VwGH 13.06.2016, Ro 2014/03/0049
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | 12010E267 AEUV Art267; AVG §38; TKG 2003 §36 Abs1; TKG 2003 §36 Abs2; TKG 2003 §37 Abs1; VwGG §38b; VwGG §62 Abs1; |
RS 1 | Das Revisionsverfahren wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-28/15 (Koninklijke KPN NV und KPN BV ua gegen Autoriteit Consument en Markt (ACM)) ausgesetzt. |
Normen | 32002L0019 Zugangs-RL Art13; 32002L0019 Zugangs-RL Art8; 32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art4 Abs1; 32009H0396 Terminierungsentgelte-Empfehlung; 62015CJ0028 Koninklijke KPN VORAB; EURallg; TKG 2003 §1 Abs2; TKG 2003 §1 Abs2a; TKG 2003 §36; TKG 2003 §37; |
RS 1 | Die Vorschriften der Rahmen- und der Zugangsrichtlinie (und damit auch die sie innerstaatlich umsetzenden Vorschriften des TKG 2003) sind dahin auszulegen, dass ein Abweichen von dem in der Terminierungsempfehlung als geeignet erachteten und empfohlenen Kostenrechnungsmodell Pure LRIC nur in Betracht kommt, wenn tatsächliche Umstände des konkreten Falles, insbesondere Besonderheiten des Marktes des betreffenden Landes, dies erfordern. Ohne das Vorliegen solcher besonderen Umstände ist also grundsätzlich das Pure LRIC Modell heranzuziehen. Ist aber "grundsätzlich" (vgl , Koninklijke KPN NV ua gegen Autoriteit Consument en Markt (ACM), Rz 38) der Empfehlung zu folgen und damit das genannte Modell heranzuziehen, und erfordert ein Abweichen davon besondere Umstände des konkreten Falles, so verlangt dies jedenfalls eine entsprechende Konkretisierung der maßgebenden, gegebenenfalls ein Abgehen vom Pure LRIC-Modell zulässig machenden Umstände (vgl , Punkt 4.5., zum - insofern vergleichbaren - Primat eines "as efficient"-Ansatzes). Insoweit wird damit (auch im Sinne eines allgemeinen Regel-Ausnahme-Prinzips) eine Darlegungs- und Behauptungslast desjenigen begründet, der sich auf allfällige Besonderheiten beruft. |
Normen | 32002L0021 Rahmen-RL Kommunikationsnetze Art8 Abs5; TKG 2003 §1 Abs2; TKG 2003 §1 Abs2a; |
RS 2 | Zwar verlangt § 1 Abs 2a TKG 2003 - in Umsetzung von Art 8 Abs 5 der Rahmenrichtlinie, RL 2002/21/EG in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2009/140/EG - von den Regulierungsbehörden - unter anderem - "die Vorhersehbarkeit der Regulierung dadurch zu fördern, dass sie über angemessene Überprüfungszeiträume ein einheitliches Regulierungskonzept beibehalten" (Z 1). Dies ändert aber nichts daran, dass die in § 1 Abs 2a TKG 2003 angesprochenen, in Z 1 bis Z 6 aufgelisteten "Regulierungsgrundsätze" den in § 1 Abs 2 TKG 2003 genannten Zielen verpflichtet sind, wie schon der Wortlaut des § 1 Abs 2a TKG 2003 deutlich macht ("haben bei der Verfolgung der in den Abs 2 genannten Ziele ... Regulierungsgrundsätze anzuwenden, indem ..."). |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie 2013/03/0138 E RS 5 |
Normen | TKG 2003 §1 Abs2 Z2; TKG 2003 §1 Abs2a; TKG 2003 §36; TKG 2003 §37; |
RS 3 | Selbst ein "disruptives" Abgehen von einer bisherigen Regulierungspraxis (etwa durch Wahl eines anderen Maßstabs für die Kostenorientierung) begründet für sich genommen keine Rechtswidrigkeit, wenn die mit dem zu beurteilenden Bescheid auferlegten spezifischen Verpflichtungen in ihrer Gesamtheit die Erreichung des gesteckten Ziels, dem festgestellten wettbewerblichen Defizit effektiv zu begegnen und damit das in § 1 Abs 2 Z 2 TKG 2003 angesprochene Ziel der Sicherung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zu erreichen, gewährleisten. Einer besonderen "Übergangsfrist" bedarf es diesfalls nicht. |
Normen | B-VG Art133 Abs4; EURallg; |
RS 4 | Eine Rechtsfrage, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, liegt dann nicht vor, wenn es zwar keine Rsp des VwGH gibt, die Rechtslage aber durch ein Urteil des EuGH gelöst ist. |
Hinweis auf Stammrechtssatz | GRS wie Ro 2014/16/0010 B RS 1 |
Entscheidungstext
Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:
* Vorabentscheidungsantrag
des VwGH oder eines anderen Tribunals:
C-28/15
* Fortgesetztes Verfahren im VwGH nach EuGH-Entscheidung:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Beiziehung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der A AG in W, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom , M 1.10/12-99, betreffend Feststellung beträchtlicher Marktmacht und Auferlegung spezifischer Verpflichtungen nach dem TKG 2003 (weitere Partei: Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Parteien:
1. T GmbH in W, 2. H GmbH in W, vertreten durch Mag. Dr. Bertram Burtscher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, 3. M Limited in L, UK, 4. T T GmbH in W, 5. T M GmbH in W, 6. U GmbH, 7. U
S GmbH, 8. U B GmbH, 9. U A GmbH, alle in W, 10. U T Betriebsgesellschaft m.b.H. in T, 11. U-F Betriebsgesellschaft m.b.H. in W, 12. U O GmbH, 13. U D GmbH, beide in W, 14. L GmbH in L, 15. V GmbH in W), den Beschluss gefasst:
Spruch
Das Revisionsverfahren wird bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union in der Rechtssache C-28/15 (Koninklijke KPN NV und KPN BV ua gegen Autoriteit Consument en Markt (ACM)) ausgesetzt.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs 2 TKG 2003 fest, dass der Markt "Terminierung von Sprachrufen in das öffentliche Mobiltelefonnetz" der Revisionswerberin ein der sektorspezifischen Regulierung unterliegender relevanter Markt sei, der das gesamte Bundesgebiet umfasse (Spruchpunkt A.), stellte gemäß § 36 Abs 1 in Verbindung mit § 37 Abs 1 TKG 2003 fest, dass die Revisionswerberin auf dem besagten Markt über beträchtliche Marktmacht verfüge (Spruchpunkt B.), und legte der Revisionswerberin gemäß § 37 Abs 1 TKG 2003 näher genannte spezifische Verpflichtungen auf (Spruchpunkt C.); schließlich wurden die der Revisionswerberin mit Bescheid der belangten Behörde vom , M 1/08-284, auferlegten spezifischen Verpflichtungen gemäß § 37 Abs 1 TKG 2003 aufgehoben.
