VwGH 29.03.2016, Ro 2015/06/0011
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
RS 1 | Nichtstattgebung - Bausache - Im Provisorialverfahren betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geht es nicht um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, sondern einzig und allein um die Auswirkungen eines (möglichen) sofortigen Vollzuges dieses Erkenntnisses (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/05/0021). Dies gilt in gleicher Weise für den vorliegend in Revision gezogenen Beschluss. |
Norm | VwGG §30 Abs2; |
RS 2 | Nichtstattgebung - Bausache - Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes soll durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides (bzw. Erkenntnisses/Beschlusses) während der Dauer des Revisionsverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der revisionswerbenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses (Beschlusses) drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Revision nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2013/06/0060, mwN). |
Normen | |
RS 1 | § 8a Slbg BauPolG 1997, LGBl. Nr. 40/1997 (Wiederverlautbarung) in der Fassung LGBl. Nr. 40/2003, ist mit § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 insofern vergleichbar, als er ebenfalls eine Fallfrist für die Erhebung von nachträglichen Einwendungen gegen die bauliche Maßnahme normiert und für denjenigen Nachbarn gilt, der seine Parteistellung nicht verloren hat und dem kein Bescheid zugestellt worden ist. In dem nachfolgend zitierten Erkenntnis befand der VwGH die Auffassung des dortigen Beschwerdeführers (es war dies der Nachbar), § 8a Slbg BauPolG 1997 könne nicht im Fall einer nachträglichen Baubewilligung anwendbar sein, weil es nicht anginge, dass die mit dem (notwendigerweise vor der Erteilung der Baubewilligung liegenden) Zeitpunkt des Beginnes der Bauarbeiten laufende 6-Monatsfrist möglicherweise schon abgelaufen wäre, bevor die nachträgliche Baubewilligung noch überhaupt erteilt werde, für zutreffend und sprach aus, dass § 8a leg. cit. im Fall einer nachträglichen Baubewilligung nicht anwendbar sei. Wenn der Gesetzgeber diesen Fall hätte erfassen wollen, hätte er dies im Gesetz entsprechend zum Ausdruck bringen müssen (vgl. ; sowie daran anschließend , mwN). Auch wenn in § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 zusätzlich zur Salzburger Regelung, die auf den tatsächlichen Baubeginn abstellt, die Kenntnis einer bewilligungspflichten Nutzungsänderung berücksichtigt wird, ist diese Norm nicht anders auszulegen. |
Normen | VwGG §21 Abs1 Z2; VwGG §48 Abs2; |
RS 2 | Nach § 48 Abs. 2 VwGG hat die Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, wenn nicht von ihr selbst Revision erhoben wird) Anspruch auf Aufwandersatz lediglich im Fall der Abweisung der Revision (). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ra 2017/02/0240 E RS 6 |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag 1. des K, 2. der R, beide vertreten durch die Bruckner & Ullrich-Pansi Rechtsanwälte OG, in 8430 Leibnitz, Kadagasse 19, der gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom , Zl. LVwG 50.24-5383/2014-4, betreffend eine Bausache (vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde: Gemeinderat der Marktgemeinde Weitendorf, nunmehr: Gemeinderat der Marktgemeinde Wildon, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung; mitbeteiligte Parteien: 1. E und zwei weitere mitbeteiligte Parteien, alle vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem in Revision gezogenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichts wurde der Beschwerde der mitbeteiligten Parteien Folge gegeben, der Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Weitendorf aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 Satz 2 VwGVG zurückverwiesen worden. Mit dem Bescheid des Gemeinderates der Gemeinde Weitendorf war den revisionswerbenden Parteien die Baubewilligung für den Zu- und Umbau beim bestehenden Stallgebäude erteilt worden.
2 In ihrem Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung machen die revisionswerbenden Parteien geltend, bei Ausbleiben der aufschiebenden Wirkung wären unabsehbare Verfahrensverwicklungen zu befürchten. Der Gemeinderat müsste auf Grund des Beschlusses des Landesverwaltungsgerichts neuerlich entscheiden und den Antrag auf Baubewilligung allenfalls abweisen. Bei Stattgebung der Revision lägen sodann divergierende Behördenentscheidungen vor.
