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VwGH 16.02.2011, 2007/08/0119

VwGH 16.02.2011, 2007/08/0119

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Mit Eintragung der Umwandlung ist die Gesellschaft beendet. Die Durchführung eines Liquidationsverfahrens ist wegen des Vermögensübergangs im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht notwendig. Auflösung und Vollbeendigung fallen zusammen (Kalss, Kommentar zur Verschmelzung - Spaltung - Umwandlung2 (2010) S. 1181).
Normen
RS 2
Wird in einem Einparteienverfahren ein Bescheid an eine Gesellschaft gerichtet, deren Umwandlung bereits im Firmenbuch eingetragen und die damit gelöscht ist, so handelt es sich um einen "Nichtbescheid" (Hinweis B , 2001/17/0215). Im Mehrparteienverfahren ist der Bescheid hingegen mit wirksamer Zustellung an eine der Parteien jedenfalls erlassen (Hinweis E , Zl. 86/08/0016, VwSlg 12157 A/1986).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Müller und die Hofräte Dr. Strohmayer und Dr. Lehofer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die durch Dr. Thomas Praxmarer, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Bürgerstraße 19/I, namens der W Gesellschaft mbH in G eingebrachte Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz vom , Zl. BMSG 229668/0002-II/A/3/2005, betreffend Versicherungspflicht nach ASVG und AlVG (mitbeteiligte Parteien:

1. K H V in Wien, 2. Allgemeine Unfallversicherungsanstalt in 1201 Wien, Adalbert Stifterstraße 65-67,

3. Pensionsversicherungsanstalt in 1021 Wien, Friedrich Hillegeist-Straße 1, 4. Niederösterreichische Gebietskrankenkasse in 3100 St. Pölten, Dr. Karl-Renner-Promenade 14-16), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird zurückgewiesen.

Begründung

1. Mit Bescheid der mitbeteiligten Gebietskrankenkasse vom wurde ausgesprochen, dass der Erstmitbeteiligte in seiner Tätigkeit als Chefredakteur für das Fachmagazin V "der Z GmbH (seit  W GmbH)" in der Zeit vom bis der Voll- (Kranken-, Unfall- Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht als Dienstnehmer unterlegen sei.

2. Dem gegen diesen Bescheid erhobenen Einspruch der W GmbH wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Niederösterreich vom teilweise Folge gegeben, wobei mit Spruchpunkt A die Voll- (Kranken-, Unfall- Pensions-) und Arbeitslosenversicherungspflicht des Erstmitbeteiligten als Dienstnehmer aufgrund seiner Tätigkeit als Journalist des Fachmagazins V für die W GmbH in der Zeit vom bis und mit Spruchpunkt B die die Voll- (Kranken-, Unfall- Pensions-)Versicherungspflicht des Erstmitbeteiligten als freier Dienstnehmer aufgrund seiner Tätigkeit als Journalist und Chefredakteur des Fachmagazins V für die W GmbH in der Zeit vom bis einschließlich festgestellt wurde.

Gegen diese Spruchpunkte des Einspruchsbescheids erhob die "W Gesellschaft mbH z.Hd. GF N H" Berufung an die belangte Behörde.

3. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid sprach die belangte Behörde aus, dass der Erstmitbeteiligte "aufgrund seiner Tätigkeit für die Z Gesellschaft m.b.H., die mit Generalversammlungsbeschluss vom in W Gesellschaft m.b.H. umbenannt wurde, von bis der Versicherungspflicht nach § 4 Abs. 4 ASVG" unterlegen sei.

Dieser Bescheid wurde nach der Zustellverfügung der belangten Behörde an die mitbeteiligten Parteien sowie an "G H, ehemaliger Geschäftsführer der gelöschten W GmbH", zu Handen des Rechtsvertreters der Berufungswerberin, zugestellt.