2 Nachdem der Verfassungsgerichtshof die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Art 144 Abs 3 B-VG abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, wurde die - nun als Revision geltende - Beschwerde ergänzt. Die Revisionswerberin macht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG im Wesentlichen geltend, dass die seitens der belangten Behörde erstmals auf Basis der Kostenrechnungsmethode pure-LRIC verfügten Terminierungsentgelte (Spruchpunkt C.5) wegen Verstoßes gegen unionsrechtliche und nationalgesetzliche Vorgaben rechtswidrig seien. Die belangte Behörde sei bei Wahl dieses Kostenrechnungsmaßstabs unter Abweichung vom bisher herangezogenen Konzept der FL-LRAIC der Empfehlung der Europäischen Kommission vom über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zustellentgelte in der EU, 2009/396/EG, ABl L 124/67, vom ("Terminierungsempfehlung") gefolgt, obwohl dieser keine rechtliche Verbindlichkeit zukomme.
3 Auf diese Empfehlung und auf die Berechnung des Terminierungsentgelts nach dem Maßstab "pure-LRIC" wird in dem im Spruch genannten Vorabentscheidungsersuchen des College van Beroep voor het Bedrijfsleven in der Rechtssache C-28/15 Bezug genommen und insbesondere danach gefragt, ob dieser Kostenrechnungsansatz einer spezifischen Verpflichtung (vgl insbesondere Spruchpunkt C.5 des angefochtenen Bescheids) zugrunde gelegt werden dürfe.
4 Da somit ein Verfahren zur Klärung der besagten unionsrechtlichen Frage beim EuGH bereits anhängig - und noch nicht abgeschlossen - ist, liegen die Voraussetzungen des nach § 62 Abs 1 VwGG auch für den Verwaltungsgerichtshof einschlägigen § 38 AVG vor (vgl ).
5 Das gegenständliche Revisionsverfahren war daher bis zur Entscheidung über das im Spruch genannte Vorabentscheidungsersuchen auszusetzen.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Beachte
Vorabentscheidungsverfahren:
* Ausgesetztes Verfahren:
* EuGH-Entscheidung:
EuGH 62015CJ0028
Serie (erledigt im gleichen Sinn):
Ro 2014/03/0050 B
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Beck und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Revision der A1 Telekom Austria AG in Wien, vertreten durch DDr. Christian F. Schneider, Rechtsanwalt in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11, gegen den Bescheid der Telekom-Control-Kommission vom , M1.10/12-99, betreffend Feststellung beträchtlicher Marktmacht und Auferlegung spezifischer Verpflichtungen nach dem TKG 2003 (weitere Partei:
Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie; mitbeteiligte Parteien: 1. T-Mobile Austria GmbH in 1030 Wien, Rennweg 97-99, 2. Hutchison Drei Austria GmbH in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Bertram Burtscher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 16, 3. Mundio Mobile Austria in GB-E 14 9 TP London, 54 Marsh Wall, 4. Tele2 Telecommunication GmbH in 1220 Wien, Donau-City-Straße 11, 5. atms Telefon- und Marketing Services GmbH in 1220 Wien, Leonard-Bernstein-Straße 10, 6. UPC Telekabel Wien GmbH, 7. UPC Austria Services GmbH, 8. UPC Broadband GmbH,
9. UPC Business Austria GmbH, 6. bis 9. mitbeteiligte Parteien in 1120 Wien, Wolfganggasse 58-60, 10. UPC Telekabel-Fernsehnetz Region Baden Betriebsgesellschaft m.b.H. in 2514 Traiskirchen, Hauptplatz 13, 11. UPC Telekabel-Fernsehnetz Wiener Neustadt/Neunkirchen Betriebsgesellschaft m.b.H. in 2700 Wiener Neustadt, Bahngasse 8, 12. UPC Oberösterreich GmbH in 1120 Wien, Wolfganggasse 58-60, 13. UPC DSL Telekom GmbH in 1120 Wien, Wolfganggasse 58-60, 14. Liwest Kabelmedien GmbH in 4040 Linz, Lindengasse 18, 15. Verizon Austria GmbH in 1020 Wien, Handelskai 340), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,10 und der zweitmitbeteiligten Partei in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde gemäß § 36 Abs 2 TKG 2003 fest, dass der Markt "Terminierung von Sprachrufen in das öffentliche Mobiltelefonnetz" der Revisionswerberin ein der sektorspezifischen Regulierung unterliegender relevanter Markt sei, der das gesamte Bundesgebiet umfasse (Spruchpunkt A), stellte gemäß § 36 Abs 1 in Verbindung mit § 37 Abs 1 TKG 2003 fest, dass die Revisionswerberin auf dem besagten Markt über beträchtliche Marktmacht verfüge (Spruchpunkt B), und legte der Revisionswerberin gemäß § 37 Abs 1 TKG 2003 näher genannte spezifische Verpflichtungen auf (Spruchpunkt C). Spruchpunkt C.5. betrifft das für die Zusammenschaltungsleistung "Terminierung von Sprachrufen in das öffentliche Mobiltelefonnetz der A1 Telekom Austria AG" höchst zulässige Entgelt, wobei bis ein Maximalentgelt von 2,01 Cent pro Minute und ab ein solches von 0,8049 Cent festgelegt wird; schließlich wurden die der Revisionswerberin mit Bescheid der belangten Behörde vom , M1/08-284, auferlegten spezifischen Verpflichtungen gemäß § 37 Abs 1 TKG 2003 aufgehoben (Spruchpunkt D.).
2 In der Begründung legte die belangte Behörde unter anderem dar, die festgestellte marktbeherrschende Stellung der Revisionswerberin auf dem gegenständlichen Markt erfordere zwingend die Auferlegung geeigneter spezifischer Verpflichtungen, um den festgestellten Wettbewerbsproblemen zu begegnen. Eine Verpflichtung zur Entgeltkontrolle und Kostenrechnung sei grundsätzlich geeignet, den effizienten Zugangspreis festzusetzen, und damit preisbedingte allokative Ineffizienzen wegen zu hoher Terminierungsentgelte zu beseitigen. Der effiziente Zugangspreis stelle sicher, dass mit dieser Leistung keine zur Quersubventionierung einsetzbaren Übergewinne erwirtschaftet würden und adressiere das Problem überhöhter Entgelte direkt. Bei Auswahl unter den Preisermittlungsmethoden kostenorientierte Entgelte, efficient component pricing und Benchmarking sei dem Ansatz der "kostenorientierten Entgelte" der Vorzug zu geben (was näher begründet wird).
3 In den bisherigen Marktanalysen seien die Terminierungsentgelte unter Einsatz eines Top-Down-Modells auf Basis der langfristigen durchschnittlichen inkrementellen Kosten (LRAIC) festgesetzt worden. Da es in der Praxis aufgrund der hohen Informationsanforderungen nicht möglich sei, Ramsey Preise bei Monopolen zu bestimmen, erfolge die Kostenzurechnung nicht direkt zurechenbarer Kostenblöcke, nämlich der gemeinsamen Kosten und der Gemeinkosten, auf Basis mengenäquivalenter proportionaler Aufschläge. Im Ergebnis liefere das Modell langfristige Durchschnittskosten mit einer mengenproportionalen Verteilung der Gemeinkosten und gemeinsamen Kosten (Minuten und Bandbreite). Die so ermittelten Kosten könnten erheblich vom oben genannten theoretisch "korrekten Preis" (Ramsey) abweichen, nämlich insbesondere dann, wenn die Dienste hinsichtlich der Produktion (Sprache, Daten) und Nachfrage (unterschiedliche Elastizitäten) sehr heterogen seien.
