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VwGH 17.12.2009, 2006/06/0124

VwGH 17.12.2009, 2006/06/0124

Entscheidungsart: Erkenntnis

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Bernegger, Dr. Waldstätten, Dr. Rosenmayr und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zykan, über die Beschwerde des CS in S, vertreten durch Dr. Markus Skarics, Rechtsanwalt in 6460 Imst, Dr. Pfeiffenberger Straße 16, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. Ve1-8-1/274-1, betreffend die Abweisung eines Baubewilligungsgesuches (mitbeteiligte Parteien: 1. ES in V, vertreten durch Dr. Martin Zanon, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Maria-Theresienstraße 34/1,

2. Gemeinde Sölden), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines bebauten Grundstückes in Sölden, die Erstmitbeteiligte ist Eigentümerin eines unmittelbar angrenzenden Grundstückes.

Hinsichtlich des auf der Liegenschaft des Beschwerdeführers errichteten Hauses liegt ein Bescheid des Bürgermeisters vom vor, mit dem die baubehördliche Genehmigung zur Errichtung eines Wohn- und Geschäftshauses erteilt wurde. Mit weiterem Bescheid des Bürgermeisters vom wurde die baubehördliche Bewilligung für Um- und Zubauten erteilt. Beide Bescheide blieben nach der Aktenlage unbekämpft. Das Haus ist so situiert, dass es im nordöstlichen Bereich (diese Gebäudefront ist in den 1993 bewilligten Bauplänen als "Nordansicht" dargestellt, die nordwestliche Gebäudefront als "Westansicht" - so auch in den nunmehrigen Bauplänen) unbestritten die nunmehr nach der TBO 2001 erforderlichen Mindestabstände zum Grundstück der Erstmitbeteiligten nicht einhält. Der Abstand dieser Front zur Grundgrenze beläuft sich nach den Plänen zwischen rund 1 m und 0 cm, die Front ragt an ihrem südöstlichen Ende sogar etwas über die Grundgrenze hinaus. Nach den mit Bescheid vom bewilligten Bauplänen sind in diesem Bereich des Kellergeschoßes (darum geht es im nunmehrigen Bauverfahren) zwei Lagerräume ausgewiesen.

Die Erstmitbeteiligte und ihr Ehemann verwiesen im Jahr 2000 in verschiedenen Eingaben unter anderem darauf, dass bauliche Maßnahmen abweichend von der Baubewilligung durchgeführt worden seien, auch seien die Lagerräume im Kellergeschoß als Appartement vermietet.

Schließlich kam der Beschwerdeführer mit Eingabe vom (eingebracht am ) um die Erteilung der baubehördlichen Bewilligung für verschiedene bauliche Maßnahmen bei seinem Gebäude, darunter auch um die "teilweise Änderung des Verwendungszweckes", ein. Das betraf insbesondere (aber nicht nur) die Verwendung von Räumen im Kellergeschoß. In den dazugehörigen Bauplänen ist, soweit für den Beschwerdefall erheblich, im Kellergeschoß die Nutzung der beiden Lagerräume im Bereich zum Grundstück der Erstmitbeteiligten als Sauna einerseits und als WC mit Vorraum sowie Aufenthaltsraum andererseits vorgesehen, wobei auch entsprechende Zwischenwände aufscheinen (in der Sauna ebenfalls ein Bereich, der sichtlich mit einer Zwischenwand abgegrenzt ist, und wohl eine Dusche und ein Waschbecken umfassen dürfte). All dies ist gemäß der Farbgebung des Planes als "Bestand" ausgewiesen (nicht eingefärbt).

Der Bürgermeister beraumte mit Kundmachung/Ladung vom die Bauverhandlung für den an. In dieser Erledigung wird darauf verwiesen, dass die rechtzeitige Verständigung von der Anberaumung der mündlichen Verhandlung zur Folge habe, dass Einwendungen, die nicht spätestens am Tag vor Beginn der Verhandlung bei der Behörde oder während der Verhandlung vorgebracht würden, keine Berücksichtigung fänden und die Beteiligten dem Parteienantrag, dem Vorhaben oder der Maßnahme, die den Gegenstand der Verhandlung bildeten, als zustimmend angesehen würden. Etwaige Vorbehalte hinsichtlich nachträglicher Erklärungen könnten gemäß "den vorstehenden Bestimmungen" nach § 42 AVG nicht berücksichtigt werden. Die Erstmitbeteiligte wurde zur Bauverhandlung mit dieser Kundmachung persönlich geladen.

