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VwGH 28.01.2008, 2007/10/0310

VwGH 28.01.2008, 2007/10/0310

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
NatSchG NÖ 1977 §9;
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs8 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §12 idF 5500;
RS 1
§ 12 NÖ NatSchG 2000 eröffnet der Behörde die Möglichkeit, bei Vorliegen der Voraussetzungen mit der bescheidmäßigen Erklärung zum Naturdenkmal vorzugehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu vergleichbaren (Vorläufer-)Bestimmungen zu § 12 NÖ NatSchG 2000 ausgesprochen hat, sind der Behörde durch eine solche Bestimmung jedoch keine Handlungspflichten auferlegt, mit der Erklärung zum Naturdenkmal bei Vorliegen der Voraussetzungen vorzugehen (vgl. zu § 9 NÖ NatSchG 1977 die hg. Beschlüsse vom , Zl. 94/10/0140, und vom , Zl. 95/10/0021, Slg. Nr. 14.243/A, oder zum NÖ NatSchG 1968 den hg. Beschluss vom , Zl. 2285/74). Daraus folgt, dass dem Einzelnen nach dem NÖ NatSchG 2000 kein subjektiv--öffentliches Recht auf Erklärung einer Naturerscheinung, die sich auf seinem Grundstück befindet, zum Naturdenkmal zukommt. Damit besteht aber auch kein Recht auf Aufrechterhaltung einer einmal erfolgten Erklärung zum Naturdenkmal. Die Aufhebung (der Widerruf) der im Jahre 1952 erfolgten Erklärung zum Naturdenkmal greift insoweit nicht in Rechte der beschwerdeführenden Partei ein.
Normen
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs1 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs8 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §12 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §27 idF 5500;
RS 2
Aus dem Umstand der Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren über die Erklärung zum Naturdenkmal folgt nicht, dass dem betroffenen Eigentümer ein Recht auf Erklärung zum Naturdenkmal bei Vorliegen der Voraussetzungen zukäme.
Normen
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs1 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs8 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §12 idF 5500;
RS 3
Die Tatsache, dass durch die Erklärung zum Naturdenkmal nicht nur dem unmittelbar betroffenen Grundeigentümer, sondern uU auch Nachbarn öffentlich-rechtliche Verpflichtungen erwachsen, bedeutet nicht, dass der Wegfall dieser Verpflichtungen durch einen behördlichen Akt (wie den gegenständlichen Widerruf der Erklärung zum Naturdenkmal) in Rechte eines der betroffenen Eigentümer eingriffe. Ob und welche Abwehrmaßnahmen hinsichtlich Eingriffen in grenzüberschreitende Teile von Pflanzen einem Eigentümer des Nachbargrundstücks zukommen, ist Gegenstand des bürgerlichen Rechts. Der Wegfall der mittelbaren Auswirkungen eines Bescheids, mit dem öffentlich-rechtliche Verpflichtungen nicht nur einem Eigentümer, sondern auch Eigentümern von Nachbargrundstücken auferlegt werden, bewirkt keine Betroffenheit in öffentlichrechtlichen Rechten, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens betreffend den Widerruf der Erklärung zum Naturdenkmal geltend gemacht werden könnten.

(Die im Zusammenhang mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geltend gemachten Auswirkungen des angefochtenen Bescheides bewirken daher keinen Eingriff in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei durch den angefochtenen Bescheid.)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, in der Beschwerdesache der Verlassenschaft nach JS (geb. 1950), vertreten durch Dr. Peter H. Jandl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Landesgerichtsstraße 6, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU5-BE-476/001-2007, betreffend Widerruf der Erklärung zum Naturdenkmal, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wurde die Berufung der beschwerdeführenden Partei gegen den Widerruf der Erklärung einer Baumreihe auf einem Grundstück in ihrem Eigentum zum Naturdenkmal als unbegründet abgewiesen. Die beschwerdeführende Partei bekämpft den angefochtenen Bescheid unter Hinweis auf Vorschriften des AVG, der Niederösterreichischen Landesverfassung und § 12 Abs. 1 und 8 NÖ Naturschutzgesetz 2000 erkennbar mit der Behauptung, dass die Voraussetzungen für den Widerruf der Erklärung nicht vorgelegen seien. Zur Begründung eines gleichzeitig gestellten Antrags auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird auch auf die sich aus dem angefochtenen Bescheid ergebenden Konsequenzen für die Zulässigkeit von Maßnahmen von Nachbarn der beschwerdeführenden Partei in Bezug auf die Wurzeln der Bäume bzw. die überhängenden Teile der Kronen der Bäume hingewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Zulässigkeit der Beschwerde erwogen:

§ 12 des Niederösterreichischen Naturschutzgesetzes 2000, LGBl. 5500, lautet:

"§ 12

Naturdenkmal

(1) Naturgebilde, die sich durch ihre Eigenart, Seltenheit oder besondere Ausstattung auszeichnen, der Landschaft ein besonderes Gepräge verleihen oder die besondere wissenschaftliche oder kulturhistorische Bedeutung haben, können mit Bescheid der Behörde zum Naturdenkmal erklärt werden. Zum Naturdenkmal können daher insbesondere Klammen, Schluchten, Wasserfälle, Quellen, Bäume, Hecken, Alleen, Baum- oder Gehölzgruppen, seltene Lebensräume, Bestände seltener oder gefährdeter Tier- und Pflanzenarten, Felsbildungen, erdgeschichtliche Aufschlüsse oder Erscheinungsformen, fossile Tier- oder Pflanzenvorkommen sowie Fundorte seltener Gesteine oder Mineralien erklärt werden.