4 Im Gegensatz zum Durchschnittskostenkonzept nach LRAIC stelle der Kostenrechnungsansatz Pure LRIC (reine Inkrementalkosten eines effizienten Betreibers), der in der Empfehlung 2009/396/EG der Europäischen Kommission vom über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunkzustellungsentgelte in der EU, ABl L 124/67 vom (Terminierungsempfehlung), vorgesehen sei, eine Annäherung an die langfristigen Grenzkosten dar. Die Terminierungsempfehlung stelle explizit auf verkehrsabhängige (traffic-related) und damit langfristig variable Kosten ab. Verkehrsabhängige Kosten entstünden durch Kapazitätserweiterungen, die notwendig seien, um den steigenden Verkehr abzuwickeln. Explizit nicht berücksichtigt werden sollten verkehrsunabhängige (non-traffic-related) und damit langfristig fixe Gemeinkosten und gemeinsame Kosten, sofern sie nicht dem Diensteinkrement Terminierung zuzurechnen seien.
5 Die höchste allokative Effizienz auf einem Markt werde dann erzielt, wenn sich der Preis an den langfristigen Grenzkosten orientiere; aus allokativen Effizienzgesichtspunkten sei Pure LRIC gegenüber dem bisher angewandten Kostenstandard LRAIC zu präferieren.
6 Zudem handle es sich bei Terminierung um ein Vorleistungsprodukt, das maßgeblichen Einfluss auf die Flexibilität bei der Endkundenpreisgestaltung habe. Je näher die Terminierungsentgelte an den Grenzkosten lägen, desto höher sei der Spielraum für Tarifinnovationen. Mobilfunkbetreiber seien in der Lage, auf dem Endkundenmarkt Preisdiskriminierung zu praktizieren. Es würden zunehmend Flatrate Produkte oder Tarife mit Bandbreitendifferenzierung anstelle von linearen und zweistufigen Tarifen angeboten. Diese Tarifsysteme könnten nicht nur gewinnerhöhend für die Betreiber sein, sondern damit könne auch eine höhere allokative Effizienz erzielt werden. Durch sich an den langfristigen Grenzkosten orientierende Vorleistungspreise würde insbesondere kleinen Betreibern mit einem hohen Anteil an netzexternen Verkehr ein höheres Maß an Flexibilität bezüglich der Tarifgestaltung eingeräumt, was wiederum direkten Nutzen für Endkunden habe.
7 Zwischen Terminierungsentgelten und Endkundentarifen gebe es einen Zusammenhang ("waterbed effect"). Demnach könne eine Absenkung der Terminierungsentgelte einen (teilweisen) Anstieg der Mobilfunkendkundentarife zur Folge haben. Mit der Umstellung von LRAIC auf Pure LRIC fänden fixe Gemeinkosten sowie gemeinsame Kosten, sofern sie nicht dem Diensteinkrement Terminierung zuzurechnen seien, keine Berücksichtigung bei den Terminierungskosten und müssten daher von den Mobilfunkbetreibern unter Umständen durch eine Anhebung der (vornehmlich fixen) Endkundenpreise kompensiert werden. Dies könne somit indirekt zur Folge haben, dass Teile der Kosten eines Anrufs vom Angerufenen getragen werden müssten. Mit der Umstellung von LRAIC auf den Pure LRIC Standard erfolge somit auch eine Umstellung von einem reinen Calling Party Pays-Regime auf ein Both Parties Pay-Regime. Damit würden beim Pure LRIC Standard in gewisser Weise im Gegensatz zu LRAIC auch Anrufexternalitäten berücksichtigt, die dadurch entstünden, dass der Angerufene einen Nutzen von einem Anruf habe, aber in einem reinen Calling Party Pays-Regime die gesamten Kosten des Anrufs vom Anrufer getragen würden. Die Umstellung auf den Pure LRIC Ansatz könne sich auf verschiedene Nutzergruppen unterschiedlich auswirken. Steigen die Aktiventgelte durch den waterbed effect, könnte dies nachteilige Auswirkungen auf Teilnehmer mit geringer Nutzung, vorwiegend Prepaid Teilnehmer, die hauptsächlich Anrufe entgegennehmen, haben. Der mögliche Effekt auf die Grundentgelte werde jedoch als gering eingeschätzt, weil die Absenkung in Absolutbeträgen nicht sehr hoch sei und letztlich für einen bestimmten Betreiber auch nur in dem Maße ertragsmindernd wirke, in dem ein net-inflow an Verkehrsminuten besteht; für Betreiber mit net-outflow würde sich die Situation sogar verbessern.
8 Bei Pure LRIC gebe es keine Kostentragung von Gemeinkosten und gemeinsamen Kosten, sofern sie nicht dem Inkrement Terminierung zuzurechnen sind. Negative Auswirkungen auf Investitionen seien nicht zu erwarten, weil die eindeutig durch die Leistung Terminierung verursachten Kosten abgegolten würden; dabei würde auch eine entsprechende Rendite auf das eingesetzte Kapital berücksichtigt. Ein Betreiber würde sich nicht besser stellen, wenn er die Leistung Terminierung (fiktiv) nicht mehr anbieten würde. Zudem sei Terminierung ein Kuppelprodukt, das im Verbund mit anderen Leistungen produziert werde; kein Betreiber treffe isoliert Investitionsentscheidungen auf Grundlage der Rentabilität der Leistung Terminierung.
9 Bei Anwendung des Pure LRIC Standards in Fest- und Mobilnetzen im Inland und in anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union würden nicht nur die Erlöse aus Terminierung sinken, sondern auch die Kosten, weil auch die Auszahlungen an andere Betreiber sinken würden. Im Endeffekt sei nur der netinflow Saldo von weiteren Absenkungen betroffen. Die Betreiber würden die fehlenden Deckungsbeiträge zur Abdeckung der Gemeinkosten gegebenenfalls durch Tarifanpassungen ausgleichen; diese seien grundsätzlich möglich und ließen insgesamt keine negativen Auswirkungen erwarten. Betreiber seien besser in der Lage, Gemeinkosten effizient auf unterschiedliche Dienste zu verteilen als die Regulierungsbehörde (Ramsey Pricing). Aus dieser Sicht sei es effizient, wenn die Gemeinkosten auf Leistungen verteilt würden, die dem Wettbewerb ausgesetzt seien.
10 Überhöhte Terminierungsentgelte führten auch zu Wettbewerbsverzerrungen zu Ungunsten kleinerer Betreiber, insbesondere aber Neueinsteiger, weil diese einen hohen Anteil an netzexternen Anrufen abwickeln müssten. Durch die Umstellung des Kostenrechnungsmodells würde die Lücke zwischen den Kosten für einen netzexternen und den (internen) Kosten für einen internen Anruf geschlossen. Dies räume insbesondere kleinen Betreibern mit einem hohen Anteil an netzexternen Verkehr ein höheres Maß an Flexibilität bezüglich der Tarifgestaltung ein und führe damit zu einer Stärkung des Wettbewerbs.