In der Bauverhandlung führte der beigezogene bautechnische Sachverständige aus, im Bereich der 4-Meter-Abstandsfläche (gemeint ist der Mindestabstandsbereich) seien in dem im Jahr 1993 genehmigten Plan im Kellergeschoß nur Lagerräume ausgewiesen. Eine Nutzungsänderung in diesen Bereichen sei nicht zulässig. Eine diesbezügliche Umplanung sei vorzunehmen.

Die Erstmitbeteiligte war durch Familienangehörige vertreten, sie erklärte, es werde die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes beantragt. Weiters werde die Überprüfung verlangt, ob keine Gesetzesverletzungen nach dem Tiroler Raumordnungsgesetz in Bezug auf Appartements und Ferienwohnungen vorlägen.

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid vom erteilte der Bürgermeister die angestrebte baubehördliche Bewilligung für einen Teil des Vorhabens und wies das Begehren "für die Errichtung eines Appartements im Kellergeschoß" ab.

Der Beschwerdeführer erhob gegen den abweislichen Teil dieses Bescheides Berufung. Der bautechnische Amtssachverständige äußerte sich in einer Stellungnahme vom dahingehend, nach § 6 TBO müssten bauliche Anlagen, die nicht ausschließlich dem Schutz von Sachen und Tieren dienten, einen Grenzabstand von mindestens 4 m aufweisen. Das gegenständliche Objekt stelle einen Altbestand dar, bei dem im Jahr 1993 die Genehmigung für den Um- und Zubau erteilt worden sei. Im Kellergeschoß des Gebäudes seien Lagerräume sowie ein Stiegenabgang und ein Heizraum genehmigt worden. Das nunmehrige Projekt sehe den Einbau eines Appartements, einer Sauna und eines Heizraumes vor.

Eine Begehung vor Ort habe ergeben, dass - bedingt durch das fallende Gelände - die Sauna nur zu einem geringen Teil unterirdisch liege. Daher sei nach § 6 Abs. 6 TBO 2001 die Sauna so, wie in den Planunterlagen dargestellt, nicht zulässig (angeschlossen sind 5 Lichtbilder).

Der Beschwerdeführer trat dieser Auffassung mit Schriftsatz vom entgegen, legte aber (im Hinblick auf weitere Bedenken des Sachverständigen) modifizierte Planunterlagen vor (datiert mit , Eingangsvermerk vom ). Soweit für das Beschwerdeverfahren erheblich, unterscheiden sie sich von den bislang verfahrensgegenständlichen Planunterlagen dadurch, dass im Kellergeschoß anstelle des Aufenthaltsraumes ein Lagerraum vorgesehen ist; im weiteren Teil des ursprünglichen Lagerraumes sind weiterhin ein WC und ein Vorraum vorgesehen, im anderen ursprünglichen Lagerraum eine Sauna. Die zuvor beschriebenen Zwischenwände (und Sanitäranlagen) sind weiterhin als Bestand ausgewiesen.

Nach verschiedenen Verfahrensschritten gab der Gemeindevorstand mit Berufungsbescheid vom der Berufung teilweise Folge und erteilte die baubehördliche Bewilligung für verschiedene (im Beschwerdeverfahren nicht mehr relevante) bauliche Maßnahmen im Bereich des Kellergeschoßes, wies aber die Berufung hinsichtlich der geplanten Errichtung von WC und Sauna im Kellergeschoß als unbegründet ab. Zu Letzterem heißt es zur Begründung, der Beschwerdeführer habe im Zuge des Berufungsverfahrens verschiedene Unterlagen auftragsgemäß nachgereicht, bestreite aber die Auffassung des Sachverständigen, dass die Sauna teilweise oberirdisch liege. Zur Abklärung dieser strittigen Frage sei am ein Ortsaugenschein durchgeführt und vom Sachverständigen festgestellt worden, dass Teile der Sauna oberirdisch seien. Diese Meinung werde vom Beschwerdeführer nicht geteilt, der behaupte, dass das gegenwärtige Gelände nicht dem ursprünglichen entspreche. Ihm seien mit Erledigung vom die genehmigten Planunterlagen aus dem Jahr 1959, denen das ursprüngliche Gelände zu entnehmen sei, zur Stellungnahme übermittelt worden. Der Beschwerdeführer sei aber weiterhin der Auffassung, dass sich der gesamte nunmehrige Saunabereich unter dem Geländeniveau befinde. Dies treffe nicht zu (wurde näher ausgeführt). Die im Kellergeschoß an der Nordseite untergebrachten Räumlichkeiten (Anmerkung: das sind die nun verfahrensgegenständlichen) seien demnach oberirdisch und es seien somit die Abstandsbestimmungen nach § 6 Abs. 1 lit. b TBO 2001 anzuwenden.

