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VwGH 19.05.2009, 2005/10/0095

VwGH 19.05.2009, 2005/10/0095

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 1
Wie der Verwaltungsgerichtshof zu § 9 in Verbindung mit § 3 Z 2 Oö NatSchG 2001 ausgesprochen hat, ist für die Bejahung einer maßgeblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in einem Bereich, der schon durch verschiedene anthropogene Objekte belastet ist, von ausschlaggebender Bedeutung, ob durch die beantragte Maßnahme eine derartige "zusätzliche Verdichtung" künstlicher Faktoren in der Landschaft bewirkt werde, die zu einer "neuen Prägung des Landschaftsbildes" führen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0004, mit Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/10/0077).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2003/10/0239 E RS 1 (hier: Holzsprossenwand bei bestehender Bootshütte)
Normen
NatSchG OÖ 1995 §3 Z1 idF 2001/090;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 2
Die Annahme eines Eingriffs in das Landschaftsbild im Sinn des § 3 Z 1 OÖ NatSchG 1995 setzt voraus, dass durch die betreffende Maßnahme der optische Eindruck des Bildes der Landschaft maßgebend verändert wird. Entscheidend ist dabei, inwieweit das aktuelle, durch eine Vielzahl von (der Entfernung nicht oder nicht mehr unterliegenden) Merkmalen geprägte Bild der Landschaft infolge Hinzutretens der beantragten Maßnahme optisch verändert wird. Um hier von einer maßgebenden Veränderung sprechen zu können, ist es daher notwendig, dass die Maßnahme im "neuen" Bild der Landschaft prägend in Erscheinung tritt. Fällt ihr Einfluss auf das Bild der Landschaft jedoch wegen seiner untergeordneten Bedeutung nicht ins Gewicht, so vermag die Maßnahme das Landschaftsbild auch nicht maßgebend zu verändern. (hier: Die Annahme, eine Steganlage werde zwar optisch nicht hervorstechen, das Bild der Landschaft aber dennoch maßgeblich verändern, diesem also ein "neues" Gepräge geben, ist verfehlt.)
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2002/10/0077 E RS 2
Normen
AVG §52;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 3
Um beurteilen zu können, ob durch eine bestimmte Maßnahme eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes iSd § 3 Z 2 OÖ NatSchG 1995 herbeigeführt worden ist, bedarf es - sofern eine solche Veränderung nicht auf der Hand liegt - einer Beschreibung des Landschaftsbildes, wie es vor und nach Ausführung der betreffenden Maßnahme bestanden hat. Hiebei sind all jene Elemente und Faktoren zu beschreiben, die dem jeweiligen Landschaftsbild ihr Gepräge geben. Erst durch den Vergleich der (unterschiedlichen) Landschaftsbilder eröffnet sich die Möglichkeit einer sachverhaltsmäßig gesicherten Aussage darüber, ob eine unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes eingetreten ist (Hinweis E , 95/10/0107).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 99/10/0162 E RS 1 (hier betreffend das OÖ NatSchG 2001)
Normen
NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §3 Z8;
NatSchG OÖ 2001 §58;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1 Z1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
RS 4
Ein Entfernungsauftrag gemäß § 58 Abs. 1 und 5 iVm. § 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 setzt einen konsenslos vorgenommenen Eingriff in das Landschaftsbild voraus. Beruht die Auffassung der belangten Behörde, es liege ein solcher Eingriff vor, nicht auf einer vollständig ermittelten Sachverhaltsgrundlage, bedarf der festgestellte Sachverhalt auch im Umfang der Erlassung des Entfernungsauftrages in Ansehung der Holzsprossenwand somit einer Ergänzung (vgl. das zu § 39 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 ergangene hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/10/0107).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Schick und Mag. Nussbaumer-Hinterauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Petritz, über die Beschwerde des DI. H A in M, vertreten durch Ferner Hornung & Partner Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Hellbrunner-Straße 11, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. N-104900/12-2004-Pin/Hi, betreffend Feststellung und Entfernungsauftrag nach dem Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im angefochtenen Umfang - d.i. der Abweisung der beantragten Feststellung gemäß § 9 Abs. 1 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 sowie des Entfernungsauftrages in Ansehung der Holzsprossenwand entlang der nordseitigen Außenwand der Bootshütte - wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid vom stellte die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (BH) gemäß § 9 Abs. 1 des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetz 2001 (Oö NatSchG 2001) fest, dass durch den Anbau an die bestehende Bootshütte auf den im Eigentum des Beschwerdeführers stehenden Grundstücken Nr. 114/3, KG. St. L., und Nr. 295/341, KG. M., im 500 m-Seeuferbereich des Mondsees solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, bei Einhaltung näher bezeichneter Auflagen nicht verletzt würden. Der Bescheid bezog sich auf einen Anbau im Ausmaß von 2,56 m Länge und 4,1 m Breite bei einer Firsthöhe von 4,42 m im westlichen Bereich an die bestehende Bootshütte mit einem Ausmaß von 8,6 m Länge und 4,1 m Breite bei einer Firsthöhe von 4,42 Metern. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.