3 Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
4 Im Provisorialverfahren betreffend die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung geht es nicht um die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Erkenntnisses, sondern einzig und allein um die Auswirkungen eines (möglichen) sofortigen Vollzuges dieses Erkenntnisses (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/05/0021). Dies gilt in gleicher Weise für den vorliegend in Revision gezogenen Beschluss.
5 Bei der gemäß § 30 Abs. 2 VwGG gebotenen Interessenabwägung ist im Allgemeinen davon auszugehen, dass die aufschiebende Wirkung ein die Funktionsfähigkeit des Rechtsschutzsystems der Verwaltungsrechtsordnung stützendes Element ist. Die Rechtsschutzfunktion des Verwaltungsgerichtshofes soll durch den Vollzug des angefochtenen Bescheides (bzw. Erkenntnisses/Beschlusses) während der Dauer des Revisionsverfahrens nicht ausgehöhlt bzw. ausgeschaltet werden. Die Interessenabwägung schlägt daher in der Regel dann zugunsten der revisionswerbenden Partei aus, wenn der ihr durch den Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses (Beschlusses) drohende Nachteil im Falle eines Erfolges der Revision nicht (oder nur schwer) rückgängig gemacht werden könnte (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2013/06/0060, mwN).
6 Aus dem eingangs wiedergegebenen, verfahrensökonomischen Vorbringen ist nicht ersichtlich, weshalb der durch den Vollzug des angefochtenen Beschlusses zu erwartende Nachteil unverhältnismäßig sein sollte.
7 Dem Antrag musste daher ein Erfolg versagt bleiben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Köhler, die Hofrätinnen Dr. Bayjones, Mag.a Merl und Mag. Rehak sowie Hofrat Mag. Haunold als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Honeder, über die Revision 1. des K Z, 2. der R Z, beide in WY und vertreten durch die Bruckner & Ullrich-Pansi Rechtsanwälte OG in 8430 Leibnitz, Kadagasse 19, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark vom , LVwG 50.24-5383/2014-4, betreffend eine Angelegenheit nach dem Steiermärkischen Baugesetz (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeinderat der Gemeinde WX, nunmehr Marktgemeinde WY, vertreten durch die Hohenberg Strauss Buchbauer Rechtsanwälte GmbH in 8010 Graz, Hartenaugasse 6; mitbeteiligte Parteien: 1. E J, 2. J J, 3. K S, alle in WY und vertreten durch Dr. Peter Kammerlander, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Kalchberggasse 12; weitere Partei: Steiermärkische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerber haben den mitbeteiligten Parteien Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Das Kostenersatzbegehren des Gemeinderates der Marktgemeinde WY wird abgewiesen.
Begründung
1 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde WX. vom wurde - soweit für das gegenständliche Revisionsverfahren relevant - den Revisionswerbern aufgrund ihres Antrages vom die (nachträgliche) Baubewilligung für den Zu- und Umbau beim bestehenden Stallgebäude Nr. 9 nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen und beiliegenden Pläne und Unterlagen sowie unter Vorschreibung von Auflagen erteilt. Diesem Verfahren wurden die mitbeteiligten Parteien nicht beigezogen und es wurde ihnen dieser Bescheid auch nicht zugestellt.
2 Mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde WX. vom wurde den Revisionswerbern die Benützungsbewilligung für das mit Bescheid vom bewilligte Bauvorhaben erteilt.
3 Mit Schreiben ihres Rechtsvertreters vom beantragten die erst- und die drittmitbeteiligte Partei die Zustellung des Baubewilligungsbescheides vom . Dieser wurde ihnen in der Folge als Anlage zum Schreiben des Bürgermeisters vom zugestellt.
