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VwGH 20.10.2016, Ra 2016/13/0038

VwGH 20.10.2016, Ra 2016/13/0038

Entscheidungsart: Beschluss

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fuchs und die Hofräte Dr. Nowakowski und MMag. Maislinger als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Wimberger, über die Revision des S in W, vertreten durch Mag. Dr. Wolfgang Nikolaus, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater in 1130 Wien, St. Veit-Gasse 8, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7102205/2013, betreffend Abweisung eines Antrages auf Aufhebung des Einkommensteuerbescheides für das Jahr 2009 und Einkommensteuer für das Jahr 2011, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

4 Der revisionsgegenständliche Streitpunkt des mit dem angefochtenen Erkenntnis abgeschlossenen Verfahrens war die schon in den Erkenntnissen des Verwaltungsgerichtshofes vom , 96/15/0234, VwSlg 7230/F, und vom , 2005/14/0099, VwSlg 8186/F, behandelte Frage, ob eine nach dem Doppelbesteuerungsabkommen mit Deutschland nicht der Besteuerung in Österreich unterliegende deutsche Sozialversicherungsrente eines in Österreich ansässigen Steuerpflichtigen für Zwecke des Progressionsvorbehaltes als Einkünfte im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c oder des § 29 Z 1 dritter Satz EStG 1988 anzusehen sei. Der Verwaltungsgerichtshof sprach in beiden Fällen aus, für die Annahme, es handle sich im Sinne des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 um eine Pension aus einer ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung, die einer inländischen gesetzlichen Sozialversicherung entspricht, komme es darauf an, ob die geleisteten ausländischen Versicherungsbeiträge ihrer Art nach auf Grund der in den Streitjahren geltenden Rechtslage (EStG 1988) in voller Höhe einkommensmindernd berücksichtigt werden könnten (§ 16 Abs. 1 Z 4 lit. f EStG 1988). Es komme "jedoch nicht darauf an, ob die Beiträge in den Jahren der Beitragszahlung tatsächlich einkommensmindernd zu berücksichtigen waren oder berücksichtigt worden sind".

5 Im Erkenntnis vom , das Einkommensteuer für das Jahr 1997 betraf, ging der Verwaltungsgerichtshof auch schon auf Beschwerdeargumente ein, die sich unter gemeinschaftsrechtlichen Gesichtspunkten darauf bezogen, dass ein Werbungskostenabzug in den in Deutschland verbrachten "Ansparungsjahren" nach deutschem Recht nicht möglich gewesen sei. Den darauf gegründeten Bedenken hielt der Verwaltungsgerichtshof vor allem das , EU:C:2005:446, Schempp, entgegen.

6 Das Bundesfinanzgericht hat die deutsche Sozialversicherungsrente des Revisionswerbers unter § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 subsumiert, den Revisionswerber zu seinen dagegen vorgebrachten unionsrechtlichen Bedenken auf das Erkenntnis vom verwiesen und mit Rücksicht auf dieses Erkenntnis auch die Zulässigkeit einer Revision an den Verwaltungsgerichtshof verneint.

7 Dem hält der Revisionswerber in den Ausführungen zur Zulässigkeit der Revision (§ 28 Abs. 3 VwGG) entgegen, das Erkenntnis vom verneine, "soweit es sich mit der Verletzung von Gemeinschaftsrecht beschäftigt", nur die Frage, ob die Berechnung des Progressionsvorbehaltes gegen Gemeinschaftsrecht verstoße. Es behandle jedoch nicht die Frage, ob eine unionsrechtskonforme Interpretation des § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988 einer Subsumtion der streitverfangenen Einkünfte unter diese Bestimmung (statt unter § 29 Z 1 EStG 1988 als "außerbetriebliche Gegenleistungsrente") entgegenstehe. Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu der zu lösenden Rechtsfrage fehle daher.

8 Dem ist nicht beizupflichten. Hauptfrage auch des mit dem Erkenntnis vom entschiedenen Falles war die Subsumierbarkeit der Einkünfte unter § 25 Abs. 1 Z 3 lit. c EStG 1988. Hierauf bezogen sich auch die Ausführungen zur Frage einer Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der auch im vorliegenden Fall maßgeblichen nationalen Regelungen betreffend die steuerliche Erfassung ausländischer Einkünfte im Wege des Progressionsvorbehaltes.

9 Mit den Ausführungen zum "konkreten" oder "abstrakten" Maßstab bei der Beurteilung der Vergleichbarkeit der ausländischen gesetzlichen Sozialversicherung mit einer inländischen wendet sich der Revisionswerber der Sache nach gegen die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach es nicht darauf ankommt, ob die Beiträge "in den Jahren der Beitragszahlung tatsächlich einkommensmindernd zu berücksichtigen waren oder berücksichtigt worden sind". Unter Hinweis auf das im Urteil Schempp zitierte , EU:C:2004:449, Lindfors, macht der Revisionswerber dazu geltend, die mangelnde Berücksichtigung des Umstandes, dass die Sozialversicherungsbeiträge in Deutschland nicht absetzbar gewesen seien, würde bedeuten, dass die österreichischen Rechtsvorschriften den Revisionswerber gegenüber Personen, die stets der österreichischen Einkommensbesteuerung unterlagen, benachteiligen würden.

10 Der vom Revisionswerber gemeinte Nachteil ergibt sich aber nicht aus diskriminierenden Inhalten österreichischer Vorschriften, sondern aus Unterschieden zwischen dem deutschen Steuerrecht, in dessen Geltungsbereich der Revisionswerber früher ansässig war, und dem österreichischen Steuerrecht, in dessen Geltungsbereich er sich begeben hat. In der an das Urteil Schempp anknüpfenden weiteren Judikatur des EuGH, auf die die Revision nicht eingeht, wurde schon wiederholt hervorgehoben, dass die Mitgliedstaaten beim derzeitigen Stand des Unionsrechtes nicht verpflichtet sind, ihre Steuervorschriften zur Vermeidung solcher Nachteile auf die Steuervorschriften anderer Mitgliedstaaten abzustimmen (vgl. dazu die Urteile vom , C-298/05, EU:C:2007:754, Columbus Container Services, Rn. 51, vom , C-293/06, EU:C:2008:129, Deutsche Shell, Rn. 43, vom , C-157/07, EU:C:2008:588, Krankenheim Ruhesitz am Wannsee-Seniorenheimstatt, Rn. 50, vom , C- 371/10, EU:C:2011:785, National Grid Indus, Rn. 62, vom , C-322/11, EU:C:2013:716, K, Rn. 80, und vom , C-522/14, EU:C:2016:253, Sparkasse Allgäu, Rn. 31).

11 Die Revision wirft mit Rücksicht darauf, dass das angefochtene Erkenntnis auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes beruht, die auch nicht etwa vor dem Hintergrund späterer Judikatur des EuGH überprüfungsbedürftig erscheint, keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung auf. Sie war daher zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
62003CJ0403 Schempp VORAB;
B-VG Art133 Abs4;
EStG 1988 §16 Abs1 Z4 litf;
EStG 1988 §25 Abs1 Z3 litc;
EStG 1988 §29 Z1;
VwGG §34 Abs1;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016130038.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
VAAAF-50763