VwGH 29.01.2015, Ra 2015/16/0002
Entscheidungsart: Beschluss
Entscheidungstext
Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung
verbunden):
Ra 2015/16/0003
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höfinger und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Berger, über die Revision des W P in W, vertreten durch die Eurax Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft m.b.H. in 1090 Wien, Nußdorferstraße 10-12/4, gegen die Erkenntnisse des Bundesfinanzgerichtes vom , Zl RV/7102740/2013, betreffend Versagung von Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe ab Dezember 2007, sowie Zl. RV/7102742/2013, betreffend Versagung von Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe für den Zeitraum Juni 2004 bis November 2007, den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
Der am geborene Revisionswerber hatte am den Antrag auf Gewährung von Familienbeihilfe und des Erhöhungsbetrages zur Familienbeihilfe wegen erheblicher Behinderung ab Juni 2004 erhoben, nachdem die erhöhte Familienbeihilfe seit damals nicht mehr ausbezahlt worden sei.
Mit dem erstangefochtenen Erkenntnis versagte das Bundesfinanzgericht die Leistungen ab Dezember 2007 unter Zugrundelegung folgender Feststellungen:
"Der (Revisionswerber) wurde am XX.1962 geboren und vollendete das 21. Lebensjahr am XX.1983. In derartigen Fällen (Gutachtenerstellung hier im Jahr 2013) kann auch ein medizinischer Sachverständiger lediglich auf Grund von Indizien, insbesondere an Hand von vorliegenden Befunden, in Verbindung mit seinem spezifischen Fachwissen Rückschlüsse darauf ziehen, zu welchem Zeitpunkt nun tatsächlich eine erhebliche Behinderung oder die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen eingetreten ist.
Die Gutachten vom und vom sprechen sowohl über den Grad der Behinderung als auch die Unfähigkeit sich selbst den Unterhalt zu verschaffen in Zusammenhang mit den relevanten Zeitpunkten ab. Unter Miteinbeziehung der Anamnese anlässlich der Untersuchung am (siehe die Darstellung in den Entscheidungsgründen) wurde die rückwirkende Einschätzung des Grades der Behinderung in Höhe von 50 % am mit und der Eintritt der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit sich den Lebensunterhalt zu verschaffen mit Juni 1986 attestiert.
Das Gutachten vom verweist hinsichtlich der Anamnese auf das Gutachten vom . Dort wird festgehalten, dass der (Revisionswerber) eine Tischlerlehre absolvierte und bis 1985 als Tischler arbeitete. Aus dem Gutachten selbst ist nicht erkennbar, auf Grund welcher Unterlagen im Detail, die Gutachterin diese Feststellung traf. Es wird nur auf diverse Befunde verwiesen. Der (Revisionswerber) konnte zu seinen Beschäftigungsverhältnissen keine konkreten Angaben machen. Er verweist lediglich darauf, dass seine Arbeitsversuche und Beschäftigungstherapien so gering entlohnt waren, dass damit die Verschaffung des Unterhalts nicht möglich gewesen sei und durch Arbeitslosigkeit und Krankengeldbezug unterbrochen waren.
Vom Bundesfinanzgericht wurde daher ein Versicherungsdatenauszug der Österreichischen Sozialversicherung angefordert.
Daraus ist ersichtlich, dass der (Revisionswerber) zwischen dem Lehrabschluss im Juli 1980 und der erstmaligen stationären Einweisung im November 1986 15 Beschäftigungsverhältnisse eingegangen ist, darunter auch vom bis bei einem Bewachungsdienst und vom bis als Zeitsoldat beim Österreichischen Bundesheer. Alle anderen Arbeitsstellen waren der Ausbildung entsprechend bei Tischlereibetrieben. Die Beschäftigungsdauer betrug zwischen 6 Tagen (Fa. K. vom -) und 9 Monaten (Fa. H. vom bis ). Im genannten Zeitraum wurde zweimal für jeweils ein Monat Arbeitslosengeld bezogen. Krankengeld wurde hingegen nicht bezogen. Krankengeld und auch Pensionsvorschuss wurde erstmals ab 1987, also nach der erstmaligen stationären Aufnahme am , bezogen."