11 Zur Höhe der Kosten traf die belangte Behörde folgende Feststellungen:
"Es können technische Netzkosten iSv Pure LRIC eines effizienten Mobilfunkanbieters für die Leistung der Terminierung in ein öffentliches Mobiltelefonnetz in der Höhe von Cent 0,7153 festgestellt werden. Dabei wird ein Marktanteil in der Höhe von 20%, eine Netzabdeckung mit 2G (Sprache über GSM, Datendienste über EDGE) von 100% und mit 3G (Sprache über UMTS, Datendienste über UMTS und HSPA) von 75% angesetzt (LTE wurde außer Betracht gelassen). Das Kernnetz ist als NGN (IP-basiert) modelliert und folgt den 3GPP-Spezifikationen ab Release 4. Es wurde ein Kapitalkostenzinssatz (WACC) von 11,37% zu Grunde gelegt. Bei der Abschreibung des Anlagevermögens wurde auf ökonomische Abschreibungen zurückgegriffen.
Neben diesen technischen Netzkosten fallen weiter Zusatzkosten für Terminierung an (‚wholesale commercial costs'), die unmittelbar mit der Abrechnung der Terminierung im Zusammenhang stehen und nicht anfallen würden, wenn die Terminierung nicht angeboten bzw verrechnet werden würde. Diese inkrementellen Kosten betragen pro Terminierungsminute im Mobilnetz Cent 0,0896.
Damit ergeben sich Kosten iSv Pure LRIC (pro Minute; technische Netzkosten plus Zusatzkosten der Vorleistungsebene) für die Leistung der Anrufzustellung in ein öffentliches Mobiltelefonnetz in der Höhe von Cent 0,8049."
12 Im Rahmen der Beweiswürdigung führte die belangte Behörde unter anderem aus, die festgestellten Kosten für die verfahrensgegenständliche Leistung der Mobilterminierung im Sinne von Pure LRIC ergäben sich aus dem wirtschaftlichen Gutachten der Amtssachverständigen vom Juli 2012, ON 4 (Punkt 8 samt Beilagen) sowie den zusätzlichen Dokumentationen zu verschiedenen Einsichtnahmen in das Kostenrechnungsmodell und den zusätzlich erstellten Szenario-Rechnungen (insbesondere ON 29). In diesen Dokumenten würden die zugrunde gelegten Ausgangswerte (Input Parameter) genannt und die konkreten Überlegungen und Berechnungsschritte angeführt, denen die Ergebnisse zugrunde lägen. Schließlich hätten die Amtssachverständigen diese Überlegungen und Berechnungsmethoden angewandt und nachvollziehbar dargelegt. Zudem sei auf die Vorgaben der Terminierungsempfehlung Bedacht genommen worden. Das genannte Gutachten komme dem gestellten Auftrag in nachvollziehbarer und schlüssiger Weise nach. Im Konkreten ergebe sich der festgestellte Wert (pro Minute) für die Kosten für die Mobilterminierungsleistung im Sinne von Pure LRIC (0,8049 Cent) aus technischen Netzkosten eines effizienten Mobilfunkbetreibers für die Leistung der Terminierung in ein öffentliches Mobiltelefonnetz in der Höhe von 0,7153 Cent (ON 4,29) sowie unmittelbar mit der Abrechnung der Terminierung anfallende Zusatzkosten in der Höhe von 0,0896 Cent.
13 Die technischen Netzkosten ergäben sich aus einem - gemeinsam mit den Amtssachverständigen erarbeiteten - Bottom Up Kostenmodell der renommierten W GmbH, das der Terminierungsempfehlung folge und dem festgestellten Wert zugrunde liege.
14 Dabei sei ein kostenoptimales Netz ermittelt worden. Aufgrund der Konzeption des Kostenrechnungsmodells einer Bottom Up Modellierung im Sinne von Pure LRIC ergäben sich bei unterschiedlichen Nachfragesituationen (Daten und Sprache) verschiedene Mengengerüste für die Dimensionierung des für (genau) diese Nachfrage ausgelegten (und kostenoptimierten) Netzes. Der höchste Wert aus einer Variation der Nachfrage von Sprache und Daten (in 1 %-Schritten) zwischen 100 und 120 %, also aus 441 Kombinationen, sei der oben angeführte Kostenwert; auch aus einer (zusätzlich durchgeführten) Variation der Nachfrage von Sprache und Daten zwischen 80 und 140 % (wiederum in 1 %- Schritten) sei der oben festgestellte der höchste Wert (vgl ON 40 mit näher dargestellten Szenarien).
15 Die Heranziehung des höchsten Wertes aus einer Bandbreite möglicher Ergebnisse gründe darauf, dass durch eine Festlegung von Entgelten im Sinne von Pure LRIC als Abgeltung für die verfahrensgegenständliche Leistung nur mehr das einzelne Inkrement "Terminierung" bezahlt werde und eine Unterschreitung dieses Werts jedenfalls dazu führe, dass die (effizient erbrachte) Terminierungsleistung quersubventioniert werden müsste. Auch sei zu berücksichtigen, dass bei dem zu modellierenden hypothetischen Betreiber nicht nur die zugrunde gelegten Verkehre (Daten, Sprache) mit Unsicherheiten behaftet seien, sondern im Kostenrechnungsmodell das Equipment zur Bewältigung dieses Verkehrs von einem hypothetischen Hersteller stamme; bei diesem Equipment könnten Sprünge in den Kosten aufgrund von notwendigen Kapazitätserweiterungen an anderer Stelle auftreten als bei den zu regulierenden Unternehmen. Die Heranziehung des höchsten Wertes stelle also sicher, dass die Inkrementalkosten jedenfalls abgedeckt seien.
16 Dem Antrag der Revisionswerberin, die Terminierungsentgelte um einen "Sicherheitsaufschlag in Höhe von 30 % auf die von den Amtssachverständigen empfohlenen Maximalwerte" zu erhöhen, werde nicht gefolgt, weil damit jedenfalls eine Überzahlung der Inkrementalkosten stattfände. Den festgestellten Wettbewerbsproblemen könne damit nicht in geeigneter Weise begegnet werden, zudem würde ein klarer Widerspruch zur Terminierungsempfehlung bestehen. Die von der Revisionswerberin angeführte Begründung für den Sicherheitsaufschlag ("Fehleranfälligkeit des Kostenrechnungsmodells", "Volatilität", "Konsultationsentwurf der Bundesnetzagentur zu Mobilterminierung") könne zudem, wie noch zu zeigen sei, nicht überzeugen.
