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VwGH 12.08.2016, Ra 2016/21/0251

VwGH 12.08.2016, Ra 2016/21/0251

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
BFA-VG 2014 §22a;
VwGG §30 Abs2;
RS 1
Nichtstattgebung - Schubhaft - Die im Februar 2006 nach Österreich eingereiste Revisionswerberin, eine nigerianische Staatsangehörige, befindet sich nach einem vereitelten Abschiebeversuch nach Lagos auf Grund eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom zur Sicherung ihrer Abschiebung in Schubhaft. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis vom ab, wobei es überdies feststellte, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Das mit Revision bekämpfte Erkenntnis spricht nur über Schubhaft ab. Nur insoweit (insbesondere in Bezug auf den Fortsetzungsausspruch) kommt daher eine Aufschiebung in Betracht, während etwa eine Aufschiebung in Bezug auf die für den geplante Abschiebung der Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht möglich ist. Auch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung aufschiebender Wirkung ist daher lediglich hinsichtlich der Schubhaft zu prüfen (vgl. den hg. Beschluss vom , Ro 2016/21/0007-6, Rz 7).
Normen
BFA-VG 2014 §22a Abs3;
VwGG §30 Abs2;
RS 2
Nichtstattgebung - Schubhaft - Mangels erkennbarer Einschränkung gilt § 30 VwGG auch für Revisionen gegen Erkenntnisse über Schubhaftbeschwerden nach § 22a BFA-VG. Insoweit kommt die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung - lässt man mögliche Nebenaussprüche des BVwG außer Betracht - nur in Bezug auf den Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG in Betracht, der als neuer Schubhafttitel wirkt, welcher im Falle der Feststellung, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG selbst dann legitimiert, wenn die vorangehende Anhaltung als rechtswidrig erkannt wurde (vgl. in diesem Sinn das noch zu § 83 Abs. 4 FPG idF vor dem FNG ergangene, auf die neue Rechtslage aber übertragbare hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/21/0246). Wird dem Aufschiebungsbegehren stattgegeben, so darf der neue Schubhafttitel nicht länger vollzogen werden und der in Schubhaft angehaltene Fremde ist zu enthaften. Das steht einerseits in einem Spannungsverhältnis zu dem der Schubhaft immanenten Sicherungsinteresse. Andererseits wirkt diese Enthaftung aber auch insoweit endgültig, als eine neuerliche Inhaftnahme auf Basis des Fortsetzungsausspruches nach § 22a Abs. 3 BFA-VG nach Abschluss des Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn die Revision erfolglos bleibt, nicht in Betracht kommt. Dem "Vorwegnahmeverbot" der Entscheidung in der Hauptsache (Potacs, Vorläufiger Rechtsschutz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - innerstaatliche und gemeinschaftsrechtliche Aspekte, in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen (1999), 45) wird damit widersprochen. Diese Umstände gebieten es, bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung in Schubhaftfällen einen strengen Maßstab anzulegen. Dem mit der Aufrechterhaltung von Schubhaft während laufenden Revisionsverfahrens einhergehenden schwerwiegenden Grundrechtseingriff ist allerdings insoweit Rechnung zu tragen, als es jedenfalls zu einer vorläufigen Beurteilung der Erfolgschancen der erhobenen Revision zu kommen hat. Ergibt diese Prüfung die Rechtswidrigkeit des Fortsetzungsausspruches, so werden die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG üblicherweise als erfüllt anzusehen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0224).
Normen
BFA-VG 2014 §22a Abs3;
VwGG §30 Abs2;
RS 3
Nichtstattgebung - Schubhaft - Die im Februar 2006 nach Österreich eingereiste Revisionswerberin, eine nigerianische Staatsangehörige, befindet sich nach einem vereitelten Abschiebeversuch nach Lagos auf Grund eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom zur Sicherung ihrer Abschiebung in Schubhaft. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht mit dem angefochtenen Erkenntnis vom ab, wobei es überdies feststellte, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen. Die Revisionswerberin und Antragstellerin nach § 30 Abs. 2 VwGG, die zwar "Krankheiten" und Behandlungsprobleme in Nigeria, jedoch keine Haftunfähigkeit behauptet hat, vermag vor dem Hintergrund der nur bis geplanten weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht aufzuzeigen, die nach § 30 Abs. 2 VwGG gebotene Interessenabwägung ergäbe für sie einen durch die Fortdauer der Haft - es kommt im gegebenen Zusammenhang nur darauf und nicht auf Folgen der Abschiebung an - bewirkten unverhältnismäßigen Nachteil.
Normen
BFA-VG 2014 §9 Abs2;
FrPolG 2005 §52;
FrPolG 2005 §53 Abs1;
FrPolG 2005 §76;
MRK Art8;
VwRallg;
RS 1
Eine Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) verliert ihre Wirksamkeit, wenn sich die Beurteilungsgrundlagen im Hinblick auf die Interessenabwägung nach Art. 8 MRK (nunmehr iVm § 9 Abs. 2 BFA-VG 2014) maßgeblich zu Gunsten des Fremden geändert haben; gegebenenfalls erwiese sich eine Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen des Fehlens eines durchsetzbaren Titels für die Außerlandesbringung als rechtswidrig (Hinweis E , Ra 2015/21/0091 und Ro 2015/21/0031).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der J, geboren 1976, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, der gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , Zl. W117 2130543- 1/5E, betreffend Schubhaft, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

