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VwGH 02.10.2014, Ro 2014/15/0028

VwGH 02.10.2014, Ro 2014/15/0028

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs. 1 der Konkursordnung - KO). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners im Sinn des § 80 BAO. Auch in einem Abgabenverfahren tritt nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, soweit es sich um Aktiv- oder Passivbestandteile der Konkursmasse handelt. Die Abgaben sind daher während des Konkursverfahrens gegenüber dem Masseverwalter, der insofern den Gemeinschuldner repräsentiert, festzusetzen (vgl. aus der ständigen hg. Rechtsprechung etwa die Beschlüsse vom , 2006/15/0087, und vom , 2005/15/0131, und die Erkenntnisse vom , 2006/15/0371 und 0372, vom , 2005/15/0130, und vom , 2006/14/0065). Auch die Geltendmachung der Haftung des Gemeinschuldners für Abgaben betrifft die Konkursmasse (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , 2003/15/0061, und das erwähnte hg. Erkenntnis vom ). Die hg. Rechtsprechung, wonach im Abgabenverfahren nach der Konkurseröffnung der Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners tritt, ist auch auf die Fälle anzuwenden, in denen nach der Eröffnung des Schuldenregulierungsverfahrens ein Masseverwalter an die Stelle des Gemeinschuldners, dem die Eigenverwaltung entzogen wurde, tritt.
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2006/13/0082 E RS 1 (hier nur der erste, zweite und fünfte Satz)
Normen
BAO §248;
IO §2 Abs2;
KO §1 Abs1;
RS 2
Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Das Normative dieser Anordnung liegt in der Befugnis, den dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Bescheid anfechten zu dürfen und alle Einwendungen gegen die Grundlagen der Haftung vorzubringen, auch wenn diese den Gegenstand eines Verfahrens eines anderen Abgabenpflichtigen bilden und über diese Grundlagen in diesem anderen Verfahren bereits rechtskräftig abgesprochen wurde (vgl. Stoll, BAO, § 248, 2556). Ist dem Haftungspflichtigen die Verfügungsmacht über das (gesamte der Exekution unterworfene) Vermögen entzogen und betrifft die Haftungsschuld als Konkursforderung des Finanzamtes die Masse (vgl. zur insolvenzrechtlichen Einordnung von Haftungsschulden das ), kommt das Berufungsrecht ausschließlich dem Masseverwalter zu, der insoweit den (Gemein)Schuldner vertritt. Der Masseverwalter hat im gegenständlichen Fall von diesem Berufungsrecht Gebrauch gemacht und seine Berufung gegen den Haftungsbescheid mit einer Berufung gegen die der Haftung zu Grunde liegenden Abgabenbescheide verbunden. Dass die Abgabenbescheide einen anderen Steuerpflichtigen (hier AG) betreffen und Mag. X nur im Konkurs des zur Haftung herangezogenen Geschäftsführers der AG Masseverwalter ist, hindert nicht, dass Mag. X als Masseverwalter im Berufungsverfahren alle Parteienrechte zukommen und auch die Erledigung gegenüber dem Masseverwalter zu ergehen hat. Eine an den Gemeinschuldner gerichtete Berufungserledigung geht ins Leere. Sie entfaltet weder eine Wirkung für den Gemeinschuldner noch für den Masseverwalter (vgl. die hg. Beschlüsse vom , 2006/15/0087, und vom , 2003/17/0339).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofrätin Dr. Büsser sowie den Hofrat MMag. Maislinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lorenz, in der Rechtssache des K P in R, vertreten durch Mag. Thomas Christl, Rechtsanwalt in 4400 Steyr, Promenade 25, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates vom , Zlen. RV/0605-L/12 und RV/0606-L/12, betreffend Dienstgeberbeitrag und Zuschlag zum Dienstgeberbeitrag 2004, 2005, 2007 und 2008 sowie Umsatzsteuer 2004 bis 2008, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Revisionswerber war Geschäftsführer der in Belgien situierten TB AG, über deren Vermögen mit Urteil eines ausländischen Gerichts vom der Konkurs verkündet worden war.

Am wurde vom Landesgericht Linz auch über das Vermögen des Revisionswerbers das Konkursverfahren eröffnet und Mag. X zum Masseverwalter bestellt.

Mit Haftungsbescheid vom wurde der Revisionswerber als Haftungsschuldner gemäß § 9 BAO für Abgabenschulden der TB AG in Anspruch genommen. Der Haftungsbescheid erging an den Masseverwalter Mag. X, der mit Eingabe vom sowohl gegen den Haftungsbescheid als auch gemäß § 248 BAO gegen die zu Grunde liegenden Abgaben- und Nebengebührenbescheide der TB AG (betreffend Umsatzsteuer 2004 bis 2008, Dienstgeberbeitrag samt Zuschlag 2004, 2005, 2007 und 2008, Säumniszuschläge 2007 bis 2010) Berufung erhob.