17 Nach einer Darlegung, warum auch dem Vorbringen einer weiteren Verfahrenspartei nicht zu folgen sei, wonach nicht der höchste Wert aus einer Berechnungsreihe herangezogen werden solle, sondern die "richtige" Kombination von Nachfragewerten für Sprache und Daten, führte die belangte Behörde weiter aus, die Nachfrage nach Terminierungsleistung und die Veränderung des Terminierungsvolumens seien durch umfangreiche Sensitivitätsanalysen ermittelt worden, wobei die Nachfrage (Daten und Sprache) variiere und aus den berechneten Werten der höchste Wert als Basis für die Festlegung der Terminierungsentgelte vorgeschlagen werde. Die von der Revisionswerberin geltend gemachte Möglichkeit, dass es bei Abweichungen von der prognostizierten Nachfrage zu anderen Pure LRIC Werten kommen könne, sei mit der umfangreichen Analyse und der Heranziehung des höchsten Wertes berücksichtigt worden. Die Feststellung, dass sämtliche inkrementellen Kosten der Leistung Terminierung abgedeckt seien, werde schlüssig und nachvollziehbar insbesondere im Kostenrechnungsteil des wirtschaftlichen Gutachtens für Festnetzterminierung dargestellt. Aus diesem Gutachten ergäben sich auch die "wholesale commercial costs"; dabei sei auf Kostendaten der Revisionswerberin zurückgegriffen worden, weil nur von ihr entsprechend ausgewiesene Daten übermittelt worden seien. Im Zuge einer Überprüfung habe sichergestellt werden können, dass ausschließlich im Zusammenhang mit wholesale Terminierung im Mobilfunknetz anfallende Kosten erfasst würden. Deren Zusammensetzung sei im Gutachten nachvollziehbar dargestellt worden.
18 Im Weiteren ging die belangte Behörde näher auf die durch zwei Privatgutachten untermauerten Argumente der Revisionswerberin gegen die Wahl des Pure LRIC Ansatzes ein (Punkte 2.1. und 2.2., Seiten 29 bis 42).
19 Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung wird bei Darlegung der auferlegten Verpflichtung zur Entgeltkontrolle und Kostenrechnung einleitend ausgeführt, es sei kein anderes Instrument geeignet, die mit dem Preis in Zusammenhang stehenden Aspekte der identifizierten Wettbewerbsprobleme zu beseitigen, weshalb die auferlegte Verpflichtung dem Grunde nach das Prinzip der Verhältnismäßigkeit erfülle.
20 Nach einer auszugsweisen Darlegung der Terminierungsempfehlung führte die belangte Behörde aus, nach der Rechtsprechung des EuGH seien Empfehlungen bei der Auslegung des Gemeinschaftsrechts zu berücksichtigen, auch wenn sie rechtlich nicht verbindlich seien. Darüber hinaus sei zu beachten, dass die Regulierungsbehörde bei der Vollziehung des TKG 2003 gemäß § 34 Abs 3 TKG 2003 auf Empfehlungen Bedacht zu nehmen habe; nach Art 19 Abs 2 der Rahmenrichtlinie habe die Regulierungsbehörde bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben Empfehlungen der Europäischen Kommission im Sinne des Art 19 Abs 1 der Rahmenrichtlinie weitestgehend Rechnung zu tragen; die Terminierungsempfehlung sei auf Art 19 Abs 1 der Rahmenrichtlinie gestützt.
21 Der Terminierungsempfehlung komme daher aufgrund dieses ausdrücklichen Berücksichtigungsgebots eine höhere Bedeutung als sonstigen Instrumenten des "soft laws" zu (Hinweis auf ). Daran ändere nichts, dass andere Mitgliedstaaten von ihr abwichen.
22 Neben dem rechtlichen Gebot zur Berücksichtigung der Terminierungsempfehlung bestünden auch Gründe aus ökonomischer Sicht, die Verpflichtung zur Kostenorientierung dahin zu interpretieren, dass die verfahrensgegenständlichen Entgelte im Sinne von Pure LRIC festgelegt würden. Es werde nämlich die höchste allokative Effizienz auf einem Markt dann erzielt, wenn sich der Preis an den langfristigen Grenzkosten orientiere; aus allokativen Effizienzgesichtspunkten sei Pure LRIC gegenüber LRAIC zu präferieren. Durch den Pure LRIC Ansatz erhöhe sich darüber hinaus der Spielraum für Tarifinnovation und werde insbesondere kleineren Betreibern mit einem hohen Anteil an netzexternem Verkehr ein höheres Maß an Flexibilität bezüglich der Tarifgestaltung eingeräumt.
23 Bei Pure LRIC gebe es keine Kostentragung von Gemeinkosten und gemeinsamen Kosten, sofern sie nicht dem Inkrement Terminierung zuzurechnen sind. Sämtliche inkrementellen Kosten der Leistung Terminierung (von extern) würden jedoch abgedeckt. Dies ergebe sich aus der Modellierung von zwei optimalen Netzen (einmal mit und einmal ohne Terminierung), sodass die Differenz in den Kosten sich insbesondere aus den notwendigen Kapazitätserweiterungen für zusätzlichen Terminierungsverkehr ergebe. Dies bedeute, dass auch inkrementelle fixe Kosten - auch wenn sie teilweise versunken sein sollten - und inkrementelle gemeinsame Kosten abgedeckt würden. Durch die Anwendung einer angemessenen Kapitalverzinsung für das zusätzlich eingesetzte Kapital würden auch die inkrementellen Kapitalkosten berücksichtigt. Negative Auswirkungen auf Investitionen seien damit nicht zu erwarten, weil die eindeutig durch die Leistung Terminierung verursachten Kosten abgegolten würden.
24 Bei der Festlegung des konkreten Kostenrechnungsmaßstabes habe sich die belangte Behörde von § 1 TKG 2003 leiten lassen, einen chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerb sicherzustellen, damit wettbewerbliche Defizite zu beseitigen und einen Preis zu simulieren, der sich auf einem Markt mit wettbewerblichen Verhältnissen einstellen würde. Ziel der Regulierung sei es, sicherzustellen, dass die Konsumenten die (von ihnen indirekt bezogene) Terminierungsleistung zu Konditionen beziehen könnten, die mit jener vergleichbar seien, die sich bei Bestehen effektiven Wettbewerbs einstellten. Dieser Ansatz trage auch den Anforderungen des § 42 Abs 1 TKG 2003 Rechnung und berücksichtige eine angemessene Rendite auf das eingesetzte Kapital unter Berücksichtigung der Investitionen und der damit verbundenen Risiken, weil er explizit auch eine Kapitalverzinsung berücksichtige. Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen und ökonomischen Erwägungen sei dem Antrag der Revisionswerberin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis dafür, dass den bestehenden Wettbewerbsproblemen auch durch Weiteranwendung des Kostenrechnungsstandards FL-LRAIC wirksam begegnet werden könne, nicht zu folgen gewesen.
25 Daran ändere das Vorbringen der Revisionswerberin, es habe sich "der Markt verändert", nichts: Sie habe damit im Konkreten die Übernahme der O GmbH und damit zusammenhängende Faktoren (Auftreten eines starken dritten Mobilbetreibers und mögliche Markteintritte) angesprochen, aber nicht dargelegt, inwieweit diese Entwicklungen Einfluss auf einen betreiberindividuellen Terminierungsmarkt hätten. Zudem hätten sich die Amtssachverständigen mit diesem geltend gemachten Sachverhalt in ihrem Gutachten ohnedies befasst, dort aber nachvollziehbar festgehalten, dass die in Rede stehende Übernahme keine Auswirkungen auf die Gesamtbewertung habe, wonach auf den Mobilterminierungsmärkten kein effizienter Wettbewerb herrsche.
