Suchen Hilfe
VwGH 09.05.2016, Ra 2016/15/0032

VwGH 09.05.2016, Ra 2016/15/0032

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
VwGG §30 Abs2;
RS 1
Nichtstattgebung - Altlastenbeitrag samt Säumniszuschlag - Aus dem Vorbringen der Antragstellerin ergibt sich, dass die Einbringlichkeit des Altlastenbeitrages samt Säumniszuschlag gefährdet ist, weshalb der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Bei Zuerkennung aufschiebender Wirkung könnte das Zollamt nämlich weder erforderliche Sicherheiten erwerben noch auf neu auftauchendes Vermögen der Antragstellerin greifen. Dies kann zu endgültigen Forderungsverlusten des Bundes führen, deren Vermeidung öffentliche Interessen zwingend gebieten (siehe etwa den hg. Beschluss vom , AW 2002/13/0060, mwN). Abgesehen davon stellt die Antragstellerin nicht dar, dass eine - im Falle der Berechtigung der Revision bloß vorübergehende - Belastung durch den Vollzug des Erkenntnisses trotz der Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Zahlungserleichterungen und allenfalls einer Fremdfinanzierung nach deren derzeitiger wirtschaftlicher Lage mit einem unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG verbunden wäre. Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
Normen
31975L0442 Abfallrahmen-RL Anh1 idF 31991L0156;
31975L0442 Abfallrahmen-RL Art1 lita idF 31991L0156;
31991L0156 Nov-31975L0442;
ALSAG 1989 §3 Abs1;
AWG 2002 §2 Abs1;
EURallg;
RS 1
Nach der zur Abfall-Richtlinie (Richtlinie 75/442/EWG idF der Richtlinie 91/156/EWG) ergangenen Judikatur des EuGH handelt es sich bei dem in dieser Richtlinie definierten Abfallbegriff - danach bedeutet "Abfall": Alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss (vgl. Art. 1 lit. a und Anhang I, insbesondere Punkt Q16 der genannten Richtlinie) - um einen gemeinsamen, die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bindenden Begriff, weshalb der österreichische Abfallbegriff richtlinienkonform auszulegen ist (vgl. ).
Normen
31975L0442 Abfallrahmen-RL;
62000CJ0009 Palin Granit Oy VORAB;
ALSAG 1989 §3 Abs1;
AWG 2002 §2 Abs1;
RS 2
Im Urteil vom , Palin Granit Oy, C-9/00, sprach der EuGH u. a. aus, dass das Tätigkeitswort "sich entledigen" im Licht der Zielsetzung der Richtlinie 75/442, die nach deren dritter Begründungserwägung im Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gegen nachteilige Auswirkungen der Sammlung, Beförderung, Behandlung, Lagerung und Ablagerung von Abfällen besteht, und ferner im Licht von Art. 174 Abs. 2 EG auszulegen ist, wonach die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau abzielt und namentlich auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung beruht. Folglich ist der Begriff "Abfall" weit auszulegen und die Frage, ob ein bestimmter Stoff Abfall ist, anhand sämtlicher Umstände zu beurteilen.
Normen
12010E174 AEUV Art174 Abs2;
31975L0442 Abfallrahmen-RL;
62000CJ0009 Palin Granit Oy VORAB;
ALSAG 1989 §3 Abs1;
AWG 2002 §2 Abs1;
RS 3
Die Abfall-Richtlinie gibt kein maßgebliches Kriterium für die Ermittlung des Willens des Besitzers vor, sich eines bestimmten Stoffes oder Gegenstandes zu entledigen. Allerdings hat der EuGH, der mehrmals nach der Einstufung verschiedener Stoffe als Abfall befragt worden ist, bestimmte Anhaltspunkte benannt, anhand derer sich der Wille des Besitzers auslegen lässt, und im Urteil vom , Palin Granit Oy, C-9/00, Rn. 19, ausgesprochen, "dass sich der Besitzer von aus dem Betrieb eines Steinbruchs stammendem Bruchgestein, das für unbestimmte Zeit bis zu einer möglichen Verwendung gelagert wird, dieses Bruchgesteins entledigt oder entledigen will und dass dieses daher als Abfall im Sinne der Richtlinie 75/442 einzustufen ist"

Entscheidungstext

Betreff

kartDer Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der E GmbH (vormals G Gesellschaft m.b.H.), vertreten durch Dr. Christian Stocker, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog-LeopoldStraße 26, der gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/7200150/2014, betreffend Altlastenbeitrag samt Säumniszuschlag, erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:

Spruch

Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.

Begründung

1 Die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung ist gemäß § 30 Abs. 2 VwGG davon abhängig, dass zwingende Interessen dem begehrten Vollzugsaufschub nicht entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des Erkenntnisses oder der Ausübung der mit Erkenntnis eingeräumten Berechtigung durch einen Dritten für den Antragsteller ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.

