VwGH 23.10.2014, Ro 2014/11/0067
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | AVG §33 Abs3; AVG §6 Abs1; VwGG §25a Abs5 idF 2013/I/033; VwGG §26 Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §30a Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §30b Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033; VwRallg; |
RS 1 | Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl. B , Ro 2014/10/0053; Ro 2014/10/0058). Die Revision wurde zwar noch innerhalb offener Revisionsfrist - beim unzuständigen VwGH eingebracht. Die Revision wurde aber (erst) nach Ablauf dieser Frist an das Verwaltungsgericht weitergeleitet. Die Revision war daher als verspätet eingebracht anzusehen und wurde daher vom Verwaltungsgericht zu Recht gemäß § 30a Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist zurückgewiesen. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen, und es tritt die gegenständliche Entscheidung somit an die Stelle des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtes (vgl. B , Fr 2014/18/0003). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2014/10/0068 B RS 1 |
Normen | |
RS 2 | Ergibt sich aus der Entscheidung des Verwaltungsgerichtes über einen Wiedereinsetzungsantrag, der die Versäumung der Revisionsfrist betrifft, dass das Verwaltungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag nicht etwa wegen des Fehlens von Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückgewiesen (§ 30a Abs. 9 VwGG), sondern in merito abgewiesen hat, weil seiner Auffassung nach die Versäumung der Revisionsfrist auf einem den Grad des minderen Versehens übersteigenden Verschulden beruhte, dann hat das Verwaltungsgericht seinen Beschluss auf § 46 VwGG gestützt. Gegen diesen Beschluss kommt aber gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG ausschließlich eine Revision in Betracht, weil Beschlüsse gemäß § 46 Abs. 4 VwGG nicht § 25a Abs. 2 VwGG zufolge von einer Revision ausgeschlossen sind. Vor diesem Hintergrund ist ein (auf Grund einer unzutreffenden Rechtsmittelbelehrung des Verwaltungsgerichtes) als "Vorlageantrag" bezeichneter Schriftsatz, insoweit er die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags bekämpft, rechtlich als Revision zu werten, und zwar im Hinblick auf das Fehlen eines Ausspruchs gemäß § 25a Abs. 1 VwGG als ordentliche Revision (vgl. die hg. Entscheidung vom , Zlen. Fr 2014/12/0001, Ro 2014/12/0037). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, in der Revisionssache des F J N in R, vertreten durch Mag. Georg Julius Tusek, 4020 Linz, Joh.-Konrad-Vogel Straße 7, 1. aufgrund des Vorlageantrags gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-650017/21/Kof/MSt, betreffend Zurückweisung einer Revision, und 2. über die Revision gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-650017/21/Kof/MSt, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist
(belangte Behörde: jeweils Bezirkshauptmannschaft Rohrbach in 4150 Rohrbach, Am Teich 1), den Beschluss gefasst:
Spruch
1. Die Revision gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-650017/13/Kof/CG, wird zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Oberösterreich vom , Zl. LVwG-650017/21/Kof/MSt, betreffend Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist, wird zurückgewiesen.
Begründung
1. Mit Erkenntnis vom entzog das Landesverwaltungsgericht Oberösterreich (Verwaltungsgericht), die Beschwerde des Revisionswerbers gegen den Bescheid der belangten Behörde vom abweisend, die Lenkberechtigung für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung. Unter einem wurde gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ausgesprochen, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig sei.
Die "Belehrung" gemäß § 30 VwGVG lautete (wörtlich):
"Gegen dieses Erkenntnis besteht die Möglichkeit der Erhebung einer Beschwerde beim VfGH und/oder einer ordentlichen Revision beim VwGH.
Die Beschwerde bzw. Revision ist innerhalb von sechs Wochen ab dem Tag der Zustellung des Erkenntnisses durch einen bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw. eine bevollmächtigte Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen."
Die Zustellung dieses Erkenntnisses erfolgte am . Die (sechswöchige) Revisionsfrist endete daher am .