Die im Februar 2006 nach Österreich eingereiste Antragstellerin, eine nigerianische Staatsangehörige, befindet sich - nach einem vereitelten Abschiebeversuch mit Zielort Lagos - auf Grund eines Bescheides des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom zur Sicherung ihrer Abschiebung in Schubhaft. Die dagegen erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem im Rubrum genannten Erkenntnis ab, wobei es überdies feststellte, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorlägen.

Mit der gegen dieses Erkenntnis erhobenen außerordentlichen Revision ist der Antrag verbunden, der Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Zunächst ist klarzustellen, dass das mit Revision bekämpfte Erkenntnis nur über Schubhaft abspricht. Nur insoweit (insbesondere in Bezug auf den Fortsetzungsausspruch) kommt daher eine Aufschiebung in Betracht, während etwa eine Aufschiebung in Bezug auf die für den geplante Abschiebung der Antragstellerin im vorliegenden Zusammenhang nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes nicht möglich ist. Auch die Erfüllung der Voraussetzungen für die Gewährung aufschiebender Wirkung ist daher lediglich hinsichtlich der Schubhaft zu prüfen (vgl. den hg. Beschluss vom , Ro 2016/21/0007-6, Rz 7). Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG ist der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

Mangels erkennbarer Einschränkung gilt § 30 VwGG auch für Revisionen gegen Erkenntnisse über Schubhaftbeschwerden nach § 22a BFA-VG. Insoweit kommt die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung freilich - lässt man mögliche Nebenansprüche des BVwG außer Betracht - nur in Bezug auf den Fortsetzungsausspruch nach § 22a Abs. 3 BFA-VG in Betracht, der als neuer Schubhafttitel wirkt, welcher im Falle der Feststellung, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen, die weitere Anhaltung in Schubhaft ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des BVwG selbst dann legitimiert, wenn die vorangehende Anhaltung als rechtswidrig erkannt wurde (vgl. in diesem Sinn das noch zu § 83 Abs. 4 FPG idF vor dem FNG ergangene, auf die neue Rechtslage aber übertragbare hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/21/0246).

Wird dem Aufschiebungsbegehren stattgegeben, so darf der neue Schubhafttitel nicht länger vollzogen werden und der in Schubhaft angehaltene Fremde ist zu enthaften. Das steht einerseits in einem Spannungsverhältnis zu dem der Schubhaft immanenten Sicherungsinteresse. Andererseits wirkt diese Enthaftung aber auch insoweit endgültig, als eine neuerliche Inhaftnahme auf Basis des Fortsetzungsausspruches nach § 22a Abs. 3 BFA-VG nach Abschluss des Revisionsverfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof, wenn die Revision erfolglos bleibt, nicht in Betracht kommt. Dem "Vorwegnahmeverbot" der Entscheidung in der Hauptsache (Potacs, Vorläufiger Rechtsschutz im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - innerstaatliche und gemeinschaftsrechtliche Aspekte, in Holoubek/Lang, Das verwaltungsgerichtliche Verfahren in Steuersachen (1999), 45) wird damit widersprochen.

Diese Umstände gebieten es, bei der Beurteilung des Vorliegens der Voraussetzungen für die Zuerkennung von aufschiebender Wirkung in Schubhaftfällen einen strengen Maßstab anzulegen. Dem mit der Aufrechterhaltung von Schubhaft während laufenden Revisionsverfahrens einhergehenden schwerwiegenden Grundrechtseingriff ist allerdings insoweit Rechnung zu tragen, als es jedenfalls zu einer vorläufigen Beurteilung der Erfolgschancen der erhobenen Revision zu kommen hat. Ergibt diese Prüfung die Rechtswidrigkeit des Fortsetzungsausspruches, so werden die Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 VwGG üblicherweise als erfüllt anzusehen sein (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0224).

