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VwGH 26.02.2015, Ra 2015/16/0008

VwGH 26.02.2015, Ra 2015/16/0008

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssätze


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Normen
RS 1
Das Bundesfinanzgericht ist rechtlich davon ausgegangen, dass der Revisionswerber den Nachweis der Gleichbehandlung der Gläubiger nicht habe erbringen können. Diesfalls wäre zwar die Abgabenbehörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt gewesen, nicht nur eine Quote, sondern den gesamten aushaftenden Abgabenbetrag in die Haftung einzubeziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0137). Gelangt jedoch das Bundesfinanzgericht entgegen der Abgabenbehörde zur Ansicht, dass ein solcher Nachweis nicht erbracht worden ist, so würde es seine Befugnis, in der Sache zu entscheiden (§ 279 Abs. 1 BAO), überschreiten, wenn es einen seiner Ansicht nach höheren zutreffenden Haftungsbetrag ausspräche als die Abgabenbehörde (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0011).
Norm
RS 2
Nach ständiger hg. Rechtsprechung fordert die in § 248 BAO ausgedrückte Bindungswirkung lediglich wirksame, nicht jedoch rechtskräftige Abgabenbescheide (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0070).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des H B in W, vertreten durch die Ehrenhöfer & Häusler Rechtsanwälte GmbH in 2700 Wiener Neustadt, Neunkirchner Straße 17, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7101431/2013, betreffend Haftung nach §§ 9 und 80 BAO, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid vom zog das Finanzamt B den Revisionswerber nach §§ 9 und 80 BAO zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten der I GmbH in Höhe von 510.947,82 EUR in nach Abgabenarten näher aufgeschlüsselter Höhe heran. Der Revisionswerber sei im maßgeblichen Zeitraum Geschäftsführer der I GmbH gewesen, bei welcher nach Aufhebung des Konkursverfahrens gemäß § 139 KO nach Verteilung die in Rede stehenden Abgabenschuldigkeiten nicht eingebracht werden könnten. Laut einer vom Revisionswerber vorgelegten Stellungnahme sei "im Zuge einer kumulierten Gegenüberstellung, aus den zur Verfügung stehenden Mittel zur bezahlten Abgabenquote und der bezahlten Gesamtverbindlichkeitsquote, eine prozentmäßige Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes hinsichtlich der Abgabenschulden (10,52 %) errechnet" worden. Die Lohn- und die Kapitalertragsteuer seien jedoch "aufgrund der Ausnahmen vom Gleichbehandlungsgrundsatz als Abfuhrabgaben in voller Höhe von

gesamt ..... zur Haftung heranzuziehen."

Mit dem angefochtenen Erkenntnis schränkte das Bundesfinanzgericht die Haftungsinanspruchnahme auf näher bezeichnete Abgabenschuldigkeiten ein und sprach aus, dass eine Revision nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Die aus der Haftung ausgeschiedenen Nebenansprüche seien erst nach der Konkurseröffnung vorgeschrieben worden.

Da der Revisionswerber im Übrigen einen Nachweis zu einer Gläubigergleichbehandlung bei Fälligkeit der sonstigen im Haftungsbescheid genannten Abgabenschulden nicht erbracht habe, sei es belanglos, wie die Abgabenbehörde zum Ansatz von 10,52 % der dem Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegenden offenen Umsatzsteuer sowie des Dienstgeberbeitrags zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen samt Zuschlag gekommen sei.

In der dagegen erhobenen Revision erachtet sich der Revisionswerber im Recht verletzt, nicht zur Haftung für Abgabenschuldigkeiten in Anspruch genommen zu werden.

Gemäß § 9 Abs. 1 BAO haften die in den §§ 80 ff leg. cit. bezeichneten Vertreter neben den durch sie vertretenen Abgabepflichtigen für die diese treffenden Abgaben insoweit, als die Abgaben infolge schuldhafter Verletzung der den Vertretern auferlegten Pflichten nicht eingebracht werden können.

