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VwGH 18.05.2016, Ra 2016/04/0046

VwGH 18.05.2016, Ra 2016/04/0046

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 stellt auf die Ausschlussgründe (strafbaren Handlungen) des § 13 Abs. 1 und 2 GewO 1994 ab, die ihrerseits gleichfalls nicht bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes verwirklicht werden müssen (Hinweis E vom , 2013/04/0179, mwN). Dieser Entziehungsgrund ist nicht nur gegeben, wenn die zu Grunde liegende Straftat bei Ausübung des zu entziehenden Gewerbes begangen wurde, weil § 13 Abs. 1 GewO 1994 als Regelfall ein Sachverhalt zu Grunde liegt, in dem die von dieser Bestimmung erfasste gerichtliche Verurteilung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Verurteilte noch nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung war (Hinweis E vom , 2007/04/0195, mwN). Somit ist für die Beurteilung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes von der Ausübung eines Gewerbes nach § 13 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ohne rechtliche Relevanz, ob eine Straftat im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes erfolgte (Hinweis E vom , 2009/04/0288). Es ist auch nicht relevant, ob das Motiv der Tat im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes steht.
Normen
RS 2
Nach der Rechtsprechung des VwGH ist bei der Frage, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist (Prognose gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) das Wohlverhalten des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei wurde "auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum" abgestellt (Hinweis E vom , 2013/04/0103, mwN). Auch wenn das VwG in der vorliegenden Rechtssache auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung und nicht den Zeitpunkt der Deliktsbegehung abgestellt hat, so fehlt jegliches Revisionsvorbringen zur Relevanz dieser Abweichung von der hg. Rechtsprechung. Eine solche Relevanz ist angesichts des sehr geringen Zeitraumes zwischen Tatbegehung und Urteilsverkündung nicht zu sehen.
Normen
RS 3
Für das gewerbebehördliche Entziehungsverfahren sind gerichtliche Aussprüche über die bedingte Strafnachsicht nicht von Relevanz; vielmehr hat die Gewerbebehörde eigenständig unter Berücksichtigung der mit der weiteren Ausübung der konkreten Gewerbeberechtigung im Zusammenhang stehenden Umstände eine Prognose zu erstellen. Jedoch können die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht gänzlich außer Betracht bleiben, sondern es bedarf bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen der Entziehung nach § 87 Abs. 1 Z. 1 GewO 1994 erfüllt sind (Hinweis E vom , 2011/04/0014, 0015).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2013/04/0084 E RS 2

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Blaschek und den Hofrat Dr. Kleiser sowie die Hofrätin Mag. Hainz-Sator als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Mitter, über die Revision des H G in K, vertreten durch die Tischler & Tischler Rechtsanwälte GmbH in 9020 Klagenfurt, Neuer Platz 7/II, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom , Zl. KLVwG- 2834/9/2015, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeisterin der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1 Mit Bescheid der belangten Behörde vor dem Verwaltungsgericht vom wurden dem Revisionswerber die Gewerbeberechtigungen "Werbemittelverteiler" und "Güterbeförderung mit Kraftfahrzeugen oder Kraftfahrzeugen mit Anhängern, wenn die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte insgesamt 3.500 kg nicht übersteigt" gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 iVm § 13 Abs. 1 und § 361 GewO 1994 entzogen.

2 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde des Revisionswerbers gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen (I.) und die Revision für unzulässig erklärt (II.).

3 Begründend führte das Verwaltungsgericht im Wesentlichen aus, der Revisionswerber sei mit Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom auf Grund näher bezeichneter, am begangener Tathandlungen wegen des Verbrechens der schweren Nötigung nach §§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Z 3 StGB und des Vergehens der Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten verurteilt worden, wobei die verhängte Freiheitsstrafe bedingt nachgesehen worden sei.

Die erheblich über der (in § 13 Abs. 1 Z 1 lit. b GewO 1994 normierten) Grenze von drei Monaten verhängte Freiheitsstrafe, die besondere Brutalität der Tatbegehung und das Zusammentreffen eines Verbrechens mit einem Vergehen ließen auf ein Persönlichkeitsbild schließen, welches eine Entziehung der Gewerbeberechtigung rechtfertige. Der Zeitraum des Wohlverhaltens seit der Urteilsverkündung sei zu kurz, um eine positive Änderung des Persönlichkeitsbildes nachzuweisen. Dies lasse die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes befürchten.

