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VwGH 26.02.2015, Ra 2015/16/0006

VwGH 26.02.2015, Ra 2015/16/0006

Entscheidungsart: Beschluss

Rechtssatz


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Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1a;
RS 1
In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe bei der Begründung, weshalb eine Revision gegen sein Erkenntnis nicht zulässig sei, lediglich die verba legalia wiedergegeben und somit eine reine Scheinbegründung geliefert. Damit wird aber keine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen, von deren Lösung die Entscheidung über die Revision abhinge. Denn der Verwaltungsgerichtshof ist entsprechend dem § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an diesen Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. An der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, war der Revisionswerber nicht gehindert (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2014/09/0022).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Mag. Straßegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, in der Revisionssache des M H in W, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl. RV/7300060/2014, betreffend Anordnung einer Hausdurchsuchung, den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht eine Beschwerde des Revisionswerbers gegen die Anordnung einer Hausdurchsuchung durch die Vorsitzende des Spruchsenates beim Finanzamt W als Organ des Finanzamtes B vom als unbegründet ab und sprach aus, dass eine Revision dagegen nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

Das Bundesfinanzgericht gab die umfangreiche Begründung des auf die Wohnung des Beschwerdeführers lautenden Hausdurchsuchungsbefehles wieder, wonach gegen drei Personen, nämlich gegen A.T. oder (weil A.T. eine gefälschte Identität aufweise) eine unbekannte Person, gegen M.S. und gegen J.G., der Verdacht bestehe, dass A.T. und M.S. jeweils im Zusammenwirken mit J.G. im Rahmen einer unter einer näher angeführten Steuernummer geführten S GmbH fortgesetzt in mehrfachen Tathandlungen durch die Nichterfassung von Umsätzen und die Erfassung von nicht zum Vorsteuerabzug berechtigenden Fakturen in den Umsatzsteuervoranmeldungen für Voranmeldungszeiträume April 2013 bis April 2014 eine Verkürzung an Umsatzsteuervorauszahlungen in noch festzustellender Höhe bewirkt und dies nicht nur für möglich, sondern für gewiss gehalten haben, wobei es ihnen darauf angekommen sei, sich durch die wiederkehrende Begehung derartiger strafbarer Handlungen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, sowie vorsätzlich unter Verletzung der Verpflichtung zur Führung von in § 76 des Einkommensteuergesetzes 1988 sowie dazu ergangener Verordnungen entsprechenden Lohnkonten eine Verkürzung von Lohnsteuer, Dienstgeberbeiträgen zum Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen und Zuschlägen zum Dienstgeberbeitrag für den Zeitraum ab zumindest April 2013 bewirkt zu haben und dadurch die Finanzvergehen der gewerbsmäßigen Abgabenhinterziehung nach § 33 Abs. 2 lit. a und § 33 Abs. 2 lit. b iVm § 38 FinStrG, hinsichtlich J.G. als Beteiligter iVm § 13 FinStrG, begangen zu haben.

Im Erwägungsteil des angefochtenen Erkenntnisses fasste das Bundesfinanzgericht im Wesentlichen zusammen, woraus sich der Verdacht der Begehung der Finanzvergehen gegen die drei Genannten begründen lasse. Der Beschwerdeführer sei Generalbevollmächtigter des derzeitigen alleinigen Geschäftsführers und Gesellschafters der S GmbH, des Beschuldigten M.S. Laut aktenkundiger Spezialvollmacht vom berechtige M.S. als Gesellschafter und Geschäftsführer der S GmbH den Beschwerdeführer mit dieser Vollmacht u.a. "für mich als Gesellschafter und als Geschäftsführer so zu handeln, wie immer er will und alles zu tun, was immer er für nützlich hält" sowie

"meinen Geschäftsanteil an der vorgenannten Gesellschaft, an wen immer und zu welchem Preis auch immer, abzutreten, Generalversammlungen einzuberufen, das Stimmrecht bei Generalversammlungen für mich auszuüben sowie Firmenbucheingaben bzw. Eingaben vor Gericht oder Finanzamt für mich zu unterfertigen" und darüber hinaus

"mich vor Gericht oder Behörden, welcher Art auch immer, sowie gegenüber jeder dritten Person zu vertreten, dies in meiner Eigenschaft als Gesellschafter und Geschäftsführer der Firma S GmbH, mit dem Sitz in B".

Daher habe die Vorsitzende des Spruchsenates bei der Ausstellung des bekämpften Hausdurchsuchungsbefehles davon ausgehen können, dass auch der Beschwerdeführer im Besitz von Unterlagen oder Beweismitteln sein könnte, die sich in seiner Wohnung befänden.