4 In diesem Schreiben führte der Bürgermeister zusammengefasst aus, die Einschreiter seien ohne jeden Zweifel übergangene Nachbarn im Sinne des § 27 Abs. 4 Steiermärkisches Baugesetz 1995 (in der Folge: Stmk BauG 1995) im betreffenden Bauverfahren. Der tatsächliche Baubeginn und die damit verbundenen Nutzungsänderungen hätten zwar bereits im Jahr 1986 stattgefunden, doch hätten sich keinerlei Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die erst- und die drittmitbeteiligte Partei innerhalb der in dieser Norm geregelten Dreimonatsfrist ab Nutzungsänderung von dieser Kenntnis erlangt hätten. Der Antrag auf Zustellung erweise sich daher als rechtzeitig.
5 Die daraufhin erhobene Berufung aller drei mitbeteiligten Parteien vom gegen den Baubewilligungsbescheid vom wies der Gemeinderat der Gemeinde WX. (in der Folge: Gemeinderat) mit Bescheid vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG ab. Begründend führte er zusammengefasst aus, auf den Inhalt der Berufung sei nicht näher einzugehen gewesen, weil in § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 eine Absolutfrist von einem Jahr ab durchgeführter Nutzungsänderung normiert sei. Die gegenständlichen Baumaßnahmen und Nutzungsänderungen seien bereits im Jahr 1986 verwirklicht worden. Es seien somit zwischen Verwirklichungszeitpunkt und (nachträglichem) Bewilligungszeitpunkt etwa 14 Jahre vergangen. Die Fristbestimmung des § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 führe in einem solchen Fall augenscheinlich zu einer Benachteiligung gegenüber einem übergangenen Nachbarn, der gegen eine Baubewilligung vor Errichtung der bewilligten Maßnahmen einschreite; dies habe der Baugesetzgeber jedoch aus Gründen der Rechtssicherheit hingenommen. Der Antrag der übergangenen Nachbarn sei außerhalb der Fristen des § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 eingebracht worden. Die Berufung sei zwar innerhalb der Frist von zwei Wochen ab Zustellung erhoben worden, es entstünde jedoch bei Ablauf der Fristen des § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 Rechtsverlust und es sei daher mit Abweisung vorzugehen gewesen.
6 Der gegen den Bescheid des Gemeinderates erhobenen Beschwerde der mitbeteiligten Parteien wurde mit dem angefochtenen Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Steiermark (Verwaltungsgericht) stattgegeben, der angefochtene Bescheid aufgehoben und die Angelegenheit zur Erlassung eines neuen Bescheides gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG an den Gemeinderat der Gemeinde WY. zurückverwiesen.
Begründend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, mit Bescheid des Bürgermeisters der Gemeinde WX. vom sei die Baubewilligung zur Errichtung des verfahrensgegenständlichen Stallgebäudes nach Maßgabe der vidierten Pläne und Unterlagen sowie unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden. Das Stallgebäude sei (jedoch) 1986 mit Abweichungen errichtet worden; eine darauf aufbauende Benützungsbewilligung sei nicht ersichtlich.
Mit Bescheid vom sei den Bauwerbern die Baubewilligung für den Zu- und Umbau beim bestehenden Stallgebäude Nr. 9 nach Maßgabe der mit dem Genehmigungsvermerk versehenen Pläne und Unterlagen - wobei es sich nur um die Baubeschreibung vom handle - sowie unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden. Im Bescheid des Gemeinderates werde festgehalten, dass bei den angesuchten Änderungen keine Nachbarrechte nach § 26 Stmk BauG 1995 berührt würden. Die mitbeteiligten Parteien seien Nachbarn gemäß § 4 Z 44 Stmk BauG 1995, sie seien dem Bauverfahren nicht beigezogen worden und es sei ihnen auch die Baubewilligung (zunächst) nicht zugestellt worden. Eine mündliche Verhandlung habe nicht stattgefunden. Die mitbeteiligten Parteien seien gemäß § 27 Abs. 4 leg. cit. übergangene Nachbarn, die ihre Parteistellung gemäß Abs. 1 leg. cit. nicht verloren hätten. Die mit Bescheid vom erteilte Benützungsbewilligung beziehe sich ausschließlich auf den Zu- und Umbau beim bestehenden Gebäude. Eine Benützungsbewilligung für das bestehende Gebäude selbst sei nicht ersichtlich.