Der Beschwerdeführer erhob Vorstellung, die mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen wurde. Zur Begründung heißt es im Wesentlichen nach Hinweis auf § 6 Abs. 1 und Abs. 3 TBO 2001, im Beschwerdefall sei fraglich, ob die Sauna und das WC, die sich im Mindestabstandsbereich befänden, als oberirdisch oder unterirdisch zu qualifizieren seien. Grundsätzlich sei bei der Beurteilung einer baulichen Anlage als unterirdisch oder oberirdisch vom allgemeinen Sprachgebrauch auszugehen, wonach maßgeblich sei, ob sich eine bauliche Anlage nach der Bauführung über oder unter dem Gelände befinde. Für die Frage, ob ein Bau unterirdisch sei, sei ausschließlich von Bedeutung, ob dieser im Bereich der Abstandsfläche gegenüber dem jeweiligen Nachbarn das Gelände übersteige, unabhängig vom weiteren Verlauf des Baues an anderen Stellen. Dass die Sauna und das daran angrenzende WC auf Grund des abfallenden Geländes über das bestehende Geländeniveau ragten und demnach als oberirdisch zu qualifizieren seien, ergebe sich schlüssig aus den Lichtbildern und den Planunterlagen.

Dagegen richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in einer Gegenschrift - ebenso wie die Erstmitbeteiligte - die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Im Beschwerdefall ist die Tiroler Bauordnung 2001, LGBl. Nr. 94 (TBO 2001 - Wiederverlautbarung), anzuwenden, und zwar soweit erheblich in der Fassung LGBl. Nr. 35/2005.

§ 6 und § 20 TBO 2001 lauten auszugsweise:

"§ 6

Abstände baulicher Anlagen von den übrigen Grundstücksgrenzen

und von anderen baulichen Anlagen

(1) Sofern nicht aufgrund der in einem Bebauungsplan festgelegten geschlossenen oder besonderen Bauweise oder aufgrund von darin festgelegten Baugrenzlinien zusammenzubauen bzw. ein anderer Abstand einzuhalten ist, muss jeder Punkt auf der Außenhaut von baulichen Anlagen gegenüber den Grenzen des Bauplatzes zu den angrenzenden Grundstücken mindestens einen horizontalen Abstand aufweisen, der

a) im Gewerbe- und Industriegebiet, im Kerngebiet, auf Sonderflächen nach den §§ 43 bis 47 und 50 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und im Freiland das 0,4fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber drei Meter, zum übrigen Bauland, zu Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und zu Vorbehaltsflächen jedoch das 0,6fache dieses Abstandes, jedenfalls aber vier Meter, und

b) im übrigen Bauland, auf Sonderflächen nach den §§ 48, 49 und 51 des Tiroler Raumordnungsgesetzes 2001 und auf Vorbehaltsflächen das 0,6fache des lotrechten Abstandes zwischen dem betreffenden Punkt und dem Geländeniveau darunter, jedenfalls aber vier Meter,

beträgt. Wurde das Geländeniveau durch die Bauführung oder im Hinblick auf eine beabsichtigte Bauführung verändert, so ist bei der Berechnung der Abstände nach lit. a und b vom Geländeniveau vor dieser Veränderung auszugehen. Andernfalls ist vom bestehenden Geländeniveau auszugehen. Dies gilt auch dann, wenn eine Geländeveränderung mehr als zehn Jahre zurückliegt. Ist jedoch in einem Bebauungsplan eine Höhenlage festgelegt, so ist in allen Fällen von dieser auszugehen.

(2) ...

