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VwGH 21.04.2016, Ra 2016/11/0039

VwGH 21.04.2016, Ra 2016/11/0039

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
FSG 1997 §26 Abs2 Z1;
FSG 1997 §7 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
VwRallg;
RS 1
Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Entziehung der Lenkberechtigung wegen der Begehung eines Alkoholdelikts erfüllt sind, ist die Führerscheinbehörde an eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer entsprechenden Übertretung der StVO 1960 gebunden (Hinweis Erkenntnisse vom , 2005/11/0057, vom , 2009/11/0023, und vom , 2013/11/0015, sowie den B vom , Ra 2015/11/0043). Für den Entziehungstatbestand nach § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG 1997, der auf die Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 abstellt, folgt daraus, dass mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer derartigen Übertretung zwingend eine Entziehung für die in § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG 1997 genannte (Mindest)Dauer auszusprechen ist (Hinweis Erkenntnisse vom , 2009/11/0023, vom , 2013/11/0211, und vom , 2013/11/0038). Eine solche Entziehung wäre nach der hg. Judikatur zu § 7 Abs. 2 FSG 1997 auch dann auszusprechen, wenn feststände, dass der Betreffende von einer ausländischen Behörde bzw. einem ausländischen Gericht wegen Lenkens oder Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges im Ausland mit einem Alkoholgehalt seines Blutes oder seiner Atemluft, der den in § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 angegebenen Grenzwerten entspricht, rechtskräftig bestraft wurde (Hinweis E vom , 2003/11/0272). Allerdings sind die Grenzen der Rechtskraft einer Bestrafung wegen der Begehung eines Alkoholdelikts zu beachten.
Normen
FSG 1997 §26 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
RS 2
Durch eine rechtskräftige Entscheidung der Strafbehörde wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 steht für die Entziehungsbehörde (und damit auch für das VwG) zwar bindend fest, dass der Bestrafte eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen hat, dass er also ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 Promille oder mehr (bzw. der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr) betragen hat (Hinweis E vom , 2002/11/0166). Allerdings besteht eine Bindung der Entziehungsbehörde (und damit nunmehr: auch des VwG) "auf Grund des Straferkenntnisses nur in Ansehung eines Alkoholisierungsgrades von zumindest 1,6 Promille", weshalb die Annahme eines höheren Alkoholisierungsgrades eigener Ermittlungen und entsprechender Begründung bedürfte.
Normen
FSG 1997 §14 Abs8;
FSG 1997 §37a;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1a;
RS 3
Im Falle eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 8 FSG 1997 ist, wie der VwGH in seinem E vom , 2002/11/0079, betont hat, das Erreichen zumindest des in dieser Gesetzesstelle genannten Grenzwertes Tatbestandselement, sodass im Falle einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Übertretung nach § 37a iVm.

§ 14 Abs. 8 FSG 1997 davon auszugehen ist, dass der Bestrafte tatsächlich den in dieser Gesetzesstelle genannten Grenzwert erreicht oder überschritten hat (vgl. in diesem Sinne auch zu § 99 Abs. 1a StVO 1960 das E vom , 2002/11/0181, und zu

