VwGH 15.11.2007, 2007/07/0017
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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RS 1 | Das Fehlen eines begründeten Berufungsantrages stellt nach § 13 Abs. 3 AVG idF BGBl. I Nr. 158/1998 einen verbesserungsfähigen Mangel dar, der die Behörde verhält, von Amts wegen unverzüglich dessen Behebung zu veranlassen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/05/0115). Der Verwaltungsgerichtshof hat in diesem Erkenntnis auch auf die grundsätzliche Notwendigkeit eines Mängelbehebungsauftrages gemäß § 13 Abs. 3 AVG hingewiesen und festgehalten, dass für die Erteilung eines Verbesserungsauftrages allenfalls dann kein Raum bleibt, wenn die Partei ein Anbringen bewusst und rechtsmissbräuchlich mangelhaft gestaltet. (Hier: Das Vorliegen eines solchen Rechtsmissbrauches im Beschwerdefall wird jedoch von der Berufungsbehörde im Berufungsbescheid nicht nachgewiesen, weil allein der Hinweis des unvertretenen Berufungswerbers (in diesem Punkt unterscheidet sich der vorliegende Beschwerdefall von dem im genannten hg. Erkenntnis vom entschiedenen Beschwerdefall) in seinem Berufungsschriftsatz, eine Begründung nachzureichen, einen solchen Rechtsmissbrauch nicht darstellt. Ein solcher Rechtsmissbrauch ist im Beschwerdefall auch schon deshalb nicht anzunehmen, weil der Berufungswerber im Hinblick auf das frühere Behördenverhalten davon ausgehen konnte, dass er auf Grund eines Mängelbehebungsauftrages die Begründung des Bescheides nachreichen können wird.) |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2006/05/0160 E RS 1
(hier nur erster Satz) |
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RS 2 | Wurde der Mangel des Fehlens eines begründeten Berufungsantrages durch einen späteren Schriftsatz - im Hinblick auf die Nichterteilung einer Verbesserungsfrist - noch rechtzeitig behoben, darf die Berufung nicht zurückgewiesen werden (Hinweis E , 2004/11/0212). (Hier: Der fristgerecht eingebrachte, vom Bf selbst verfassten "Einspruch" gegen den erstinstanzlichen Bescheid, der erkennbar als Berufung zu werten war, wurde trotz des Fehlens eines begründeten Berufungsantrages keinem Verbesserungsverfahren unter Fristsetzung unterzogen. Der im "Einspruch" angekündigte Nachtrag der mit entsprechenden Anträgen verbundenen Berufungsbegründung wurde vom Bf in dem (durch einen mittlerweile bevollmächtigten Rechtsvertreter verfassten) Schriftsatz vorgenommen. Damit wurde die dem Rechtsmittel ursprünglich anhaftenden Mängel rechtzeitig behoben.) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bumberger und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Chlup, in der Beschwerdesache des Ing. R G in E, vertreten durch Dr. Hans Böck, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 9, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. WA1-W-19636/030-2006, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer wasserrechtlichen Angelegenheit, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als gegenstandslos geworden erklärt und das Verfahren eingestellt.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft W (BH) vom (in Verbindung mit dem Kollaudierungsbescheid der BH vom ) wurde Rechtsvorgängern des Beschwerdeführers die wasserrechtliche Bewilligung zur Errichtung von vier - durch Wasserentnahmen in Form einer Ausleitung aus der F gespeisten - Fischzuchtbecken auf einem näher bezeichneten Grundstück erteilt und mit Bescheid der BH vom eine näher umschriebene Anlagenerweiterung genehmigt. Das Wasserbenutzungsrecht zum Betrieb dieser Anlage wurde unter PZ 3211 im Wasserbuch für den Verwaltungsbezirk W eingetragen.
Mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich (LH) vom wurde dem Beschwerdeführer als nunmehrigen Wasserberechtigten (u.a.) aufgetragen, die genannte Fischteichanlage bis längstens ordnungsgemäß in Betrieb zu nehmen.
Mit Bescheid der BH vom wurde gemäß § 13 WRG 1959 festgestellt, dass die Konsenswassermenge 90 l/sec (=0,09 m3/sec bzw. 5,4 m3/min) betrage. Die dagegen vom Beschwerdeführer erhobene Berufung wies der LH mit Bescheid vom als verspätet zurück.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer die vorliegende, am zur Post gegebene Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.
Nach Einleitung des Vorverfahrens teilte die belangte Behörde mit Schreiben vom mit, der Beschwerdeführer habe die gegenständliche Fischteichanlage nicht ordnungsgemäß in Betrieb genommen. Es sei daher mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid des LH vom das Erlöschen des im Wasserbuch unter PZ 3211 eingetragenen Rechtes zum Betrieb einer Fischzuchtanlage mit Ablauf des festgestellt worden. Die belangte Behörde legte dazu Ausfertigungen der genannten Bescheide des LH vom und vom vor.
