VwGH 25.02.2016, Ra 2015/16/0112
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn sowie die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma, Hofrätin Mag. Dr. Zehetner und Hofrat Mag. Straßegger als Richter im Beisein der Schriftführerin Mag. Baumann über die Revision des Zollamtes Feldkirch Wolfurt in 6960 Wolfurt, Senderstraße 30, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/1200069/2015, betreffend Aufhebung eines Bescheides i.A. Einfuhrumsatzsteuer und Abgabenerhöhung (mitbeteiligte Partei: S AG in W, S K-Weg 11), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Die Mitbeteiligte, ein Speditionsunternehmen, hatte am als Anmelderin die Überführung einer Sendung von Waren in den steuer- und zollrechtlich freien Verkehr mit anschließender steuerbefreiender innergemeinschaftlicher Lieferung beantragt. In der Anmeldung führte sie - versehentlich - eine unrichtige Empfängerin der innergemeinschaftlichen Lieferung samt deren Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nr.) an. Das Zollamt nahm die Anmeldung an, überließ die Waren und setzte (vorerst) Einfuhrumsatzsteuer nicht fest. In ihrer Eingabe vom klärte die Mitbeteiligte den Irrtum auf und beantragte unter Anschluss mehrerer Dokumente, unter anderem einer "Zollrechnung" mit der zutreffenden Empfängerin der innergemeinschaftlichen Lieferung sowie der richtigen UID-Nr., die Korrektur der Verzollung.
Über die buchmäßige Erfassung der Einfuhrumsatzsteuer im Betrag von EUR 2.815,28 sowie eine Abgabenerhöhung nach § 108 Abs. 1 ZollR-DG in der Höhe von EUR 16,33 erging am eine Mitteilung des Zollamtes Feldkirch Wolfurt nach Art. 221 Abs. 1 ZK an die Mitbeteiligte. Im vorliegenden Fall - so die Begründung - sei in der Anmeldung eine Einfuhr mit anschließender steuerfreier innergemeinschaftlicher Lieferung, Verfahren 4200, codiert und dabei ein unrichtiger Empfänger der innergemeinschaftlichen Lieferung angeführt worden. Da für den tatsächlichen Empfänger der obgenannten Sendung zum Zeitpunkt der Annahme der Anmeldung die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 UStG nicht erfüllt gewesen seien, seien die Eingangsabgaben nach Art. 220 Abs. 1 ZK nachträglich buchmäßig zu erfassen und mitzuteilen gewesen.
Die dagegen erhobene Administrativ-Beschwerde wies das Zollamt mit Beschwerdevorentscheidung vom als unbegründet ab, wogegen sich die Mitbeteiligte an das Bundesfinanzgericht wandte.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Gericht den angefochtenen Bescheid (ersatzlos) auf; begründend stellte es nach Darstellung des Verfahrensganges Folgendes fest:
"Am beantragte die Beschwerdeführerin, ein Speditionsunternehmen, ..., als Anmelderin die Überführung einer Sendung gebrauchter Bekleidung in den steuer- und zollrechtlich freien Verkehr mit steuerbefreiender Lieferung (Verfahren 4200).
Im Feld 8 'Empfänger' wurden versehentlich - es wurden die Empfängerdaten einer vorher erstellten Anmeldung übernommen - eine andere als die sich aus den beigefügten Unterlagen (Rechnung, Abfallbegleitdokument, CMR-Frachtbrief) ergebende Empfängerin samt deren Umsatzsteuer-Identifikationsnummer (UID-Nr.) eingetragen. Die zutreffende UID-Nr. war jedoch in der in der Zollanmeldung
angeführten Rechnung Nr. ... enthalten.
Die Anmeldung wurde wie angemeldet angenommen und die Waren überlassen. Die Einfuhrumsatzsteuer wurde nicht festgesetzt.
Mit Eingabe vom teilte die Beschwerdeführerin den ihr unterlaufenen Fehler in einem als 'Antrag auf Sanierung der Verzollung ...' bezeichneten Schreiben mit und beantragte die Korrektur der Verzollung.
Das Zollamt nahm diesen Fehler zum Anlass, die Einfuhrumsatzsteuer nach Art. 220 Abs. 1 ZK nachzuerheben."
"Der relevante Sachverhalt" - so die anschließende Beweiswürdigung - "ergibt sich unbestritten aus den vorgelegten Akten".
In rechtlicher Hinsicht erwog das Gericht, aus Art. 6 Abs. 3 UStG in der Fassung des Abgabenänderungsgesetzes 2010 - AbgÄG 2010 folge, dass u.a. das Fehlen der UID-Nummer des Abnehmers im Zeitpunkt der Einfuhr zur Verweigerung der mit Verfahrenscode 4200 beantragten Einfuhrumsatzsteuerbefreiung führe. Das ändere aber nichts daran, dass es sich bei der UID-Nummer um ein formelles Erfordernis handle, das den Anspruch auf Befreiung nicht in Frage stellen könne, sofern die materiellen Voraussetzungen einer innergemeinschaftlichen Lieferung erfüllt seien. Der mit dem AbgÄG 2010 in Art. 6 Abs. 3 UStG neu eingefügte Unterabsatz stelle keine Grundlage dafür dar, nachträglich die Einfuhrumsatzsteuer vorzuschreiben, wenn die materiell-rechtlichen Voraussetzungen erfüllt seien und dies buchmäßig nachgewiesen werde. Davon abgesehen sei im gegenständlichen Fall davon auszugehen, dass dem Zollamt die geforderten Angaben im Zeitpunkt der Einfuhr zugekommen seien. Die Rechnung mit der zutreffenden UID-Nummer sei im Feld 44 der elektronischen Zollanmeldung angeführt. Wenn die nach Art. 218 ZK-DVO der Zollanmeldung beizufügende Rechnung nur zur Verfügung der Zollbehörde gehalten werden müsse, um als beigefügt zu gelten, müsse dies auch für die in dieser Rechnung enthaltenen Informationen gelten.
Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Gericht damit, es habe sich auf die zitierte Rechtsprechung des europäischen Gerichtshofes und des Verwaltungsgerichtshofes stützen können.
Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision des Zollamtes Feldkirch Wolfurt mit dem Antrag, das angefochtene Erkenntnis wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben. Nach einleitender Wiedergabe des vom Gericht festgestellten Sachverhaltes legt das Zollamt die Zulässigkeit seiner Revision damit dar,
"(d)urch die Novellierung des Art 6 Abs. 3 UStG 1994 mit dem AbgÄG 2010 (BGBl. I 2010/34 ab ) hat der Schuldner der Einfuhrumsatzsteuer bereits zum Zeitpunkt der Einfuhr den Zollbehörden die in vorgenannter Gesetzesstell elit a - c genannten Angaben zukommen zu lassen und bestimmte Nachweise zu erbringen. Werden diese Verpflichtungen nicht erfüllt, ergibt sich aus dem Gesetz, dass die Steuerbefreiung des Art 6 Abs. 3 UStG 1994 nicht zur Anwendung kommt.
Vor dem Hintergrund der zu Art 7 UStG 1994 entwickelten
Rechtsgrundsätze ... stellt sich die Frage, ob die Steuerbefreiung
des Art 6 Abs. 3 UStG 1994 auch dann zur Anwendung kommen kann, wenn die Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Einfuhr nicht vorlagen, die entsprechenden Nachweise aber nachträglich erbracht werden.
Eine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes betreffend die Anwendung der zu Art 7 UStG 1994 entwickelten Grundsätze auf Art 6 Abs. 3 UStG 1994 in der Fassung des AbgÄG 2010 fehlt bislang, sodass im vorliegenden Fall eine Rechtsfrage vorliegt, der gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukommt."
Die Mitbeteiligte hat von der Erstattung einer Revisionsbeantwortung Abstand genommen.
Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
Die vorliegende Amtsrevision erblickt, wie eingangs wiedergegeben, ihre Zulässigkeit zusammengefasst darin, dass dem Zollamt die in Art. 6 Abs. 3 UStG erforderlichen Angaben und Nachweise nicht zum Zeitpunkt der Einfuhr der Waren, sondern erst nachträglich zugekommen seien und dieser Umstand der Befreiung von der Einfuhrumsatzsteuer entgegen stehe.
Laut den eingangs wiedergegebenen Sachverhaltsfeststellungen des Gerichts sei im Feld 8 der Anmeldung vom versehentlich "eine andere als die sich aus den beigefügten Unterlage (Rechnung, Abfallbegleitdokument, CMR-Frachtbrief) ergebende Empfängerin samt deren Umsatzsteuer-Identifikationsnummer eingetragen" worden. Damit traf das Gericht die explizite Tatsachenfeststellung, dass schon der elektronisch eingebrachten Anmeldung die näher genannten Unterlagen angefügt gewesen seien. Abgesehen davon, dass die Amtsrevision diese Feststellung keiner näheren Rüge unterzieht, sondern ihrerseits unter Punkt I., der einleitenden Darstellung des Sachverhaltes, diese Feststellung genau so wiedergibt, begegnet die Annahme, dass bereits der elektronischen Anmeldung vom die genannten Unterlagen angeschlossen waren, keinen Bedenken, sondern findet in den vorgelegten Verwaltungsakten, namentlich im Ausdruck der elektronischen Anmeldung (samt deren Beilagen) ihre Bestätigung, die abschließend zum Feld D/J unter dem Code "D 300" den Beschauvermerk "Dokumentenkontrolle - ohne abweichende Feststellungen" aufweist, wonach die durchgeführte Dokumentenkontrolle, d.h. die Kontrolle der in der Anmeldung genannten Unterlagen, keine abweichenden Feststellungen ergeben habe.
Somit kann im Revisionsfall nicht die Rede davon sein, dass dem Zollamt - um mit den Worten der Amtsrevision zu sprechen - "die entsprechenden Nachweise aber nachträglich" zugekommen seien, womit der Revisionsfall nicht von der Lösung der in der Amtsrevision als erheblich erachteten Rechtsfrage abhängt.
Die Revision war daher von einem nach § 12 Abs. 2 VwGG gebildeten Senat wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | 31992R2913 ZK 1992 Art220 Abs1; 31992R2913 ZK 1992 Art221 Abs1; 31993R2454 ZKDV 1993 Art218; B-VG Art133 Abs4; UStG 1994 Anh Art6 Abs3; UStG 1994 Anh Art7; VwGG §34 Abs1; ZollRDG 1994 §108 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2016:RA2015160112.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
YAAAF-50535