§ 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 das E vom , 2003/11/0170).
Normen
FSG 1997 §26 Abs2 Z1;
FSG 1997 §26 Abs2 Z4;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
RS 4
Dass die Bindungswirkung einer rechtskräftigen Bestrafung von den Grenzwerten des jeweils herangezogenen Straftatbestands abhängt, ergibt sich auch aus denjenigen hg. Entscheidungen im Zusammenhang mit Entziehungen der Lenkberechtigung nach dem FSG 1997, in denen einerseits festgehalten wurde, dass eine rechtskräftige Bestrafung wegen eines Alkoholdelikts vorliege, andererseits aber hervorgehoben wurde, dass in der Beschwerde (noch nach alter Rechtslage: vor dem VwGH) der Grad der Alkoholisierung, der in diesen Fällen den Grenzwert des Straftatbestandes jeweils überschritten hatte, nicht bestritten worden sei (Hinweis Erkenntnisse vom , 99/11/0159, vom , 2001/11/0298, vom , 2002/11/0168, vom , 2002/11/0181, und vom , 2002/11/0013). Eine derartige gedankliche Trennung zwischen bindender rechtskräftiger Bestrafung und dem Ausmaß der Alkoholisierung wäre entbehrlich gewesen, wenn der VwGH der Auffassung anhinge, dass der von der Strafbehörde oder allenfalls dem Strafgericht angenommene Grad der (tatsächlichen) Alkoholisierung unabhängig von der Ausgestaltung des Straftatbestands jedenfalls überbunden wäre.
Normen
FSG 1997 §26 Abs2 Z1;
FSG 1997 §7 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs2d;
StVO 1960 §99 Abs2e;
RS 5
Die Führerscheinbehörde ist, wenn eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt, zwar jedenfalls in Ansehung des Umstands, dass der Betreffende die im Strafbescheid genannte Tat begangen hat, gebunden (Hinweis Erkenntnisse vom , 2003/11/0169, und vom , 2007/11/0042, jeweils mwN.). Eine Bindung besteht hingegen nicht hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung, falls dieses nicht bereits zum Tatbild der Verwaltungsübertretung zählt, wie dies z.B. gemäß § 99 Abs. 2d und 2e StVO 1960 der Fall ist (Hinweis E vom , Ra 2014/11/0027).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers Mag. Soyer, über die Revision der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn in 6850 Dornbirn, Klaudiastraße 2, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Vorarlberg vom , Zl. LVwG-411-15/2015-R5, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (mitbeteiligte Partei: R M in D, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in 6850 Dornbirn, Schillerstraße 17), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 1.1. Mit Bescheid vom entzog die Revisionswerberin dem Mitbeteiligten die Lenkberechtigung näher genannter Klassen für die Dauer von sechs Monaten, gerechnet ab Zustellung (Spruchpunkt I.). Unter einem wurde als begleitende Maßnahme eine Nachschulung angeordnet und der Mitbeteiligte zur Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen aufgefordert (Spruchpunkt II.). Schließlich wurde einer allfälligen Beschwerde die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.).

2 Die Revisionswerberin stützte ihren Bescheid im Wesentlichen darauf, dass dem Mitbeteiligten mit Verfügung des Straßenverkehrs- und Schifffahrtsamtes des Kantons St. Gallen vom der Führerausweis für die Dauer von vier Monaten aberkannt worden sei, dies wegen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges in der Schweiz am  mit einer Alkoholisierung im Ausmaß von 1,52 Gewichtspromille. Dieser Wert entspreche einer Blutalkoholkonzentration von 1,61 Promille. Der Mitbeteiligte habe demnach eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen, weshalb ihm gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG die Lenkberechtigung für die Dauer von sechs Monaten zu entziehen sei.

3 1.2. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde des Mitbeteiligten gab das Verwaltungsgericht Vorarlberg mit Erkenntnis vom insofern Folge, als es die Entziehungsdauer auf vier Monate herabsetzte und die Anordnung der Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens aufhob. Unter einem wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof unzulässig sei.

4 Das Verwaltungsgericht bestätigte die Feststellungen der Revisionswerberin zur Verfügung des Straßenverkehrs- und Schifffahrtsamtes des Kantons St. Gallen vom und stellte ergänzend fest, der Mitbeteiligte sei "wegen dieses Verkehrsverstoßes mit Strafentscheid des Untersuchungsamtes Altstätten der Staatsanwaltschaft St. Gallen vom zu einer (bedingten) Geldstrafe und zu einer Buße verurteilt" worden, welche wie die Verfügung in Rechtskraft erwachsen sei. Hinsichtlich des Alkoholisierungsgrades ging das Verwaltungsgericht davon aus, dass der Mitbeteiligte zum Tatzeitpunkt das Kraftfahrzeug mit einem Blutalkoholgehalt von "(knapp) unter 1,6g/l (1,6 Promille)" gelenkt habe. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass im Ergebnis nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden könne, dass der Alkoholgehalt des Blutes des Mitbeteiligten den nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 maßgeblichen Grenzwert von 1,6 g/l (1,6 Promille) erreicht habe, weshalb von einem Wert knapp darunter ausgegangen werde. Entgegen der Einschätzung der Revisionswerberin habe der Mitbeteiligte folglich eine Übertretung nicht des § 99 Abs. 1 lit. a, sondern eine des § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, weshalb - der Mitbeteiligte sei ein Ersttäter -

ein Fall des § 26 Abs. 2 Z. 4 FSG vorliege. Für eine Überschreitung der Mindestentziehungsdauer von vier Monaten gebe es keinen Anlass.