Gegen dieses Erkenntnis brachte der Revisionswerber mit am zur Post gegebenem Schriftsatz eine ordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof ein. Mit hg. Verfügung vom wurde die Revision dem Verwaltungsgericht gemäß § 25a Abs. 5 VwGG zuständigkeitshalber übermittelt, wo sie nach Ausweis der vorgelegten Akten des Verfahrens am einlangte.
Über Vorhalt des Verwaltungsgerichtes zur Verfristung der Revision stellte der Revisionswerber mit am zur Post gegebenem Schriftsatz seines Rechtsvertreters den Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Revisionsfrist, dies unter Hinweis auf eine falsche Rechtsmittelbelehrung durch das Verwaltungsgericht.
Mit Beschluss vom wies das Verwaltungsgericht die Revision gemäß § 30a Abs. 1 VwGG als verspätet eingebracht zurück (Spruchpunkt I.) und den Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 46 Abs. 1 und Abs. 4 VwGG ab (Spruchpunkt II.). Die Rechtsmittelbelehrung lautete wörtlich:
"Gemäß § 30b Abs. 1 VwGG kann gegen diesen Beschluss innerhalb von zwei Wochen - gerechnet ab Zustellung - ein Vorlageantrag erhoben werden.
Dieser Vorlageantrag ist beim Landesverwaltungsgericht Oberösterreich einzubringen."
Der Revisionswerber brachte gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes vom bei diesem einen als "Vorlageantrag gemäß § 30b VwGG" bezeichneten Schriftsatz seines Rechtsvertreters ein, in dem er sich sowohl gegen die Zurückweisung seiner Revision als verspätet als auch gegen die Abweisung seines Wiedereinsetzungsantrags wendet.
Über Auftrag des Verwaltungsgerichtshofes gemäß § 34 Abs. 2 VwGG wurde der hinsichtlich der Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags als Revision zu wertende Schriftsatz - nach Vorlage desselben zusammen mit den Akten des Verfahrens und einer Revisionsbeantwortung der belangten Behörde durch das Verwaltungsgericht - verbessert.
2.1.1. Aufgrund des rechtzeitigen Vorlageantrags hinsichtlich der Zurückweisung der Revision ist der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über diese Revision (gegen das Erkenntnis vom ) berufen (§ 30b Abs. 1 VwGG).
2.1.2. Das Verwaltungsgericht führte zur Frage der Rechtzeitigkeit der Revision gegen sein Erkenntnis vom begründend im Wesentlichen aus, der Revisionsschriftsatz vom sei an den Verwaltungsgerichtshof, somit an eine nicht zuständige Einbringungsstelle, adressiert und eingebracht worden, die Weiterleitung an das Verwaltungsgericht sei erst nach dem Ablauf der Revisionsfrist am erfolgt. Damit sei die Einbringungsfrist, auch wenn die Revision ursprünglich rechtzeitig zur Post gegeben worden sei, nicht gewahrt.
2.1.3. Im Vorlageantrag wird die Auffassung vertreten, angesichts einer falschen Rechtsmittelbelehrung im Erkenntnis vom , in der von einer Revision "beim VwGH" die Rede sei, könne von einer unrichtigen Einbringung der Revision nicht gesprochen werden.
2.1.4. Wird ein fristgebundenes Anbringen bei einer unzuständigen Stelle eingebracht, so erfolgt die Weiterleitung auf Gefahr des Einschreiters. Die Frist ist nur dann gewahrt, wenn die unzuständige Stelle das Anbringen zur Weiterleitung an die zuständige Stelle spätestens am letzten Tag der Frist zur Post gibt oder das Anbringen bis zu diesem Zeitpunkt bei der zuständigen Stelle einlangt (vgl. die hg. Beschlüsse vom , Zl. Ro 2014/10/0053, und Zl. Ro 2014/10/0058, jeweils mwN.)