Einem im Verwaltungsakt erliegenden Aktenvermerk vom zufolge wurde anlässlich einer Überprüfung der Bootshütte wahrgenommen, dass der Anbau um ca. einen halben Meter länger als im Bescheid der BH vom vorgesehen ausgeführt worden wäre. Weiters wäre im Anschluss an den Anbau an die Bootshütte eine "Betonierung" im Ausmaß von 7 mal 5 m errichtet worden.

Mit Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer um "nachträgliche Bewilligung" des zusätzlichen Anbaus (gemeint: nachträgliche Feststellung, dass durch die zusätzliche Verlängerung des Anbaues um 44 cm solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden). Mit Schreiben vom ersuchte der Beschwerdeführer überdies um nachträgliche Feststellung, dass durch die Errichtung eines Zubaues mit verschiebbarer Holzsprossenwand an die bestehende Bootshütte solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

Die BH stellte mit Bescheid vom unter Spruchpunkt I. gemäß § 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 fest, dass durch den Anbau an die bestehende Bootshütte im Ausmaß von insgesamt 3 m Länge (das entspreche - gegenüber dem bereits mit Bescheid der BH vom festgestellten Ausmaß von 2,56 m Länge - einem zusätzlichen Ausmaß von 44 cm) solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, bei Einhaltung näher bezeichneter Auflagen nicht verletzt würden. Unter Spruchpunkt II. wurde gemäß § 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 der Antrag vom auf Feststellung, dass durch die entlang der nordseitigen Außenwand der Bootshütte errichtete Holzsprossenwand, "wodurch ein Raum mit einer Breite von ca. 70 cm und einer Grundfläche von etwa 6 m2 geschaffen wurde", solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden, abgewiesen. Unter Spruchpunkt III. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 58 Abs. 1 iVm. Abs. 5 Oö NatSchG 2001 aufgetragen, die Errichtung der Holzsprossenwand und die Betonierung einer Fläche von 7 mal 5 m im Anschluss an die Bootshütte innerhalb einer näher bezeichneten Frist zu entfernen.

In der gegen die Spruchpunkte II. und III. dieses Bescheides erhobenen Berufung brachte der Beschwerdeführer vor, die Errichtung der Holzsprossenwand stelle keinen Eingriff in das Landschaftsbild dar.