5 2.1. Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

8 2.2.1. Die (außerordentliche) Revision führt zur Zulässigkeit aus, das Verwaltungsgericht sei von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insofern abgewichen, als es die Bedeutung der es bindenden rechtskräftigen Bestrafung des Mitbeteiligten in der Schweiz verkannt habe. Schon aufgrund der Bindungswirkung sei von einer Alkoholisierung von mindestens 1,52 Gewichtspromille zum Tatzeitpunkt auszugehen gewesen. Dieser Wert entspreche einer Alkoholkonzentration des Blutes von jedenfalls 1,6 g/l (1,6 Promille) iSd. § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960, weshalb wegen des Vorliegens einer Übertretung nach dieser Gesetzesstelle eine Entziehung der Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG für die Dauer von mindestens sechs Monaten geboten sei.

9 2.2.2.1. Das FSG lautet (auszugsweise):

"Verkehrszuverlässigkeit

§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen

1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder

...

(2) Handelt es sich bei den in Abs. 3 angeführten Tatbeständen um Verkehrsverstöße oder strafbare Handlungen, die im Ausland begangen wurden, so sind diese nach Maßgabe der inländischen Rechtsvorschriften zu beurteilen.

(3) Als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:

1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;

...

Pflichten des Kraftfahrzeuglenkers

§ 14.

...

(8) Ein Kraftfahrzeug darf nur in Betrieb genommen oder gelenkt werden, wenn beim Lenker der Alkoholgehalt des Blutes weniger als 0,5 g/l (0,5 Promille) oder der Alkoholgehalt der Atemluft weniger als 0,25 mg/l beträgt. Bestimmungen, die für den betreffenden Lenker geringere Alkoholgrenzwerte festsetzen, bleiben unberührt.

...

Sonderfälle der Entziehung

§ 26.

...

(2) Wird beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahrzeuges

1. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens sechs Monaten zu entziehen,

...

4. erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen, so ist die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens vier Monaten zu entziehen,

..."

§ 99 StVO 1960 lautet (auszugsweise):

"§ 99. Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1600 Euro bis 5900 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

...

(1a) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 1200 Euro bis 4400 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe von zehn Tagen bis sechs Wochen, zu bestrafen, wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,2 g/l (1,2 Promille) oder mehr, aber weniger als 1,6 g/l (1,6 Promille) oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,6 mg/l oder mehr, aber weniger als 0,8 mg/l beträgt.

..."

10 2.2.2.2. Bei der Beurteilung, ob die Voraussetzungen für die Entziehung der Lenkberechtigung wegen der Begehung eines Alkoholdelikts erfüllt sind, ist die Führerscheinbehörde an eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer entsprechenden Übertretung der StVO 1960 gebunden (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2005/11/0057, vom , Zl. 2009/11/0023, und vom , Zl. 2013/11/0015, sowie den hg. Beschluss vom , Zl. Ra 2015/11/0043). Für den Entziehungstatbestand nach § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG, der auf die Begehung einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 abstellt, folgt daraus, dass mit dem Vorliegen einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer derartigen Übertretung zwingend eine Entziehung für die in § 26 Abs. 2 Z. 1 FSG genannte (Mindest)Dauer auszusprechen ist (vgl. zB. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2009/11/0023, vom , Zl. 2013/11/0211, und vom , Zl. 2013/11/0038). Eine solche Entziehung wäre nach der hg. Judikatur zu § 7 Abs. 2 FSG auch dann auszusprechen, wenn feststände, dass der Betreffende von einer ausländischen Behörde bzw. einem ausländischen Gericht wegen Lenkens oder Inbetriebnahme eines Kraftfahrzeuges im Ausland mit einem Alkoholgehalt seines Blutes oder seiner Atemluft, der den in § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 angegebenen Grenzwerten entspricht, rechtskräftig bestraft wurde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/11/0272).

11 Allerdings sind die Grenzen der Rechtskraft einer Bestrafung wegen der Begehung eines Alkoholdelikts zu beachten.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2002/11/0166, dargelegt hat, steht durch eine rechtskräftige Entscheidung der Strafbehörde wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 für die Entziehungsbehörde (und damit auch für das Verwaltungsgericht) zwar bindend fest, dass der Bestrafte eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen hat, dass er also ein Kraftfahrzeug gelenkt hat, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 Promille oder mehr (bzw. der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr) betragen hat. Allerdings besteht eine Bindung der Entziehungsbehörde (und damit nunmehr: auch des Verwaltungsgerichtes) "auf Grund des Straferkenntnisses nur in Ansehung eines Alkoholisierungsgrades von zumindest 1,6 Promille", weshalb die Annahme eines höheren Alkoholisierungsgrades eigener Ermittlungen und entsprechender Begründung bedürfte.

