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VwGH 22.05.2014, Ro 2014/17/0024

VwGH 22.05.2014, Ro 2014/17/0024

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
AVG §13;
VwRallg;
RS 1
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. die Nachweise zu dieser Rechtsprechung bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I, 2. Auflage, 1998, S. 336 bis 340) kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesem erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben, selbst wenn das Begehren, so wie es gestellt worden ist, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig wäre. Wenn jedoch der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens unklar ist, ist die Behörde entsprechend den ihr gemäß § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/12/0011).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2005/12/0068 E RS 1 (hier ohne den letzten Satz)

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Holeschofsky, den Hofrat Dr. Köhler sowie die Hofrätin Dr. Leonhartsberger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Fries, über die Beschwerde der T M in G, vertreten durch Mag. Brunner, Mag. Stummvoll Rechtsanwälte OG in 8010 Graz, Opernring 16, gegen den Bescheid der Steiermärkischen Landesregierung vom , Zl. ABT07-BR-GA.13-56/2013- 1, betreffend Festsetzung eines einmaligen Kanalisationsbeitrages, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

Begründung

Mit Antrag vom begehrte die Beschwerdeführerin beim Verwaltungsgerichtshof die Bewilligung der Verfahrenshilfe gegen den ihr am zugestellten Bescheid der belangten Behörde vom .

Diesem Antrag wurde mit hg. Beschluss vom stattgegeben.

Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihres bestellten Verfahrenshelfers die vorliegende "Bescheidbeschwerde gem. Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG und §§ 26 ff VwGG". Als "Beschwerdepunkt" werden die Verletzung des Rechts auf Nichtzahlung einer Kanalabgabengebühr sowie des Rechts auf "korrekte Anwendung" des Kanalgesetzes und des Kanalgebührengesetzes geltend gemacht. Im Rahmen der "Beschwerdegründe" finden sich Ausführungen zur behaupteten inhaltlichen Rechtswidrigkeit, zur Ergänzungsbedürftigkeit des Sachverhaltes und zur behaupteten wesentlichen Verletzung von Verfahrensvorschriften. Die Anträge begehren die Entscheidung in der Sache durch den Verwaltungsgerichtshof gemäß § 42 Abs. 1 iVm Abs. 3a VwGG bzw. die Aufhebung des angefochtenen Bescheides gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 bzw. § 42 Abs. 2 Z 3 VwGG.

Artikel 130 und 131 B-VG in der bis Ablauf des geltenden Fassung lauteten (auszugsweise):

"Verwaltungsgerichtshof

Artikel 130. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über Beschwerden, womit

a) Rechtswidrigkeit von Bescheiden der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate oder

b) Verletzung der Entscheidungspflicht der Verwaltungsbehörden einschließlich der unabhängigen Verwaltungssenate

behauptet wird. Der Verwaltungsgerichtshof erkennt außerdem über Beschwerden gegen Weisungen gemäß Art. 81a Abs. 4.

(2) ...

Artikel 131. (1) Gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde kann wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben:

1. wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet, nach Erschöpfung des Instanzenzuges;

2. (...)"

Artikel 133 Abs. 1 B-VG in der seit geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 51/2012 lautet:

"Artikel 133. (1) Der Verwaltungsgerichtshof erkennt über

1. Revisionen gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes wegen Rechtswidrigkeit;

2. (...)"

§ 4 Abs. 1 des Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetzes (VwGbk-ÜG), BGBl I Nr. 33/2013, lautet:

"Verwaltungsgerichtshof

§ 4. (1) Ist ein Bescheid, gegen den eine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung beim Verwaltungsgerichtshof zulässig ist, vor Ablauf des erlassen worden, läuft die Beschwerdefrist mit Ende des noch und wurde gegen diesen Bescheid nicht bereits bis zum Ablauf des Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben, so kann gegen ihn vom 1. Jänner bis zum Ablauf des in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Wurde gegen einen solchen Bescheid vor Ablauf des Beschwerde beim Verwaltungsgerichtshof erhoben und läuft die Beschwerdefrist mit Ende des noch, gilt die Beschwerde als rechtzeitig erhobene Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG."

Der verfahrensgegenständlich angefochtene Bescheid wurde am , somit vor Ablauf des , erlassen und bis zum Ablauf des wurde keine Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 lit. a B-VG erhoben. Entsprechend der zitierten Bestimmung des § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG hätte daher verfahrensgegenständlich bis zum Ablauf des in sinngemäßer Anwendung des Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG ausschließlich Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden können.

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. dazu die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze2, E 37 ff zu § 13 AVG zitierte hg. Judikatur) kommt es bei der Auslegung von Parteianbringen auf das aus diesen erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärung und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben, selbst wenn das Begehren, so wie es gestellt wurde, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig wäre (vgl. aus jüngerer Zeit auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/06/0185).

Der hier zu beurteilende, von einem Rechtsanwalt eingebrachte Schriftsatz ist nicht nur ausdrücklich mit "Bescheidbeschwerde nach Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG" betitelt, sondern verwendet darüber hinaus den Begriff der "Bescheidbeschwerde" auch durchgängig innerhalb des Schriftsatzes, bezeichnet Beschwerdepunkte und führt Beschwerdegründe aus, somit lauter Elemente, die eine Bescheidbeschwerde iSd § 28 VwGG aF aufweisen musste. Nach dem objektiven Erklärungswert des stimmigen Schriftsatzes besteht sohin kein Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin eine Bescheidbeschwerde nach (dem bereits außer Kraft getretenen)

Artikel 131 Abs. 1 Z 1 B-VG einbringen wollte. Hinweise auf das Vorliegen einer Revision enthält der Schriftsatz nicht.

Bescheidbeschwerden sind jedoch aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, seit nicht mehr vorgesehen. Nach § 4 Abs. 1 VwGbk-ÜG hätte die Beschwerdeführerin ausschließlich die Möglichkeit gehabt, Revision zu erheben, sodass sich die eingebrachte Beschwerde als unzulässig erweist.

Die "Bescheidbeschwerde" war daher als unzulässig zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
AVG §13;
VwRallg;
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden
und von Parteierklärungen VwRallg9/1
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014170024.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
JAAAF-50968