Während des Berufungsverfahrens legte der Beschwerdeführer ein landschaftsästhetisches Gutachten der A.(...) GmbH und Co KEG vom vor. Danach lägen die Grundstücke, auf denen sich die verfahrensgegenständliche Bootshütte befinde, am westlichen Ufer des Mondsees im unmittelbaren Seeuferbereich. In den rechtskräftigen Flächenwidmungsplänen sei das Grundstück Nr. 114/3 als "Grünland - Erholungsfläche / Badeplatz" und das Grundstück Nr. 295/341 als "Grünzug" ausgewiesen. Auf dem westlich angrenzenden Grundstück habe der Beschwerdeführer ein neues Wohn- und Seminarhaus errichtet. Zwischen diesem und dem Seeufer erstrecke sich eine gepflegte Grünfläche mit einem künstlich angelegten Feuchtbiotop. Nördlich angrenzend befinde sich ein Campingplatz, während sich südlich der Bootshütte eine naturnahe Verlandungszone, welche durch einen Schilfgürtel gekennzeichnet sei, erstrecke. Die Holzsprossenwand sei an der Nordseite der Bootshütte angebaut. Diese Seite sei in Richtung des Campingplatzes orientiert. Die Bootshütte selbst sei in Holzbauweise mit senkrecht angebrachten Brettern ausgeführt. An der auf die Wasserfläche des Mondsees gerichteten Seite sei ein Tor angebracht, das aus in geringem Abstand zueinander montierten senkrechten Latten bestehe. Der an der westlichen Seite des Gebäudes errichtete Anbau mit einer Länge von drei Metern sei mit unbehandeltem Lärchenholz verkleidet und das Dach mit Lärchenschindeln eingedeckt worden. Das unbehandelte Holz verändere seine Farbe durch Verwitterung und werde bald einen natürlichen und dezenten Farbton annehmen. Die Holzsprossenwand bestehe aus verschiebbaren Rahmenelementen, auf denen ebenfalls in geringem Abstand zueinander senkrechte Latten aus unbehandeltem Lärchenholz montiert seien. Diese Konstruktion diene einerseits dem Schutz von dahinter gelagerten Surfutensilien und biete andererseits Sichtschutz auf diese Geräte. Die Holzsprossenwand harmoniere mit der Fassade des neu errichteten Seminar- und Wohnhauses im Hintergrund. Dieses sei mit einer Holzverschalung aus senkrechten Lärchenholzlatten verkleidet. Die Verbindung der Gebäude durch dieses gemeinsame Element sei Ausdruck eines gestalterischen Gesamtkonzeptes für die gesamte Liegenschaft. Durch die offene und leichte Konstruktion ordne sich die Holzsprossenwand dem Gesamteindruck der Bootshütte derart unter, dass die Veränderung der Proportionen bzw. der Symmetrie nicht ins Gewicht falle. Überhaupt gehe der Charakter des Gebäudes als Bootshütte nicht verloren. Vor allem von der Seeseite aus sei der Vorbau kaum sichtbar. Der auf der Südseite der Bootshütte anschließende naturnahe Bereich werde durch die Holzsprossenwand nicht mehr als bisher beeinträchtigt. Insgesamt stelle die Holzsprossenwand keine Störung des Landschaftsbildes dar.

Einer im Berufungsverfahren vom Beschwerdeführer ebenfalls vorgelegten Stellungnahme der DI. G. B. und C. B. vom ist zu entnehmen, dass auch eine 100 m südlich der gegenständlichen Bootshütte liegende Bootshütte nicht vollständig symmetrisch sei. Der Charakter der Hütte als Bootshütte leite sich schon aus ihrer Lage und ihrer weitgehenden Umspülung durch den Mondsee sowie aus dem die komplette Giebelseite der Bootshütte vereinnahmenden Einfallstor ab. Durch die Holzsprossenwand gehe dieser Charakter nicht verloren. Die Kastenrinne sei offensichtlich in Analogie zum neu errichteten Seminargebäude gewählt worden. Insgesamt stelle die gesamte Bootshütte eine gelungene Umsetzung des "landschaftsgebundenen Bauens" dar.

Die oberösterreichische Landesregierung (Oö Landesregierung) holte ein Gutachten vom und eine ergänzende Stellungnahme vom der Landesbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz Mag. R. (im Folgenden: Landesbeauftragte) ein.