(2) Soweit die Umgebung eines Naturgebildes für dessen Erscheinungsbild oder dessen Erhaltung mitbestimmende Bedeutung hat, kann diese in den Naturdenkmalschutz einbezogen werden.

(3) Am Naturdenkmal dürfen keine Eingriffe oder Veränderungen vorgenommen werden. Das Verbot bezieht sich auch auf Maßnahmen, die außerhalb des von der Unterschutzstellung betroffenen Bereiches gesetzt werden, soweit von diesen nachhaltige Auswirkungen auf das Naturdenkmal ausgehen. Nicht als Eingriffe gelten alle Maßnahmen, die dem Schutz und der Pflege des Naturdenkmales dienen und im Einvernehmen mit der Naturschutzbehörde gesetzt werden.

(4) Die Behörde kann für Maßnahmen, die Eingriffe im Sinne des Abs. 3 darstellen, die aber insbesondere der wissenschaftlichen Forschung oder der Erhaltung oder der Verbesserung des Schutzzweckes dienen sowie für die besondere Nutzung des Naturdenkmales Ausnahmen gestatten, wenn dadurch das Ziel der Schutzmaßnahme nicht gefährdet wird.

(5) Der Grundeigentümer oder Verfügungsberechtigte hat für die Erhaltung des Naturdenkmales zu sorgen. Aufwendungen, die über den normalen Erhaltungsaufwand hinausgehen, sind, sofern sie der Berechtigte nicht freiwillig aus eigenem trägt, vom Land zu tragen.

(6) Bei Gefahr im Verzug hat der Eigentümer oder Verfügungsberechtigte die zur Abwehr von Gefahren von Personen oder Sachen notwendigen Vorkehrungen am oder um das Naturdenkmal unter möglichster Schonung seines Bestandes zu treffen. Derartige Maßnahmen sind der Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(7) Eigentümer oder Verfügungsberechtigte eines Naturdenkmales haben jede Gefährdung, Veränderung oder Vernichtung des Naturdenkmales sowie die Veräußerung des in Betracht kommenden Grundstückes der Behörde unverzüglich anzuzeigen.

(8) Die Erklärung zum Naturdenkmal ist zu widerrufen, wenn der Zustand des Naturdenkmales eine Gefährdung für Personen oder Sachen darstellt, eine wesentliche Änderung der Eigenschaften, die zur Erklärung zum Naturdenkmal geführt haben, eingetreten ist oder wenn das geschützte Objekt nicht mehr besteht.

(9) Die Verpflichtungen nach Abs. 3 gelten ab dem Zeitpunkt der Verständigung von der Einleitung des Verfahrens zur Erklärung des Naturdenkmales und treten außer Kraft, wenn der Bescheid nicht innerhalb von 12 Monaten erlassen wird."

§ 12 NÖ NatSchG 2000 eröffnet somit der Behörde die Möglichkeit, bei Vorliegen der Voraussetzungen mit der bescheidmäßigen Erklärung zum Naturdenkmal vorzugehen. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu vergleichbaren (Vorläufer-)Bestimmungen zu § 12 NÖ NatSchG 2000 ausgesprochen hat, sind der Behörde durch eine solche Bestimmung jedoch keine Handlungspflichten auferlegt, mit der Erklärung zum Naturdenkmal bei Vorliegen der Voraussetzungen vorzugehen (vgl. zu § 9 NÖ NatSchG 1977 die hg. Beschlüsse vom , Zl. 94/10/0140, und vom , Zl. 95/10/0021, Slg. Nr. 14.243/A, oder zum NÖ NatSchG 1968 den hg. Beschluss vom , Zl. 2285/74). Daraus folgt, dass dem Einzelnen nach dem NÖ NatSchG 2000 kein subjektiv--öffentliches Recht auf Erklärung einer Naturerscheinung, die sich auf seinem Grundstück befindet, zum Naturdenkmal zukommt. Damit besteht aber auch kein Recht auf Aufrechterhaltung einer einmal erfolgten Erklärung zum Naturdenkmal. Die Aufhebung (der Widerruf) der im Jahre 1952 erfolgten Erklärung zum Naturdenkmal greift insoweit nicht in Rechte der beschwerdeführenden Partei ein.