Das Bundesfinanzgericht sah - so die weiteren Entscheidungsgründe - keinen Grund, an der Schlüssigkeit der zitierten Gutachten zu zweifeln, sodass diese im Rahmen der freien Beweiswürdigung der Entscheidungsfindung zugrunde zu legen gewesen seien. Wenn daher die vom Bundessozialamt betraute Sachverständige den Zeitpunkt, zu dem die psychische Erkrankung des Revisionswerbers einen Grad erreicht habe, der zur dauernden Unterhaltsunfähigkeit geführt habe, mit November 1986 festgelegt habe, weil dieser damals zum ersten Mal stationär aufgenommen worden sei, so sei diese Feststellung schlüssig und nachvollziehbar.
Mit zweitangefochtenen Erkenntnis versagte das Bundesfinanzgericht Familienbeihilfe und den Erhöhungsbetrag zur Familienbeihilfe bis November 2011 (offenkundig gemeint: 2007), weil nach § 10 Abs. 3 FLAG die Gewährung für ein erheblich behindertes Kind höchstens für fünf Jahre rückwirkend vom Beginn des Monats der Antragstellung gewährt werde.
Die gegen diese Erkenntnisse erhobene Revision wendet sich der Sache nach gegen die Annahme des Bundesfinanzgerichtes, dass die relevante Behinderung erst nach Vollendung des 21. Lebensjahres des Revisionswerbers eingetreten sei. Sie sieht die Zulässigkeit der Revision entgegen dem Ausspruch des Gerichtes darin, dass ein älteres Sachverständigengutachten als jenes, das als Basis für die Entscheidung herangezogen worden sei, existiere, welches dem Revisionswerber den Eintritt der voraussichtlich dauernden Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, deutlich vor Vollendung des 21. Lebensjahres bescheinige. Die entscheidende Rechtsfrage sei daher, welchem Gutachten die größere Beweiskraft beigemessen werden müsse. Es handle sich somit um eine Rechtsfrage, welcher grundsätzliche Bedeutung zukomme.
Das Revisionsmodell des Art. 133 B-VG in der Fassung der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 soll sich nach dem Willen des Verfassungsgesetzgebers an der Revision nach den §§ 500 ff ZPO orientieren (vgl. die ErläutRV zu dieser Novelle, 1618 BlgNR 24. GP 16). Ausgehend davon ist der Verwaltungsgerichtshof als Rechtsinstanz tätig und zur Überprüfung der Beweiswürdigung im Allgemeinen nicht berufen. Auch kann einer Rechtsfrage nur dann grundsätzliche Bedeutung zukommen, wenn sie über den konkreten Einzelfall hinaus Bedeutung besitzt. Die im Einzelfall vorgenommene Beweiswürdigung stellt somit keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung dar (vgl. etwa die von Nedwed, Die Zulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof, ÖJZ 2014, 1041, wiedergegebene Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes).
Unter Zugrundelegung dessen kommt der vorliegenden außerordentlichen Revision, die auf eine Würdigung einzelner Beweisergebnisse abzielt, keine grundsätzliche Bedeutung im Sinn des Art. 133 Abs. 4 B-VG zu, weshalb diese wegen Nichtvorliegens dieser Voraussetzung ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung nach § 34 Abs. 1 VwGG mit Beschluss zurückzuweisen ist.
Wien, am
Zusatzinformationen
Tabelle in neuem Fenster öffnen
Normen | B-VG Art133 Abs1 Z1 idF 2012/I/051; B-VG Art133 Abs4 idF 2012/I/051; B-VG Art133 idF 2012/I/051; VwGG §34 Abs1; ZPO §500; |
ECLI | ECLI:AT:VWGH:2015:RA2015160002.L00 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
DAAAF-50503