(3) Folgende bauliche Anlagen oder Bauteile dürfen in die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m ragen oder innerhalb dieser errichtet werden:

a) oberirdische bauliche Anlagen, die ausschließlich dem Schutz von Sachen oder Tieren dienen und deren mittlere Wandhöhe bzw. Höhe auf der der Grundstücksgrenze zugekehrten Seite 2,80 m, im Gewerbe- und Industriegebiet 3,50 m, nicht übersteigt, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen, einschließlich der Zufahrten; oberirdische bauliche Anlagen, die dem Schutz von Tieren dienen, dürfen in den Mindestabstandsflächen auch keine sonstigen Öffnungen ins Freie aufweisen; die Ausstattung von oberirdischen baulichen Anlagen mit begehbaren Dächern ist nur zulässig, wenn diese höchstens 1,50 m über dem anschließenden Gelände liegen oder wenn der betroffene Nachbar dem nachweislich zustimmt; begehbare Dächer dürfen mit einer höchstens 1 m hohen Absturzsicherung ausgestattet sein;

b) oberirdische bauliche Anlagen, die dem Aufenthalt von Menschen dienen, wie Terrassen, Pergolen und dergleichen, wenn sie überwiegend offen sind, sowie offene Schwimmbecken;

c) Stützmauern, Geländer, Brüstungen, Einfriedungen und dergleichen bis zu einer Höhe von insgesamt 2 m, im Gewerbe- und Industriegebiet bis zu einer Höhe von insgesamt 2,80 m, jeweils vom höheren anschließenden Gelände gemessen, außer der betroffene Nachbar stimmt einer größeren Höhe nachweislich zu;

d)

Stellplätze einschließlich der Zufahrten;

e)

unterirdische bauliche Anlagen, wenn sie in den Mindestabstandsflächen keine Rauchfang-, Abgasfang- oder Abluftfangmündungen aufweisen;

f) Flutlichtanlagen und sonstige Beleuchtungseinrichtungen mit Zustimmung des betroffenen Nachbarn.

(4) ...

(6) Die Mindestabstandsflächen von 3 bzw. 4 m dürfen insgesamt nur im Ausmaß von höchstens 15 v. H. der Fläche des Bauplatzes mit oberirdischen baulichen Anlagen im Sinne des Abs. 2 lit. a und Abs. 3 verbaut werden. Dabei bleiben bauliche Anlagen nach Abs. 3 lit. c und d sowie Pflasterungen und dergleichen unberücksichtigt. Oberirdische bauliche Anlagen nach Abs. 3 lit. a und b dürfen überdies nur in einem solchen Ausmaß errichtet werden, dass gegenüber den angrenzenden Grundstücken zu jeder Seite hin mindestens die Hälfte der gemeinsamen Grenze von baulichen Anlagen frei bleibt, außer der betroffene Nachbar stimmt einer weitergehenden Verbauung nachweislich zu. Gemeinsame Grenzen von weniger als 3 m Länge auf einer Seite bleiben unberücksichtigt.

(7) ...

(9) Erfüllt ein nach früheren baurechtlichen Vorschriften rechtmäßig bestehendes Gebäude die Voraussetzungen nach den Abs. 1 bis 4 und 6 nicht, so sind ein Umbau, ein geringfügiger Zubau oder eine sonstige Änderung dieses Gebäudes, eine Änderung seines Verwendungszweckes oder sein Wiederaufbau im Falle des Abbruches oder der sonstigen Zerstörung auch dann zulässig, wenn

a) von diesen Voraussetzungen nicht weiter als bisher abgewichen wird,

b)

den Erfordernissen des Brandschutzes entsprochen wird und

c)

bei einer Änderung des Verwendungszweckes weiters keine zusätzlichen nachteiligen Auswirkungen auf die angrenzenden Grundstücke, insbesondere durch Lärm, zu erwarten sind.

An jener Seite des Gebäudes, an der die Mindestabstände unterschritten werden, darf die Wandhöhe gegenüber dem bestehenden Gebäude nicht vergrößert werden. Dieser Absatz gilt sinngemäß für die Änderung und die Wiedererrichtung sonstiger baulicher Anlagen.

(10) ..."

"§ 20

Bewilligungspflichtige und anzeigepflichtige Bauvorhaben, Ausnahmen

(1) Einer Baubewilligung bedürfen, soweit sich aus den Abs. 2 und 3 nichts anderes ergibt:

a)

der Neu-, Zu- und Umbau von Gebäuden;

b)

die sonstige Änderung von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse wesentlich berührt werden;

c) die Änderung des Verwendungszweckes von Gebäuden oder Gebäudeteilen, wenn sie auf die Zulässigkeit des Gebäudes oder Gebäudeteiles nach den bau- oder raumordnungsrechtlichen Vorschriften von Einfluss sein kann; hiebei ist vom bewilligten Verwendungszweck bzw. bei Gebäuden oder Gebäudeteilen, für die aufgrund früherer baurechtlicher Vorschriften ein Verwendungszweck nicht bestimmt wurde, von dem aus der baulichen Zweckbestimmung hervorgehenden Verwendungszweck auszugehen;

d) ...

