VwGH 14.12.2015, Ra 2015/16/0010
Entscheidungsart: Beschluss
Rechtssatz
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Normen | 32008L0118 Verbrauchsteuer-SystemRL Art20 Abs2; BierStG 1995 §23 Abs1 idF 2009/I/151; EURallg; |
RS 1 | Aus den im Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0069, angeführten Gründen ergibt sich auch für die (dem § 46 Alkoholsteuergesetz wortgleiche) Bestimmung des § 23 BierStG, dass die darin verwendete Wortfolge "ordnungsgemäß beendet" bei richtlinienkonformer Auslegung als nach "Art. 20 Abs. 2 der RL 2008/118/EG beendet" zu verstehen ist. Entscheidend ist somit auch im vorliegenden Revisionsfall, ob die auf dem elektronischen Verwaltungsdokument erfassten Waren tatsächlich das Zollgebiet der Union verlassen haben. |
Entscheidungstext
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Dr. Zehetner als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des Zollamtes Linz Wels in 4020 Linz, Bahnhofplatz 7, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichts vom , Zl. RV/5200143/2012, betreffend Biersteuer (mitbeteiligte Partei: B GmbH & Co.KG. in V, vertreten durch Dr. Gerhard Götschhofer, Rechtsanwalt in 4655 Vorchdorf, Schloßplatz 15), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Der Bund hat der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das diesen Betrag übersteigende Kostenersatzbegehren der mitbeteiligten Partei wird abgewiesen.
Begründung
Mit den Bescheiden jeweils vom , setzte das Zollamt Linz Wels gegenüber der mitbeteiligten Partei Biersteuer gemäß § 7 Abs. 1 Z 3 Biersteuergesetz 1995 (BierStG 1995) in Höhe von EUR 7.982,80 und EUR 3.706,22 fest, weil in den Ausfuhranmeldungen die Codierung des Steueraussetzungsverfahrens unterlassen worden sei. Dadurch habe der notwendige Cross-Check nicht durchgeführt werden können. Durch diese Unregelmäßigkeit gelte das Bier ab diesem Zeitpunkt als aus dem Steueraussetzungsverfahren entzogen.
Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei jeweils Berufung. Die Unregelmäßigkeit sei dem Speditionsunternehmen C-Spedition, das für alle zoll- und steuerrechtlichen Abwicklungsmodalitäten verantwortlich gewesen sei, zuzurechnen. Es sei unbillig, den Steuerschuldner für Versäumnisse oder unkorrekte Vorgangsweisen beauftragter, spezialisierter Dritter haftbar zu machen.
Das Zollamt Linz Wels wies die Berufungen mit Berufungsvorentscheidungen jeweils vom ab.
Die mitbeteiligte Partei erhob jeweils Beschwerde. Gemäß § 5 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend das Verfahren der Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung sei der Steuerlagerinhaber bei Ausfuhrsendungen lediglich für den Transport und die Dokumentation bis zum Empfänger verantwortlich. Die Behandlung des Begleitdokuments und die Erstellung der Dokumentation der Ausfuhr obliege dem Empfänger, also der C-Spedition. Nach Empfang der verbrauchsteuerpflichtigen Waren habe diese dem Zollamt unter Verwendung des EDV-gestützten Systems eine Eingangsmeldung zu übermitteln gehabt. Die mitbeteiligte Partei sei daher nur für den Transportabschnitt bis zur Spedition verantwortlich gewesen, sodass sie für die Überführung des Bieres in den steuerrechtlich freien Verkehr nicht hafte.
Im Übrigen erlaube § 7 der zitierten Verordnung, durch Ersatznachweise zu bestätigen, dass die verbrauchsteuerpflichtigen Waren den angegebenen Bestimmungsort erreicht oder das Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Gemeinschaft verlassen haben. Die Spedition habe mit Schreiben vom diese Ersatznachweise vorgelegt. Die Voraussetzungen für die Steueraussetzung seien daher erfüllt.
