VwGH 07.07.2009, 2007/18/0021
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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RS 1 | Die Aufforderung der Beh zur Nachbringung einer Vollmacht hat sich nicht an den Vertretenen, sondern an den Einschreiter zu richten. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 96/02/0293 E RS 2 |
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RS 2 | Auch in den Fällen des § 10 Abs. 4 AVG ist es der Behörde unbenommen, bei Zweifel am Bestehen der Vollmacht oder deren Umfang nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2008/22/0879 E RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer, die Hofrätin Mag. Merl und den Hofrat Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Schmidl, über die Beschwerde des T S in W, geboren am , vertreten durch den Sachwalter C S, dieser vertreten durch Mag. Gerda Steinbatz, Rechtsanwältin in 1040 Wien, Favoritenstraße 4-6/II/13, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl. SD 149/06, betreffend Zurückweisung des Antrages auf Feststellung gemäß § 50 FPG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
I.
1. Mit Bescheid vom wies die Bundespolizeidirektion Wien den Antrag des Beschwerdeführers, eines indischen Staatsangehörigen, vom auf Feststellung, dass stichhaltige Gründe für die Annahme bestünden, dass er in Indien gemäß § 50 Abs. 1 und 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG, BGBl. I Nr. 100, bedroht sei, als unzulässig zurück.
Die dagegen eingebrachte Berufung wurde von der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) mit Bescheid vom gemäß § 10 Abs. 1 und 2 sowie § 13 Abs. 3 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) als unzulässig zurückgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, die am per Fax eingelangte Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid trage folgenden Absender:
"(Beschwerdeführer), geboren am , ind. StA, vertreten durch den Vater S.C., dieser vertreten durch (den Vertreter), Asyl in Not, Währinger Straße 59, 1090 Wien." Der Schriftsatz weise die offensichtliche Unterschrift von W. mit einem maschinenschriftlichen Zusatz "(den Vertreter), Vollmacht im Akt" auf.
Nachdem sich Herr W. auch noch in diversen Stellungnahmen auf die ihm angeblich von Herrn C.S. erteilte Vollmacht berufen habe, sei er mit Schreiben der belangten Behörde vom gemäß § 13 Abs. 3 AVG aufgefordert worden, die - entgegen seinem Vorbringen - aus dem Akt nicht ersichtliche Vollmacht binnen zwei Wochen ab Zustellung beizubringen. Dieser Aufforderung sei er nicht nachgekommen.
Unter Hinweis auf § 10 AVG führte die belangte Behörde weiters aus, Herr W. sei keine zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Person, sodass die bloße Berufung auf eine ihm allfällig erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis nicht ersetze. Der gemäß § 13 Abs. 3 AVG ergangenen behördlichen Aufforderung, eine Vollmacht beizubringen, sei innerhalb der gesetzten Frist keine Folge geleistet worden. Da die Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach den vorliegenden Ausführungen von einer hiezu nicht bevollmächtigten Person eingebracht worden sei, habe sie als unzulässig zurückgewiesen werden müssen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes bzw. wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
3. Die belangte Behörde beantragte in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Gemäß § 10 Abs. 1 AVG können sich Beteiligte und ihre gesetzlichen Vertreter, sofern nicht ihr persönliches Erscheinen ausdrücklich gefordert wird, durch eigenberechtigte Personen vertreten lassen, die sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen haben. Vor der Behörde kann eine Vollmacht auch mündlich erteilt werden; zu ihrer Beurkundung genügt ein Aktenvermerk. Schreitet ein Rechtsanwalt oder Notar ein, so ersetzt die Berufung auf die ihm erteilte Vollmacht deren urkundlichen Nachweis.
Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis richten sich gemäß § 10 Abs. 2 AVG nach den Bestimmungen der Vollmacht; hierüber auftauchende Zweifel sind nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts zu beurteilen. Die Behörde hat die Behebung etwaiger Mängel unter sinngemäßer Anwendung des § 13 Abs. 3 AVG von Amts wegen zu veranlassen.