Der Rechtsansicht des Gemeinderates zu § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 sei nicht zu folgen; es sei dem Baubewilligungsverfahren nach dem Steiermärkischen Baugesetz systemimmanent, dass zunächst die Baubewilligung zu erwirken und danach das Bauvorhaben zu errichten sei. Wie § 29 Abs. 9 leg. cit. zeige, dürften bauliche Anlagen oder Teile nur ausnahmsweise vor Rechtskraft der Bewilligung errichtet werden. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass nachträgliche Baubewilligungen nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zulässig seien. In diesem systematischen Zusammenhalt für die Auslegung des § 27 leg. cit. hinsichtlich des übergangenen Nachbarn sei daher klar ersichtlich, dass diese Bestimmung nur jene Fälle erfasse, bei denen - ausgehend vom gesetzestreuen Bauwerber - das Baubewilligungsverfahren vor Errichtung des in Rede stehenden Vorhabens abgeführt werde.
§ 27 Stmk BauG 1995 enthalte somit keine Regelung der Rechte des übergangenen Nachbarn für den Fall, dass das Bauvorhaben - wie im gegenständlichen Fall seit 1986 - schon realisiert worden sei und nachträglich um Baubewilligung angesucht werde. § 27 leg. cit. regle somit die Präklusionsfolgen und die Rechte des übergangenen Nachbarn nur für den Fall, dass das Bauverfahren vor Errichtung des beantragten Bauvorhabens abgeführt werde. Es sei daher für den gegenständlichen Fall eines nachträglichen Bauverfahrens auf die subsidiäre Geltung des AVG zurückzugreifen.
Diesbezüglich bemerkte das Verwaltungsgericht, dass das AVG hinsichtlich des Verlusts der Parteistellung an die Durchführung einer mündlichen Verhandlung anknüpfe. Gegenständlich sei keine mündliche Verhandlung abgeführt worden, die Erstbehörde habe sich mit der niederschriftlichen Aufnahme von Befund und Gutachten des beigezogenen nicht amtlichen Bausachverständigen begnügt. Damit habe ein Verlust der Parteistellung der Nachbarn weder nach § 27 Abs. 1 Stmk BauG 1995 noch nach § 42 AVG eintreten können. Da der Gemeinderat dies aufgrund seiner unrichtigen Rechtsansicht verkannt habe, habe er auch keine Ermittlungen in Bezug auf die mit der Berufung bereits vorgebrachten Einwendungen der Nachbarn getätigt. Das Verwaltungsgericht sei daher zur Aufhebung und Zurückverweisung gemäß § 28 Abs. 3 zweiter Satz VwGVG berechtigt gewesen. Es werde zu prüfen sein, ob die beantragten Änderungen für den Zu- und Umbau, insbesondere die Nutzungsänderungen, Auswirkungen auf die Nachbarrechte hätten; die gutachterliche Äußerung im Erstbescheid sei nicht nachvollziehbar.
7 In Spruchpunkt II des angefochtenen Beschlusses wurde zunächst eine ordentliche Revision für nicht zulässig erklärt, wobei in der Begründung aber ausgeführt wurde, aus welchen Gründen eine ordentliche Revision zulässig sei; eine Rechtsfrage im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, zu der Rechtsprechung fehle, sei zu lösen (Anwendbarkeit der Bestimmung des § 27 Stmk BauG 1995 betreffend übergangene Nachbarn im Fall einer nachträglichen Baubewilligung). Mit Berichtigungsbeschluss vom wurde der Ausspruch über die Zulässigkeit einer Revision dahin berichtigt, dass die ordentliche Revision zulässig sei.
8 In der vorliegenden Revision wird die Entscheidung in der Sache durch den Verwaltungsgerichtshof beantragt.
9 Die mitbeteiligten Parteien erstatteten eine Revisionsbeantwortung, in der sie beantragen, der Revision kostenpflichtig nicht stattzugeben.