Danach sei das Landschaftsbild im Bereich der verfahrensgegenständlichen Bootshütte wie folgt charakterisiert:

Nördlich der Bootshütte befinde sich ein Campingplatz, während südlich ein seltener Verlandungsbereich des Mondsees mit natürlichem Gepräge (ausgedehntes Uferbegleitgehölz bestehend aus Weide, Pappel, Schwarzerle und Esche sowie Verlandungsgesellschaften im Unterwuchs: Schilf, diverse Seggen, Mädesüß, Bachnelkenwurz, Baldrian etc) anschließe. Das Ufer in diesem Bereich sei naturbelassen und weise abgesehen von einer ca. 100 m entfernten Bootshütte keine weiteren Seeeinbauten auf. Im Gegensatz dazu erstrecke sich nördlich der Bootshütte durch das senkrecht verlegte und verfugte Beton- und Holzmaterial der Ufersicherung ein harter Übergang zwischen Land und Wasser, wobei dieser Bereich durch anthropogene Eingriffe (Drainagierung, Verbauung etc.) zusätzlich entwertet werde.

Das gegenständliche Anwesen präsentiere sich als eine geometrisch angelegte, entwässerte Wiesenfläche mit vereinzeltem standortgerechtem Baumbestand (Esche, Pappel und Birke), die mittels Maschendrahtzaun sowie diversen Sträuchern eingefriedet sei und mit einem zweigeschoßigen Wohn- und Seminargebäude im westlichen Bereich bebaut sei. Das gesamte Gelände diene dem Seminarbetrieb des Hotels mit Sport- und Freizeitangeboten an der Uferlinie. Die verfahrensgegenständlichen Grundstücke stellten somit einen Übergangsbereich zwischen einem stark überformten Abschnitt im Norden und einem natürlichen Verlandungsbereich im Süden dar. Durch die Errichtung der Holzsprossenwand sei die bislang kompakte und in traditioneller Bauweise errichtete Bootshütte in ihren Proportionen verfälscht worden. Aufgrund der Errichtung der Holzsprossenwand zeige die Bootshütte nunmehr ein asymmetrisches Bild und es erhöhe sich insgesamt ihre Baumasse. Insgesamt sei durch die Errichtung der Holzsprossenwand ein unproportionales, das Landschaftsbild maßgeblich beeinträchtigendes Objekt entstanden. Überhaupt werde auch auf die an den heimischen Seen durch diverse Zu- und Aufbauten ermöglichte Sekundär- und Zusatznutzung von Bootshäusern und der daraus resultierenden maßgeblichen Veränderung der Landschaftscharakteristik hingewiesen. Durch die Umgestaltung der verfahrensgegenständlichen Bootshütte in ein Gebäude mit Zusatzfunktionen (seitliche Lagerung von Surfboard, Segeln) gehe der ursprüngliche Charakter des Objektes verloren.

Bezogen auf das vom Beschwerdeführer vorgelegte Gutachten vom räumte die Landschaftsbeauftragte ein, die Ausführung der Holzsprossenwand korrespondiere mit der Fassade des neu errichteten Wohn- und Seminargebäudes im Hintergrund der Bootshütte. Dennoch wirkten sich die veränderten Proportionen der Bootshütte gravierend auf das Landschaftsbild aus und gehe der Charakter als einfache Bootshütte verloren. Was die Ausgestaltung der Konstruktion anlange, so liege eine massive Kastenrinne vor, welche keinesfalls als leicht bezeichnet werden könne.

Mit Bescheid vom wies die Oö Landesregierung die gegen die Spruchpunkte II. und III. des Bescheides der BH vom erhobene Berufung gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab und setzte dabei für die Entfernungsaufträge eine neue Leistungsfrist fest.