Im vorliegenden Fall lässt die nach dem Gesagten gebotene Vorprüfung eine Rechtswidrigkeit des Fortsetzungsausspruchs nicht erkennen. Denn einerseits liegt es entgegen dem Vorbringen der Antragstellerin nicht klar auf der Hand, dass die gegen sie 2008 ergangene asylrechtliche Ausweisung - wenngleich sich die Antragstellerin mittlerweile knapp 10,5 Jahre im Inland aufhält (zumindest ab 2010 bis März 2015 aber ohne für die Behörden greifbar zu sein) - als Abschiebetitel nicht mehr wirksam ist. Andererseits ist aber auch die weiter von der Antragstellerin behauptete Verletzung der Verhandlungspflicht seitens des BVwG im Hinblick auf § 21 Abs. 7 BFA-VG nicht evident.

Von daher vermag die Antragstellerin, die zwar "Krankheiten" und Behandlungsprobleme in Nigeria, jedoch keine Haftunfähigkeit behauptet hat, vor dem Hintergrund der nur bis geplanten weiteren Anhaltung in Schubhaft nicht aufzuzeigen, die gebotene Interessenabwägung ergäbe für sie einen durch die Fortdauer der Haft - wie erwähnt kommt es im gegebenen Zusammenhang nur darauf und nicht auf Folgen der Abschiebung an - bewirkten unverhältnismäßigen Nachteil.

Dem gegenständlichen Aufschiebungsbegehren konnte daher nicht Folge gegeben werden.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Vizepräsidentin Dr.in Sporrer als Richterin sowie die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Halm-Forsthuber, über die Revision der J I, zuletzt in W, vertreten durch Mag. Ronald Frühwirth, Rechtsanwalt in 8020 Graz, Grieskai 48, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom , W117 2130543-1/5E, betreffend Schubhaft (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Die Revisionswerberin ist nigerianische Staatsangehörige. Nach ihrer Einreise nach Österreich stellte sie hier im Februar 2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, der mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom vollinhaltlich abgewiesen wurde. Außerdem wurde die Revisionswerberin nach Nigeria ausgewiesen. Die Behandlung einer dagegen erhobenen Beschwerde lehnte der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom , Zl. 2008/20/0258, ab.

2 Die Revisionswerberin verblieb im Bundesgebiet. Einer Ladung der (damaligen) Bundespolizeidirektion Wien für den kam sie nicht nach, in der Folge verfügte sie über keine Meldeadresse und war für die Behörden nicht greifbar.

3 Ab März 2015 war die Revisionswerberin wieder mit Hauptwohnsitz in Wien gemeldet. Einer daraufhin für den ergangenen Ladung durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) leistete sie Folge und gab bei ihrer Einvernahme u.a. an, insbesondere wegen ihres Gesundheitszustandes (eine vorgelegte Ambulanzkarte vom April 2015 wies als Diagnose auf: "Uterus myomatosus permag., Hypermenorrhoea und Dysmenorrhoea") nicht freiwillig nach Nigeria zurückzukehren.

4 Am stellte die Revisionswerberin sodann einen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005. In der Folge konnte sie an der in diesem Antrag angegebenen Anschrift nicht erreicht werden.

5 Im September 2015 wurde dem BFA eine neue Meldeanschrift der Revisionswerberin bekannt. Diese kam dann einer Ladung für den (darin bezeichneter Gegenstand der Amtshandlung: "Notwendige Handlungen zur Erlangung eines Ersatzreisedokumentes") nach, und es wurde daraufhin von der nigerianischen Vertretungsbehörde in Wien am ein bis gültiges Heimreisezertifikat ausgestellt.

6 Auf Basis dieses Heimreisezertifikates bereitete das BFA, bei dem mit eine Säumnisbeschwerde der Revisionswerberin in Bezug auf ihren Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 55 AsylG 2005 eingegangen war, die Abschiebung der Revisionswerberin vor. Diese sollte am stattfinden. Die am an ihrer Meldeadresse festgenommene Revisionswerberin widersetzte sich jedoch, was sie in ihrer anschließenden Einvernahme wie folgt rechtfertigte: "Wegen der ganzen Schmerzen und dem Blut".

7 Am verhängte das BFA über die Revisionswerberin hierauf gemäß § 76 Abs. 2 Z 1 FPG iVm § 57 Abs. 1 AVG die Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung. Die dagegen sowie gegen die Anhaltung in Schubhaft erhobene Beschwerde wies das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem nunmehr angefochtenen Erkenntnis vom gemäß § 22a Abs. 1 Z 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 sowie Abs. 3 Z 1 und 3 FPG als unbegründet ab (Spruchpunkt I.). Zugleich stellte es gemäß § 22a Abs. 3 BFA-VG iVm § 76 Abs. 2 Z 1 sowie Abs. 3 Z 1 und 3 FPG fest, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zum Entscheidungszeitpunkt weiterhin vorlägen (Spruchpunkt II), verpflichtete die Revisionswerberin zum Kostenersatz an den Bund (Spruchpunkt III.) und wies ihren Antrag auf Kostenersatz ab (Spruchpunkt IV.). Schließlich sprach es aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

8 Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen das Erkenntnis eines Verwaltungsgerichtes die Revision (nur) zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich (u.a.) wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG "nicht zur Behandlung eignen", ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

9 An den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision nicht gebunden (§ 34 Abs. 1a VwGG). Zufolge § 28 Abs. 3 VwGG hat allerdings die außerordentliche Revision gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird. Im Rahmen dieser in der Revision vorgebrachten Gründe hat der Verwaltungsgerichtshof dann die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zu überprüfen (§ 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG).

