu mit Schreiben vom mit, dass sich die Antragstellerin im Zuge der Besprechung des ursprünglichen Wiedereinsetzungsantrags "undeutlich ausgedrückt" habe. Tatsächlich seien der von ihr bewohnten Wohnung zwei Briefkästen zugeordnet gewesen. Die Antragstellerin hätte jedoch nur Schlüssel zu einem Briefkasten gehabt und die fragliche Hinterlegungsanzeige sei in den anderen Briefkasten, für welchen die Antragstellerin keinen Schlüssel gehabt habe, eingeworfen worden. Erst nachdem sie vom Hauseigentümer gefragt worden war, warum sie seine Schreiben nicht behebe, habe sie Kenntnis von diesem zweiten Briefkasten erlangt, den sie in der Folge unter Gewaltanwendung geöffnet und so die gegenständliche Hinterlegungsanzeige gefunden habe.

1. Zum Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:

Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.

Nach § 46 Abs. 3 VwGG ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof in den Fällen des Abs. 1 binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen und die versäumte Handlung gleichzeitig nachzuholen.

Die Wiedereinsetzungswerberin hat konkrete Angaben zu machen, aus denen die Rechtzeitigkeit des Wiedereinsetzungsantrags zu erkennen ist. Nach den Ausführungen im Wiedereinsetzungsantrag bestand das "Hindernis" darin, dass die Antragstellerin von der Hinterlegung des hg. Beschlusses über die Abweisung des Verfahrenshilfeantrags vom und somit vom Zustellvorgang keine Kenntnis erlangt habe. Maßgeblich für den Beginn der Frist zur Stellung eines Wiedereinsetzungsantrags ist demnach, wann die Antragstellerin vom Zustellvorgang Kenntnis erlangt hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/20/0273, und den hg. Beschluss vom , Zl. 2000/01/0235, 0236, mwN).

Im gegenständlichen Antrag fehlen jedoch konkrete Angaben darüber, an welchem Tag die Antragstellerin den Briefkasten öffnen konnte und den Verständigungszettel über die Hinterlegung des gegenständlichen Beschlusses vorgefunden hat.

Zudem ergibt sich bereits aus dem Vorbringen der Antragstellerin, welche das Auffinden der Hinterlegungsanzeige als Grund für deren Vorsprache beim Verwaltungsgerichtshof nannte, dass sie noch vor dem Kenntnis vom Zustellvorgang erlangt hat, weshalb sich der am zur Post gegebenen Wiedereinsetzungsantrag jedenfalls als verspätet erweist und sich insofern die Erteilung eines Verbesserungsauftrags erübrigte (vgl. dazu das oben zitierte hg. Erkenntnis vom ).

Der Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher gemäß § 46 Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.

2. Zur Beschwerde:

Nach der oben wiedergegebenen Aktenlage wurde der hg. Beschluss vom über die Ablehnung des Verfahrenshilfeantrags der Beschwerdeführerin durch Hinterlegung beim Postamt 1220 Wien am rechtswirksam zugestellt. Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit dieser Zustellung durch Hinterlegung liegen nicht vor. Im Hinblick auf die bereits am wirksam erfolgte Zustellung des hg. Beschlusses vom entfaltete die neuerliche Zustellung durch persönliche Ausfolgung der Ausfertigung dieses Beschlusses an die Beschwerdeführerin am gemäß § 6 Zustellgesetz keine Rechtswirkungen.

Bei diesem Ergebnis war die am zur Post gegebene und am beim Verwaltungsgerichtshof eingelangte Beschwerde wegen Versäumung der Beschwerdefrist gemäß § 34 Abs. 1 VwGG durch Beschluss in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen, wodurch sich auch eine Entscheidung des

Berichters über den Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerde erübrigt.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Norm
VwGG §46 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2010:2007201469.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-51471