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VwGH 15.01.2009, 2006/01/0248

VwGH 15.01.2009, 2006/01/0248

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
RS 1
Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach "Serbien-Montenegro mit Ausnahme des Kosovo" zulässig sei (Spruchpunkt II.). Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies der unabhängige Bundesasylsenat die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchteil I. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchteil II. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt II.). Der unabhängige Bundesasylsenat hat (mit Schreiben vom ) den Beschwerdeführer ausdrücklich aufgefordert, eine Berufungsergänzung nachzureichen. Bei Erteilung dieses Verbesserungsauftrages hat er unterlassen anzugeben, inwieweit der Berufung eine vom Gesetz geforderte Eigenschaft fehle. Der unabhängige Bundesasylsenat wäre aber verpflichtet gewesen, in seinem Aufforderungsschreiben an den Beschwerdeführer den seiner Ansicht nach vorliegenden Mangel der unterbliebenen Begründung zu § 7 AsylG (Asylentscheidung) konkret zu bezeichnen (vgl. das hg. E vom , Zl. 2005/11/0216; und Hengstschläger/Leeb, AVG, § 13, RZ 29). Steht (weil kein den inhaltlichen Anforderungen entsprechender Verbesserungsauftrag erteilt wurde) demnach nicht fest, dass hinsichtlich der Asylentscheidung ein begründeter Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG nicht vorliegt, dann durfte die Berufung in diesem Umfang nicht als unzulässig zurückgewiesen werden. Damit erweist sich der gesamte angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, weil dem Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides (betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung) die Voraussetzung der abweislichen Asylentscheidung fehlt. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kail und die Hofräte Dr. Blaschek, Dr. Kleiser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Matt, über die Beschwerde des M R (geboren 1980) in W, vertreten durch Dr. Axel Anderl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Dr. Karl Lueger-Ring 10, gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom , Zl. 266.644/0- XIV/39/05, betreffend Zurückweisung der Berufung in einer Asylangelegenheit und § 8 Abs. 1 Asylgesetz 1997 (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem erstinstanzlichen Bescheid des Bundesasylamtes vom wurde der Asylantrag des Beschwerdeführers vom gemäß § 7 Asylgesetz 1997 (AsylG) abgewiesen (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 leg. cit. festgestellt, dass die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach "Serbien-Montenegro mit Ausnahme des Kosovo" zulässig sei (Spruchpunkt II.).

Dagegen erhob der Beschwerdeführer am Berufung. Diese Berufung wurde gegen die "Spruchteile I, II und III" erhoben. Das Rechtsmittel enthält folgende Anträge:

"1) eine Ergänzung des Ermittlungsverfahrens auf Grund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens, wie unten dargestellt, anzuordnen;

2)

eine mündliche Verhandlung durchzuführen;

3)

mir nach dem AsylG 1997 Asyl zu gewähren;

4)

Gem. § 8 (1) AsylG 1997 festzustellen, dass meine Zurückweisung, Zurückschiebung und Abschiebung nach gem. § 57 FrG nicht zulässig ist;

in eventu

5) mir gemäß § 15 AsylG 1997 eine befristete Aufenthaltsberechtigung für ein Jahr zu erteilen;

6) Spruchteil III ersatzlos zu beheben.".

Die Berufung enthält danach den handschriftlichen Zusatz "Begründung folgt" und die Unterschrift des Beschwerdeführers.

Am langte bei der Erstbehörde ein als "Berufungsbegründung (hiermit nachgereicht)" bezeichneter Schriftsatz ein, der Ausführungen "Ad II) Non refoulement-Prüfung" enthält. Dieser Schriftsatz wurde an die belangte Behörde weitergeleitet und langte dort am ein.

Mit einem Schreiben vom (dem Beschwerdeführer zugestellt am ) forderte die belangte Behörde den Beschwerdeführer auf, binnen 14 Tagen eine Berufungsergänzung nachzureichen; bei fruchtlosem Ablauf der Frist werde sein Anbringen zurückgewiesen.

Mit einem am zur Post gegebenen (bei der belangten Behörde am eingelangten) Schreiben erstattete der Beschwerdeführer folgende (weitere) Ausführungen:

"Betreff: Aufenthaltsbewilligung

Ich R. M. gebe hiermit Gründe an in Österreich bleiben zu können.

Meine Frau H. R. und meine drei Kinder und ein viertes Kind ist unterwegs sind wohnhaft in Wien.