Zur Begründung stützte sich die Oö Landesregierung auf das Gutachten vom und die ergänzende Stellungnahme von der Landschaftsbeauftragten. Durch die Sprossenwand sei ein in seinen Proportionen verfälschtes Gebäude entstanden, dessen visuelle Präsenz im Landschaftsbild maßgeblich verstärkt werde. Durch die Errichtung der Holzsprossenwand sei die Bootshütte nicht mehr als solche erkennbar, sondern werde "nach außen hin immer mehr der Charakter eines Freizeitgebäudes transportiert". In dieser Hinsicht sei von einem Eingriff in das Landschaftsbild auszugehen. Selbst dem vom Beschwerdeführer vorgelegten Gutachten vom sei zu entnehmen, dass der Blick vom Campingplatz im Norden auf das hinter dem Bootshaus befindliche Uferbegleitgehölz besonders reizvoll sei. Den im Verwaltungsakt erliegenden Lichtbildern sei aber zu entnehmen, dass nunmehr vom Campingplatz aus gesehen die Holzsprossenwand als "unruhig und architektonisch ungünstig" anzusehen sei. Es liege daher ein Eingriff in das Landschaftsbild vor, der geeignet sei, dieses maßgeblich zu verändern. Auch die vom Beschwerdeführer ins Treffen geführten Interessen seien nicht geeignet, dem als besonders hoch zu bewertenden öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes in diesem Bereich auch nur gleichwertig zu sein. Bei dieser Sachlage sei die Oö Landesregierung verpflichtet gewesen, einen Entfernungsauftrag gemäß § 58 Oö NatSchG 2001 zu erteilen.

Die gegen diesen Bescheid, und zwar nur gegen den Ausspruch hinsichtlich der Abweisung der beantragten Feststellung gemäß § 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 und hinsichtlich des auf die Holzsprossenwand bezogenen Entfernungsauftrages, an den Verfassungsgerichtshof erhobene Beschwerde wurde, nachdem dieser ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1603/04-4, abgelehnt hatte, gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Oö NatSchG 2001 in der Fassung der Novelle LGBl. Nr. 24/2004 lauten (auszugsweise):

"I. ABSCHNITT

Allgemeine Bestimmungen

...

§ 3

Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:

...

2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert;

...

8. Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft;

...

II. ABSCHNITT

Natur- und Landschaftsschutz

...

§ 9

Natur- und Landschaftsschutz im Bereich von Seen

(1) Jeder Eingriff

1. in das Landschaftsbild ...

...

an allen Seen samt ihren Ufern bis zu einer Entfernung von 500 m landeinwärts ist verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes ..., die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden.

...

XI. ABSCHNITT

Strafbestimmungen und besondere Maßnahmen

...

§ 58

Besondere administrative Verfügungen

(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.

...

(5) Die Abs. 1 bis 4 sind sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt gemäß §§ 9 oder 10 und bei verbotenen Werbeeinrichtungen gemäß § 13 anzuwenden."

2. Die Beschwerde ist begründet.

2.1. Der angefochtene Bescheid beruht auf der Annahme, die verfahrensgegenständliche Holzsprossenwand stelle für sich genommen einen Eingriff in das Landschaftsbild gemäß § 3 Z. 2 Oö NatSchG 2001 dar, der geeignet sei, das Landschaftsbild maßgeblich zu verändern. Eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 ergebe, dass die für die Verwirklichung des Vorhabens sprechenden Interessen nicht geeignet seien, dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Landschaftsbildes auch nur gleichwertig zu sein.

