VwGH 22.04.2015, Ra 2015/16/0024
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des S S in S, vertreten durch Mag. Peter Zivic, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Weihburggasse 20, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , RV/3100071/2014, betreffend Versagung von Familienbeihilfe für den Zeitraum September 2007 bis April 2012, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit dem angefochtenen Erkenntnis versagte das Bundesfinanzgericht dem Revisionswerber Familienbeihilfe für seine zwei minderjährigen Kinder T und T ab September 2007 bis April 2012 und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.
Das Gericht ging in tatsächlicher Hinsicht davon aus, "(a)us dem gesamten Verwaltungsverfahren ergibt sich an
Sachverhalt, dass der Beihilfenwerber, seine Ehegattin und die Kinder bosnische Staatsbürger sind. Seit dem Jahr 2001 scheinen betreffend den Beihilfenwerber Beschäftigungszeiten mit regelmäßigen Unterbrechungen auf.
Das Finanzamt verweist sowohl in der Begründung des bekämpften Bescheides als auch in der Berufungsvorentscheidung darauf hin, dass der Beihilfenwerber im Streitzeitraum über keinen Aufenthaltstitel in Österreich (Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG), BGBl I Nr 100/2005, verfügt hat. Seitens des Beihilfenwerbers wird dies nicht bestritten, weshalb für das Bundesfinanzgericht fest steht, dass ein solcher Titel im Streitzeitraum nicht bestanden hat.
Unbestritten ist auch, dass dem Beihilfenwerber weder Asyl gewährt noch ihm der Titel eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde.
Ein Titel nach dem NAG (in Form einer Rot-Weiß-Rot Card Plus) wurde dem Beihilfenwerber (und seiner Ehegattin) erstmals mit Wirksamkeit ab ausgestellt."
In rechtlicher Hinsicht folgerte das Gericht, im vorliegenden Fall sei unstrittig davon auszugehen, dass der Revisionswerber im verfahrensgegenständlichen Zeitraum über keinen Aufenthaltstitel nach § 8 oder 9 NAG verfügt habe. Damit bestehe der Ausschlussgrund des § 3 FLAG, weshalb der Revisionswerber keinen Anspruch auf Familienbeihilfe habe. Die Ausführungen zum ständigen Aufenthalt der Familie in Österreich zum Bestehen des Mittelpunktes der Lebensinteressen in Österreich müssten nicht näher geprüft werden, weil deren Vorliegen oder Nichtvorliegen aufgrund des Ausschlusses des Anspruchs nach § 3 FLAG nicht relevant sei. Wenn nun erstmals im Mai 2012 ein Aufenthaltstitel nach dem NAG erteilt worden sei, liege erst ab diesem Zeitpunkt ein rechtmäßiger Aufenthaltstitel in Österreich vor. Nach der Rechtsprechung "(vgl. )" komme es auf eine (nach anderen Gesetzen als dem NAG) gegebene Rechtmäßigkeit eines davor gelegenen Aufenthaltes nicht an. Auch die Bestimmung des § 3 Abs. 5 FLAG sei im gegenständlichen Fall nicht anwendbar. Abschließend begründete das Gericht die Unzulässigkeit der ordentlichen Revision.
Die gegen dieses Erkenntnis gerichtete Revision erblickt ihre Zulässigkeit entgegen dem Ausspruch des Gerichts zusammengefasst darin, das Gericht sei ohne nähere Prüfung des tatsächlichen Mittelpunktes der Lebensinteressen des Revisionswerbers und seiner Kinder von diesbezüglicher, zu diesem Themenkomplex ergangener Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in einigen Erkenntnissen zu studierenden Kindern ausgesprochen "(, mwN, sowie vom , 2009/16/0221)", dass ein auf mehrere Jahre angelegter Universitäts- oder Schulbesuch nicht mehr als bloß vorübergehender Aufenthalt zu beurteilen sei und daher trotz des formalen Nichtvorliegens eines Aufenthaltstitels gemäß den §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes ein Anspruch auf Familienbeihilfe bestehe.
Sofern § 3 Abs. 1 und 2 FLAG der Gewährung von Familienbeihilfe trotz der vorliegenden Sachverhaltskonstellation entgegenstehen sollten, werde seitens des Revisionswerbers ein Normprüfungsantrag in Bezug auf die Wortfolge "... nach §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes ... " in § 3 Abs. 1 und 2 FLAG durch den Verwaltungsgerichtshof an den Verfassungsgerichtshof dahingehend angeregt, ob eine sachliche Rechtfertigung dafür bestehe, dass ein Familienbeihilfenanspruch eines Fremden für seine Kinder tatsächlich nur bei einem gemäß §§ 8 und 9 NAG rechtmäßigen Aufenthalt des Familienbeihilfenwerbers und dessen Kinder gegeben sei oder ob nicht auch andere, daher auf anderen fremdenbzw. aufenthaltsrechtlichen Bestimmungen beruhende rechtmäßige Aufenthaltstitel, wenn tatsächlich ein dauerhafter Aufenthalt des Familienbeihilfenwerbers und seiner Kinder vorliege, für den Anspruch auf Familienbeihilfe genügten.
Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist die Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Auch die vorliegende Revision nimmt nicht in Anspruch, dass der Revisionswerber oder seine Kinder sich nach den §§ 8 und 9 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (oder nach § 54 des Asylgesetzes 2005) während des verfahrensgegenständlichen Zeitraumes von September 2007 bis April 2012 rechtmäßig in Österreich aufgehalten haben. Schon mangels dieser Anspruchsvoraussetzungen nach dem § 3 Abs. 1 und 2 FLAG müssen in Anbetracht des eindeutigen Wortlautes dieser Bestimmungen die weitergehenden Überlegungen der Revision über die Maßgeblichkeit der Lebensinteressen des Revisionswerbers und seiner Kinder in Österreich dahingestellt bleiben.
Entgegen der Ansicht der Revision ist den von ihr zitierten Erkenntnissen vom , Zl. 2008/13/0072, sowie vom , Zl. 2009/16/0221, nicht zu entnehmen, dass ein auf mehrere Jahre angelegter Schulbesuch die in Rede stehenden tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 und 2 FLAG ersetzen könnte. Vielmehr war in den den zitierten Erkenntnissen zugrundeliegenden Beschwerdefällen die Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 3 Abs. 1 und 2 FLAG unstrittig.
Das Gericht ist daher auch nicht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen.
Auch sind die abschließenden Ausführungen der Revision nicht geeignet, dem Verwaltungsgerichtshof Bedenken gegen die Sachlichkeit der tatbestandlichen Voraussetzungen nach § 3 Abs. 1 und 2 FLAG zu erwecken.
Damit kommt der vom Revisionswerber aufgeworfenen Rechtsfrage der Relevanz der Lebensinteressen in Österreich keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, weshalb die Revision wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen war.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | AsylG 2005 §54; B-VG Art133 Abs4; FamLAG 1967 §3 Abs1; FamLAG 1967 §3 Abs2; NAG 2005 §8; NAG 2005 §9; VwGG §34 Abs1; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015160024.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
CAAAF-50512