VwGH 23.02.2009, 2005/10/0165
Entscheidungsart: Erkenntnis
Rechtssätze
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Normen | ForstG 1975 §172 Abs6; VVG §4; |
RS 1 | Die Vollstreckungsbehörde ist nicht daran gehindert, die Androhung der Ersatzvornahme mit einer formlosen Erledigung rückgängig zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/05/0009). |
Normen | ForstG 1975 §172 Abs6; VVG §10 Abs2 Z1; |
RS 2 | Die Ersatzvornahme ist jedenfalls so lange zulässig, als der Pflicht nicht zur Gänze nachgekommen wurde (Hinweis E , 91/06/0070). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 96/06/0026 E RS 2 |
Normen | ForstG 1975 §172 Abs6; VVG §10 Abs1; VVG §4 Abs2; VwRallg; |
RS 3 | Nach § 10 Abs. 1 VVG ist im Vollstreckungsverfahren der II. Teil des AVG mit seinen Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren und das Parteiengehör nicht anzuwenden. Die Vollstreckungsbehörden müssen allerdings auf konkretes Vorbringen des Verpflichteten zur Wahrung der Grundsätze eines geordneten Verfahrens eingehen. Den Verpflichteten trifft somit im Vollstreckungsverfahren eine besondere Mitwirkungsverpflichtung (Hinweis E vom , Zl. 97/10/0056). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2005/06/0150 E RS 2 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Marzi, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Appiano & Kramer Rechtsanwälte Gesellschaft m.b.H. in 1010 Wien, Bösendorferstraße 7, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom , Zl. LF1-FO-114/050-2005, betreffend Ersatzvornahme und Kostenvorauszahlung iA. Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Tulln (BH) vom (im Folgenden: Titelbescheid) wurden (ua.) dem Beschwerdeführer gemäß § 172 Abs. 6 des Forstgesetzes 1975 (ForstG) folgende Aufträge zur "Minimalsanierung" der Forststraße P. auf dem Grundstück Nr. 364/24, KG. St. A., erteilt (Wiedergabe im Original):
"1. Die bergseitige Böschung ist ab Kante mind. 1,5 m freizuschlägern, damit Licht zum Boden kommt und die Böschung entlastet wird. Die Böschungsoberkante ist zum Vermeiden von Erosionsangriffen geländeverlaufend abzurunden.
2. Der vom Talboden aus gesehene erste Rohrdurchlass ist mit stabilem Unterbau so zu verlängern, dass das Betonrohr außerhalb der talseitigen Böschung endet und ist im Anschluss daran mit einer Auslaufsicherung zu versehen, die geeignet ist, die erodierende Fließenergie des Wassers zu bremsen (Grobsteinschlichtung).
3. Zwischen Talgrund und erstem Rohrdurchlass ist zumindest eine Erdabkehre mit einer Tiefe von 30 cm anzubringen, sodass Oberflächenwässer schadlos abgeleitet werden.
4. Die Rutsche oberhalb der Kehre ist mit einer Krainerwand aus Ausschlaghölzern zu stabilisieren.
Die Auflagen sind bis längstens zu erfüllen."
Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Verfahrensanordnung vom räumte die BH dem Beschwerdeführer zur Erfüllung (ua.) der Aufträge des Titelbescheides eine Paritionsfrist von vier Wochen ein und drohte für den Fall der Nichterfüllung die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG an.
Im Schreiben vom erklärte der Beschwerdeführer, die Aufträge des Titelbescheides seien großteils erfüllt. Dennoch werde um eine Erstreckung der Leistungsfrist "bis in den Herbst" ersucht.
Nach Einholung einer forsttechnischen Stellungnahme vom verlängerte die BH mit Schreiben vom die Erfüllungsfrist hinsichtlich des Auftrages zu Spruchpunkt 3. des Titelbescheides bis , hinsichtlich der übrigen Aufträge des Titelbescheides bis .
In einem Aktenvermerk vom hielt der Bezirksförster Ing. J. fest, die durch den Titelbescheid angeordneten Maßnahmen seien bislang nicht erfüllt worden.
Mit Verfahrensanordnung vom , in der Spruchpunkt 3. des Titelbescheides erneut wiedergegeben war, räumte die BH dem Beschwerdeführer zur Erfüllung des Auftrages zu Spruchpunkt 3. des Titelbescheides eine neuerliche Paritionsfrist von zwei Wochen ein und drohte für den Fall der Nichterfüllung die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG an.
Wie aus einer Niederschrift vom hervorgeht, setzte die BH dem Beschwerdeführer ein weiteres Mal eine Frist bis zum zur Erfüllung der im Titelbescheid enthaltenen Aufträge. Dem Beschwerdeführer wurde Folgendes zur Kenntnis gebracht:
"Sollte diese Frist wieder ungenutzt verstreichen, wird das Vollstreckungsverfahren fortgesetzt. Die Androhung der Ersatzvornahme ist bereits mit Schreiben vom erfolgt."