2.2.1. Für die Bejahung einer maßgeblichen Beeinträchtigung des Landschaftsbildes in einem Bereich, der schon durch verschiedene anthropogene Objekte belastet ist, ist von ausschlaggebender Bedeutung, ob durch die beantragte Maßnahme (hier: Errichtung der Holzsprossenwand) eine derartige "zusätzliche Verdichtung" künstlicher Faktoren in der Landschaft bewirkt werde, die zu einer "neuen Prägung des Landschaftsbildes" führen würde. Die Annahme eines nach § 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 unzulässigen Eingriffes in das Landschaftsbild setzt voraus, dass durch die betreffende Maßnahme der optische Eindruck des Bildes der Landschaft maßgebend verändert wird. Entscheidend ist dabei, inwieweit das aktuelle, durch eine Vielzahl von Merkmalen geprägte Bild der Landschaft infolge Hinzutretens der beantragten Maßnahme optisch verändert wird. Um hier von einer maßgebenden Veränderung sprechen zu können, ist es notwendig, dass die Maßnahme im "neuen" Bild der Landschaft prägend in Erscheinung tritt. Fällt ihr Einfluss auf das Bild der Landschaft jedoch wegen ihrer untergeordneten Bedeutung nicht ins Gewicht, so vermag die Maßnahme das Landschaftsbild auch nicht maßgebend zu verändern. Um beurteilen zu können, ob durch eine bestimmte Maßnahme eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes herbeigeführt worden ist, bedarf es - sofern eine solche Veränderung nicht auf der Hand liegt - einer Beschreibung des Landschaftsbildes, wie es vor und nach Ausführung der betreffenden Maßnahme bestanden hat. Hiebei sind all jene Elemente und Faktoren zu beschreiben, die dem jeweiligen Landschaftsbild ihr Gepräge geben. Erst durch den Vergleich der (unterschiedlichen) Landschaftsbilder eröffnet sich die Möglichkeit einer sachverhaltsmäßig gesicherten Aussage darüber, ob eine unter dem Gesichtspunkt des Landschaftsschutzes maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes eingetreten ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/10/0239 mwN).

2.2.2. Den zuletzt umschriebenen Anforderungen entspricht die Begründung des angefochtenen Bescheides nicht.

Im Gutachten vom und der ergänzenden Stellungnahme der Landesbeauftragten vom wird - wie oben dargestellt - zunächst eingeräumt, die verfahrensgegenständliche Holzsprossenwand korrespondiere ihrer Ausführung nach mit dem vom Mondsee aus gesehen im Hintergrund der Bootshütte liegenden neu errichteten Wohn- und Seminargebäude, sodann aber einerseits hervorgehoben, dass durch die angebaute Holzsprossenwand ein unproportionales und asymmetrisches Objekt entstanden sei, und andererseits betont, dass eine massive Kastenrinne vorliege, welche keineswegs als leicht bezeichnet werden könne, sodass das Objekt den Charakter einer Bootshütte verloren habe.

Dem vom Beschwerdeführer vorgelegten landschaftsästhetischen Gutachten vom ist demgegenüber zu entnehmen, das Bootshaus selbst sei in Holzbauweise mit senkrecht angebrachten Brettern ausgeführt. Das der Wasserfläche des Mondsees zugewandte Tor der Bootshütte bestehe - ebenso wie die Holzsprossenwand - aus mit in geringem Abstand zueinander montierten senkrechten Latten. Die aus unbehandelten Lärchenholzlatten bestehende Holzsprossenwand, welche mit der Fassade des neu errichteten Seminar- und Wohnhauses im Hintergrund harmoniere, werde bald einen natürlichen und dezenten Farbton annehmen. Die Holzsprossenwand ordne sich dem Gesamteindruck der Bootshütte derart unter, dass die Veränderung der Proportionen bzw. der Symmetrie nicht ins Gewicht falle. Der auf der Südseite der Bootshütte anschließende naturnahe Bereich werde durch die Holzsprossenwand nicht mehr als bisher beeinträchtigt. Insgesamt stelle die Holzsprossenwand keine Störung des Landschaftsbildes dar.