Habe keine Verwandte in Serbien und werde in Serbien nicht so schnell eine gute Arbeitsstelle finden.

Liebe meine Frau und meine Kinder über alles und möchte sie nicht hier alleine lassen.

Möchte Sie hiermit bitten um eine Aufenthaltsbewilligung in Wien - Österreich. Danke!"

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wies die belangte Behörde die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchteil I. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 63 Abs. 3 AVG als unzulässig zurück (Spruchpunkt I.) und die Berufung des Beschwerdeführers gegen Spruchteil II. des erstinstanzlichen Bescheides gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ab (Spruchpunkt II.).

Zur Zurückweisung der Berufung gegen den Asylteil des erstinstanzlichen Bescheides führte die belangte Behörde aus, der Berufung des Beschwerdeführers sei auch unter Berücksichtigung der hg. Rechtsprechung, wonach an eine von einem der deutschen Sprache nicht kundigen und rechtsfreundlich nicht vertretenen Asylwerber eingebrachte Berufung keine allzu strengen Anforderungen gestellt werden dürften, "nicht einmal ansatzweise entnehmbar, worin die Unrichtigkeit des bekämpften Bescheides bezüglich des Abspruches im Sinne des § 7 AsylG gelegen sein soll". Damit fehle es an einem begründeten Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG. Die weitere Begründung des angefochtenen Bescheides betrifft danach die Abweisung der Berufung im Umfang des Spruchteiles II. des erstinstanzlichen Bescheides.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

Gemäß § 63 Abs. 3 AVG hat die Berufung (auch) einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung dargetan hat, darf die Bestimmung des § 63 Abs. 3 AVG, wonach die Berufung einen begründeten Berufungsantrag zu enthalten hat, im Geiste des Gesetzes nicht formalistisch ausgelegt werden. Die Berufung müsse wenigstens erkennen lassen, was die Partei anstrebe und womit sie ihren Standpunkt vertreten zu können glaubt (vgl. hiezu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/02/0130).

Die vom Beschwerdeführer am erhobene (an diesem Tag bei der Erstbehörde eingelangte) Berufung ließ das Ziel des Berufungswerbers erkennen, nach Ergänzung des Ermittlungsverfahrens seinem Asylantrag stattzugeben und gemäß § 8 Abs. 1 AsylG die Unzulässigkeit seiner Abschiebung in den Herkunftsstaat festzustellen.

Eine Begründung zu diesem Berufungsbegehren enthielt die Berufung aber nicht.

Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels innerhalb einer angemessenen Frist mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf dieser Frist zurückgewiesen wird.

Die belangte Behörde hat (mit einem Schreiben vom ) den Beschwerdeführer ausdrücklich aufgefordert, eine Berufungsergänzung nachzureichen. Bei Erteilung dieses Verbesserungsauftrages hat sie unterlassen, anzugeben, inwieweit seiner Berufung eine vom Gesetz geforderte Eigenschaft fehle. Die belangte Behörde wäre aber verpflichtet gewesen, in ihrem Aufforderungsschreiben an den Beschwerdeführer den ihrer Ansicht nach vorliegenden Mangel der unterbliebenen Begründung zu § 7 AsylG (Asylentscheidung) konkret zu bezeichnen (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/11/0216; und Hengstschläger/Leeb, AVG, § 13, RZ 29).

Steht (weil kein den inhaltlichen Anforderungen entsprechender Verbesserungsauftrag erteilt wurde) demnach nicht fest, dass hinsichtlich der Asylentscheidung ein begründeter Berufungsantrag im Sinne des § 63 Abs. 3 AVG nicht vorliegt, dann durfte die Berufung in diesem Umfang nicht als unzulässig zurückgewiesen werden. Damit erweist sich der gesamte angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit belastet, weil dem Spruchteil II. des angefochtenen Bescheides (betreffend die Zulässigkeit der Abschiebung) die Voraussetzung der abweislichen Asylentscheidung fehlt.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
Schlagworte
Pflichten bei Erteilung des Verbesserungsauftrages
Manuduktionspflicht
Rechtliche Wertung fehlerhafter Berufungsentscheidungen
Rechtsverletzung durch solche Entscheidungen
Inhalt der Berufungsentscheidung Voraussetzungen der meritorischen
Erledigung Zurückweisung (siehe auch §63 Abs1, 3 und 5 AVG)
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2006010248.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-51173