VwGH 29.04.2015, Ro 2014/10/0080
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | AVG §8; IO §2 Abs2; IO §275 Abs1 Z23; IO §3 Abs1; IO §6; IO §7; IO §81a Abs2; NatSchG NÖ 2000 §27; VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs3; VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
RS 1 | Der Insolvenzverwalter vertritt die Schuldnerin auch im Verwaltungsverfahren, wenn die Masse betroffen ist. Nur der Insolvenzverwalter ist insofern auch zur Erhebung von Rechtsmitteln berechtigt. Während der Anhängigkeit des Insolvenzverfahrens können nur Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Schuldners, von diesem selbst anhängig gemacht und fortgesetzt werden. In anhängigen Verwaltungsverfahren endet die Prozessfähigkeit des Schuldners mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, soweit es sich nicht um Verfahren handelt, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen. Auch das Recht zur Erhebung einer Revision an den VwGH kommt in solchen Fällen nur dem Insolvenzverwalter zu (vgl. E VS , 2012/10/0002, in dem auch ausgeführt wird, dass sich diese Rechtslage durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 nicht geändert hat). |
Normen | AVG §56; AVG §9; IO §2 Abs2; IO §275 Abs1 Z23; IO §3 Abs1; IO §6; IO §7; IO §81a Abs2; NatSchG NÖ 2000 §27; VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs3; VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5; VwGG §34 Abs1; |
RS 2 | Bescheide, die nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an den Gemeinschuldner und nicht an den Insolvenzverwalter gerichtet sind, erlangen keine Wirksamkeit (vgl. B , 95/05/0094; E , 2013/16/0171). Eine an den Schuldner gerichtete Erledigung wird durch die bloße Zustellung an den Insolvenzverwalter diesem gegenüber nicht wirksam (vgl. E , 2001/02/0172; B , 2006/15/0087). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Revision des M L in Wien, als Insolvenzverwalter der R GmbH, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. RU5-BE.868/001-2012, betreffend naturschutzbehördlicher Auftrag, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Revisionswerber hat dem Land Niederösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, an die R.-GmbH gerichteten Bescheid vom hat die Niederösterreichische Landesregierung dieser GmbH einen naturschutzbehördlichen Auftrag erteilt.
In der dagegen gerichteten Revision bringt der Revisionswerber u.a. Folgendes vor:
Über das Vermögen der R.-GmbH sei am ein Insolvenzverfahren eröffnet worden, wobei der Revisionswerber zum Insolvenzverwalter bestellt worden sei. Der angefochtene Bescheid hätte daher an den Revisionswerber gerichtet werden müssen. Der an die R.-GmbH gerichtete Bescheid sei dem Revisionswerber über dessen Ersuchen am zugestellt worden, womit die Beschwerdefrist ausgelöst worden sei.
In der Gegenschrift der belangten Behörde wird zu diesem Vorbringen lediglich geltend gemacht, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens aus der gesamten Aktenlage nicht ersichtlich gewesen sei und der Insolvenzverwalter auch keine entsprechende Mitteilung erstattet habe.
Vorauszuschicken ist, dass auf die vorliegende Revision gegen den - nach der Aktenlage gegenüber den betroffenen Gemeinden und der Niederösterreichischen Umweltanwaltschaft als Verfahrensparteien gemäß § 27
Niederösterreichisches Naturschutzgesetz 2000 noch im Jahr 2013 erlassenen - angefochtenen Bescheid gemäß § 4 Abs. 3 und Abs. 5 Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - sinngemäß anzuwenden sind.
Nach der hg. Judikatur vertritt der Insolvenzverwalter die Schuldnerin auch im Verwaltungsverfahren, wenn die Masse betroffen ist. Nur der Insolvenzverwalter ist insofern auch zur Erhebung von Rechtsmitteln berechtigt. Während der Anhängigkeit des Insolvenzverfahrens können nur Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen, insbesondere über Ansprüche auf persönliche Leistungen des Schuldners, von diesem selbst anhängig gemacht und fortgesetzt werden. In anhängigen Verwaltungsverfahren endet die Prozessfähigkeit des Schuldners mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, soweit es sich nicht um Verfahren handelt, die das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen überhaupt nicht betreffen. Auch das Recht zur Erhebung einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof kommt in solchen Fällen nur dem Insolvenzverwalter zu (vgl. insbesondere das Erkenntnis eines verstärkten Senats vom , Zl. 2012/10/0002, in dem auch ausgeführt wird, dass sich diese Rechtslage durch das Insolvenzrechtsänderungsgesetz 2010 nicht geändert hat).
Im vorliegenden Verfahren ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass der gegenständliche naturschutzbehördliche Auftrag das zur Insolvenzmasse gehörige Vermögen im aufgezeigten Sinn überhaupt nicht betrifft. Nach der oben dargestellten Rechtslage wäre der angefochtene Bescheid daher an den Insolvenzverwalter zu richten gewesen.
Nach der ständigen hg. Judikatur erlangen Bescheide, die nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens an den Gemeinschuldner und nicht an den Insolvenzverwalter gerichtet sind, keine Wirksamkeit (vgl. etwa den Beschluss vom , Zl. 95/05/0094, und das Erkenntnis vom , Zl. 2013/16/0171, mwN). Eine an den Schuldner gerichtete Erledigung wird durch die bloße Zustellung an den Insolvenzverwalter diesem gegenüber nicht wirksam (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/02/0172, und den hg. Beschluss vom , Zl. 2006/15/0087).
Da der an die R.-GmbH gerichtete angefochtene Bescheid somit gegenüber dem Revisionswerber keine Rechtswirkungen entfaltet und der Revisionswerber daher dadurch nicht in Rechten verletzt werden kann, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 und Abs. 3 VwGG zurückzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008.
Wien, am
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Normen | AVG §56; AVG §8; AVG §9; IO §2 Abs2; IO §275 Abs1 Z23; IO §3 Abs1; IO §6; IO §7; IO §81a Abs2; NatSchG NÖ 2000 §27; VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs3; VwGbk-ÜG 2013 §4 Abs5; VwGG §34 Abs1; VwRallg; |
Schlagworte | Maßgebende Rechtslage maßgebender Sachverhalt Masseverwalter Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Parteienrechte und Beschwerdelegitimation Verwaltungsverfahren Mangelnde Rechtsverletzung Beschwerdelegitimation verneint keineBESCHWERDELEGITIMATION Parteibegriff Parteistellung strittige Rechtsnachfolger Zustellung Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Grundsätzliches zur Parteistellung vor dem VwGH Allgemein Mangel der Berechtigung zur Erhebung der Beschwerde mangelnde subjektive Rechtsverletzung Mangel der Rechtsfähigkeit und Handlungsfähigkeit sowie der Ermächtigung des Einschreiters Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtsanspruch Antragsrecht Anfechtungsrecht VwRallg9/2 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RO2014100080.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-50914