10 In dieser Hinsicht macht die Revisionswerberin geltend, das BVwG habe es in Verkennung der Rechtslage unterlassen, sich mit ihrem in der Schubhaftbeschwerde erstatteten Vorbringen auseinanderzusetzen, wonach ihre - mit Schubhaft zu sichernde - Abschiebung mangels Titels unzulässig sei, weil die insoweit allein in Betracht kommende Ausweisungsentscheidung des unabhängigen Bundesasylsenates vom Februar 2008 wegen des seither verstrichenen Zeitraums und der seither gesetzten Schritte zur beruflichen und sozialen Integration in Österreich nicht mehr wirksam sei; in Abweichung von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes habe das BVwG außer Acht gelassen, dass eine Ausweisung ihre Wirksamkeit verlieren könne.

11 Es trifft zu, dass eine Ausweisung (nunmehr Rückkehrentscheidung) ihre Wirksamkeit verliert, wenn sich die Beurteilungsgrundlagen im Hinblick auf die Interessenabwägung nach Art. 8 EMRK (nunmehr iVm § 9 Abs. 2 BFA-VG) maßgeblich zu Gunsten des Fremden geändert haben; gegebenenfalls erwiese sich eine Schubhaft zum Zweck der Sicherung der Abschiebung wegen des Fehlens eines durchsetzbaren Titels für die Außerlandesbringung als rechtswidrig (siehe zum Ganzen aus letzter Zeit das hg. Erkenntnis vom , Ra 2015/21/0091 und Ro 2015/21/0031, Rz 11). In der vorliegenden Konstellation lag eine maßgebliche Änderung der Beurteilungsgrundlagen - anders als im Fall des eben genannten Erkenntnisses - aber nicht derart auf der Hand, dass sie schon im Rahmen eines Schubhaftbeschwerdeverfahrens einer näheren Untersuchung hätte unterzogen werden müssen. Zwar lag die der Schubhaftverhängung zu Grunde liegende aufenthaltsbeendende Maßnahme bereits mehr als acht Jahre zurück und vermochte die Revisionswerberin bereits auf einen insgesamt knapp zehneinhalb Jahre dauernden Inlandsaufenthalt zu verweisen. Ins Gewicht fallende Integrationsschritte vermochte sie aber nicht vorzubringen und von Mitte 2010 bis März 2015 war sie für die Behörden nicht greifbar. Von daher kann sie sich im gegebenen Zusammenhang auch nicht auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes berufen, wonach bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt eines Fremden regelmäßig von einem Überwiegen seiner persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich auszugehen sei (siehe zu dieser Judikaturlinie grundsätzlich das hg. Erkenntnis vom heutigen Tag, Ra 2016/21/0299, Rz 13, mwH; vgl. aber konkret das - ein Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 41a Abs. 9 NAG zum Gegenstand habende - hg. Erkenntnis vom , Ro 2016/22/0005). Ein Abweichen von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes liegt somit auch unter diesem Aspekt nicht vor.

12 Das gilt schließlich ebenso für die weiter erhobene Rüge, das BVwG hätte zur "Würdigung des Verhaltens der (Revisionswerberin)" die in der Schubhaftbeschwerde ausdrücklich beantragte Beschwerdeverhandlung durchführen müssen.

13 Fallbezogen ist das Unterbleiben der beantragten Beschwerdeverhandlung unter Berufung auf § 21 Abs. 7 BFA-VG, weil der Sachverhalt in Bezug auf die zu beurteilende Fluchtgefahr geklärt sei, entgegen dieser Ansicht noch nicht unvertretbar (die Revisionswerberin war unstrittig für die Behörden wiederholt nicht greifbar und sie hat sich der für den vorgesehenen Flugabschiebung - wenngleich unter Hinweis auf ihren Gesundheitszustand; Fluguntauglichkeit oder Haftunfähigkeit waren aber nie vorgebracht worden - widersetzt). Auch unter diesem Aspekt wird somit keine Rechtsfrage aufgeworfen, der im Sinne von Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme (vgl. dazu zuletzt den hg. Beschluss vom , Ra 2016/21/0232). Die gegenständliche Revision war daher in Anwendung des § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
BFA-VG 2014 §22a Abs3;
BFA-VG 2014 §22a;
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016210251.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
AAAAF-50838