Der vom Beschwerdeführer vorgelegten Stellungnahme vom ist zu entnehmen, dass auch eine 100 m südlich der Bootshütte liegende Bootshütte nicht vollständig symmetrisch sei. Auch gehe durch die Errichtung der Holzsprossenwand der Charakter als Bootshütte schon wegen ihrer Form, der weitgehenden Umspülung vom See und des zum See gerichteten Einfallstores auf der Giebelseite nicht verloren. Insgesamt stelle die gesamte Bootshütte eine gelungene Umsetzung des "landschaftsgebundenen Bauens" dar.

Weder das Gutachten der Landesbeauftragten vom noch die ergänzende Stellungnahme vom lassen es - vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer schon im Verwaltungsverfahren vorgelegten gutachterlichen Stellungnahmen sowie der vorliegenden Lichtbilder - für den Verwaltungsgerichtshof erkennen, inwiefern und aus welchen Gründen die Holzsprossenwand im "neuen" Bild der auf der nördlichen Seite bereits durch anthropogene Objekte belasteten Landschaft prägend in Erscheinung tritt. In dieser Hinsicht ist von wesentlicher Bedeutung, dass mit dem nicht in Berufung gezogenen Spruchpunkt I. des Bescheides der BH vom gemäß § 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 festgestellt wurde, dass durch den Anbau an die bestehende Bootshütte im Ausmaß von insgesamt 3 m Länge solche öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes, die alle anderen Interessen bei Einhaltung der vorgeschriebenen Auflagen überwiegen, nicht verletzt werden. Damit wurde zum Ausdruck gebracht, dass eine nicht geringe Verlängerung der Bootshütte landeinwärts - ungeachtet der dadurch bewirkten Einschränkung des Blickes von Norden auf die erwähnte Verlandungszone - unbedenklich ist. Der angefochtene Bescheid enthält keine nachvollziehbare Begründung, aus welchen Gründen die Bootshütte samt der Holzsprossenwand - im Vergleich zu den optischen Auswirkungen der (verlängerten) Bootshütte ohne die Holzsprossenwand - das Landschaftsbild insbesondere vor dem Hintergrund der südlich gelegenen Verlandungszone maßgeblich verändert (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/10/0107, und neuerlich jenes vom ).

Die Beurteilung der Holzsprossenwand als Eingriff in das Landschafsbild gemäß §§ 3  Z. 2 iVm. 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 beruht somit nicht auf einer mängelfreien Grundlage, wobei nicht auszuschließen ist, dass die belangte Behörde bei Vermeidung dieses Verfahrensmangels zu einem im Ergebnis anderen Bescheid gelängt wäre.

2.3. Ein Entfernungsauftrag gemäß § 58 Abs. 1 und 5 iVm.

§ 9 Abs. 1 Oö NatSchG 2001 setzt einen konsenslos vorgenommenen Eingriff in das Landschaftsbild voraus. Nach dem oben Gesagten beruht die Auffassung der belangten Behörde, es liege ein solcher Eingriff vor, nicht auf einer vollständig ermittelten Sachverhaltsgrundlage. Auch im Umfang der Erlassung des Entfernungsauftrages in Ansehung der Holzsprossenwand bedarf der festgestellte Sachverhalt somit einer Ergänzung (vgl. neuerlich das zu § 39 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 ergangene hg. Erkenntnis vom ).

2.4. Der angefochtene Bescheid erweist sich somit im angefochtenen Umfang als rechtswidrig gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG. Er war daher in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

3. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II. Nr. 455.

Wien, am

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Normen
AVG §52;
NatSchG OÖ 1995 §3 Z1 idF 2001/090;
NatSchG OÖ 2001 §3 Z2;
NatSchG OÖ 2001 §3 Z8;
NatSchG OÖ 2001 §58;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1 Z1;
NatSchG OÖ 2001 §9 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z3 litb;
VwGG §42 Abs2 Z3 litc;
Schlagworte
Besondere Rechtsgebiete
Anforderung an ein Gutachten
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2009:2005100095.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
IAAAF-51145