Die vorliegende Revision wurde zwar noch vor Ablauf des - und sohin innerhalb offener Revisionsfrist - beim Verwaltungsgerichtshof eingebracht, obwohl sie beim Verwaltungsgericht einzubringen gewesen wäre (§ 24 Abs. 1 VwGG). Die Revision wurde aber (erst) nach Ablauf der Revisionsfrist an das Verwaltungsgericht weitergeleitet. Sie war folglich als verspätet eingebracht anzusehen, ihre Zurückweisung gemäß § 30a Abs. 1 VwGG durch das Verwaltungsgericht wegen Versäumung der Einbringungsfrist erfolgte zu Recht (vgl. den hg. Beschluss vom , Zl. Ro 2014/10/0068).
Soweit im Vorlageantrag von einer falschen Rechtsmittelbelehrung im Erkenntnis vom die Rede ist, genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 iVm. Abs. 9 VwGG auf den bereits erwähnten hg. Beschluss vom zu verweisen, aus dessen näherer Begründung sich ergibt, dass die im Erkenntnis vom enthaltene "Belehrung" den Anforderungen des § 30 VwGVG entsprochen hat.
2.1.5. Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Versäumung der Einbringungsfrist in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen, wobei die vorliegende Entscheidung an die Stelle des Zurückweisungsbeschlusses des Verwaltungsgerichtes tritt (vgl. erneut den bereits erwähnten hg. Beschluss vom ).
2.2.1. Gemäß § 46 Abs. 4 VwGG hatte, da die Revision gegen das Erkenntnis vom noch nicht dem Verwaltungsgerichtshof vorgelegt worden war, über den Wiedereinsetzungsantrag das Verwaltungsgericht durch Beschluss zu entscheiden. Aus Spruchpunkt II. des angefochtenen Beschlusses und seiner Begründung ergibt sich zweifelsfrei, dass das Verwaltungsgericht den Wiedereinsetzungsantrag nicht etwa wegen des Fehlens von Zulässigkeitsvoraussetzungen zurückgewiesen (§ 30a Abs. 9 VwGG), sondern in merito abgewiesen hat, weil seiner Auffassung nach die Versäumung der Revisionsfrist auf einem den Grad des minderen Versehens übersteigenden Verschulden beruhte.
Daraus folgt, dass das Verwaltungsgericht seinen Beschluss auf § 46 VwGG gestützt hat. Gegen diesen Beschluss kommt aber - entgegen der Rechtsmittelbelehrung - gemäß Art. 133 Abs. 9 B-VG ausschließlich eine Revision in Betracht, weil Beschlüsse gemäß § 46 Abs. 4 VwGG nicht § 25a Abs. 2 VwGG zufolge von einer Revision ausgeschlossen sind (der angefochtene Beschluss ist wie bereits erwähnt kein Beschluss gemäß § 30a Abs. 9 VwGG).
Vor diesem Hintergrund war der als "Vorlageantrag" bezeichnete Schriftsatz, insoweit er die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags bekämpft, rechtlich als Revision zu werten, und zwar im Hinblick auf das Fehlen eines Ausspruchs gemäß § 25a Abs. 1 VwGG als ordentliche Revision (vgl. die hg. Entscheidung vom , Zlen. Fr 2014/12/0001, Ro 2014/12/0037).
2.2.2. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden.
In der Revision werden vor dem Hintergrund der bisherigen hg. Rechtsprechung (vgl. insbesondere den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2014/08/0001-11) keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
2.2.3. Die Revision gegen die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrags war daher zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | AVG §33 Abs3; AVG §6 Abs1; B-VG Art133 Abs9; VwGG §25a Abs1; VwGG §25a Abs2; VwGG §25a Abs5 idF 2013/I/033; VwGG §26 Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §30a Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §30a Abs9; VwGG §30b Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §34 Abs1 idF 2013/I/033; VwGG §46 Abs4; VwGG §46; VwRallg; |
Sammlungsnummer | VwSlg 18957 A/2014 |
Schlagworte | Rechtsgrundsätze Fristen VwRallg6/5 Weiterleitung an die zuständige Behörde auf Gefahr des Einschreiters |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2014:RO2014110067.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAF-50920