VwGH 12.05.2016, Ra 2016/05/0018
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssätze
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Normen | VwGG §30 Abs2; VwGVG 2014 §33; |
RS 1 | Nichtstattgebung - Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages in einer Bauangelegenheit - Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 30 Abs. 2 VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 dargetan hat, ist ein Bescheid, mit dem eine Änderung der Rechte oder Pflichten des Beschwerdeführers abgelehnt wird, einem Vollzug im Sinn der genannten Bestimmung nicht zugänglich. Dies trifft auf einen Bescheid, mit dem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert wird, zu (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/02/0079, mwN). Diese Rechtsprechung ist auch auf § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 übertragbar. |
Normen | |
RS 1 | Auch unvertretene Parteien trifft bei der Wahrnehmung von Fristen eine erhöhte Sorgfaltspflicht (vgl. ). |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat über den Antrag der S, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, der gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , Zl. LVwG-AV-996/001-2015, betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages in einer Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde St. Leonhard am Hornerwald; weitere Partei:
Niederösterreichische Landesregierung), erhobenen Revision die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, den Beschluss gefasst:
Spruch
Gemäß § 30 Abs. 2 VwGG wird dem Antrag nicht stattgegeben.
Begründung
1 Mit dem im innergemeindlichen Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde St. Leonhard am Hornerwald wurde der Revisionswerberin der Auftrag zum Abbruch aller konsenslos errichteten Gebäude (Tierunterstand, Nebengebäude) auf einem näher bezeichneten Grundstück der KG W erteilt.
2 Über Vorhalt, dass die von ihr am erhobene Beschwerde gegen diesen Bescheid verspätet eingebracht worden sei, stellte die Revisionswerberin mit Schreiben vom einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist.
3 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) unter Spruchpunkt I. den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist ab und sprach gleichzeitig aus, dass gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.
4 Unter einem wies das Verwaltungsgericht unter Spruchpunkt II. des angefochtenen Beschlusses die Beschwerde als verspätet zurück und sprach aus, dass gegen diesen Beschluss eine ordentliche Revision nicht zulässig sei.
5 In ihrer dagegen erhobenen Revision erklärt die Revisionswerberin, dass der angefochtene Beschluss nur insoweit angefochten werde, als das Verwaltungsgericht den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Beschwerdefrist abgewiesen habe. Zum unter einem gestellten Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung führt die Revisionswerberin aus, dass die gegenständlichen Gebäude bereits seit Jahrzehnten unbeanstandet auf ihrer Liegenschaft stehen würden und ihr mit dem Abbruch aller angeblich konsenslosen Gebäude ein unverhältnismäßiger Nachteil entstehen würde.
6 Gemäß § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof ab Vorlage der Revision auf Antrag des Revisionswerbers die aufschiebende Wirkung mit Beschluss zuzuerkennen, wenn dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und der Interessen anderer Parteien mit dem Vollzug des angefochtenen verwaltungsgerichtlichen Erkenntnisses oder mit der Ausübung der durch das angefochtene Erkenntnis eingeräumten Berechtigung für den Revisionswerber ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre.
7 Wie der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung zu § 30 Abs. 2 VwGG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 dargetan hat, ist ein Bescheid, mit dem eine Änderung der Rechte oder Pflichten des Beschwerdeführers abgelehnt wird, einem Vollzug im Sinn der genannten Bestimmung nicht zugänglich. Dies trifft auf einen Bescheid, mit dem die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand verweigert wird, zu (vgl. etwa den hg. Beschluss vom , Zl. AW 2012/02/0079, mwN). Diese Rechtsprechung ist auch auf § 30 Abs. 2 erster Satz VwGG in der hier anzuwendenden Fassung BGBl. I Nr. 122/2013 übertragbar.
