VwGH 27.05.2014, Ro 2014/16/0061
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Norm | VwRallg; |
RS 1 | Nach der ständigen hg. Rechtsprechung zum Schutz rechtsunkundiger Parteien im Verwaltungsverfahren schadet die falsche Bezeichnung eines Schriftsatzes nicht und ist für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , 2011/16/0004, und vom , 2011/16/0200). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Fr 2014/16/0001 B RS 1 |
Normen | |
RS 2 | Im vorliegenden Fall wurde eine gegen ein Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes gerichtete Bescheidbeschwerde als unzulässig zurückgewiesen. Sie war an den VwGH adressiert und wurde unmittelbar bei diesem eingebracht. Sie war ausdrücklich als "Bescheidbeschwerde" bezeichnet, verwendete den Begriff "Bescheidbeschwerde" auch durchgängig innerhalb des Schriftsatzes und bezeichnete die angefochtene Entscheidung als Bescheid und das BFG als "belangte Behörde". Angesichts dieses Sachverhaltes sah sich der Senat 16 zu einer Umdeutung in eine Revision außerstande. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, in der Beschwerdesache der *****, gegen den "Bescheid" des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7300021/2013, betreffend Abgabenhinterziehung, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.
Begründung
Mit Schriftsatz vom erhob die Beschwerdeführerin im Wege ihrer Rechtsvertreterin die vorliegende "Bescheidbeschwerde (Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG)". Darin bezeichnet sie das Bundesfinanzgericht als belangte Behörde und die angefochtene Entscheidung als Bescheid vom ", GZ. RV/7300021/2013" (auf Grund der vorgelegten Ausfertigung und der am erfolgten Zustellung richtig: ).
Gemäß Artikel 131 Abs. 1 Z 1 B-VG in der bis Ablauf des geltenden Fassung konnte gegen einen Bescheid einer Verwaltungsbehörde nach Erschöpfung des Instanzenzuges wegen Rechtswidrigkeit Beschwerde erheben, wer durch den Bescheid in seinen Rechten verletzt zu sein behauptet.
Gegen ein Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes kann nach Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG in der seit geltenden Fassung des BGBl. I Nr. 51/2012 Revision beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden, die gemäß § 25a Abs. 5 VwGG beim Verwaltungsgericht einzubringen ist.
Nach der ständigen hg. Rechtsprechung zum Schutz rechtsunkundiger Parteien im Verwaltungsverfahren schadet die falsche Bezeichnung eines Schriftsatzes nicht und ist für die Beurteilung des Charakters einer Eingabe ihr wesentlicher Inhalt, der sich aus dem gestellten Antrag erkennen lässt, und die Art des in diesem gestellten Begehrens maßgebend (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Fr 2014/16/0001, mwN).
Bei der Auslegung von Parteianbringen kommt es auf das aus diesen erkenn- und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärung und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert zu interpretieren. Bei einem eindeutigen Inhalt eines Anbringens ist es der Behörde verwehrt, diesem eine abweichende, eigene Deutung zu geben, selbst wenn das Begehren, so wie es gestellt wurde, von vornherein aussichtslos oder gar unzulässig wäre (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/17/0024, mwN).
Der hier zu beurteilende, von einer Steuerberatungsgesellschaft verfasste Schriftsatz ist ausdrücklich als "Bescheidbeschwerde (Art. 131 Abs. 1 Z 1 B-VG)" bezeichnet, was schon einer Umdeutung entgegensteht. Darüber hinaus verwendet die Rechtsmittelwerberin trotz des in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Erkenntnisses des Bundesfinanzgerichts enthaltenen Hinweises auf die Möglichkeit einer beim Bundesfinanzgericht einzubringenden Revision an den Verwaltungsgerichtshof den Begriff der "Bescheidbeschwerde" auch durchgängig innerhalb des Schriftsatzes und bezeichnet die angefochtene Entscheidung als Bescheid sowie das Bundesfinanzgericht als belangte Behörde. Sie wurde auch entsprechend § 24 Abs. 1 VwGG in der bis Ablauf des geltenden Fassung an den Verwaltungsgerichtshof adressiert und bei diesem eingebracht. Nach dem objektiven Erklärungswert des Schriftsatzes besteht also auch kein Zweifel daran, dass die Beschwerdeführerin eine Bescheidbeschwerde nach (dem bereits außer Kraft getretenen) Artikel 131 Abs. 1 Z 1 B-VG einbringen wollte. Hinweise auf das Vorliegen einer Revision ergeben sich aus dem Schriftsatz nicht.
Bescheidbeschwerden sind jedoch aufgrund der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012, BGBl. I Nr. 51, seit nicht mehr vorgesehen. Die Beschwerdeführerin hätte ausschließlich die Möglichkeit gehabt, Revision gemäß Art. 133 Abs. 1 Z 1 B-VG zu erheben, sodass sich die eingebrachte Beschwerde als unzulässig erweist (vgl. den schon zitierten hg. Beschluss vom ).
Die "Bescheidbeschwerde" war daher als unzulässig zurückzuweisen.
Damit erübrigt sich auch eine Entscheidung über den Antrag, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | |
Schlagworte | Individuelle Normen und Parteienrechte Auslegung von Bescheiden und von Parteierklärungen VwRallg9/1 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014160061.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
VAAAF-50964