Mit Schreiben vom teilte der forstfachliche Amtssachverständige DI F. mit, ein Ortsaugenschein am habe ergeben, dass die Aufträge des Titelbescheides nur ungenügend bzw. überhaupt nicht durchgeführt worden seien. Wegen der Sensibilität des Untergeländes - Wienerwaldflysch - müsse an der genauen Ausführung der aufgetragenen Maßnahmen festgehalten werden.
Mit Schreiben vom räumte die BH dem Beschwerdeführer zur Stellungnahme des forstfachlichen Amtssachverständigen DI F. vom Parteiengehör mit dem Hinweis ein, die BH werde "das mit angedrohte Verfahren zur Ersatzvornahme fortsetzen".
In seiner Stellungnahme vom erklärte der Beschwerdeführer, er habe die erwähnten Aufträge bereits erfüllt.
Am legte er eine auf der Begehung vom beruhende Stellungnahme des DI Ö. vom vor, welche (auszugsweise) wie folgt lautet (Wiedergabe im Original):
"1. Das Freischlägern der bergseitigen Böschung auf einer Breite von 1,5 m wurde im Bereich der Kehre (dieser Bereich war vermutlich gemeint) durchgeführt, dieser Streifen ist aber durch ein weiteres Abrutschen des Geländes zum Teil wieder verschwunden. Im übrigen Verlauf der Straße scheint eine solche Maßnahme technisch nicht notwendig.
2. Der erste Rohrdurchlass vom Talboden aus wurde zur talseitigen Böschung verlängert und mit Steinen gesichert (pers. Anmerkung: die Steinsicherung könnte noch verbessert werden).
3. Bis zum ersten Durchlass wurden zwei Erdabkehren angelegt, die durch die Benutzung der Straße schon etwas gelitten haben. Eine davon hat ihre Funktion zu diesem Zeitpunkt noch erfüllt.
(Technische Anmerkung zum Bescheid: eine 30 cm tiefe Abkehre bei der bestehenden Steigung der Forststraße wird für die Befahrbarkeit durch Fahrzeuge problematisch).
4. Oberhalb der Kehre hat (der Bf.) mit dem Bau der Krainerwand begonnen. (Techn. Anmerkung zum Bescheid: Die Krainerwand kann mit Ausschlaghölzern unterstützt werden, nicht aber aus Ausschlaghölzern errichtet werden)."
Einem auf einem Ortsaugenschein vom beruhenden Aktenvermerk des Bezirksförsters Ing. J. vom zufolge befand sich die Forststraße seit in unverändertem Zustand. Weitere Sanierungsmaßnahmen seien seither nicht gesetzt worden.
Mit Bescheid der BH vom wurde die mit Schreiben vom angedrohte Ersatzvornahme angeordnet und die Vorauszahlung der Kosten der Ersatzvornahme in der Höhe von EUR 1.600,-- aufgetragen.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG abgewiesen.
Zur Begründung stützte sich der Landeshauptmann auf die erwähnten Stellungnahmen des Bezirksförsters Ing. J. und des forstfachlichen Amtssachverständigen DI F.. Zusätzlich ergäbe sich (aus einem Aktenvermerk vom ) die zur erwähnten Stellungnahme des DI Ö. erstattete Bekräftigung des Bezirksförsters Ing. J., dass die Auflagen des Titelbescheides nicht erfüllt worden seien. In Ansehung der Kostenschätzung für die Ersatzvornahme verwies der Landeshauptmann auf die die einzelnen Arbeitsschritte und deren Dauer detailliert darlegende Stellungnahme des DI F. vom .
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die Abweisung der Beschwerde als kostenpflichtig beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:
1. Die Beschwerde ist unbegründet.
1.1. Der Beschwerdeführer wendet zunächst ein, die Erstbehörde habe mit der Verfahrensanordnung vom , in welcher lediglich die Ersatzvornahme in Ansehung des Spruchpunktes 3. des Titelbescheides angedroht worden sei, die Androhung der Ersatzvornahme vom teilweise rückgängig gemacht. Dies ergebe sich insbesondere auch aus dem Schreiben der BH vom . Dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
Zwar trifft es zu, dass die Vollstreckungsbehörde nicht daran gehindert ist, die Androhung der Ersatzvornahme mit einer formlosen Erledigung rückgängig zu machen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 90/05/0009).
Die Verfahrensanordnung vom , mit welcher die BH dem Beschwerdeführer für den Fall der Nichterfüllung der im Titelbescheid enthaltenen Aufträge die Ersatzvornahme gemäß § 4 VVG androhte, wurde in der Niederschrift vom erneuert. Die Verfahrensanordnung vom erging vor dem Hintergrund des Aktenvermerkes vom , wonach die durch den Titelbescheid angeordneten Maßnahmen bislang nicht erfüllt worden seien. Sie stellte Spruchpunkt 3. des Titelbescheides voran und war bei verständiger Würdigung nicht als teilweise Rückgängigmachung der Verfahrensanordnung vom hinsichtlich der übrigen Spruchpunkte des Titelbescheides anzusehen. Nichts anderes gilt in dieser Hinsicht auch für das Schreiben der BH vom . Es kann im Beschwerdefall also keine Rede davon sein, dass die BH ihre Androhung der Ersatzvornahme teilweise zurückgenommen hätte.