Während die Berufungsentscheidung betreffend Haftung vom an den Masseverwalter erging, wurde die nunmehr angefochtene Erledigung vom über die gemäß § 248 BAO erhobene Berufung an den Gemeinschuldner (dem nunmehrigen Revisionswerber) gerichtet und ihm am persönlich zugestellt.

Gegen diese Erledigung richtet sich die vorliegende Revision. Die Zulässigkeit der Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG begründet der Revisionswerber u.a. damit, dass die Berufungsentscheidung trotz anhängigen Konkursverfahrens zu Unrecht ihm als Gemeinschuldner und nicht Mag. X als gesetzlichem Vertreter der Konkursmasse zugestellt worden sei.

Durch Eröffnung des Konkurses über das Vermögen eines Steuerpflichtigen wird das gesamte, der Exekution unterworfene Vermögen, das dem Gemeinschuldner zu dieser Zeit gehört oder das er während des Konkurses erlangt (Konkursmasse, Insolvenzmasse), dessen freier Verfügung entzogen (§ 1 Abs. 1 KO, nunmehr § 2 Abs. 2 IO). Der Masseverwalter ist für die Zeit seiner Bestellung betreffend die Konkursmasse - soweit die Befugnisse des Gemeinschuldners beschränkt sind - gesetzlicher Vertreter des Gemeinschuldners iSd § 80 BAO (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2002/14/0053). Auch die Geltendmachung der Haftung des Gemeinschuldners für Abgaben betrifft die Konkursmasse (vgl. den hg. Beschluss vom , 2003/15/0061).

Der nach Abgabenvorschriften Haftungspflichtige kann gemäß § 248 BAO unbeschadet der Einbringung einer Berufung gegen seine Heranziehung zur Haftung innerhalb der für die Einbringung der Berufung gegen den Haftungsbescheid offenstehenden Frist auch gegen den Bescheid über den Abgabenanspruch berufen. Das Normative dieser Anordnung liegt in der Befugnis, den dem Haftungsbescheid zu Grunde liegenden Bescheid anfechten zu dürfen und alle Einwendungen gegen die Grundlagen der Haftung vorzubringen, auch wenn dieser Gegenstand eines Verfahrens eines anderen Abgabenpflichtigen bilden und über diese Grundlagen in diesem anderen Verfahren bereits rechtskräftig abgesprochen wurde (vgl. Stoll, BAO, § 248, 2456).

Ist dem Haftungspflichtigen - wie im gegenständlichen Fall - die Verfügungsmacht über das (gesamte der Exekution unterworfene) Vermögen entzogen und betrifft die Haftungsschuld als Konkursforderung des Finanzamtes die Masse (vgl. zur insolvenzrechtlichen Einordnung von Haftungsschulden das ), kommt das Berufungsrecht ausschließlich dem Masseverwalter zu, der insoweit den (Gemein)Schuldner vertritt.

Der Masseverwalter hat von diesem Berufungsrecht Gebrauch gemacht und seine Berufung gegen den Haftungsbescheid mit einer Berufung gegen die der Haftung zu Grunde liegenden Abgabenbescheide verbunden. Dass die Abgabenbescheide einen anderen Steuerpflichtigen betreffen (nämlich die TB AG) und Mag. X nur im Konkurs des Revisionswerbers Masseverwalter ist, hindert nicht, dass Mag. X als Masseverwalter im Berufungsverfahren alle Parteienrechte zukommen und auch die Erledigung gegenüber dem Masseverwalter zu ergehen hat. Eine an den Gemeinschuldner gerichtete Berufungserledigung geht ins Leere. Sie entfaltet weder eine Wirkung für den Gemeinschuldner noch für den Masseverwalter (vgl. die hg. Beschlüsse vom , 2006/15/0087, und vom , 2003/17/0339).

In der Eingabe vom hat der Masseverwalter somit zu Recht darauf hingewiesen, dass die von ihm erhobene Berufung gemäß § 248 BAO gegen die Abgabenbescheide mit der streitgegenständlichen Erledigung vom keine Behandlung gefunden hat. Dass Mag. X weder Masseverwalter noch sonstiger Vertreter der TB AG ist, ist im gegebenen Zusammenhang nicht von Bedeutung, weil es bei der ausstehenden Erledigung nicht um eine Berufung der TB AG geht. Der diesbezügliche Einwand des Mag. X in der Eingabe vom bot daher keine Rechtsgrundlage dafür, den angefochtenen Bescheid gegenüber dem Revisionswerber zu erlassen. Anhaltspunkte dafür, dass die belangte Behörde eine Erledigung gegenüber der Primärschuldnerin erlassen wollte und hinsichtlich der Bezeichnung des Bescheidadressaten lediglich ein Fehler in der Bezeichnung vorläge (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/15/0062) finden sich im Beschwerdefall nicht.

Der angefochtene Bescheid konnte nach dem Gesagten gegenüber dem Gemeinschuldner, der in den die Masse betreffenden Angelegenheiten nicht handlungsfähig ist, nicht rechtswirksam erlassen werden.

Die Revision gegen den nicht dem Rechtsbestand angehörenden Bescheid war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen. Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014150028.J00
Datenquelle

Fundstelle(n):
NAAAF-50945