VwGH 22.03.2007, 2006/09/0104
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Eine Berichtigung nach § 62 Abs 4 AVG hat durch Bescheid zu erfolgen und bewirkt, daß der berichtigte Bescheid rückwirkend auf den Zeitpunkt seiner Erlassung geändert wird. Nach dem Bericht des Verfassungsausschusses, 30 der Beilagen II. GP, ist die Bestimmung des § 62 Abs 4 AVG dem § 419 ZPO nachgebildet und soll der Prozeßökonomie dadurch dienen, daß besonders offenkundige Fehler auch außerhalb eines Rechtsmittelverfahrens korrigiert werden können. Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können (Hinweis E , 85/02/0248). Auch eine unrichtige Namensbezeichnung kann eine solche Unrichtigkeit iSd § 62 Abs 4 AVG darstellen, wenn die Identität der Person feststeht. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 91/09/0047 E RS 2
(hier ohne den zweiten Satz; hier mit dem Zusatz: Von einer
Berichtigung der Parteibezeichnung kann dabei immer dann
gesprochen werden, wenn nur die Bezeichnung des als bisherige
Verfahrenspartei aufgetretenen Rechtssubjektes geändert wird, ohne
dass dadurch an die Stelle des bisher als Partei betrachteten und
behandelten Rechtssubjektes ein anderes treten soll [Hinweis E vom
, Zl. 95/21/0348].) |
Normen | |
RS 2 | Unter Zitierung des E vom , Zl. 95/21/0348, ergänzte der VwGH im E vom , Zl. 2002/05/1195, zur Frage der Zulässigkeit der Berichtigung einer in einer Beschwerde vorgenommenen Bezeichnung des dortigen Beschwerdeführers, dass von einer zulässigen Berichtigung der Parteienbezeichnung das unzulässige Auswechseln der Partei zu unterscheiden ist. Berichtigungsfähig wird idR eine unrichtige Schreibweise oder auch eine unvollständige Parteienbezeichnung sein, wenn an der Identität der einschreitenden Partei keine Zweifel bestehen können. Wird aber eine Parteienbezeichnung dergestalt geändert, dass eine tatsächlich existierende Person, welche die Beschwerde eingebracht hat, gegen eine andere existierende Person getauscht werden soll, so liegt darin ein unzulässiges Auswechseln der Partei. Diese Überlegungen sind in gleicher Weise auf die von einer Behörde in einem Bescheid vorgenommene Parteienbezeichnung anzuwenden. (Hier: In einem Bescheid (vgl. die wörtliche Wiedergabe des Spruches dieses Bescheides im E vom , Zl. 2003/09/0111) wurde im Zuge einer Spruchabänderung "der Berufungswerber" bestraft. Berufung hatte aber nicht der Beschwerdeführer, sondern das zuständige Arbeitsinspektorat erhoben. Der Beschwerdeführer wurde daher im Spruch dieses Bescheides nicht zur Bezahlung einer Geldleistung verpflichtet (vgl. auch dazu das genannte E vom ). Mit dem gegenständlich angefochtenen Berichtigungsbescheid soll die im Verfahren existierende Partei "Berufungswerber" (id est Arbeitsinspektorat) gegen die ebenfalls existierende Partei "KL" ausgetauscht werden. Dies ist nicht zulässig.) |
Normen | |
RS 3 | Die Berichtigung eines Bescheides gemäß § 62 Abs 4 AVG ist nicht zulässig, wenn dadurch eine Rechtswidrigkeit (wie etwa ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung eines Bescheides; Hinweis E , 87/03/0042) beseitigt werden soll (hier: die Auswechslung des Namens der vom Besch verbotener Weise beschäftigten ausländischen Arbeitskraft im Spruch des berichtigten Bescheides über die Bestrafung gem § 28 Abs 1 AuslBG war unzulässig, weil nicht offenkundig war, daß die belBeh gerade den berichtigten Namen im Spruch auch gesetzt hätte, mag auch die Unrichtigkeit der Namenssetzung aus der Begründung des berichtigten Bescheides erschließbar sein, weil der Ausländer beschäftigt werden durfte). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 95/09/0298 E RS 3
(hier ohne den Klammerausdruck am Ende) |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Händschke, Dr. Rosenmayr, Dr. Bachler und Dr. Nowakowski als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des KL in W, vertreten durch Laurer & Arlamovsky, Rechtsanwalts-Partnerschaft GmbH in 1010 Wien, Wollzeile 6-8/47, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-07/V/16/8008/2003/8, betreffend I.) Berichtigung eines Bescheides in Angelegenheit Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, II.) Aufhebung einer Vollstreckbarkeitsbestätigung und III.) Rückzahlung des eingehobenen Geldbetrages (weitere Parteien: Bundesminister für Finanzen, Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird im bekämpften Umfang (Punkte I. und II.) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Verwaltungsgerichtshof verweist zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf das den Beschwerdeführer betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/09/0111, mit dem der Bescheid der belangten Behörde vom im (hier interessierenden) Umfang, als mit ihm der Antrag, die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Rückstandsausweises vom aufzuheben, abgewiesen worden war, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben worden war.
Mit Spruchpunkt I.) des gegenständlich angefochtenen Bescheides vom berichtigte die belangte Behörde ihren am verkündeten und am schriftlich ausgefertigten Berufungsbescheid dahin gehend, dass im ersten Absatz des Spruches die Worte "der Berufungswerber" durch die Worte "KL" ersetzt werden und im dritten Absatz die Worte "dem Berufungswerber" zu entfallen haben.