Diese hg. Judikatur ist auch nicht etwa vereinzelt geblieben. Im Falle etwa eines Verstoßes gegen § 14 Abs. 8 FSG ist, wie der Verwaltungsgerichtshof schon zuvor in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2002/11/0079, betont hat, das Erreichen zumindest des in dieser Gesetzesstelle genannten Grenzwertes Tatbestandselement, sodass im Falle einer rechtskräftigen Bestrafung wegen einer Übertretung nach § 37a iVm. § 14 Abs. 8 FSG davon auszugehen sei, dass der Bestrafte tatsächlich den in dieser Gesetzesstelle genannten Grenzwert erreicht oder überschritten hat (vgl. in diesem Sinne auch zu § 99 Abs. 1a StVO 1960 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2002/11/0181, und zu § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/11/0170). Dass die Bindungswirkung einer rechtskräftigen Bestrafung von den Grenzwerten des jeweils herangezogenen Straftatbestands abhängt, ergibt sich auch aus denjenigen hg. Entscheidungen im Zusammenhang mit Entziehungen der Lenkberechtigung nach dem FSG, in denen einerseits festgehalten wurde, dass eine rechtskräftige Bestrafung wegen eines Alkoholdelikts vorliege, andererseits aber hervorgehoben wurde, dass in der Beschwerde (noch nach alter Rechtslage: vor dem Verwaltungsgerichtshof) der Grad der Alkoholisierung, der in diesen Fällen den Grenzwert des Straftatbestandes jeweils überschritten hatte, nicht bestritten worden sei (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 99/11/0159, vom , Zl. 2001/11/0298, vom , Zl. 2002/11/0168, vom , Zl. 2002/11/0181, und vom , Zl. 2002/11/0013). Eine derartige gedankliche Trennung zwischen bindender rechtskräftiger Bestrafung und dem Ausmaß der Alkoholisierung wäre entbehrlich gewesen, wenn der Verwaltungsgerichtshof der Auffassung anhinge, dass der von der Strafbehörde oder allenfalls dem Strafgericht angenommene Grad der (tatsächlichen) Alkoholisierung unabhängig von der Ausgestaltung des Straftatbestands jedenfalls überbunden wäre.

Diese dargestellte hg. Rechtsprechung steht im Übrigen auch im Einklang mit derjenigen zum Ausmaß der Bindung der Führerscheinbehörde an rechtskräftige Bestrafungen wegen qualifizierter Überschreitungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist nämlich die Führerscheinbehörde, wenn eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung vorliegt, zwar jedenfalls in Ansehung des Umstands, dass der Betreffende die im Strafbescheid genannte Tat begangen hat, gebunden (vgl. z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/11/0169, und vom , Zl. 2007/11/0042, jeweils mwN.). Eine Bindung besteht hingegen nicht hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung, falls dieses nicht bereits zum Tatbild der Verwaltungsübertretung zählt, wie dies z.B. gemäß § 99 Abs. 2d und 2e StVO 1960 der Fall ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ra 2014/11/0027).

12 Dass die Bestrafung des Mitbeteiligten in der Schweiz auf der Grundlage eines Straftatbestandes beruht hätte, der so beschaffen ist, dass jede Bestrafung zwingend auch einen Alkoholisierungsgrad im Ausmaß von mindestens 1,52 Gewichtspromille - und in weiterer Folge, auf den nach § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 einschlägigen Alkoholgehalt des Blutes umgerechnet, einen solchen von mindestens 1,6 Promille - voraussetzte, wird in der Revision nicht vorgebracht. Es gelingt ihr mit ihrem bloßen Hinweis auf die vom Verwaltungsgericht erwähnte Bestrafung des Mitbeteiligten in der Schweiz demnach nicht aufzuzeigen, dass das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Ausmaßes der Bindungswirkung rechtskräftiger Bestrafungen in der behaupteten Weise von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen wäre.

13 2.2.3. In der Revision werden demnach keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Der erkennende Senat hat aus diesen Erwägungen beschlossen, die Revision zurückzuweisen.

Wien, am

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Normen
FSG 1997 §14 Abs8;
FSG 1997 §26 Abs2 Z1;
FSG 1997 §26 Abs2 Z4;
FSG 1997 §26 Abs2;
FSG 1997 §37a;
FSG 1997 §7 Abs2;
StVO 1960 §99 Abs1 lita;
StVO 1960 §99 Abs1;
StVO 1960 §99 Abs1a;
StVO 1960 §99 Abs2d;
StVO 1960 §99 Abs2e;
VwRallg;
Schlagworte
Individuelle Normen und Parteienrechte Rechtswirkungen von
Bescheiden Rechtskraft VwRallg9/3
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016110039.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
UAAAF-50733