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VwGH 19.05.2009, 2005/10/0161

VwGH 19.05.2009, 2005/10/0161

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssatz


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Normen
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art15 Abs1;
LSchV Murauen Mureck Bad Radkersburg Klöch 1981 §6 Abs2;
NatSchG Stmk 1976 §6 Abs3;
NatSchG Stmk 1976 §6 Abs7;
RS 1
Maßnahmen, die der Bundeskompetenz "Bergwesen" unterliegen, können unter Gesichtspunkten des Natur- und Landschaftsschutzes einer landesrechtlichen Regelung unterworfen werden (vgl zB die Erkenntnisse vom , Zl 92/10/0437, und vom , Zl 95/10/0270, VwSlg 14816 A/1997).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2000/10/0170 E RS 1 (hier zweiter Satz: Durch das Vorliegen einer berg- oder mineralstoffrechtlichen Bewilligung wird die naturschutzrechtliche Bewilligung nicht vorgeweggenommen)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde der L GmbH & Co KG in U, vertreten durch Reif und Partner Rechtsanwälte OEG in 8020 Graz, Brückenkopfgasse 1/8, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. FA 13C-54 H 115/55-2005, betreffend naturschutzrechtliche Bewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 660,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde gemäß §§ 6 Abs. 3 lit. a und Abs. 7, §§ 13 Stmk NatSchG 1976 idgF LGBl. Nr. 56/2004 in Verbindung mit der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen und der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom über die Erhaltung der wildlebenden Vogelarten den Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Bewilligung der Nassbaggerung "Murfranzl" in der KG D, Gemeinde H, im Landschaftsschutzgebiet Nr. 36 sowie im Natura 2000-Gebiet "Steirische Grenzmur mit Gamlitzbach und Gnasbach" ab.

In der Begründung wurde zunächst der Verfahrensablauf dargestellt, wobei ua das Gutachten des Amtssachverständigen für Naturschutz DI F vom und die umfassende Stellungnahme des Amtssachverständigen für Naturschutz Dr. T vom wörtlich wiedergegeben wurden.

Im Anschluss daran führte die belangte Behörde aus, sie lege ihrer Entscheidung folgende Erwägungen zu Grunde:

Die Beschwerdeführerin betreibe in der KG D, der Marktgemeinde H, unmittelbar südlich der Maistrockenanlage der Firma L eine Betriebsanlage zum Abbau von Sand und Kies in Form einer Nassbaggerung und zur Aufbereitung des Materials. Die Beschwerdeführerin beabsichtige nun die Erweiterung des Schotterabbauareals durch die Errichtung einer zweiten - nämlich der beantragten - Nassbaggerung "Murfranzl", ca. 350 m nordwestlich der im Abbau befindlichen Nassbaggerung.

Die geplante Nassbaggerung "Murfranzl" liege am Rande des Auwaldes der Mur zwischen der Gemeindestraße in D im Norden und der Mur im Süden in einem Abstand von ca. 600 m zu diesem Punkt. Sie werde im Norden, zwar nicht unmittelbar an die Baggerung angrenzend, von einer Ackerfläche hinter einer Baumhecke mit Auwaldresten und einem Altarm, im Nordosten von Waldbereichen, im Osten und Süden von Auwald, im Westen von einem Gemeindeweg und indirekt ebenfalls von landwirtschaftlich genutzten Flächen mit Rinnen im Westen und Osten begrenzt.

Die gesamte für die Errichtung der Nassbaggerung vorgesehene Abbaufläche weise eine Größe von ca. 4,2 ha auf, wobei die freie Wasserfläche im langjährigen Mittel der Grundwasserstände ca. 3,8 ha betragen werde. Durch die Nassbaggerung komme es laut dem Bescheid über die Erteilung der wasserrechtlichen Bewilligung vom zu keiner Absenkung des Grundwasserspiegels.

Der als Folgenutzung der Auskiesung geplante "Landschaftssee" sei als anthropogen geschaffene Wasserfläche zu bezeichnen.