Mit Spruchpunkt II.) (Ersatzbescheid) wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom , die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Rückstandsausweises vom aufzuheben, neuerlich abgewiesen.
Erkennbar nur gegen diese beiden Spruchpunkte des angefochtenen Bescheides richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Zu Spruchpunkt I.):
Nach § 62 Abs. 4 AVG kann die Behörde die Berichtigung von ua. Schreib- und Rechenfehlern oder anderen offenbar auf einem Versehen beruhenden Unrichtigkeiten in Bescheiden jederzeit von Amts wegen vornehmen. Eine derartige Berichtigung hat durch Bescheid zu erfolgen und bewirkt, dass der berichtigte Bescheid rückwirkend auf den Zeitpunkt seiner Erlassung geändert wird. Offenbar auf einem Versehen beruht eine Unrichtigkeit nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes dann, wenn sie für die Partei, bei Mehrparteienverfahren für alle Parteien, klar erkennbar ist und von der Behörde bei entsprechender Aufmerksamkeit bereits bei der Bescheiderlassung hätte vermieden werden können. Auch eine unrichtige Namensbezeichnung kann eine solche Unrichtigkeit im Sinne des § 62 Abs. 4 AVG darstellen, wenn die Identität der Person feststeht. Von einer Berichtigung der Parteibezeichnung kann dabei immer dann gesprochen werden, wenn nur die Bezeichnung des als bisherige Verfahrenspartei aufgetretenen Rechtssubjektes geändert wird, ohne dass dadurch an die Stelle des bisher als Partei betrachteten und behandelten Rechtssubjektes ein anderes treten soll (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/21/0348).
Unter Zitierung des genannten Erkenntnisses vom ergänzte der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Zl. 2002/05/1195, zur Frage der Zulässigkeit der Berichtigung einer in einer Beschwerde vorgenommenen Bezeichnung des dortigen Beschwerdeführers, dass von einer zulässigen Berichtigung der Parteienbezeichnung das unzulässige Auswechseln der Partei zu unterscheiden ist. Berichtigungsfähig wird idR eine unrichtige Schreibweise oder auch eine unvollständige Parteienbezeichnung sein, wenn an der Identität der einschreitenden Partei keine Zweifel bestehen können. Wird aber eine Parteienbezeichnung dergestalt geändert, dass eine tatsächlich existierende Person, welche die Beschwerde eingebracht hat, gegen eine andere existierende Person getauscht werden soll, so liegt darin ein unzulässiges Auswechseln der Partei.
Diese Überlegungen sind in gleicher Weise auf die von einer Behörde in einem Bescheid vorgenommene Parteienbezeichnung anzuwenden. Im gegenständlichen Fall wurde im am verkündeten und am schriftlich ausgefertigten Bescheid (vgl. die wörtliche Wiedergabe des Spruches dieses Bescheides im bereits zitierten hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/09/0111) im Zuge einer Spruchabänderung "der Berufungswerber" bestraft. Berufung hatte aber nicht der Beschwerdeführer, sondern das zuständige Arbeitsinspektorat erhoben. Der Beschwerdeführer wurde daher im Spruch dieses Bescheides nicht zur Bezahlung einer Geldleistung verpflichtet (vgl. auch dazu das genannte hg. Erkenntnis vom ).
Mit dem gegenständlich angefochtenen Berichtigungsbescheid soll die im Verfahren existierende Partei "Berufungswerber" (id est Arbeitsinspektorat) gegen die ebenfalls existierende Partei "KL" ausgetauscht werden. Dies ist im Hinblick auf die oben ausgeführten Gesichtspunkte nicht zulässig.
Der Hinweis der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/09/0298, geht einerseits deswegen ins Leere, weil die belangte Behörde sich lediglich auf dessen einleitende Rechtsausführungen stützt und andererseits übersieht, dass in diesem Erkenntnis auch ausgeführt wurde, Änderungen im INHALT eines Bescheides seien unzulässig, weshalb dort die Änderung der Bezeichnung einer Person, für deren Beschäftigung der dortige Beschwerdeführer bestraft werden sollte, von "E" auf "D" (zwei voneinander verschiedene Personen) als unzulässig angesehen wurde. Daran konnte nichts ändern, dass nach der Begründung klar war, dass der dortige Beschwerdeführer für die Beschäftigung der Person "D" hätte bestraft werden sollen, weil die Berichtigung eines Bescheides gemäß § 62 Abs. 4 AVG auch dann nicht zulässig ist, wenn dadurch ein Widerspruch zwischen Spruch und Begründung beseitigt werden soll.
Zu Spruchpunkt II.):
Erweist sich aber die Berichtigung nicht als zulässig, so ist der Widerspruch zwischen Spruch des Bescheides der belangten Behörde vom (Titelbescheid) und Rückstandsausweis nach wie vor gegeben. Spruchpunkt II.) ist daher aus den bereits im zitierten Erkenntnis vom , Zl. 2003/09/0111, genannten Gründen (mangelnde Übereinstimmung zwischen Titelbescheid und Rückstandsausweis) rechtswidrig.
Der angefochtene Bescheid erweist sich daher im angefochtenen Umfang mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war. Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003, die Umsatzsteuer ist im verordneten Pauschalbetrag inkludiert.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Zeitpunkt der Bescheiderlassung Eintritt der Rechtswirkungen Spruch und Begründung |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2007:2006090104.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
SAAAF-51240