Abgesehen davon, dass nach den vorstehenden Ausführungen die Rechtslage in Niederösterreich durch das NÖ NatSchG 2000 insofern keine Änderung erfahren hat, ist für die Beurteilung, ob ein bestimmtes Recht vorliegt, die zum Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde geltende Rechtslage maßgebend. § 12 NÖ NatSchG 2000 enthält jedoch kein Recht auf Erklärung zum Naturdenkmal.

Da der beschwerdeführenden Partei somit kein subjektives Recht auf Erklärung der in Rede stehenden Baumreihe zum Naturdenkmal bzw. auf Aufrechterhaltung der im Jahre 1952 erfolgten Erklärung zum Naturdenkmal zukommt, konnte sie durch den angefochtenen Bescheid nicht in einem Recht verletzt werden.

Daran ändert auch der Umstand nichts, dass dem Eigentümer des zum Naturdenkmal zu erklärenden Gebildes gemäß § 27 NÖ NatSchG 2000 die Parteistellung im Verfahren über die Erklärung zum Naturdenkmal zukommt. Der Verwaltungsgerichtshof hat die Parteistellung der betroffenen Grundeigentümer in Verfahren über die Erklärung zum Naturdenkmal regelmäßig - auch ohne Bestehen einer ausdrücklichen Bestimmung über die Parteistellung wie in § 27 NÖ NatSchG 2000 - aus dem mit der Erklärung verbundenen Rechtseingriff abgeleitet (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/10/0005, oder vom , Zl. 2002/10/0113). Gleichzeitig hat der Verwaltungsgerichtshof jedoch auch klar gestellt, dass dann, wenn die Wirkungen von Bescheiden, mit denen Beschränkungen hinsichtlich der Verfügung über das Eigentum nach § 422 ABGB verbunden sind, wegfallen, auch die Beschwer des betreffenden Grundeigentümers wegfällt (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 93/10/0097). Der Verwaltungsgerichtshof ist weiters davon ausgegangen, dass auch die der NÖ Umweltanwaltschaft ausdrücklich zuerkannte Parteistellung in Verfahren über die Erklärung zum Naturdenkmal dieser keinen inhaltlichen Entscheidungsanspruch vermittelt, der ihre Legitimation zur Erhebung einer Säumnisbeschwerde im Fall der Untätigkeit der Behörde begründen könnte (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 94/10/0140). Aus dem Umstand der Zuerkennung der Parteistellung im Verfahren über die Erklärung zum Naturdenkmal folgt somit nicht, dass dem betroffenen Eigentümer ein Recht auf Erklärung zum Naturdenkmal bei Vorliegen der Voraussetzungen zukäme.

Auch die im Zusammenhang mit dem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geltend gemachten Auswirkungen des angefochtenen Bescheides bewirken keinen Eingriff in die Rechtssphäre der beschwerdeführenden Partei durch den angefochtenen Bescheid. Die Tatsache, dass durch die Erklärung zum Naturdenkmal nicht nur dem unmittelbar betroffenen Grundeigentümer, sondern uU auch Nachbarn öffentlich-rechtliche Verpflichtungen erwachsen, bedeutet nicht, dass der Wegfall dieser Verpflichtungen durch einen behördlichen Akt (wie den gegenständlichen Widerruf der Erklärung zum Naturdenkmal) in Rechte eines der betroffenen Eigentümer eingriffe. Ob und welche Abwehrmaßnahmen hinsichtlich Eingriffen in grenzüberschreitende Teile von Pflanzen einem Eigentümer des Nachbargrundstücks zukommen, ist Gegenstand des bürgerlichen Rechts. Der Wegfall der mittelbaren Auswirkungen eines Bescheids, mit dem öffentlichrechtliche Verpflichtungen nicht nur einem Eigentümer, sondern auch Eigentümern von Nachbargrundstücken auferlegt werden, bewirkt keine Betroffenheit in öffentlich-rechtlichen Rechten, die im Rahmen des vorliegenden Verfahrens betreffend den Widerruf der Erklärung zum Naturdenkmal geltend gemacht werden könnten.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist die Möglichkeit, in dem geltend gemachten Recht verletzt zu sein, Prozessvoraussetzung der Bescheidbeschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG (vgl. den Beschluss eines verstärkten Senats vom , Slg 10.511/A, oder die Beschlüsse vom , Zl. 99/10/0235, und vom , Zl. 2005/10/0048, sowie die Nachweise bei Mayer, B-VG-Kommentar4, Art. 131 B-VG, II.1). Da der beschwerdeführenden Partei das geltend gemachte Recht nach den vorstehenden Ausführungen nicht zukommt, konnte sie durch den angefochtenen Bescheid nicht darin verletzt werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Mangels der Berechtigung zu ihrer Erhebung in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
NatSchG NÖ 1977 §9;
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs1 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §12 Abs8 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §12 idF 5500;
NatSchG NÖ 2000 §27 idF 5500;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2008:2007100310.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-51394