Die vom Projekt betroffenen Grundstücke lägen sowohl im Landschaftsschutz- als auch im Important Bird Area- sowie im Natura 2000-Gebiet. Das Natura 2000-Gebiet weise eine Fläche von ca. 2100 ha auf, wobei der überwiegende Anteil von dem für das Gebiet wichtigsten Naturraum, dem Auwald an der Mur, eingenommen werde.

Mit der 88. Verordnung der Steiermärkischen Landesregierung vom seien die Gebiete der Murauen (Mureck-Bad Radkersburg-Klöch) zum Landschaftsschutzgebiet Nr. 36 erklärt worden. Der Schutzzweck liege in der Erhaltung der besonderen landschaftlichen Schönheit und Eigenart, der seltenen Charakteristik und des Erholungswertes.

Im Jahr 1995 sei das untere Murtal als Important Bird Area (IBA) ausgewiesen worden. Innerhalb der Europäischen Union erfüllten alle IBAs auch die Kriterien der Vogelschutzrichtlinie, weshalb die Ausweisung dieser Gebiete als Sonderschutzgebiete besondere Bedeutung habe. Die ornithologische Bedeutung dieses Gebietes werde durch die mit 186.2 Rev/10 ha. für mitteleuropäische Verhältnisse ungewöhnlich hohe Gesamtabundanz deutlich.

Die Grenzmur mit den Auwaldgebieten sei mit Regierungsbeschluss vom als Gebiet von gemeinschaftlicher Bedeutung - Natura 2000-Gebiet "Steirische Grenzmur mit Gamlitzbach und Gnasbach" - der Europäischen Kommission genannt worden. Die Grundlage dazu bilde die Ausdehnung und Qualität des vorhandenen Lebensraumes an der Mur, der Teillebensräume sowie die Bedeutung der Arten der Vogelschutz- und der Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL).

Mit Beschluss vom habe die Steiermärkische Landesregierung das Verfahren zur Verordnung des Europaschutzgebietes Nr. 15 "Steirische Grenzmur mit Gamlitzbach und Gnasbach" eingeleitet.

Begründend wurde auch ausgeführt, das seit rechtswirksame regionale Entwicklungsprogramm Radkersburg, LGBl. Nr. 28/2005, lege unter anderem Grünzonen fest. Grünzonen dienten dem Schutz der Natur - der Kulturlandschaft und ihrer Faktoren und/der der Naherholung. Regionale Entwicklungsprogramme stellten ganz besonders auf regionsspezifische Ziele ab. Dies betreffe insbesondere Bereiche des Naturhaushaltes, die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen, aber auch Boden, Wasser, Luft usw, der Rohstoffe, der natürlichen Umwelt, der Landschaftsstruktur und des Lärmschutzes.

In Grünzonen sei gemäß § 6 Abs. 2 VO die Gewinnung mineralischer Rohstoffe unzulässig. Das vom Projekt ins Auge gefasste Gebiet liege in einer Grünzone. Gemäß § 13 Abs. 1 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz 1974, LGBl. Nr. 129/74, idF LGBl. Nr. 13/2005 dürften Verordnungen und Bescheide auf Grund von Landesgesetzen nur im Einklang mit den Entwicklungsprogrammen erlassen werden. Entgegen dieser Vorschrift erlassene Bescheide seien innerhalb von drei Jahren nach Eintreten der Rechtskraft mit Nichtigkeit bedroht.

Der Antrag sei daher im Hinblick auf § 6 Abs. 2 des Regionalen Entwicklungsprogrammes und § 13 Abs. 1 ROG abzuweisen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, die Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend macht.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die belangte Behörde vertritt den Standpunkt, der Antrag der Beschwerdeführerin auf Erteilung der naturschutzrechtlichen Genehmigung sei schon deshalb abzuweisen, weil gemäß dem von der Steiermärkischen Landesregierung mit Verordnung vom , LGBl. Nr. 28/2005, erlassenen regionalen Entwicklungsprogramm das Abbaugebiet des geplanten Vorhabens in einer Grünzone liege, in der gemäß § 6 Abs. 2 der genannten Verordnung der Abbau von mineralischen Rohstoffen unzulässig sei. Gemäß § 13 Abs. 1 ROG, wonach eine Bewilligung nur im Einklang mit dem regionalen Entwicklungsprogramm erteilt werden dürfe, sei der Antrag daher abzuweisen.