4. Aus dem Verwaltungsakt ergibt sich, dass die belangte Behörde im Berufungsverfahren Einsicht in das Firmenbuch nahm und dem Rechtsvertreter der Berufungswerberin mit Schreiben vom vorhielt, "dass die W GmbH mit Umwandlungsbeschluss gemäß § 5 UmwG vom in die W GmbH & Co Nfg. KG umgewandelt" worden sei. Aus § 2 Abs. 2 UmwG gehe hervor, dass das Vermögen der Kapitalgesellschaft einschließlich der Schulden auf den Hauptgesellschafter der Nachfolgegesellschaft übergehe. Persönlich haftender Gesellschafter der W GmbH & Co Nfg. KG sei die Z GmbH. Der Rechtsvertreter der Berufungswerberin werde ersucht, dazu Stellung zu nehmen, wer aus seiner Sicht nunmehr Berufungswerberin sei und ob er weiterhin deren Rechtsvertreter sei.

Der Rechtsvertreter der Berufungswerberin teilte mit Schreiben vom  mit, "von allen drei in Rede stehenden Gesellschaften beauftragt und bevollmächtigt" zu sein. Als Berufungswerberin sei nach wie vor die "W Gesellschaft mbH" anzusehen, weil sie auch jene Gesellschaft sei, der die "bekämpften Bescheide" zugestellt worden seien.

5. Nach dem im Verwaltungsakt erliegenden Firmenbuchauszug der W GmbH ergibt sich, dass die Löschung dieser Gesellschaft aufgrund eines Generalversammlungsbeschlusses vom durch Umwandlung gemäß § 5 UmwG unter gleichzeitiger Errichtung der Personengesellschaft W GmbH & Co Nfg. KG am eingetragen wurde.

Auch die Beschwerde weist darauf hin, dass die "Beschwerdeführerin (…) seit im Firmenbuch gelöscht" sei.

6. Gemäß § 5 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die Umwandlung von Handelsgesellschaften (UmwG) in der im Beschwerdefall maßgebenden Stammfassung BGBl. Nr. 304/1996 (Art XIV EU GesRÄG) kann die Hauptversammlung (Generalversammlung) einer Kapitalgesellschaft die Errichtung einer offenen Handelsgesellschaft, einer Kommanditgesellschaft oder einer eingetragenen Erwerbsgesellschaft und zugleich die Übertragung des Vermögens der Kapitalgesellschaft auf die offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft oder eingetragene Erwerbsgesellschaft beschließen.

Gemäß § 5 Abs. 5 UmwG sind die §§ 2 bis 4 UmwG sinngemäß anzuwenden. Die Personengesellschaft entsteht mit der Eintragung des Umwandlungsbeschlusses im Firmenbuch.

Nach § 2 Abs. 2 Z 1 und Z 2 UmwG treten mit der Eintragung der Umwandlung bei der übertragenden Gesellschaft (unter anderem) folgende Rechtswirkungen ein:

"1. Das Vermögen der Kapitalgesellschaft geht einschließlich der Schulden auf den Hauptgesellschafter über. Treffen aus gegenseitigen Verträgen, die zur Zeit der Umwandlung von keiner Seite vollständig erfüllt sind, Abnahme-, Lieferungs- oder ähnliche Verpflichtungen zusammen, die miteinander unvereinbar sind oder die beide zu erfüllen eine schwere Unbilligkeit für den Hauptgesellschafter bedeuten würde, so bestimmt sich der Umfang der Verpflichtungen nach Billigkeit unter Würdigung der vertraglichen Rechte aller Beteiligten.

2. Die Kapitalgesellschaft erlischt, einer besonderen Löschung bedarf es nicht."

Mit Eintragung der Umwandlung ist die Gesellschaft beendet. Die Durchführung eines Liquidationsverfahrens ist wegen des Vermögensübergangs im Wege der Gesamtrechtsnachfolge nicht notwendig. Auflösung und Vollbeendigung fallen zusammen (Kalss, Kommentar zur Verschmelzung - Spaltung - Umwandlung2 (2010) S. 1181).