2 Die Antragstellerin trägt vor, der mit dem angefochtenen Erkenntnis festgesetzte Altlastenbeitrag samt Säumniszuschlag belaufe sich auf fast 400.000 EUR. Die Antragstellerin habe 1.729,68 Tonnen des verfahrensgegenständlichen Materials entsorgt, was mit erheblichen Kosten verbunden gewesen sei. Mit dem Vollzug des angefochtenen Erkenntnisses und folglich der Entrichtung des bereits festgesetzten Altlastenbeitrages samt Säumniszuschlag wäre für die Antragstellerin ein unverhältnismäßiger Nachteil insofern verbunden, "als die Gefahr der Insolvenz der (Antragstellerin) bestünde". Eine Insolvenz habe bisher nur vermieden werden können, "weil ein entsprechendes Anlagevermögen im Liegenschaftseigentum vorhanden ist, welches derzeit aber nicht verwertbar ist".

3 Aus diesem Vorbringen ergibt sich, dass die Einbringlichkeit des Altlastenbeitrages samt Säumniszuschlag gefährdet ist, weshalb der aufschiebenden Wirkung zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen. Bei Zuerkennung aufschiebender Wirkung könnte das Zollamt nämlich weder erforderliche Sicherheiten erwerben noch auf neu auftauchendes Vermögen der Antragstellerin greifen. Dies kann zu endgültigen Forderungsverlusten des Bundes führen, deren Vermeidung öffentliche Interessen zwingend gebieten (siehe etwa den hg. Beschluss vom , AW 2002/13/0060, mwN). Abgesehen davon stellt die Antragstellerin nicht dar, dass eine - im Falle der Berechtigung der Revision bloß vorübergehende - Belastung durch den Vollzug des Erkenntnisses trotz der Möglichkeiten zur Inanspruchnahme von Zahlungserleichterungen und allenfalls einer Fremdfinanzierung nach deren derzeitiger wirtschaftlicher Lage mit einem unverhältnismäßigen Nachteil im Sinne des § 30 Abs. 2 VwGG verbunden wäre.

4 Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.

Wien, am

Entscheidungstext

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungsdatum:

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte MMag. Maislinger und Mag. Novak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Engenhart, über die Revision der E GmbH in F, vertreten durch Dr. Christian Stocker, Rechtsanwalt in 2700 Wiener Neustadt, Herzog-Leopold-Straße 26, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7200150/2014, betreffend Altlastenbeitrag für das 2. Quartal 2008 und Säumniszuschlag, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der Gemeinde F vom wurde der Revisionswerberin, einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die Bewilligung zum Abbruch von Gebäuden (ehemalige Werkswohnungen/Baracken) mit der Auflage erteilt, dass Bauschutt, Sperrmüll und Aushubmaterial auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verführen seien.

2 In weiterer Folge stellte die zuständige Bezirkshauptmannschaft fest, dass auf einer im Eigentum der Revisionswerberin stehenden Liegenschaft Metalle, Eisenreste, E-Herde, Spülen und Kühlschränke, Baurestmassen wie Beton und Ziegelabbruch, furnierte Platten, Strauchschnitt, Laub, Bretter und Baumstämme konsenslos abgelagert worden seien. Mit Bescheid vom trug die Bezirkshauptmannschaft der Revisionswerberin auf, diese Ablagerungen zu entsorgen und entsprechende Entsorgungsnachweise vorzulegen.

3 Eine gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft vom gerichtete Berufung wurde mit Berufungsentscheidung vom als unbegründet abgewiesen und die Frist für die ordnungsgemäße Entsorgung der Ablagerungen mit festgesetzt.

4 Die Revisionswerberin kam der Entsorgungsverpflichtung trotz Androhung der Ersatzvornahme nicht nach, weshalb am eine neuerliche Überprüfung durchgeführt und die Menge (Kubatur) der Ablagerungen ermittelt wurde. Weitere Überprüfungen fanden am und am statt. Bei diesen Überprüfungen wurde festgestellt, dass bezüglich der in Rede stehenden Ablagerungen - mit der Ausnahme, dass im Überprüfungsbericht vom angeführte Möbelreste mit einer Kubatur von ca. 300m3 entfernt worden seien - keine Änderung eingetreten sei.

5 Mit Bescheiden vom setzte das Zollamt gemäß § 201 BAO den Altlastenbeitrag für das Ablagern von Abfällen für das zweite Quartal 2008 in Höhe von 376.805 EUR und einen Säumniszuschlag von 7.520,10 EUR fest und führte begründend aus, dass es sich bei den Ablagerungen um Abfall handle, weil die gegenständlichen Materialien mit der offensichtlichen und klaren Absicht, sich ihrer zu entledigen, auf das Grundstück verbracht worden seien. Somit sei der subjektive Abfallbegriff erfüllt. Die Ablagerungen unterlägen gemäß § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG dem Altlastenbeitrag, weil für eine etwaige Lagerung zur Verwertung der Abfälle keine gewerbebehördliche bzw. abfallrechtliche Bewilligung vorliege. Die Ablagerungen seien kurz nach Ergehen des Abbruchbescheides der Gemeinde F vom erfolgt, weshalb die Abgabenschuld mit Ablauf des zweiten Quartals 2008 entstanden sei.