Die Beschwerde hält dagegen, das Stmk NatSchG enthalte keine Bestimmungen, wonach die Naturschutzbehörden das Raumordnungsgesetz oder regionale Entwicklungsprogramme zu berücksichtigen hätten. Eine Rolle könnten solche Programme lediglich bei der Beurteilung des volks- und regionalwirtschaftlichen Interesses spielen, keinesfalls jedoch bei der Beurteilung naturräumlicher Gegebenheiten. Bei Bergbaubetrieben regle das Mineralrohstoffgesetz (MinRoG), inwieweit die Raumordnung bei der Genehmigung von Gewinnungsbetriebsplänen zu berücksichtigen sei. Danach sei unter anderem gemäß § 82 Abs. 1 Z. 4 MinRoG die Genehmigung des Gewinnungsbetriebsplanes dann zu untersagen, wenn das geplante Abbaugebiet in einem im Flächenwidmungsplan ausgewiesenen Ruhegebiet liege. Der Bundesgesetzgeber habe somit bei Bergbaubetrieben die Berücksichtigung der Raumordnung der Bundesvollziehung vorbehalten. Das Genehmigungsverfahren betreffend den Gewinnungsbetriebsplan sei jedoch bereits rechtskräftig mit Bescheid vom vor Inkrafttreten des regionalen Entwicklungsprogrammes am abgeschlossen worden.

Das Vorhaben Nassbaggerung "Murfranzl" der Beschwerdeführerin liegt unbestritten in einer Grünzone im Sinne des § 6 Abs. 2 des regionalen Entwicklungsprogrammes Radkersburg, in der nach dem achten Satz der soeben zitierten Vorschrift die Gewinnung mineralischer Rohstoffe unzulässig ist.

Die Ausführungen in der Beschwerde sind nicht geeignet, der Beschwerde zum Erfolg zu verhelfen, da nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes Maßnahmen, die der Bundeskompetenz "Bergwesen" unterliegen, unter Gesichtspunkten des Natur- und Landschaftsschutzes einer landesrechtlichen Regelung unterworfen werden können (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/10/0012 mwN und ausführlich das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/10/0437). Durch das Vorliegen einer berg- oder mineralstoffrechtlichen Bewilligung wird die naturschutzrechtliche Bewilligung nicht vorweggenommen (vgl. z. B. das bereits zitierte hg. Erkenntnis vom , mwN).

Verordnungen und Bescheide auf Grund von Landesgesetzen dürfen gemäß § 13 Abs. 1 Steiermärkisches Raumordnungsgesetz nur im Einklang mit den Entwicklungsprogrammen erlassen werden. Das Beschwerdevorbringen bietet auch keinen Anlass, einen Antrag gemäß Art. 139 Abs. 1 B-VG betreffend das Regionale Entwicklungsprogramm Radkersburg beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

Die belangte Behörde hat daher mit dem angefochtenen Bescheid schon aus den genannten Gründen den Antrag der Beschwerdeführerin auf naturschutzrechtliche Bewilligung zu Recht abgewiesen. Auf das weitere Beschwerdevorbringen war daher nicht einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich demnach als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Aufwandersatz-Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008, insbesondere deren § 3 Abs. 2.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
B-VG Art10 Abs1 Z10;
B-VG Art15 Abs1;
LSchV Murauen Mureck Bad Radkersburg Klöch 1981 §6 Abs2;
NatSchG Stmk 1976 §6 Abs3;
NatSchG Stmk 1976 §6 Abs7;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2005100161.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
TAAAF-51150