10 Der Gemeinderat der (nunmehr:) Marktgemeinde WY brachte einen als Revisionsbeantwortung bezeichneten Schriftsatz ein und beantragte, der Revision kostenpflichtig Folge zu geben.
11 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf die Beschlüsse der Verwaltungsgerichte sind die für ihre Erkenntnisse geltenden Bestimmungen des Art. 133 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
12 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
13 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
14 Die Revision verweist zu ihrer Zulässigkeit auf die zitierte Begründung des Verwaltungsgerichtes, nämlich das Fehlen von hg. Judikatur zur Frage der Anwendbarkeit des § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 auf den Fall der nachträglichen Erteilung einer Baubewilligung.
15 Damit wird jedoch keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Eine solche liegt nämlich nicht vor, wenn diese Frage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bereits beantwortet wurde, auch wenn diese Rechtsprechung zu anderen Normen, die sich in den entscheidenden Teilen nicht von den im konkreten Fall anzuwendenden Normen unterscheiden, ergangen ist (, mwN).
16 § 8a Salzburger Baupolizeigesetz 1997 (BauPolG), LGBl. Nr. 40/1997 (Wiederverlautbarung) in der Fassung LGBl. Nr. 40/2003, ist mit dem im gegenständlichen Revisionsfall in Rede stehenden § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 insofern vergleichbar, als er ebenfalls eine Fallfrist für die Erhebung von nachträglichen Einwendungen gegen die bauliche Maßnahme normiert und für denjenigen Nachbarn gilt, der seine Parteistellung nicht verloren hat und dem kein Bescheid zugestellt worden ist. In dem nachfolgend zitierten Erkenntnis befand der Verwaltungsgerichtshof die Auffassung des dortigen Beschwerdeführers (es war dies der Nachbar), § 8a Slbg BauPolG könne nicht im Fall einer nachträglichen Baubewilligung anwendbar sein, weil es nicht anginge, dass die mit dem (notwendigerweise vor der Erteilung der Baubewilligung liegenden) Zeitpunkt des Beginnes der Bauarbeiten laufende 6-Monatsfrist möglicherweise schon abgelaufen wäre, bevor die nachträgliche Baubewilligung noch überhaupt erteilt werde, für zutreffend und sprach aus, dass § 8a leg. cit. im Fall einer nachträglichen Baubewilligung nicht anwendbar sei. Wenn der Gesetzgeber diesen Fall hätte erfassen wollen, hätte er dies im Gesetz entsprechend zum Ausdruck bringen müssen (vgl. ; sowie daran anschließend , mwN).
17 Auch wenn in § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 zusätzlich zur Salzburger Regelung, die auf den tatsächlichen Baubeginn abstellt, die Kenntnis einer bewilligungspflichten Nutzungsänderung berücksichtigt wird, ist diese Norm nicht anders auszulegen.
18 Da der Verwaltungsgerichtshof die von der Revision aufgeworfene Rechtsfrage somit bereits zu der mit der hier anzuwendenden Bestimmung des § 27 Abs. 4 Stmk BauG 1995 in entscheidenden Punkten übereinstimmenden Regelung des Gesetzes eines anderen Bundeslandes (Salzburg) geklärt hat, liegt eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht vor.
19 Die Revision war daher - in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat - zurückzuweisen.
20 Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere § 51 VwGG, in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil neben dem pauschalierten Aufwandersatz ein Kostenersatz aus dem Titel der Umsatzsteuer nicht zusteht.
21 Nach § 48 Abs. 2 VwGG hat der Gemeinderat der (nunmehr:) Marktgemeinde WY als Partei im Sinne des § 21 Abs. 1 Z 2 VwGG (belangte Behörde des Verfahrens vor dem Verwaltungsgericht, wenn nicht von ihr selbst Revision erhoben wird) Anspruch auf Aufwandersatz lediglich im Fall der Abweisung der Revision (, mwN). Das Kostenbegehren des Gemeinderates der (nunmehr:) Marktgemeinde WY war daher abzuweisen. Wien, am
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Norm | VwGG §30 Abs2; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RO2015060011.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
BAAAF-50988