6 Die Revisionswerberin berief gegen den Bescheid vom und führte in der Berufung u.a. aus, dass es sich bei den gegenständlichen Ablagerungen nicht um Altlasten iSd § 2 Abs. 1 ALSAG handle, weil von diesen nicht erhebliche Gefahren für die Gesundheit des Menschen oder die Umwelt ausgingen. Die Ablagerungen erfüllten zudem weder den subjektiven noch den objektiven Abfallbegriff. Das Zollamt führe auch nicht aus, woraus es die behauptete Entledigungsabsicht ableite und auf welche Gegenstände sich diese beziehe.

7 Mit Beschwerdevorentscheidung vom wies das Zollamt die Berufung (nunmehr Beschwerde) als unbegründet ab und führte u. a. aus, mit Bescheid der Gemeinde F vom sei der Revisionswerberin der Abbruch ehemaliger Werkswohnungen/Baracken bewilligt worden. Im Spruch des in Rechtskraft erwachsenen Bescheides sei festgehalten, dass die Auflagen der Niederschrift einzuhalten seien. In der verwiesenen Niederschrift werde angeführt, dass der Bauschutt, Sperrmüll und das Aushubmaterial auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verführen seien. Die Revisionswerberin habe die in der Niederschrift festgehaltene Auflage nicht bekämpft und bereits damit ihre Entledigungsabsicht bekundet.

8 Die Revisionswerberin beantragte die Vorlage der Beschwerde an das Bundesfinanzgericht und brachte ergänzend vor, dass die vom Zollamt angezogene Verbringung auf eine behördliche Deponie nur dann relevant sein könne, wenn eine zulässige Verwertung nicht in Betracht komme oder nicht angestrebt werde. Die Revisionswerberin habe immer eine Verwertung der gegenständlichen Materialien im Rahmen von Bautätigkeiten bzw. zu Heizzwecken angestrebt. Die Materialien hätten sich auch immer auf Liegenschaften der Revisionswerberin und somit in deren Gewahrsame befunden. Weiters wurde im Vorlageantrag ausgeführt, dass es bei der Revisionswerberin im Mai 2014 zu einem Wechsel der Gesellschafter und der Geschäftsführung gekommen sei und die neuen "Eigentümer" die zeitnahe Entfernung der auf dem Betriebsgelände befindlichen Fahrnisse beabsichtigten.

9 Mit Schriftsatz vom gab die Revisionswerberin dem Bundesfinanzgericht unter Beifügung entsprechender Entsorgungsnachweise bekannt, dass die gegenständlichen Ablagerungen zwischenzeitig entsorgt worden seien.

10 Das Bundesfinanzgericht gab der Beschwerde mit dem angefochtenen Erkenntnis keine Folge und begründete dies im Wesentlichen damit, dass der bloße Einwand des "Anstrebens einer Verwertung" nicht geeignet sei, den in Rede stehenden Materialien die Abfalleigenschaft zu nehmen. Erst mit der Zulässigkeit einer ordnungsgemäßen Verwertung, die im Revisionsfall nicht zu sehen sei, hätte die Abfalleigenschaft enden können. Ohne Entledigungsabsicht wäre wohl die ins Treffen geführte eigene Verwertung erfolgt. Letztlich seien die Materialien - der in Rechtskraft erwachsenen Abbruchbewilligung vom entsprechend - einer fachgerechten Entsorgung zugeführt worden. Da der subjektive Abfallbegriff erfüllt sei, könne eine Auseinandersetzung mit dem objektiven Abfallbegriff unterbleiben. Dass der Abbruch der Gebäude kausal für die gegenständlichen Ablagerungen gewesen sei, sei aus den Feststellungen ableitbar, die im Rahmen der mehrfach durchgeführten Kontrollen getroffen worden seien. Die Revisionswerberin habe den Tatbestand der Ablagerung von Abfällen gemäß § 3 Abs. 1 ALSAG erfüllt, weil auch das Ablagern für eine kürzere als die in § 3 Abs. 1 Z 1 lit. b ALSAG genannte Zeitdauer dem Altlastenbeitrag unterliege, wenn nicht alle für die Lagerung erforderlichen behördlichen Bewilligungen vorlägen.

11 Eine Revision erklärte das Bundesfinanzgericht für nicht zulässig, weil das Erkenntnis nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhänge, der grundsätzliche Bedeutung zukomme.