26 Entgegen der Anregung einer Verfahrenspartei auf bloß schrittweise und langsame Absenkung der Mobilterminierungsentgelte in Form eines "Gleitpfads" sei davon abgesehen worden, das Mobilterminierungsentgelt bloß schrittweise auf das effiziente Niveau im Sinne von Pure LRIC abzusenken, wobei sich die belangte Behörde davon habe leiten lassen, mit einer geeigneten Verpflichtung das festgestellte wettbewerbliche Defizit effizient zu beseitigen; dazu gehöre auch eine rasche und vollständige Umsetzung der Verpflichtung iSd § 42 TKG 2003. Die zu berücksichtigende Terminierungsempfehlung sehe zudem vor, dass bis sicherzustellen sei, dass die Terminierungsentgelte kosteneffizient und symmetrisch festgesetzt würden; angesichts des Zeitablaufs sei auch dieser Vorgabe rasch Rechnung zu tragen gewesen.
27 Wenn das Terminierungsentgelt - wie hier - deutlich über den festgestellten Kosten der Leistungserbringung (auf der Grundlage von Pure LRIC) liege, bestehe kein Raum für eine bloß langsame und schrittweise Absenkung (Hinweis auf ). Der Abstand des derzeit verrechneten Mobilterminierungsentgelts zu den festgestellten Kosten iSv Pure LRIC sei so groß, dass im Sinne dieser Judikatur kein Raum mehr bleibe, das effiziente Zielniveau zeitverzögert zu erreichen. Gleichzeitig sei der Abstand aber auch nicht so groß, dass eine einmalige Senkung unverhältnismäßig wäre (Hinweis auf eine im Jahr 2008 vorgenommene Absenkung eines Mobilterminierungsentgelts von 9,81 Cent auf 5,72 Cent). Schließlich könne die gegenständliche Senkung im Hinblick auf die bereits am erfolgte Veröffentlichung der Terminierungsempfehlung auch nicht als überraschend angesehen werden; ein deutlich geringeres Niveau der gegenständlichen Entgelte sei zudem bereits mit Vorliegen des wirtschaftlichen Gutachtens im Juli 2012, spätestens aber mit Veröffentlichung eines Entwurfs einer Vollziehungshandlung im Dezember 2012 vorhersehbar gewesen.
28 Auf den Seiten 64 bis 66 dieses Bescheids befasste sich die Behörde zudem mit "rechtlicher Kritik" der Revisionswerberin am Kostenrechnungsmodell Pure LRIC und führte (zusammengefasst) aus, dass die Anwendung dieses Standards weder gegen unions- oder verfassungsrechtliche Vorgaben verstoße, noch gegen Bestimmungen des TKG 2003.
29 Gegen diesen der Revisionswerberin am zugestellten Bescheid richtete sie zunächst eine Beschwerde gemäß Art 144 Abs 3 B-VG an den Verfassungsgerichtshof. Nachdem dieser deren Behandlung mit Beschluss vom abgelehnt und sie dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten hat, wurde sie im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof - als Revision - ergänzt.
30 Da die vormalige Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof (nach dem Datum des Abtretungsbeschlusses gemäß Art 144 Abs 3 B-VG) nach dem dem Verwaltungsgerichtshof abgetreten wurde, ist § 4 VwGbk-ÜG sinngemäß anzuwenden (vgl zum Ganzen den hg Beschluss vom , Ro 2014/10/0029; vgl auch den hg Beschluss vom , Ro 2014/03/0073).
31 Gemäß § 4 Abs 5 VwGbk-ÜG gelten für die Behandlung der Revision die Bestimmungen des VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung sinngemäß mit der Maßgabe, dass statt der Ablehnung der Beschwerde gemäß § 33a VwGG in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung die Revision als unzulässig zurückgewiesen werden kann. Eine solche Revision hat gesondert die Gründe zu enthalten, warum die Voraussetzungen des Art 133 Abs 4 B-VG vorliegen. Das "Zulässigkeitsregime" nach der neuen Rechtslage gilt daher (entgegen der diesbezüglichen "Anmerkungen" der Revisionswerberin) auch für die hier vorliegende Revision (vgl VwGH vom heutigen Tag, Ro 2014/03/0031, mwN).
32 Die Revisionswerberin macht als Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art 133 Abs 4 B-VG Folgendes geltend: Da mit dem angefochtenen Bescheid erstmals Terminierungsentgelte auf Basis der Kostenrechnungsmethode Pure LRIC verfügt wurden, stelle sich die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen die Verfügung dieser Entgeltmethode den Vorgaben des TKG 2003 (insbesondere §§ 1, 34 und 42) und des Unionrechts (insbesondere Art 13 der Rahmenrichtlinie) entspreche. Zudem fehle Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs dazu, ob der vorgenommene Wechsel der Kostenrechnungsmethode, der - ohne Übergangsphase - zu einer Senkung der Terminierungsentgelte um etwa 60 % führe, mit dem Regulierungsziel der Vorhersehbarkeit der Regulierung nach § 1 Abs 2a Z 1 TKG 2003 vereinbar sei. Der angefochtene Bescheid weiche zudem von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs zur Frage ab, wie vorzugehen sei, wenn das von einer Behörde eingeholte Gutachten eines Amtssachverständigen und das von einer Partei vorgelegte divergierten (in einem von der Revisionswerberin in Auftrag gegebenen wirtschaftswissenschaftlichen Gutachten sei ausführlich dargestellt worden, dass die Anwendung von pure LRIC zu einer Kostenunterdeckung führe, nicht effizient sei und nachteilige Auswirkungen auf die Endkunden erwarten lasse).
33 Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte in ihrer Gegenschrift die Zurück-, in eventu die Abweisung der Revision. Auch die Zweitmitbeteiligte hat eine Gegenschrift mit dem Antrag auf Zurückbeziehungsweise Abweisung der Revision erstattet.
34 Mit Beschluss vom hat der Verwaltungsgerichtshof das Revisionsverfahren bis zur Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) in der Rechtssache C-28/15 (Koninklijke KPN NV ua gegen Autoriteit Consument en Markt (ACM)) ausgesetzt.
35 Mit dem in dieser Rechtssache am ergangen Urteil des EuGH, Rs C-28/15, Koninklijke KPN NV ua gegen Autoriteit Consument en Markt (ACM), wurde (ua) Folgendes für Recht erkannt:
"1. Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste (Rahmenrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom geänderten Fassung in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung (Zugangsrichtlinie) in der durch die Richtlinie 2009/140 geänderten Fassung ist dahin auszulegen, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der nationalen Regulierungsbehörde für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest- und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung nur dann gestattet ist, von der Empfehlung 2009/396/EG der Kommission vom über die Regulierung der Festnetz- und Mobilfunk-Zustellungsentgelte in der EU, in der das ‚reines Bulric' (‚Bottom-Up Long-Run Incremental Costs') genannte Kostenrechnungsmodell als geeignete Preismaßnahme auf dem Anrufzustellungsmarkt empfohlen wird, abzuweichen, wenn es dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaats, für geboten erachtet."