4 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

5 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

6 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.

7 Die Revision bringt in den Zulässigkeitsgründen vor, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen, weil es annehme, dass es nicht relevant sei, ob "die in der Persönlichkeit des Inhabers der Gewerbeberechtigung begründete Befürchtung der Begehung gleicher oder ähnlicher Straftaten im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes stehe oder nicht (sprich das Motiv der Tat)".

Der Entziehungsgrund des § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 stellt auf die Ausschlussgründe (strafbaren Handlungen) des § 13 Abs. 1 und 2 GewO 1994 ab, die ihrerseits gleichfalls nicht bei der Ausübung des betreffenden Gewerbes verwirklicht werden müssen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0179, mwN). Dieser Entziehungsgrund ist nicht nur gegeben, wenn die zu Grunde liegende Straftat bei Ausübung des zu entziehenden Gewerbes begangen wurde, weil § 13 Abs. 1 GewO 1994 als Regelfall ein Sachverhalt zu Grunde liegt, in dem die von dieser Bestimmung erfasste gerichtliche Verurteilung zu einem Zeitpunkt erfolgte, in dem der Verurteilte noch nicht im Besitz einer Gewerbeberechtigung war (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2007/04/0195, mwN). Somit ist für die Beurteilung des Vorliegens eines Ausschlussgrundes von der Ausübung eines Gewerbes nach § 13 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 ohne rechtliche Relevanz, ob eine Straftat im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes erfolgte (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2009/04/0288).

Nach dieser Rechtsprechung ist auch nicht relevant, ob das Motiv der Tat im Zusammenhang mit der Ausübung des Gewerbes steht.

8 Weiters bringt die Revision vor, dasselbe gelte für die Frage, ob bei der Beurteilung der Persönlichkeit des Gewerbeinhabers seine Unbescholtenheit bzw. eine günstige Prognose des Strafgerichtes zu berücksichtigen sei.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist bei der Frage, ob nach der Eigenart der strafbaren Handlung und nach der Persönlichkeit des Verurteilten die Begehung der gleichen oder einer ähnlichen Straftat bei Ausübung des Gewerbes zu befürchten ist (Prognose gemäß § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994) das Wohlverhalten des Betroffenen zu berücksichtigen. Dabei wurde "auf den seit der Begehung der Delikte verstrichenen Zeitraum" abgestellt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , 2013/04/0103, mwN).

Auch wenn das Verwaltungsgericht in der vorliegenden Rechtssache auf den Zeitpunkt der Urteilsverkündung und nicht den Zeitpunkt der Deliktsbegehung abgestellt hat, so fehlt jegliches Revisionsvorbringen zur Relevanz dieser Abweichung von der hg. Rechtsprechung. Eine solche Relevanz ist angesichts des sehr geringen Zeitraumes zwischen Tatbegehung und Urteilsverkündung nicht zu sehen.

Zum Vorbringen betreffend die bedingte Strafnachsicht ist auf die hg. Rechtsprechung zu verweisen, nach der für das gewerbebehördliche Entziehungsverfahren gerichtliche Aussprüche über die bedingte Strafnachsicht nicht von Relevanz sind; vielmehr hat die Gewerbebehörde eigenständig unter Berücksichtigung der mit der weiteren Ausübung der konkreten Gewerbeberechtigung im Zusammenhang stehenden Umstände eine Prognose zu erstellen. Jedoch können die Überlegungen des Gerichtes bei der Anwendung der bedingten Strafnachsicht gemäß § 43 Abs. 1 StGB nicht gänzlich außer Betracht bleiben, sondern es bedarf bei Vorliegen besonderer Umstände im Entziehungsverfahren näherer Erörterungen, weshalb ungeachtet der günstigen Prognose durch das Strafgericht die (weiteren) gesetzlichen Voraussetzungen der Entziehung nach § 87 Abs. 1 Z 1 GewO 1994 erfüllt sind (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/04/0012, mwN).

Derartige besondere Umstände für eine Berücksichtigung der bedingten Strafnachsicht werden vom Revisionswerber nicht vorgebracht.

9 Mit dem Vorbringen, das Verwaltungsgericht habe das angefochtene Erkenntnis auf Umstände gestützt, welche für sich alleine eine Entziehung nicht rechtfertigten, wird eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht behauptet.

10 In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am

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Fundstelle(n):
SAAAF-50631