8 Dem Antrag war daher nicht stattzugeben.
Wien, am
Entscheidungstext
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungsdatum:
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bernegger und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Rehak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Artmann, über die Revision der S R in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwalt in 3500 Krems, Gartenaugasse 1, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom , LVwG-AV-996/001-2015, betreffend Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrages und Zurückweisung einer Beschwerde in einer Bauangelegenheit (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Gemeindevorstand der Marktgemeinde S; weitere Partei: Niederösterreichische Landesregierung), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Die Revisionswerberin hat der Marktgemeinde S Aufwendungen in der Höhe von EUR 201,79 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Niederösterreich (im Folgenden: Verwaltungsgericht) in Spruchpunkt I.1. den Antrag der Revisionswerberin auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Beschwerdefrist ab und in Spruchpunkt II.1. die Beschwerde als verspätet zurück. In den Spruchpunkten I.2. und II.2. sprach das Verwaltungsgericht jeweils aus, dass die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
5 Die Abweisung des Wiedereinsetzungsantrages wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Revisionswerberin angesichts der angeführten, zur Sorgfaltspflicht unvertretener Parteien ergangenen hg. Judikatur (Hinweis ua auf , , und ) durch die falsche Eintragung des Datums (welchen Datums bringe sie nicht vor), die sie als Verfahrenspartei, und zwar auch als nicht juristisch gebildete bzw. unvertretene, treffende erhöhte Sorgfaltspflicht in Bezug auf die Wahrnehmung von Fristen (Hinweis nochmals auf VwGH 26.9.984, 84/11/0145) nicht erfüllt habe. Da sie am Montag, dem , den Bescheid eigenhändig vom Postzusteller übernommen habe und für sie das Zustelldatum damit eindeutig gewesen sei, sei es ihr zuzumuten gewesen, mit dem Beginn des Laufes einer Rechtsmittelfrist zu rechnen und das richtige Datum dieses Zustellvorganges bzw. (nach Lektüre des vollständigen Inhaltes des Bescheides, also auch der zutreffenden Rechtsmittelbelehrung) das genau vier Wochen später (und damit am selben Kalendertag) liegende Datum () zu vermerken. Was das Vorbringen betreffe, wonach die Revisionswerberin das Datum auf Grund von Stress, familiären Problemen und großem zeitlichen Aufwand falsch eingetragen habe, sei darauf hinzuweisen, dass etwa berufliche Überlastung und erhöhter Stress - hervorgerufen durch Wohnungssuche, familiäre Probleme, etc. - nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes keinen bloß minderen Grad des Versehens zu begründen vermögen (Hinweis auf , und ). Gerade das Wissen um die von der Revisionswerberin selbst beschriebene Situation hätte sie zu besonderer Aufmerksamkeit auch in Bezug auf die richtige Fristvormerkung veranlassen müssen. Die Revisionswerberin treffe damit ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden, weshalb dem Antrag auf Wiedereinsetzung nicht stattzugeben gewesen sei.
6 Die Revisionswerberin führt zur Zulässigkeit der Revision aus, das Verwaltungsgericht habe die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unbeachtet gelassen, wonach an rechtsunkundige Personen ein milderer Maßstab anzulegen sei als an rechtskundige Personen (Hinweis auf , und ). Da es einer nicht rechtskundigen Person bei besonderer Belastung passieren könne, eine Frist um einen Tag falsch einzutragen, liege hier ein minderer Grad des Versehens vor (Hinweis auf Rechtsprechung des OLG Wien, wiedergegeben in Stohanzl MGA15 zur ZPO, E. 29 und 30). Es sei daher von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen worden; die Beurteilung des Verwaltungsgerichtes sei in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden unvertretbaren Weise vorgenommen worden.
Mit diesem Vorbringen werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme.
7 Die Frage, ob im Sinn des § 33 Abs. 1 VwGVG ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis ohne grobes Verschulden der Partei zur Versäumung geführt hat, unterliegt grundsätzlich der einzelfallbezogenen Beurteilung des Verwaltungsgerichtes. Eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung läge nur dann vor, wenn diese Beurteilung in einer die Rechtssicherheit beeinträchtigenden, unvertretbaren Weise vorgenommen worden wäre (vgl. , mwN). Eine derartige Fehlbeurteilung ist im Revisionsfall nicht ersichtlich, vielmehr hat sich das Verwaltungsgericht an der vom Verwaltungsgerichtshof zu § 71 AVG entwickelten, auf § 33 VwGVG übertragbaren Judikatur (vgl. ) orientiert.
8 Abgesehen davon hat die Revisionswerberin die von ihr behauptete Abweichung des Verwaltungsgerichtes von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Wiedereinsetzung - wie es geboten wäre (vgl. etwa ) - in keiner Weise näher begründet, insbesondere hat sie sich nicht mit den vom Verwaltungsgericht zitierten, die Sorgfaltspflicht unvertretener Parteien betreffenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes (nämlich , , , , und ) auseinandergesetzt. So hat der Verwaltungsgerichtshof in Bezug auf unvertretene Parteien ausgesprochen, dass auch sie bei der Wahrnehmung von Fristen eine erhöhte Sorgfaltspflicht trifft (vgl. wiederum ).
Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen. 9 Die Kostenentscheidung beruht im Rahmen des Kostenbegehrens
auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013, in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | VwGG §30 Abs2; VwGVG 2014 §33; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2016050018.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
TAAAF-50648