Mit dem angefochtenen Erkenntnis hob das Bundesfinanzgericht die Bescheide jeweils vom auf. Das Bundesfinanzgericht sprach weiters aus, dass die Revision an den Verwaltungsgerichtshof gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.
Begründend führte das Bundesfinanzgericht aus, die mitbeteiligte Partei, die Inhaberin eines Steuerlagers, habe am und jeweils Beförderungsverfahren für Bier unter Steueraussetzung mit der Bestimmung zur Ausfuhr aus dem Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Union eröffnet. Die C-Spedition habe dabei die zollrechtlichen Ausfuhrförmlichkeiten erledigt.
Das Bier sei am und am zur Ausfuhr angemeldet worden. Eine Codierung des Steueraussetzungsverfahrens in den Ausfuhranmeldungen sei unterblieben, wodurch die edv-unterstützte Erstellung der Ausfuhrmeldung nicht initiiert worden sei.
Dass die Biersendungen das Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Union am verlassen hätten, ergebe sich aus den vorgelegten Ausfuhranmeldungen vom und vom mit entsprechendem Bezug zu den elektronischen Verwaltungsdokumenten und der zollamtlichen Bescheinigung des Ausganges der Waren nach Art. 796e Zollkodex-Durchführungsverordnung (ZK-DVO) vom . Dass das Bier dem widersprechend tatsächlich nicht ausgeführt worden wäre, sei weder vom Zollamt behauptet worden, noch hätten sich hierfür Hinweise aus dem Akt ergeben.
Es stehe unbestritten fest, dass das Bier unter Anmeldung zur Ausfuhr nach Art. 161 Abs. 1 ZK das Verbrauchsteuergebiet der Union verlassen habe. Die Nichtcodierung des Steueraussetzungsverfahrens in den Ausfuhranmeldungen stelle für sich allein in richtlinienkonformer Auslegung des § 23 BierStG keine Unregelmäßigkeit dar, die zur unbedingten und nicht mehr sanierbaren Entstehung der Biersteuerschuld führe. Es liege lediglich ein Fall vor, bei dem die Beendigung der Beförderung unter Steueraussetzung mangels edv-unterstützter Erstellung einer Ausfuhrmeldung (vorerst) noch nicht nachgewiesen worden sei. Zur Auslegung des § 23 Abs. 1 BierStG sei auch § 22 Abs. 3 letzter Satz BierStG zu berücksichtigen, der richtlinienkonform bestimme, dass die Beförderung unter Steueraussetzung ende, wenn das Bier das EG-Verbrauchsteuergebiet verlasse.
§ 7 der Verordnung des Bundesministers für Finanzen betreffend das Verfahren der Beförderung von verbrauchsteuerpflichtigen Waren unter Steueraussetzung, BGBl. II Nr. 100/2010, sehe in Fällen, in denen hinreichend belegt sei, dass die verbrauchsteuerpflichtigen Waren das Verbrauchsteuergebiet der Europäischen Union verlassen haben, die Möglichkeit eines Ersatznachweises vor. Die Ausfuhranmeldung mit ordnungsgemäß bestätigtem Ausgang der Waren aus dem Zollgebiet der Union stelle einen derartigen Beleg dar. Wenn bei Codierung des Steueraussetzungsverfahrens die Angaben in der zollrechtlichen Ausfuhranmeldung ausreichten, um nach dem Datenabgleich eine Ausfuhrmeldung nach § 5 Abs. 6 dieser Verordnung zu generieren, müsse die Ausfuhranmeldung auch für die Bestätigung eines Ersatznachweises nach § 7 der Verordnung genügen. Das Zollamt hätte daher die Beendigung der Beförderung unter Steueraussetzung auf der zollrechtlichen Ausfuhranmeldung als Ersatznachweis bestätigen müssen.