In der dagegen erhobenen Revision erachtet sich der Revisionswerber im Recht verletzt, dass ohne begründeten Verdacht keine Hausdurchsuchung vorgenommen werde.

Gemäß § 93 Abs. 1 des Finanzstrafgesetzes (FinStrG) bedarf die Durchführung einer Hausdurchsuchung einer mit Gründen versehenen schriftlichen Anordnung des Vorsitzenden des Spruchsenates. Die Anordnung richtet sich an die mit der Durchführung betraute Finanzstrafbehörde. Eine Kopie dieser Anordnung ist einem anwesenden Betroffenen bei Beginn der Durchsuchung auszuhändigen oder, wenn kein Betroffener anwesend ist, nach § 23 des Zustellgesetzes zu hinterlegen.

Hausdurchsuchungen sind nach § 93 Abs. 2 FinStrG Durchsuchungen von Wohnungen und sonstigen zum Hauswesen gehörigen Räumlichkeiten sowie von Wirtschafts-, Gewerbe- oder Betriebsräumen, und dürfen nur dann vorgenommen werden, wenn begründeter Verdacht besteht, dass sich darin eine eines Finanzvergehens, mit Ausnahme einer Finanzordnungswidrigkeit, verdächtige Person aufhält oder dass sich daselbst Gegenstände befinden, die voraussichtlich dem Verfall unterliegen oder die im Finanzstrafverfahren als Beweismittel in Betracht kommen.

Jeder, der durch die Durchsuchung in seinem Hausrecht betroffen ist, ist gemäß § 93 Abs. 7 FinStrG berechtigt, sowohl gegen die Anordnung als auch gegen die Durchführung der Durchsuchung Beschwerde an das Bundesfinanzgericht zu erheben.

Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Gemäß § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden und hat er die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe zu überprüfen.

In der vorliegenden außerordentlichen Revision wird zu ihrer Zulässigkeit zunächst ausgeführt, das Verwaltungsgericht habe bei der Begründung, weshalb eine Revision gegen sein Erkenntnis nicht zulässig sei, lediglich die verba legalia wiedergegeben und somit eine reine Scheinbegründung geliefert.

Damit wird aber keine Rechtsfrage von der Qualität des Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen, von deren Lösung die Entscheidung über die Revision abhinge. Denn der Verwaltungsgerichtshof ist entsprechend dem § 34 Abs. 1a VwGG bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an diesen Ausspruch des Verwaltungsgerichtes nicht gebunden. An der gesonderten Darlegung von in § 28 Abs. 3 VwGG geforderten Gründen, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird, war der Revisionswerber nicht gehindert (vgl. den hg. Beschluss vom , Ra 2014/09/0022).

Die außerordentliche Revision sieht ihre Zulässigkeit iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG darin, dass die Frage, was als ausreichende Begründung für eine Hausdurchsuchung anzusehen ist, von grundsätzlicher Bedeutung sei. Die Frage, ob ein Hausdurchsuchungsbefehl somit eine nachvollziehbare Begründung haben müsse oder aber ob eine Formalbegründung als ausreichend anzusehen sei (Vorhandensein einer Generalvollmacht), stelle eine Rechtsfrage maßgeblicher Bedeutung dar.

Dem klaren Wortlaut des § 93 Abs. 1 FinStrG ist zu entnehmen, dass der Hausdurchsuchungsbefehl zu begründen ist. Dass der in Rede stehende Hausdurchsuchungsbefehl keine Begründung enthalten hätte, wird vom Revisionswerber weder behauptet noch kann angesichts der umfangreichen, im angefochtenen Erkenntnis wiedergegebenen Ausführungen der Spruchsenatsvorsitzenden im Hausdurchsuchungsbefehl dies mit Recht behauptet werden.

Soweit der Revisionswerber im "Vorhandensein einer Generalvollmacht" eine "Formalbegründung", aber keine nachvollziehbare Begründung sieht, zeigt er vor dem Hintergrund des im angefochtenen Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes wiedergegebenen Wortlautes dieser Generalvollmacht nicht auf, dass die vorliegende Revision von einer Rechtsfrage abhinge, der über den Einzelfall hinausgehende und somit grundsätzliche Bedeutung zukäme.

Die Revision war daher gemäß § 34 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Wien, am

Zusatzinformationen


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Normen
B-VG Art133 Abs4;
VwGG §28 Abs3;
VwGG §34 Abs1a;
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015160006.L00
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAF-50505