7. Für den Beschwerdefall folgt daraus, dass die W Gesellschaft m.b.H. mit der - am erfolgten - Eintragung der Umwandlung vollbeendigt war und ihr damit keine Rechts- und Parteifähigkeit in dem vor der belangten Behörde anhängigen Verwaltungsverfahren mehr zukam. Auch in diesem Verwaltungsverfahren trat daher die aus der Umwandlung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge hervorgegangene Rechtsnachfolgerin - die W GmbH & Co Nfg. KG - an die Stelle der W Gesellschaft m.b.H. Die belangte Behörde hätte daher auch den verfahrensabschließenden Bescheid der W GmbH & Co Nfg. KG zustellen müssen.

Der an "G H, ehemaliger Geschäftsführer der gelöschten W GmbH" adressierte angefochtene Bescheid (zur möglichen Deutung der an ein vertretungsbefugtes Organ einer juristischen Person adressierten Erledigung als gegenüber der vertretenen juristischen Person ergangen vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/06/0129) ist jedoch an die gelöschte Gesellschaft und damit insoweit ins Leere gegangen (vgl. - zu einer nach dem Bundesgesetz über die Umwandlung von Handelsgesellschaften (1954) erfolgten Umwandlung - schon das hg. Erkenntnis vom , Zl. 89/14/0218).

Der ausdrückliche Hinweis in der Zustellverfügung, wonach der namentlich als Empfänger bezeichnete H "ehemaliger Geschäftsführer der gelöschten" Gesellschaft sei, steht auch der Annahme einer berichtigungsfähigen Fehlbezeichnung entgegen, zumal der belangten Behörde die während des anhängigen Berufungsverfahrens erfolgte Umwandlung bekannt war und sie - in Kenntnis der relevanten gesellschaftsrechtlichen Umstände und nach Befassung des Rechtsvertreters der Berufungswerberin - sodann ausdrücklich nicht der Rechtsnachfolgerin, sondern der inzwischen gelöschten und vollbeendigten Gesellschaft zustellen wollte.

8. Wird in einem Einparteienverfahren ein Bescheid an eine Gesellschaft gerichtet, deren Umwandlung bereits im Firmenbuch eingetragen und die damit gelöscht ist, so handelt es sich um einen "Nichtbescheid" (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. 2001/17/0215). Im Mehrparteienverfahren ist der Bescheid hingegen mit wirksamer Zustellung an eine der Parteien jedenfalls erlassen (vgl. zB das Erkenntnis vom , Slg. Nr. 12157/A).

Im Beschwerdefall wurde der Bescheid den mitbeteiligten Parteien wirksam zugestellt und daher offenkundig wirksam erlassen, sodass grundsätzlich auch hinsichtlich jener Partei, der dieser Bescheid noch nicht zugestellt wurde (vgl. § 26 Abs. 2 VwGG) ein tauglicher Anfechtungsgegenstand im Rahmen einer Bescheidbeschwerde vor dem Verwaltungsgerichtshof vorliegt.

Da aber der Bescheid für die zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung bereits (nach Umwandlung) gelöschte W Gesellschaft mbH keine Rechtswirkungen mehr entfalten konnte, kann dieser nicht mehr bestehenden W Gesellschaft mbH auch keine Rechts- und Parteifähigkeit vor dem Verwaltungsgerichtshof zur Beschwerde gegen diesen Bescheid zukommen.

9. Die namens des nicht rechtsfähigen Gebildes der (gelöschten und voll beendeten) W Gesellschaft mbH eingebrachte Beschwerde war daher mangels Berechtigung zu ihrer Erhebung gemäß § 34 Abs. 1 und 3 VwGG zurückzuweisen.

Ein Kostenzuspruch findet nicht statt, weil einem nicht rechtsfähigen Gebilde Kosten nicht auferlegt werden können (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. 92/07/0039).

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Sammlungsnummer
VwSlg 18047 A/2011
Schlagworte
Offenbare Unzuständigkeit des VwGH Mangelnder Bescheidcharakter
Bescheidbegriff Allgemein
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2011:2007080119.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
ZAAAF-51375