36 In der Begründung dieses Urteils führte der EuGH zur Zulässigkeit eines Abweichens von dem in der Terminierungsempfehlung empfohlenen "reinen Bulric-Modell" (Pure LRIC) als geeigneten Preismaßstab Folgendes aus:
"28 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest- und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung gestattet ist, von der Empfehlung 2009/396, in der das ‚reine Bulric'-Modell als geeignete Preismaßnahme auf dem Anrufzustellungsmarkt empfohlen wird, abzuweichen.
29 Zu den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie ist anzumerken, dass nach deren Art. 8 Abs. 2 die NRB für den Fall, dass ein Betreiber aufgrund einer Marktanalyse nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie als Betreiber mit beträchtlicher Marktmacht auf einem bestimmten Markt eingestuft wird, diesem im erforderlichen Umfang die in den Art. 9 bis 13 der Zugangsrichtlinie genannten Verpflichtungen auferlegen.
30 Nach Art. 13 Abs. 1 der Zugangsrichtlinie kann die NRB für den Fall, dass eine Marktanalyse darauf hinweist, dass ein Betreiber aufgrund eines Mangels an wirksamem Wettbewerb seine Preise zum Nachteil der Endnutzer auf einem übermäßig hohen Niveau halten oder Preisdiskrepanzen praktizieren könnte, dem betreffenden Betreiber gemäß Art. 8 der Zugangsrichtlinie hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen.
31 Somit geht aus Art. 8 Abs. 2 der Zugangsrichtlinie in Verbindung mit deren Art. 13 Abs. 1 hervor, dass die NRB für den Fall, dass ein Betreiber aufgrund einer Marktanalyse nach Art. 16 der Rahmenrichtlinie als Betreiber mit beträchtlicher Macht auf einem bestimmten Markt eingestuft wird, diesem im erforderlichen Umfang ‚hinsichtlich bestimmter Arten von Zusammenschaltung und/oder Zugang Verpflichtungen betreffend die Kostendeckung und die Preiskontrolle einschließlich kostenorientierter Preise auferlegen und ihm bestimmte Auflagen in Bezug auf Kostenrechnungsmethoden erteilen kann'.
32 Zur Umsetzung von Art. 13 der Zugangsrichtlinie wird in der Empfehlung 2009/396 ein Kostenrechnungsmodell empfohlen, und zwar das ‚reine Bulric'-Modell. Mit dieser Empfehlung soll ausweislich ihrer Erwägungsgründe 5, 7 und 13 angesichts der Besonderheiten der Anrufzustellungsmärkte der Ungleichbehandlung und den Verzerrungen in der Union auf den Festnetz- und Mobilfunkzustellungsmärkten, die einem wirkungsvollen Wettbewerb abträglich sind und den Endnutzern schaden, ein Ende gesetzt werden.
33 Nach Ziff. 1 der Empfehlung 2009/396 sollten NRB, die Betreiber aufgrund einer gemäß Art. 16 der Rahmenrichtlinie durchgeführten Marktanalyse als Betreiber mit beträchtlicher Macht auf den Vorleistungsmärkten für die Festnetz- und Mobilfunkzustellung einstufen und diesen Preiskontroll- und Kostenrechnungsverpflichtungen im Sinne von Art. 13 der Zugangsrichtlinie auferlegen, Zustellungsentgelte festlegen, die sich auf die einem effizienten Betreiber entstehenden Kosten stützen. Hierbei sollten die NRB nach der in dieser Empfehlung beschriebenen Weise verfahren.
34 Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass gemäß Art. 288 AEUV eine solche Empfehlung grundsätzlich nicht verbindlich ist. Darüber hinaus gestattet es Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Rahmenrichtlinie den NRB ausdrücklich, von den nach Art. 19 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie erlassenen Empfehlungen der Kommission abzuweichen, sofern sie ihr dies unter Angabe ihrer Gründe mitteilen.
35 Demnach ist die NRB beim Erlass einer Entscheidung, mit der sie den Betreibern aufgrund der Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie Preisverpflichtungen auferlegt, nicht an die Empfehlung 2009/396 gebunden.
36 Insoweit ist festzustellen, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass die NRB bei der Wahrnehmung dieser hoheitlichen Funktionen über eine weitreichende Befugnis verfügen, um die Regulierungsbedürftigkeit eines Marktes in jedem Einzelfall beurteilen zu können (Urteil vom , Kommission/Deutschland, C-424/07, EU:C:2009:749, Rn. 61 und die dort angeführte Rechtsprechung). So verhält es sich bei der Preiskontrolle, wobei nach dem 20. Erwägungsgrund der Zugangsrichtlinie die Methode der Kostendeckung auf die Umstände abgestimmt sein und das Erfordernis berücksichtigen soll, die wirtschaftliche Effizienz und einen nachhaltigen Wettbewerb zu fördern und für die Verbraucher möglichst vorteilhaft zu sein.
37 Art. 19 Abs. 2 Unterabs. 2 der Rahmenrichtlinie verlangt jedoch, dass die NRB den Empfehlungen der Kommission bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben ‚weitestgehend Rechnung tragen'.
38 Erlegt die NRB Preiskontroll- und Kostenrechnungsverpflichtungen im Sinne von Art. 13 der Zugangsrichtlinie auf, hat sie daher grundsätzlich den in der Empfehlung 2009/396 gegebenen Hinweisen zu folgen. Nur wenn sie im Rahmen ihrer Beurteilung einer konkreten Situation den Eindruck hat, dass das in dieser Empfehlung empfohlene ‚reine Bulric'- Modell den Umständen nicht angemessen ist, kann sie unter Angabe ihrer Gründe von ihr abweichen.
39 Hinsichtlich des Umfangs der gerichtlichen Kontrolle einer Entscheidung der NRB ergibt sich aus Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie, dass der durch diese Bestimmung garantierte Rechtsbehelf auf einem wirksamen Einspruchsverfahren beruhen muss, durch das den Umständen des Falles angemessen Rechnung getragen werden kann. Außerdem muss nach dieser Bestimmung die zur Entscheidung über einen solchen Rechtsbehelf berufene Stelle, die auch ein Gericht sein kann, über angemessenen Sachverstand verfügen, um ihrer Aufgabe wirksam gerecht zu werden.
40 Daher kann ein nationales Gericht, wenn es mit einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB nach den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie auferlegten Preisverpflichtung befasst ist, von der Empfehlung 2009/396 abweichen.
41 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs sind, wenngleich die Empfehlungen keine bindenden Wirkungen entfalten sollen, die nationalen Gerichte verpflichtet, sie bei der Entscheidung der bei ihnen anhängigen Rechtsstreitigkeiten zu berücksichtigen, insbesondere dann, wenn sie Aufschluss über die Auslegung zu ihrer Durchführung erlassener nationaler Vorschriften geben oder wenn sie verbindliche Unionsvorschriften ergänzen sollen (Urteil vom , Arcor, C-55/06, EU:C:2008:244, Rn. 94 und die dort angeführte Rechtsprechung).