12 Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

13 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

14 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

15 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

16 Die Revision bringt zur Zulässigkeit vor, dass es bei der Revisionswerberin im Mai 2014 zu einem Wechsel der Gesellschafter und der Geschäftsführung gekommen sei und Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Frage fehle, ob eine Sache den subjektiven Abfallbegriff iSd § 2 Abs. 1 AWG bereits dann erfülle, wenn sich erst ein späterer Eigentümer oder Besitzer zu einem späteren Zeitpunkt ihrer entledigen wolle.

17 Nach der zur Abfall-Richtlinie (Richtlinie 75/442/EWG idF der Richtlinie 91/156/EWG) ergangenen Judikatur des EuGH handelt es sich bei dem in dieser Richtlinie definierten Abfallbegriff - danach bedeutet "Abfall": Alle Stoffe oder Gegenstände, die unter die in Anhang I der Richtlinie aufgeführten Gruppen fallen und deren sich ihr Besitzer entledigt, entledigen will oder entledigen muss (vgl. Art. 1 lit. a und Anhang I, insbesondere Punkt Q16 der genannten Richtlinie) - um einen gemeinsamen, die Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten bindenden Begriff, weshalb der österreichische Abfallbegriff richtlinienkonform auszulegen ist (vgl. ).

18 Im Urteil vom , Palin Granit Oy, C-9/00, sprach der EuGH u.a. aus, dass das Tätigkeitswort "sich entledigen" im Licht der Zielsetzung der Richtlinie 75/442, die nach deren dritter Begründungserwägung im Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gegen nachteilige Auswirkungen der Sammlung, Beförderung, Behandlung, Lagerung und Ablagerung von Abfällen besteht, und ferner im Licht von Art. 174 Abs. 2 EG auszulegen ist, wonach die Umweltpolitik der Gemeinschaft auf ein hohes Schutzniveau abzielt und namentlich auf den Grundsätzen der Vorsorge und Vorbeugung beruht. Folglich ist der Begriff "Abfall" weit auszulegen und die Frage, ob ein bestimmter Stoff Abfall ist, anhand sämtlicher Umstände zu beurteilen.

19 Die Abfall-Richtlinie gibt kein maßgebliches Kriterium für die Ermittlung des Willens des Besitzers vor, sich eines bestimmten Stoffes oder Gegenstandes zu entledigen. Allerdings hat der EuGH, der mehrmals nach der Einstufung verschiedener Stoffe als Abfall befragt worden ist, bestimmte Anhaltspunkte benannt, anhand derer sich der Wille des Besitzers auslegen lässt, und im Urteil vom , Palin Granit Oy, C-9/00, Rn. 19, ausgesprochen, "dass sich der Besitzer von aus dem Betrieb eines Steinbruchs stammendem Bruchgestein, das für unbestimmte Zeit bis zu einer möglichen Verwendung gelagert wird, dieses Bruchgesteins entledigt oder entledigen will und dass dieses daher als Abfall im Sinne der Richtlinie 75/442 einzustufen ist".

20 Ob sich die Revisionswerberin der hier in Rede stehenden Stoffe, die auf einer in ihrem Eigentum stehenden Liegenschaft jahrelang konsenslos abgelagert worden sind, entledigen wollte, stellt nach dem Gesagten eine auf der Ebene der Sachverhaltsermittlung und Beweiswürdigung zu lösende Tatfrage dar, die anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist.

21 Das Bundesfinanzgericht ging im angefochtenen Erkenntnis davon aus, dass die verfahrensgegenständlichen Ablagerungen aus dem Abbruch ehemaliger Werkswohnungen stammen und laut Abbruchbescheid auf eine behördlich genehmigte Deponie zu verführen gewesen wären. Die Entledigungsabsicht hielt das Bundesfinanzgericht für erwiesen, weil die Revisionswerberin die im Verwaltungs- und Beschwerdeverfahren bekundete Absicht, die abgelagerten Materialien im Rahmen von Bautätigkeiten bzw. für Heizzwecke zu verwerten, über Jahre hinweg nicht umgesetzt und diese Materialien letztlich - der bereits in der Abbruchbewilligung vom erteilten Auflage entsprechend - auf eine genehmigte Deponie verbracht habe. Die Beweiswürdigung des Bundesfinanzgerichtes, die sich nicht nur auf den Umstand stützt, dass die in Rede stehenden Materialien letztlich auf eine behördliche Deponie verbracht worden sind, stößt auf keine vom Verwaltungsgerichtshof aufzugreifenden Bedenken.

22 Im Zulässigkeitsvorbringen werden somit keine Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen, von denen die Lösung der vorliegenden Revision abhängen würde. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


Tabelle in neuem Fenster öffnen
Norm
VwGG §30 Abs2;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016150032.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
PAAAF-50765