Gemäß § 10 Abs. 4 AVG kann die Behörde von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen, wenn es sich um die Vertretung durch amtsbekannte Familienmitglieder, Haushaltsangehörige, Angestellte oder durch amtsbekannte Funktionäre von beruflichen oder anderen Organisationen handelt und Zweifel über Bestand und Umfang der Vertretungsbefugnis nicht obwalten.
2. Die Beschwerde bringt vor, die Behörde hätte durch schriftliche Aufforderung des Beschwerdeführers (bzw. dessen Sachwalters) - und nicht des Einschreiters - klar zu stellen gehabt, ob sich jener die Berufung zurechnen lassen wolle und ob er W. zur Erhebung der Berufung bevollmächtigt habe. Indem die belangte Behörde ihre Verpflichtung zur Durchführung eines Verbesserungsverfahrens gegenüber dem Beschwerdeführer (bzw. dessen Sachwalter) verkannt habe, belaste sie den Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit.
Dem ist zu entgegnen, dass sich nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Aufforderung der Behörde zur Nachbringung einer Vollmacht nicht an den Vertretenen, sondern an den Einschreiter zu richten hat (vgl. dazu die in Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998) E 83 zu § 10 AVG zitierte hg. Judikatur). Die belangte Behörde hat somit zutreffend den Verbesserungsauftrag vom an den Einschreiter und nicht an den Vertretenen (bzw. dessen Sachwalter) gerichtet.
Die Beschwerde bringt weiters vor, es hätte keiner schriftlichen Vollmachtsvorlage bedurft, da W. den Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren vertreten habe und die Berufung von einem amtsbekannten Mitarbeiter der Organisation "Asyl in Not" eingebracht worden sei, welcher sich auf seine Vertretungsbefugnis berufen habe, weshalb die Behörde gemäß § 10 Abs. 4 AVG von einer ausdrücklichen Vollmacht absehen hätte können. Eine Vollmacht könne überdies auch mündlich - sogar schlüssig - erteilt werden.
Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg. Die Feststellungen der belangten Behörde, dass eine W. erteilte Vollmacht aus dem Verwaltungsakt nicht ersichtlich und W. dem Verbesserungsauftrag vom nicht nachgekommen sei, blieben unbestritten. Dass eine mündliche Vollmacht erteilt und dies durch einen Aktenvermerk beurkundet worden sei, ist dem Verwaltungsakt ebenso wenig zu entnehmen wie, dass W. den Beschwerdeführer bereits im erstinstanzlichen Verfahren vertreten habe. Soweit sich die Beschwerde in diesem Zusammenhang auf einen Aktenvermerk vom bezieht, wonach W. als "Vertreter des J." eine schriftliche Stellungnahme bis abgeben werde, ergibt sich daraus nicht, dass eine mündliche Vollmacht erteilt worden sei. Entgegen der Beschwerdeansicht stammt dieser Aktenvermerk auch nicht von der erstinstanzlichen, sondern von der belangten Behörde. Diese hat vielmehr mit Schreiben vom versucht, ihre Zweifel am Bestehen eines Vollmachtsverhältnisses durch den besagten Mängelbehebungsauftrag auszuräumen. Auch in Fällen des § 10 Abs. 4 AVG ist es der Behörde unbenommen, bei Zweifeln an einer bestehenden Vollmacht oder deren Umfang nach § 13 Abs. 3 AVG vorzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0879).
3. Auf dem Boden des Gesagten ist daher die Verfahrensrüge, die belangte Behörde habe den Sachverhalt hinsichtlich einer allenfalls vorliegenden mündlichen Bevollmächtigung nicht hinreichend ermittelt, nicht zielführend.
4. Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
5. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Das Mehrbegehren war abzuweisen, da ein Verfahrensakt im gegenständlichen Verfahren nicht vorgelegt wurde. Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Verbesserungsauftrag Bejahung Verbesserungsauftrag Bejahung Einschreiter Verbesserungsauftrag Vertretungsbefugnis Inhalt Umfang |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2007180021.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
JAAAF-51457