42 Folglich kann ein nationales Gericht im Rahmen seiner gerichtlichen Kontrolle einer aufgrund der Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie erlassenen Entscheidung der NRB - wie der Generalanwalt in Nr. 78 seiner Schlussanträge festgestellt hat - nur dann von der Empfehlung 2009/396 abweichen, wenn es dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaats, für geboten erachtet.
43 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten, dass Art. 4 Abs. 1 der Rahmenrichtlinie in Verbindung mit den Art. 8 und 13 der Zugangsrichtlinie dahin auszulegen ist, dass es einem nationalen Gericht in einem Rechtsstreit über die Rechtmäßigkeit einer von der NRB für die Vornahme von Anrufzustellungen in Fest- und Mobilfunknetzen auferlegten Preisverpflichtung nur dann gestattet ist, von der Empfehlung 2009/396, in der das ‚reine Bulric'-Modell als geeignete Preismaßnahme auf dem Anrufzustellungsmarkt empfohlen wird, abzuweichen, wenn es dies aufgrund der tatsächlichen Umstände des konkreten Falles, insbesondere der Besonderheiten des Marktes des betreffenden Mitgliedstaats, für geboten erachtet."
37 Durch dieses Urteil ist die von der Revisionswerberin geltend gemachte grundsätzliche Rechtsfrage nach der Zulässigkeit und den dafür bestehenden Voraussetzungen einer Zugrundelegung des Kostenrechnungsstandards Pure LRIC für eine kostenorientierte Entgeltkontrolle von Terminierungsentgelten beantwortet:
38 Die in Rede stehenden Vorschriften der Rahmen- und der Zugangsrichtlinie (und damit auch die sie innerstaatlich umsetzenden Vorschriften des TKG 2003) sind dahin auszulegen, dass ein Abweichen von dem in der Terminierungsempfehlung als geeignet erachteten und empfohlenen Kostenrechnungsmodell Pure LRIC nur in Betracht kommt, wenn tatsächliche Umstände des konkreten Falles, insbesondere Besonderheiten des Marktes des betreffenden Landes, dies erfordern. Ohne das Vorliegen solcher besonderen Umstände ist also grundsätzlich das Pure LRIC Modell heranzuziehen.
39 Ist aber "grundsätzlich" (vgl Rz 38 des zitierten EuGH-Urteils) der Empfehlung zu folgen und damit das genannte Modell heranzuziehen, und erfordert ein Abweichen davon besondere Umstände des konkreten Falles, so verlangt dies jedenfalls eine entsprechende Konkretisierung der maßgebenden, gegebenenfalls ein Abgehen vom Pure LRIC-Modell zulässig machenden Umstände (vgl , Punkt 4.5., zum - insofern vergleichbaren - Primat eines "as efficient"-Ansatzes). Insoweit wird damit (auch im Sinne eines allgemeinen Regel-Ausnahme-Prinzips) eine Darlegungs- und Behauptungslast desjenigen begründet, der sich auf allfällige Besonderheiten beruft.
40 Derartige Besonderheiten des nationalen Marktes, die ein Abgehen vom grundsätzlich anzulegenden Pure LRIC-Maßstab erforderten, werden von der Revision aber nicht dargelegt.
41 Zwar haben die Regulierungsbehörden gemäß § 1 Abs 2a TKG 2003 - in Umsetzung von Art 8 Abs 5 der Rahmenrichtlinie - bei der Verfolgung der im Abs 2 genannten Ziele objektive, transparente, nichtdiskriminierende und verhältnismäßige Regulierungsgrundsätze anzuwenden, indem sie unter anderem die Vorhersehbarkeit der Regulierung dadurch fördern, dass sie über angemessene Überprüfungszeiträume ein einheitliches Regulierungskonzept beibehalten (Z 1). Dies ändert aber nichts daran, dass die in § 1 Abs 2a TKG 2003 angesprochenen, in Z 1 bis Z 6 aufgelisteten "Regulierungsgrundsätze" den in § 1 Abs 2 TKG 2003 genannten Zielen verpflichtet sind (vgl , Punkt 5.1.). Im zitierten Erkenntnis hat der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt, dass selbst ein "disruptives" Abgehen von einer bisherigen Regulierungspraxis (etwa durch Wahl eines anderen Maßstabs für die Kostenorientierung) für sich genommen keine Rechtswidrigkeit begründet, wenn die mit dem zu beurteilenden Bescheid auferlegten spezifischen Verpflichtungen in ihrer Gesamtheit die Erreichung des gesteckten Ziels, dem festgestellten wettbewerblichen Defizit effektiv zu begegnen und damit das in § 1 Abs 2 Z 2 TKG 2003 angesprochene Ziel der Sicherung eines chancengleichen und funktionsfähigen Wettbewerbs zu erreichen, gewährleisten. Einer besonderen "Übergangsfrist" bedarf es diesfalls nicht. Die von der Revision angesprochene Frage nach der "Tragweite" des Regulierungsziels nach § 1 Abs 2a Z 1 TKG 2003 wurde vom Verwaltungsgerichtshof damit also schon beantwortet.
42 Da die Frage, ob die Voraussetzung des Art 133 Abs 4 B-VG (Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung) vorliegt, im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs zu beurteilen ist, liegt keine Rechtsfrage (mehr) vor, der iSd Art 133 Abs 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme, wenn die zu beantwortende Rechtsfrage in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits - wenngleich erst nach Einbringung der Revision - geklärt wurde (vgl ). Nichts anderes gilt für den Fall, dass die grundsätzliche Rechtsfrage durch Rechtsprechung des EuGH beantwortet wurde (vgl , und vom , Ra 2014/01/0172).
43 Die Revision zeigt daher insoweit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung auf.
44 Entgegen dem Revisionsvorbringen ist aber auch nicht zu erkennen, dass der angefochtene Bescheid von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs insofern abwiche, als ohne ausreichender Auseinandersetzung mit den eingeholten Privatgutachten der Revisionswerberin den Amtssachverständigengutachten gefolgt würde. Die belangte Behörde ist vielmehr in ihrer Beweiswürdigung und auch im Rahmen der rechtlichen Beurteilung ausführlich auf die von den Verfahrensparteien vorgebrachten Argumente und eingeholten Gutachten, insbesondere im Zusammenhang mit der Wahl des Kostenrechnungsansatzes Pure LRIC und den dabei anzusetzenden Werten eingegangen; eine Unschlüssigkeit der diesbezüglichen Beurteilung wird von der Revision nicht aufgezeigt.
45 Mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung war die Revision daher zurückzuweisen.
46 Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung.
Wien, am
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Normen | 12010E267 AEUV Art267; AVG §38; TKG 2003 §36 Abs1; TKG 2003 §36 Abs2; TKG 2003 §37 Abs1; VwGG §38b; VwGG §62 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RO2014030049.J00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
NAAAF-50864