Das Bundesfinanzgericht legte die dagegen erhobene Revision des Zollamtes Linz Wels unter Anschluss der Akten des Verfahrens vor. Die mitbeteiligte Partei erstattete eine Revisionsbeantwortung und beantragte, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen.
Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, sind gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichts nach § 25a Abs. 1 nicht gebunden. Die Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
Hat das Verwaltungsgericht - wie im vorliegenden Fall - im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichts die Revision für zulässig erachtet wird.
Das Zollamt Linz Wels sieht die Zulässigkeit der außerordentlichen Revision iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG - zusammengefasst - darin begründet, dass die Frage, ob es sich beim Unterlassen der Codierungen in einer Ausfuhranmeldung bzw dem daraus resultierenden Fehlen eines Cross-Checks um eine Unregelmäßigkeit handelt, die zur Entstehung der Verbrauchsteuerschuld führt, vom Bundesfinanzgericht bislang uneinheitlich beurteilt worden sei.
Hinsichtlich der Rechtslage wird auf das hg. Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0069, verwiesen, wobei anstelle der dort auch maßgeblichen Bestimmungen des Alkoholsteuergesetzes im vorliegenden Revisionsfall jene Bestimmungen des Bundesgesetzes, mit dem die Biersteuer an das Gemeinschaftsrecht angepasst wird (BiersteuerG), BGBl. Nr. 701/1994 idF BGBl. I Nr. 151/2009, anzuwenden sind.
Gemäß § 1 Abs. 1 BierStG unterliegt Bier, das im Steuergebiet hergestellt oder in das Steuergebiet eingebracht wird, einer Verbrauchsteuer (Biersteuer).
Die Steuerschuld entsteht gemäß § 7 Abs. 1 BierStG durch Überführung des Bieres in den steuerrechtlich freien Verkehr. Bier wird gemäß Z 3 dieser Bestimmung durch eine Unregelmäßigkeit nach § 23 in den steuerrechtlich freien Verkehr übergeführt.
Gemäß § 8 Abs. 1 Z 3 BierStG ist Steuerschuldner in den Fällen des § 7 Abs. 1 Z 3 der Steuerlagerinhaber als Versender oder der registrierte Versender (§ 18) und daneben jede andere Person, die Sicherheit geleistet hat, die Person, die das Bier aus der Beförderung entnommen hat oder in deren Namen das Bier entnommen wurde, sowie jede Person, die an der unrechtmäßigen Entnahme beteiligt war und wusste oder hätte wissen müssen, dass die Entnahme unrechtmäßig war.
§ 14a BierStG lautet auszugsweise:
"§ 14a. (1) Beförderungen von Bier gelten, soweit in diesem Bundesgesetz keine Ausnahmen vorgesehen sind, nur dann als unter Steueraussetzung durchgeführt, wenn sie mit einem elektronischen Verwaltungsdokument nach Art. 21 der Systemrichtlinie erfolgen und dieses Verwaltungsdokument den in Art. 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 684/2009 zur Durchführung der Richtlinie 2008/118/EG in Bezug auf die EDV-gestützten Verfahren für die Beförderung verbrauchsteuerpflichtiger Waren unter Steueraussetzung (ABl. EG Nr. L 197 vom , S. 24) genannten Anforderungen entspricht.
(2) ...
(3) Der Bundesminister für Finanzen wird ermächtigt,
1. durch Verordnung das Verfahren der Beförderung
unter Steueraussetzung entsprechend den Art. 21 bis 30 der Systemrichtlinie und den dazu ergangenen Verordnungen sowie das Verfahren der Übermittlung des elektronischen Verwaltungsdokuments und den dazu erforderlichen Datenaustausch zu regeln;
2. durch Verordnung das Verfahren der Beförderung
unter Steueraussetzung abweichend von Abs. 1 zu regeln;
3. ..."