(2) Die sonstige Änderung von Gebäuden sowie die Errichtung und die Änderung von sonstigen baulichen Anlagen sind, sofern sie nicht nach Abs. 1 lit. b oder e einer Baubewilligung bedürfen, der Behörde anzuzeigen. Jedenfalls sind der Behörde anzuzeigen: (...)

(3) Weder einer Baubewilligung noch einer Bauanzeige bedürfen:

a) Baumaßnahmen im Inneren von Gebäuden, wenn dadurch allgemeine bautechnische Erfordernisse nicht wesentlich berührt werden, sowie die Anbringung von Vollwärmeschutz und der Austausch von Fenstern und Balkontüren, wenn dadurch die äußere Gestaltung des Gebäudes nicht wesentlich berührt wird;

b) ... "

Im Beschwerdefall ist nur mehr jener Teil des Bauvorhabens strittig, der den in den Plänen mit "Sauna" und "WC" bezeichneten Bereich des Kellergeschoßes betrifft. Dazu ist zu bemerken, dass diesbezüglich der genaue Umfang des Bauvorhabens unklar ist:

Begehrt wird jedenfalls eine Änderung des Verwendungszweckes, nämlich von Lagerräumen in Sauna und WC. Allerdings weisen die nun maßgeblichen Planunterlagen in diesem Bereich (im Gegensatz zu den im Jahr 1993 bewilligten Plänen) auch Zwischenwände und Sanitäreinrichtungen auf, die als Bestand ausgewiesen sind, wobei aber nicht ersichtlich ist, weshalb es sich dabei um einen rechtmäßigen Bestand handeln soll und nicht bloß um einen faktischen (baurechtlich kommt es auf den rechtmäßigen Bestand an). Deshalb ist unklar, ob der Bauantrag für diesen Bereich über die angestrebte Änderung des Verwendungszweckes hinaus auch die Bewilligung baulicher Maßnahmen zur Realisierung des geänderten Verwendungszweckes umfasst oder nicht.

Nicht unbemerkt soll auch bleiben, dass die Kundmachung/Ladung zur Bauverhandlung den Kriterien des § 42 AVG in der im Beschwerdefall damals maßgeblichen Fassung gemäß der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 nicht entsprach, weil darin inhaltlich auf die Rechtsfolgen des § 42 AVG in der Fassung vor dieser Novelle verwiesen wird (Präklusion von Einwendungen) und nicht auf die maßgeblichen Rechtsfolgen gemäß dieser Novelle (Verlust der Parteistellung), sodass wegen dieser fehlerhaften Kundmachung ein (gänzlicher oder teilweiser) Verlust der Parteistellung von Nachbarn nicht eintreten konnte (siehe dazu beispielsweise die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/06/0056, oder auch vom , Zl. 2000/06/0096).

Hinsichtlich der angestrebten Änderung des Verwendungszweckes haben sich die Behörden des Verwaltungsverfahrens erkennbar auf § 6 Abs. 3 lit. a TBO 2001 gestützt und das Vorhaben deshalb als nicht genehmigungsfähig erachtet, weil die Sauna als oberirdische bauliche Anlage zu qualifizieren sei. Sie haben dabei aber verkannt, dass es hier nicht um eine Änderung des Geländeumrisses, sondern um die Änderung des Verwendungszweckes von Räumen in einem rechtmäßig bestehenden Gebäude im Sinne des § 6 Abs. 9 TBO 2001 geht und diese Bestimmung relevant ist; die danach maßgeblichen Kriterien blieben aber in Verkennung der Rechtslage ungeprüft.

Die belangte Behörde belastete damit den angefochtenen Bescheid mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §42 idF 1998/I/158;
BauO Tir 2001 §20;
BauO Tir 2001 §6 Abs3 lita;
BauO Tir 2001 §6 Abs9;
BauRallg;
VwGG §42 Abs2 Z1;
Schlagworte
Planung Widmung BauRallg3
Baubewilligung BauRallg6
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2006060124.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
CAAAF-51202