Gemäß § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG ist eine Beschwerde mit Beschluss als gegenstandslos geworden zu erklären und das Verfahren einzustellen, wenn in irgendeiner Lage des Verfahrens offenbar wird, dass der Beschwerdeführer klaglos gestellt wurde.
Diese Bestimmung ist nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht auf die Fälle der formellen Klaglosstellung beschränkt. Ein Einstellungsfall liegt etwa auch dann vor, wenn der Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer Sachentscheidung des Gerichtshofes hat. Ob in diesem Sinn das rechtliche Interesse eines Beschwerdeführers weggefallen ist, hat der Verwaltungsgerichtshof nach objektiven Kriterien zu prüfen; er ist nicht an die Erklärung des Beschwerdeführers gebunden (vgl. zum Ganzen etwa die Begründung zu Punkt. 1. des hg. Erkenntnisses vom , Zl. 2006/07/0079).
Im Hinblick auf das dargestellte Verwaltungsgeschehen besteht für den Beschwerdeführer kein rechtliches Interesse mehr an einer inhaltlichen Erledigung des Verwaltungsgerichtshofes über die Beschwerde gegen die Zurückweisung seiner Berufung, weil sich diese gegen die - nach Erlöschen seines Wasserrechtes - nunmehr ins Leere gehende Festsetzung des Maßes der Wasserbenutzung richtet. Der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes über die vorliegende Beschwerde käme daher nur mehr abstrakt-theoretische Bedeutung zu. Die Beschwerde ist demnach im Sinne der genannten Bestimmung des VwGG als gegenstandslos geworden anzusehen.
Dem Beschwerdeführer war vom Verwaltungsgerichtshof unter Übermittlung einer Kopie des Schreibens der belangten Behörde vom Gelegenheit gegeben worden, zur Frage der Gegenstandslosigkeit Stellung zu nehmen. In seiner diesbezüglichen Äußerung vom legte der Beschwerdeführer allerdings nur dar, aus welchen Gründen ihm eine Wiederaufnahme des Fischzuchtbetriebes innerhalb der ihm von der Wasserrechtsbehörde eingeräumten Frist nicht möglich gewesen sei. Es wurde weder bestritten, dass der Bescheid des LH vom betreffend die Feststellung des Erlöschens des Wasserrechtes des Beschwerdeführers in Rechtskraft erwachsen sei, noch wurde aufgezeigt, aus welchen Gründen weiterhin ein rechtliches Interesse an einer Sachentscheidung über die Beschwerde bestehen könnte.
Da somit das Rechtsschutzbedürfnis des Beschwerdeführers an der inhaltlichen Erledigung der Beschwerde nachträglich weggefallen ist, war von einer Klaglosstellung im Sinne des § 33 Abs. 1 erster Satz VwGG auszugehen. Das Verfahren über die gegenstandslos gewordene Beschwerde war daher einzustellen.
Die in diesem Fall nach § 58 Abs. 2 VwGG für die Kostenentscheidung vorzunehmende hypothetische Prüfung des Beschwerdeerfolges führt zu dem Ergebnis, dass der angefochtene Bescheid als rechtswidrig aufzuheben gewesen wäre. Die belangte Behörde hat nämlich den fristgerecht eingebrachten, vom Beschwerdeführer selbst verfassten "Einspruch" gegen den erstinstanzlichen Bescheid, der erkennbar als Berufung zu werten war, trotz des Fehlens eines begründeten Berufungsantrages keinem Verbesserungsverfahren unter Fristsetzung unterzogen (vgl. zu dieser nach § 13 Abs. 3 AVG in der Fassung der Verwaltungsverfahrensnovellen 1998, BGBl. I Nr. 158, bestehenden Pflicht etwa das einen vergleichbaren Fall betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0160). Der im "Einspruch" angekündigte Nachtrag der mit entsprechenden Anträgen verbundenen Berufungsbegründung wurde vom Beschwerdeführer in dem (durch einen mittlerweile bevollmächtigten Rechtsvertreter verfassten) Schriftsatz vom vorgenommen. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde wurden damit die dem Rechtsmittel ursprünglich anhaftenden Mängel - im Hinblick auf die Nichterteilung einer Verbesserungsfrist - noch rechtzeitig behoben, sodass die Berufung nicht hätte zurückgewiesen werden dürfen (vgl. Punkt. 2.2. der Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom , Zl. 2004/11/0212).
Die Höhe des Kostenzuspruches ergibt sich aus der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Ein über die dort vorgesehene Pauschalvergütung für Schriftsatzaufwand hinausgehender Kostenersatz für die vom Beschwerdeführer im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nach der Beschwerdeerhebung eingebrachten Schriftsätze ist nicht vorgesehen, sodass das diesbezügliche Mehrbegehren abzuweisen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Schlagworte | Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG) Verbesserungsauftrag Bejahung Berufungsverfahren Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2007:2007070017.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-51354