1.2. Der Beschwerdeführer rügt weiters eine Verletzung des Parteiengehörs in Ansehung des Aktenvermerkes vom und führt unter Hinweis auf die Stellungnahme des DI Ö. vom die Erfüllung der Aufträge des Titelbescheides ins Treffen. Auch dieses Vorbringen verhilft der Beschwerde nicht zum Erfolg.
Eine Ersatzvornahme ist zulässig, solange der durch den Titelbescheid auferlegten Verpflichtung nicht zur Gänze nachgekommen wurde (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/06/0070, und vom , Zl. 96/06/0026).
Auf Grund der ihn als Verpflichteten im Verwaltungsvollstreckungsverfahren treffenden besonderen Mitwirkungsobliegenheit wäre es am Beschwerdeführer gelegen gewesen genau anzugeben, welche Maßnahmen zwischenzeitig gesetzt wurden. Nach § 10 Abs. 1 VVG ist im Vollstreckungsverfahren der II. Teil des AVG mit seinen Bestimmungen über das Ermittlungsverfahren und das Parteiengehör nicht anzuwenden. Die Vollstreckungsbehörden haben allerdings auf konkretes Vorbringen des Verpflichteten zur Wahrung der Grundsätze eines geordneten Verfahrens einzugehen (vgl. das hg. Erkenntnis , Zl. 2005/06/0150 mwN).
Mit der vorgelegten, oben wiedergegebenen Stellungnahme des DI Ö. vom wurde freilich kein entsprechend konkretisiertes Vorbringen zu den allenfalls bereits durchgeführten Maßnahmen erstattet. Insbesondere legt diese Stellungnahme zu Spruchpunkt 2. des Titelbescheides nicht dar, ob der Rohrdurchlass mit stabilem Unterbau versehen wurde. Ferner werden zu Spruchpunkt 3. des Titelbescheides keine Angaben zur Tiefe der Erdabkehren gemacht.
Demgegenüber konnte die belangte Behörde davon ausgehen, dass (nach der unbedenklichen Aktenlage) die am und vom forstfachlichen Amtssachverständigen DI F. und Bezirksförster Ing. J. durchgeführten Ortsaugenscheine ergeben hatten, dass die durch den Titelbescheid erteilten Aufträge nur ungenügend bzw. überhaupt nicht durchgeführt worden waren. Dies wurde aufgrund des erwähnten Aktenvermerkes vom durch den Bezirksförster Ing. J. bekräftigt.
Vor diesem Hintergrund war die belangte Behörde nicht gehalten, sich mit dem in den entscheidenden Punkten allgemein gehaltenen Vorbringen des Beschwerdeführers weiter auseinander zu setzen (vgl. in diesem Sinn das hg. Erkenntnis vom , Zl. 91/07/0034, und neuerlich jenes vom ).
1.3. Dem in der Beschwerde nicht konkretisierten Einwand, die im Spruchpunkt 4. des Titelbescheides erwähnte Krainerwand könne unmöglich ausschließlich aus Ausschlaghölzern errichtet werden, ist die Kostenschätzung des forstfachlichen Amtssachverständigen DI F. vom entgegen zu halten, wonach die Krainerwand aus Ausschlaghölzern innerhalb weniger Stunden hergestellt werden könne. Die vom Beschwerdeführer hiezu gemachten Angaben boten für die belangte Behörde daher keinen Anlass zu weiteren Ermittlungen in diese Richtung.
1.4. Schließlich scheitert der Einwand des Beschwerdeführers, die aufgetragenen Maßnahmen seien teilweise ungeeignet und unnotwendig, am rechtskräftigen Titelbescheid (vgl. neuerlich das hg. Erkenntnis vom und jenes vom , Zl. 2006/05/0062).
1.5. Die Beschwerde wendet sich nicht ausdrücklich gegen den Auftrag zur Kostenvorauszahlung. Auch dem Akteninhalt ist nicht zu entnehmen, dass dem Beschwerdeführer ein höherer Kostenvorschuss auferlegt wurde, als zur Bestreitung der Kosten der Ersatzvornahme erforderlich wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/05/0293). Der Auftrag zur Kostenvorauszahlung ist daher nicht zu beanstanden.
2. Die Beschwerde erweist sich daher insgesamt als unbegründet, sodass sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
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Normen | ForstG 1975 §172 Abs6; VVG §10 Abs1; VVG §10 Abs2 Z1; VVG §4 Abs2; VVG §4; VwRallg; |
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ECLI | ECLI:AT:VWGH:2009:2005100165.X00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-51151