§ 22 BierStG 1995 lautet auszugsweise:
"§ 22. (1) Bier darf unter Steueraussetzung, auch über Drittländer oder Drittgebiete, aus Steuerlagern im Steuergebiet oder von registrierten Versendern vom Ort der Einfuhr im Steuergebiet zu einem Ort befördert werden, an dem das Bier das EG-Verbrauchsteuergebiet verlässt.
(2) Der Inhaber des Steuerlagers oder der registrierte Versender hat das Bier unverzüglich auszuführen.
(3) In den Fällen des Abs. 1 beginnt die Beförderung unter Steueraussetzung, wenn das Bier das Steuerlager verlässt oder am Ort der Einfuhr in den zollrechtlich freien Verkehr überführt worden ist. Die Beförderung unter Steueraussetzung endet, wenn das Bier das EG-Verbrauchsteuergebiet verlässt.
(4) ..."
§ 23 BierStG 1995 lautet auszugsweise:
"§ 23. (1) Als Unregelmäßigkeit gilt ein während der Beförderung von Bier unter Steueraussetzung eintretender Fall, mit Ausnahme der in § 7 Abs. 4 geregelten Fälle, auf Grund dessen die Beförderung oder ein Teil der Beförderung nicht ordnungsgemäß beendet werden kann.
(2) Treten während einer Beförderung von Bier nach den §§ 15, 16 oder 22 im Steuergebiet Unregelmäßigkeiten ein, gilt das Bier als dem Verfahren der Steueraussetzung entzogen.
..."
Der vorliegende Revisionsfall gleicht hinsichtlich des Sachverhaltes und der Rechtsfrage jenem, der dem mit Erkenntnis vom , Ro 2014/16/0069, zu § 46 Alkoholsteuergesetz entschiedenen Verfahren zu Grunde liegt. Aus den in diesem Erkenntnis angeführten Gründen, auf die gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, ergibt sich auch für die (dem § 46 Alkoholsteuergesetz wortgleiche) Bestimmung des § 23 BierStG, dass die darin verwendete Wortfolge "ordnungsgemäß beendet" bei richtlinienkonformer Auslegung als nach "Art. 20 Abs. 2 der RL 2008/118/EG beendet" zu verstehen ist. Entscheidend ist somit auch im vorliegenden Revisionsfall, ob die auf dem elektronischen Verwaltungsdokument erfassten Waren tatsächlich das Zollgebiet der Union verlassen haben.
Die von der Revision zu ihrer Zulässigkeit aufgeworfene Frage, ob es sich beim Unterlassen der Codierungen in einer Ausfuhranmeldung und dem daraus resultierenden Fehlen eines Cross-Checks um eine Unregelmäßigkeit handelt, die zur Entstehung der Verbrauchsteuerschuld führt, ist somit auch im vorliegenden Revisionsfall vom Verwaltungsgerichtshof durch das Erkenntnis vom beantwortet worden. Das Bundesfinanzgericht ist in der angefochtenen Entscheidung von dieser Rechtsprechung nicht abgewichen.
Die außerordentliche Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung zurückzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 in der Fassung BGBl. II Nr. 8/2014, insbesondere auf die § 47 Abs 3 iVm § 48 Abs 3 und § 51 VwGG. Soweit die mitbeteiligte Partei "ERV-Kosten" in Höhe von EUR 3,60 zuzüglich 20 % Umsatzsteuer geltend gemacht hat, war der Antrag auf Kostenersatz abzuweisen, weil die genannten Bestimmungen einen solchen, neben dem Ersatz des Schriftsatzaufwandes bestehenden, Kostenersatz nicht vorsehen.
Wien, am
Zusatzinformationen
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Normen | 32008L0118 Verbrauchsteuer-SystemRL Art20 Abs2; BierStG 1995 §23 Abs1 idF 2009/I/151; EURallg; |
Schlagworte | Gemeinschaftsrecht Richtlinie richtlinienkonforme Auslegung des innerstaatlichen Rechts EURallg4/3 |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015160010.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
RAAAF-50507