Gemäß § 80 Abs. 1 BAO haben die zur Vertretung juristischer Personen berufenen Personen und die gesetzlichen Vertreter natürlicher Personen alle Pflichten zu erfüllen, die den von ihnen Vertretenen obliegen, und sind befugt, die diesen zustehenden Rechte wahrzunehmen. Sie haben insbesondere dafür zu sorgen, dass die Abgaben aus den Mitteln, die sie verwalten, entrichtet werden.

Gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere, weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

In der vorliegenden außerordentlichen Revision trägt der Revisionswerber zur Zulässigkeit seiner Revision zunächst vor, das Bundesfinanzgericht habe sich entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht inhaltlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob der von der Abgabenbehörde angenommene Prozentsatz von 10,52 % für die dem Gleichbehandlungsgrundsatz unterliegenden Abgaben gerechtfertigt und nachvollziehbar sei. Das Bundesfinanzgericht deute implizit an, dass es den von der Abgabenbehörde angenommenen Ansatz von 10,52 % nicht teile, sondern diesen Anteil wohl ebenso wie der Revisionswerber als überhöht ansehe. Entgegen der Ansicht des Bundesfinanzgerichtes habe es sich auch inhaltlich der Höhe nach bezüglich der Inanspruchnahme des Revisionswerbers im Haftungsbescheid auseinanderzusetzen.

Dabei übersieht der Revisionswerber, dass das Bundesfinanzgericht rechtlich davon ausgegangen ist, dass der Revisionswerber den Nachweis der Gleichbehandlung der Gläubiger nicht habe erbringen können. Diesfalls wäre zwar die Abgabenbehörde nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes berechtigt gewesen, nicht nur eine Quote, sondern den gesamten aushaftenden Abgabenbetrag in die Haftung einzubeziehen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0137). Gelangt jedoch das Bundesfinanzgericht entgegen der Abgabenbehörde zur Ansicht, dass ein solcher Nachweis nicht erbracht worden ist, so würde es seine Befugnis, in der Sache zu entscheiden (§ 279 Abs. 1 BAO), überschreiten, wenn es einen seiner Ansicht nach höheren zutreffenden Haftungsbetrag ausspräche als die Abgabenbehörde (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , 2007/13/0011). Wäre also nach Ansicht des Bundesfinanzgerichtes nicht lediglich eine Quote zur Haftung vorzuschreiben gewesen, ist die Höhe der von der Abgabenbehörde in Anspruch genommenen Quote belanglos.

Somit liegt kein Widerspruch des Bundesfinanzgerichtes zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor.

Zur Zulässigkeit seiner Revision trägt der Revisionswerber weiters vor, das Bundesfinanzgericht sei zu Unrecht von einer Bindungswirkung der Abgabenbescheide an die I GesmbH ausgegangen. Es lägen nämlich bislang keine rechtskräftigen Abgabenbescheide vor, weil über die von der I GesmbH erhobenen Berufungen nicht entschieden worden sei, sondern das Berufungsverfahren lediglich eingestellt worden sei.

Damit übersieht der Revisionswerber die ständige hg. Rechtsprechung, wonach die in § 248 BAO ausgedrückte Bindungswirkung lediglich wirksame, nicht jedoch rechtskräftige Abgabenbescheide fordert (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , 2011/16/0070).

Schließlich trägt der Revisionswerber zur Zulässigkeit seiner Revision vor, das Bundesfinanzgericht habe einen Nachtragsverteilungsentwurf des Masseverwalters mit einer Quote von 0,06255 % nicht berücksichtigt. Diesem Vorwurf kommt angesichts der wie oben dargelegt irrelevanten Höhe der von der Abgabenbehörde angenommenen Quote keine Relevanz zu.

Der Revisionswerber zeigt somit nicht auf, dass die Lösung seiner außerordentlichen Revision von einer Rechtsfrage abhinge, der grundsätzliche Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG zukäme.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015160008.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
HAAAF-50506