VwGH 24.02.2016, Ro 2015/10/0003
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
RS 1 | Eventualanträge können sich zulässigerweise nur auf innerprozessuale Bedingungen beziehen. Vor diesem Hintergrund ist der Eventualantrag - für den Fall, dass das Abberufungsschreiben nicht als Bescheid zu qualifizieren ist, wird Antrag auf Feststellung des Fortbestandes der Verwendung gestellt - so zu deuten, dass er für den Fall der Zurückweisung der Berufung mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung gestellt wird. Würde man den Eventualantrag so auslegen, dass er - unabhängig von einem bestimmten Ausgang des Verfahrens - für den Fall der mangelnden Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung gestellt werde, so wäre er nach dem Vorgesagten schon deshalb unzulässig, weil er nicht auf eine innerprozessuale Bedingung abstellte (vgl. B , Ro 2014/12/0044). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des M Z in W, vertreten durch Gheneff - Rami - Sommer Rechtsanwälte OG in 1040 Wien, Floragasse 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W122 2001598- 1/6E, betreffend Verletzung der Entscheidungspflicht über einen Antrag auf Erlassung eines Feststellungsbescheides (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Rektorat der Medizinischen Universität Wien; weitere Partei: Bundesminister für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat der Medizinischen Universität Wien Aufwendungen in der Höhe von EUR 553,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Revisionswerber wurde mit Erledigung des Rektors der Medizinischen Universität Wien vom von seinen Funktionen als Leiter der Universitätsklinik für Anästhesie, allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie und Leiter der Klinischen Abteilung für allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin der Medizinischen Universität Wien abberufen.
Er wertete diese Erledigung als Bescheid und erhob dagegen eine Berufung an die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt sowie mit Schriftsatz vom eine weitere Berufung, gerichtet an die "Medizinische Universität Wien z.Hd. Rektor Univ. Prof. Dr. Wolfgang Schütz". Die Berufungskommission beim Bundeskanzleramt hat die an sie gerichtete Berufung mit Bescheid vom zurückgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass es sich bei der Enthebung des Revisionswerbers von den gegenständlichen Funktionen um einen organisationsrechtlichen Akt handle, der dem autonomen Bereich der Universität zuzuordnen sei. Abschließend wird die Begründung wie folgt zusammengefasst:
"Weder die angerufene Berufungskommission noch eine andere Berufungsbehörde ist zuständig über die mangels Bescheidqualität bzw. - für den Fall der Bejahung der Bescheidqualität der Erledigung als organisationsrechtlichen Akt - mangels Offenstehens eines weiteren Instanzenzuges unzulässige Berufung inhaltlich zu entscheiden. Sie war daher zurückzuweisen."
Die an die Medizinische Universität zu Handen des Rektors gerichtete Berufung wurde letztlich vom Bundesminister für Wissenschaft und Forschung mit Bescheid vom zurückgewiesen. Zur Begründung wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund der Entscheidung der Berufungskommission beim Bundeskanzleramt stehe bindend fest, dass keine Berufungsbehörde zur Erledigung der Berufung zuständig sei. Im Übrigen vertrete auch der Bundesminister die Ansicht, dass keine Behörde zuständig sei, über die Berufung zu entscheiden. Dies deshalb, weil der damit bekämpften Erledigung des Rektors vom keine Bescheidqualität zukomme bzw. diese Erledigung, wenn man sie als Bescheid auffasse, als organisationsrechtlicher Akt zu qualifizieren sei, der mangels dagegen eingerichteten Instanzenzuges nicht im Wege einer Berufung bekämpft werden könne.
In der an die Medizinische Universität zu Handen des Rektors gerichteten Berufung vom stelle der Revisionswerber auch folgenden Eventualantrag:
"Für den Fall, dass entgegen den Ausführungen unter II. das Abberufungsschreiben des Rektors der Medizinischen Universität Wien nicht als Bescheid zu qualifizieren ist, stellt der Berufungswerber den Antrag
auf Feststellung des Fortbestandes der Verwendung des Berufungswerbers als Leiter der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie sowie als Leiter der Klinischen Abteilung für Allgemeine Anästhesie und Intensivmedizin."
Da das Rektorat der Medizinischen Universität Wien keine Entscheidung über diesen Eventualantrag traf, erhob der Revisionswerber am eine Säumnisbeschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, welche am von diesem Gerichtshof gemäß § 5 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz dem Bundesverwaltungsgericht abgetreten wurde.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis vom hat das Bundesverwaltungsgericht der Säumnisbeschwerde nicht Folge gegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, dass die Abberufung von den gegenständlichen universitären Funktionen einen organisationsrechtlichen Akt darstelle, der nicht mit Bescheid zu erfolgen habe. Der Revisionswerber habe keinen Rechtsanspruch auf die Erlangung eines Feststellungsbescheides.
Die ordentliche Revision wurde mit der wesentlichen Begründung zugelassen, dass es sich bei der Frage, in welcher Form die Abberufung eines Leiters universitärer Organisationseinheiten zu erfolgen habe, um eine grundsätzlich bedeutsame Rechtsfrage handle.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Gemäß § 34 Abs. 3 VwGG ist ein Beschluss nach § 34 Abs. 1 leg. cit. in jeder Lage des Verfahrens zu fassen.
Nach § 34 Abs. 1 a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes können sich Eventualanträge zulässigerweise nur auf innerprozessuale Bedingungen beziehen (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/12/0044, mwN). Vor diesem Hintergrund ist der hier gestellte Eventualantrag so zu deuten, dass er für den Fall der Zurückweisung der Berufung mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung gestellt wird. Würde man den Eventualantrag so auslegen, dass er - unabhängig von einem bestimmten Ausgang des Verfahrens - für den Fall der mangelnden Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung gestellt werde, so wäre er nach dem Vorgesagten schon deshalb unzulässig, weil er nicht auf eine innerprozessuale Bedingung abstellte (vgl. auch dazu den zitierten hg. Beschluss zur Zl. Ro 2014/12/0044).
Die Berufung wurde jedoch nicht mangels Bescheidqualität der angefochtenen Erledigung des Rektors vom zurückgewiesen, sondern mangels Zuständigkeit einer Berufungsbehörde. Dies deshalb, weil es sich bei der Abberufung von den Funktionen als Leiter einer Universitätsklinik und einer Klinischen Abteilung um einen organisationsrechtlichen Akt im autonomen Bereich der Universität handle, für den weder ein innernoch ein außeruniversitärer Instanzenzug eingerichtet sei, weshalb selbst bei Qualifizierung der Erledigung des Rektors als Bescheid keine Behörde zuständig sei, über eine dagegen gerichtete Berufung zu entscheiden.
Da der Eventualfall, für den der gegenständliche Feststellungsantrag gestellt wurde, somit nicht eingetreten ist, war der nur für diesen Fall gestellte Antrag nicht weiter in Behandlung zu ziehen. Der Säumnisbeschwerde wurde daher im Ergebnis zu Recht nicht stattgegeben.
Da das angefochtene Erkenntnis somit im Ergebnis der dargestellten hg. Judikatur entspricht, hängt der vorliegende Fall nicht von der Lösung einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage im Sinn von Art. 133 Abs. 4 B-VG ab, weshalb die Revision - in einem gemäß § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen war.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 518/2013.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | |
Schlagworte | Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4 Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RO2015100003.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
QAAAF-50996